FSFE überzeugt 1125 öffentliche Verwaltungen, Werbung für proprietäre Software zu entfernen

Hier wäre Werbung für den Hersteller eines Autos auch unangebracht

Nach sechs Jahren beendet die Free Software Foundation Europe (FSFE) ihre PDFreaders-Kampagne. Die Kampagne begann 2009 mit der Idee, Werbung für proprietäre PDF-Betrachter-Software von Webseiten öffentlicher Einrichtungen zu entfernen. Vorneweg trugen Ehrenamtliche 2104 „Bugs“, sprich Fälle von direkter Werbung für proprietäre PDF-Betrachter durch öffentliche Stellen, zusammen und die FSFE hat diese online aufgelistet. Seitdem wurden hunderte Freie-Softare-Aktivisten aktiv, indem sie die jeweiligen Einrichtungen anschrieben und Änderungen an ihren Webseiten forderten. Die FSFE hat viel positive Rückmeldungen von den Verwaltungen bekommen, die sich für die Briefe bedankt haben. Und bis heute haben 1125 der 2104 Webseiten (53%) ihre Webseiten überarbeitet, indem sie Links zu proprietären PDF-Betrachtern entfernt haben oder Links zu Freie Software PDF-Betrachtern hinzugefügt haben.

Zusätzlich zum Briefeschreiben hat die FSFE auch Unterschriften für eine Petition gesammelt, die ein Ende von Werbung für proprietäre Softwareprodukte auf Regierungswebseiten fordert. 90 Organisationen, 63 Unternehmen und 2731 Personen haben diese Petition unterzeichnet.

Zudem wurden folgende Änderungen auf nationalen wie internationalen Ebenen erreicht:

  • In Deutschland haben nationale Parteien Stellungnahmen für freie PDF-Betrachter abgegeben, und die Deutsche Regierung selbst hat die Verwendung unseres Textbausteins in ihrem Migrationsleitfaden empfohlen. Der Deutschland-Koordinator der FSFE, Max Mehl, hat dies detaillierter in seinem Blog dokumentiert.
  • In der EU: Das Europäische Parlament hat die Europäische Kommission direkt angefragt, was die Gründe dafür sind, spezielle Software zu bewerben und welche Schritte nötig wären, dieses Problem zu beheben.
  • 2011 stand einer unserer pdfreaders.org-Koordinatoren, Hannes Hauswedell, mit Google in Kontakt, als er sie gebeten hat, den in ihrem Chrome-Browser mitgelieferten PDF-Betrachter als Freie Software zu veröffentlichen. Schlussendlich, im Mai 2014, wurden die pdfium-Quelltexte veröffentlicht, und auch wenn die Anfrage der FSFE nicht der einzige Grund für ihre Veröffentlichung gewesen sein wird, ist dies einen wichtigen Fortschritt für die großflächige Verbreitung von PDF-Betrachtern auf Basis Freier Software.

Hannes Hauswedell, der die Kampagne gestartet und über die Jahre ehrenamtlich verfolgt hat, sagt dazu:

Dieser Erfolg wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe und harte Arbeit unserer Ehrenamtlichen und die Unterstützung unserer Spender. Danke! Während viele öffentliche und private Webseiten immer noch proprietäre Betrachter bewerben, hat sich das öffentliche Bewusstsein während dieser Kampagne signifikant geschärft und nun sollte es viel einfacher sein, an die übrigen Webseiten-Administratoren heranzutreten. Zudem nutzen die meisten Internetnutzer heute schon Freie Software, wenn sie ein PDF-Dokument in ihrem Browser öffnen — ein großer Unterschied zu 2009!Natürlich bleibt immer noch Arbeit zu tun und wir laden Sie dazu ein, Administratoren daran zu erinnern, Offene Standards zu verwenden und keine proprietäre Software zu bewerben. Und mit Ihrer Unterstützung werden auch wir weiter für ein Internet kämpfen, das die Privatsphäre und Freiheiten seiner Nutzer respektiert!

Auch nach dem Ende der Kampagne: Wer Werbung für proprietäre PDF-Betrachter auf Webseiten der Öffentlichen Verwaltung entdeckt, kann den Beispielbrief verwenden oder einen eigenen verfassen, um ihn an die betreffenden öffentlichen Verwaltungen schicken können. Für das Follow-up hat die FSFE ein paar Tipps gesammelt.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

  1. Meine Rede seit Ewigkeiten. „Schick mal ne PDF“ ist vollkommen normal geworden. Man sollte mal wagen, eine Bewerbung nicht als PDF zu schicken. Wenn man PDF „kritisiert“ hat man verloren. Offensichtlich geht es nicht um Inhalte und nicht darum, dass man „es lesen kann“. Es geht den „PDF-Verfechtern“ offenbar nur um Selbstdarstellung. „Use the right tool“ ist für die einfach zu kompliziert.

    Hier eine Argumentation, warum PDF kein Austauschformat ist von 2006(!). Sicher stimmt da Einiges so nicht mehr. HTML ist schließlich „besser“ geworden :-)

    https://www.fabiankeil.de/pdf-sucks.html

    Btw. ein Bekannter bekam eine Mail als DOC-Datei. Er hat mit .ODF geantwortet. „He, ich kann Deine Mail nicht lesen…“ heul, war die Reaktion. Oh man…

    1. PDF ist doch toll ;-)))

      Besonders liebe ich Leute, die glauben, ein PDF-Dokument könnte ihnen das Ausdrucken verbieten! :-P (was sie meinen ist, dass ihr proprietäres Betrachtungsprogramm DRM implementiert …)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.