Netzpolitischer Jahresrückblick 2014: Juli

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Bald endet das Jahr 2014. Zeit, um jeden verbleibenden Tag auf je einen Monat des Jahres zurückzublicken und zu schauen, was im und um das Netz wichtig war.

Bisherige Rückblicke:

  1. Januar
  2. Februar
  3. März
  4. April
  5. Mai
  6. Juni

Eine Menge Aufmerksamkeit hat im Juli das Selbstexperiment von Ton Siedsma auf sich gezogen. Er hat eine Woche lang seine Metadaten zur Verfügung gestellt und analysieren lassen. Was sich daraus über ihn ableiten ließ, erschreckte viele: Seine sozialen Netzwerke, Hobbys, Angewohnheiten, schließlich sogar ungünstig gewählte Passwörter konnten herausgefunden werden. Ein weiterer Beweis, dass Metadaten gar nicht ach so harmlos sind, wie oft behauptet und dass es keine trivialen persönlichen Daten gibt, wenn man sie in einen Kontext stellt.

Sorgen bereitet hat uns der Entwurf zur Störerhaftung aus einer Vorabversion der Digitalen Agenda. Es gab bereits Hoffnung, dass endlich Rechtsunsicherheiten beseitigt würden, wenn man das eigene WLAN öffnen und mit anderen teilen will. Im Entwurf las es sich jedoch so, als ob man das sogenannte „Providerprivileg“, nicht für Urheberrechtsverstöße anonymer Anderer haften zu müssen, nur auf kommerzielle, offene WLANs ausdehnen wolle – beispielsweise in Cafes oder Hotels.

Auf EU-Ebene legte die Kommission einen Bericht über die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation zur Reform des Urheberrechts vor. Ein zuvor geleaktes White Paper fiel enttäuschend aus. Obwohl der Flickenteppich aus optionalen Schrankenregelungen in allen Regelungsbereichen für Probleme sorgt, wurde an dem Prinzip optionaler Ausnahmen nicht gerüttelt und es stellte sich die Frage, ob die EU-Kommission überhaupt an einer ernsthaftem Modernisierung des Urheberrechts interessiert ist. Was blieb, sind Vorhaben in Richtung bessere Lizenzierung und Rechteklärung.

In Sachen Zensur gab es einen Leak der geheimen Liste an in Deutschland indizierten Webseiten. Er zeigt, dass der von einigen Routern umgesetzte Filter viel mehr sperrt, als sein Auftrag wäre. Eine anonyme Hackerin hat die Sperrliste mit über 3.000 URLs reverse-engineered und veröffentlicht. Fast die Hälfte der als jugendgefährdend eingestuften Webseiten existierte dabei gar nicht mehr. Warum die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien beim Rest nicht auf das bewährte „Löschen statt Sperren“ setzt, konnte die Behörde nicht plausibel erklären.

In unserem Beitrag über dem JMStV-Leak setzten wir einen Link auf die Seite der Veröffentlichung – und plötzlich wurden wir selbst zu „Verbreitern von Kinderpornografie“ und gerieten unter juristischen Druck. Wir entschieden uns schließlich, wegen des großen persönlichen und finanziellen Risikos, den Link wieder zu entfernen – eine Entscheidung, der sowohl mit Verständnis als auch mit Kritik begegnet wurde. Auch in Österreich wurde zensiert und die Plattform kinox.to gesperrt, Italien wartete mit gleich 7.000 gesperrten Seiten auf.

Der BND und das Verteidigungsministerium hatten im Juli einige Aufregung um US-Spione im eigenen Haus zu verkraften, die unter anderem Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ausgespäht haben sollen. Daraufhin setzte wieder einmal eine Empörungswelle bei der Bundesregierung ein und man verwies einen Repräsentanten der CIA des Landes. Weitere Konsequenzen gab es erwartungsgemäß nicht. Um beispielsweise die TTIP-Verhandlungen auszusetzen, fehlte es der Bundesregierung an Chuzpe und man erging sich stattdessen in „strukturierten Dialogen“, um „die transatlantische Freundschaft zwischen Deutschland und den USA ehrlich neu zu beleben.“

Immer wieder kam auch die Asylfrage für Edward Snowden auf, da im August dessen Aufenhaltserlaubnis in Russland ausgelaufen wäre – hätte das Land diese nicht für weitere drei Jahre verlängert. Die Bundesregierung stellte weiterhin auf stur und sah wohl keine Notwendigkeit, dem Whistleblower Asyl zu gewähren. Grüne und Linke warfen der Regierung und der schwarz-roten Mehrheit im NSA-Untersuchungsausschuss vor, kein Interesse an Aufklärung zu haben und haben Klage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht, um eine Zeugenbefragung Snowdens in Deutschland zu erzwingen.

In Großbritannien wurde in Windeseile ein Notfallgesetz zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet, das über die Grundrechtsverletzung der bisherigen Vorratsdatenspeicherung noch deutlich hinausgeht.

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