BundesverfassungsgerichtKlage von Linken und Grünen zur Vernehmung von Snowden in Berlin unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat soeben per Pressemitteilung verkündet: Antrag im Organstreitverfahren zur Zeugenvernehmung von Edward Snowden in Berlin ist unzulässig

Die Organklage der Fraktionen DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, von 127 Bundestagsabgeordneten und zwei Ausschussmitgliedern gegen die Bundesregierung und den 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (sogenannter NSA-Untersuchungsausschuss) ist unzulässig. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts einstimmig mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden. Die beanstandete Einschätzung der Bundesregierung zu rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung von Edward Snowden in Berlin ist lediglich vorläufig; sie stellt daher keine rechtserhebliche Maßnahme dar, die zulässiger Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein könnte. Gegen die Ablehnung des Untersuchungsausschusses, die Vernehmung in Berlin durchzuführen, ist der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht nicht eröffnet. Der Antrag betrifft kein in Art. 44 Abs. 1 GG wurzelndes Recht der Ausschussminderheit gegenüber dem Untersuchungsausschuss, sondern die verfahrensrechtliche Überprüfung der Ausschussarbeit im Einzelnen, die dem Bundesgerichtshof zugewiesen ist.

Hier ist die Klageschrift.

Update: Die Abgeordneten und Obleute Martina Renner und Konstantin von Notz erklären:

Über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind wir enttäuscht. Wir bedauern es sehr, dass nicht einmal die Gelegenheit bestand, in einer mündlichen Verhandlung vor dem Gericht hierzu vorzutragen. Wir werden weiter darauf drängen, eine Vernehmung des Schlüsselzeugen Edward Snowden in Deutschland zu ermöglichen. Dafür werden wir alle in Betracht kommenden Möglichkeiten genau prüfen – auch einen Antrag an den Bundesgerichtshof.

12 Ergänzungen

  1. Wenn man jetzt mal annimmt, dass die Entscheidung vom BVerfG vollkommen korrekt ist, dann fragt man sich schon, was die ganzen Juristen die an der Klage beteiligt waren (auch auf Seiten der Parlamentarier), wirklich studiert haben.
    Da steht ja (aus Nicht-Juristen Sicht) dass sie sich an die Falschen Gewand haben. Nicht das sie inhaltlich nicht vielleicht sogar Recht haben.

  2. Laut aktueller Umfrage ist die Junge Generation der kommenden Juristen mit etwa 60
    Prozent für Folter und schlimmeres. Interessante Zeiten kommen auf uns zu.

    1. Eine Umfrage unter Studienanfängern wohlgemerkt. Man sollte hoffen, dass die Ergebnisse einer solchen Umfrage nach erfolgter Ausbildung anders ausfallen.

      Nebenbei ich wäre bereit für diese Einstiegshaltung der Populärkultur die Schuld zu geben.

  3. Tja, wären unsere Gesetze immer eindeutig auszulegen und glasklar bräuchten wir keine Richter mehr. Denn die braucht man ja nur gerade dann, wenn es unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung von Gesetzen gibt. Auch wenn es schade ist, dass Ihr Urteil in diesem Fall so ausfällt, das BVerfG ist so ziemlich das letzte staatliche Organ in das ich noch einen Rest von Vertrauen habe.

    1. So habe ich auch gedacht, bis ich selbst aufgrund von § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG mit einer Verfassungsbeschwerde inkl. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor das Bundesverfassungsgericht gezogen bin. In allen Lehrbüchern steht, dass man im Fall eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Bundesverfassungsgericht vorab per Fax / Tel. informieren soll, dass dieser kommt, weil über diesen zeitnah zu entscheiden ist und z. B. an Wochenenden usw. nicht immer 2. Richter eines Senats zur Verfügung stehen. Das habe ich gemacht. Die Klage ging bei Gericht ein und nach dem sie keine formalen Fehler enthalten hat und auch nicht unzulässig oder offensichtlich unbegründet war (vorläufige Prüfung) bekam bekam sie ein Aktenzeichen. Als ich nach 4 Wochen immer noch nichts gehört habe, habe ich mit diversen Staatsrechlern gesprochen und alle haben mir sinngemäß gesagt, dass das nicht sein kann. Also habe ich aus der Verfassungsbeschwerde eine Klage beim EuGH nach Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Recht auf ein faires Verfahren) gemacht und das Bundesverfassungsgericht per Fax darüber informiert, nachdem die Klage beim EuGH eingegangen war. Plötzlich war das Bundesverfassungsgericht in der Lage zu reagieren, denn bereits am nächsten Tag (oh Wunder) bekam ich einen Beschluss zugestellt, dass die Klage ohne Angabe von Gründen nicht zur Entscheidung angenommen worden sei und das es deshalb auch nicht erforderlich gewesen sei, über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden. Zugeben muss ich in dem Zusammenhang, dass ich mit dieser Verfassungsbeschwerde einigen Ermittlungsbehörden des Staates ziemlich auf ihre Plattfüße gestiegen bin = wenn Berlin nicht will entscheiden auch die „obersten Juristen“ fachlich unsinnig / falsch, wie man auch sehr schön an diesem Beispiel http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesanwalt-Kein-Beweis-fuer-Ueberwachung-von-Merkels-Handy-2487817.html sehen kann.

      1. Es gibt noch mehr Beispiele. Z.b. den Rundfunkstaatsvertrag und die vielen Beschwerden, die abgeschmettert wurden. Frage mich wie es sein kann, dass der Entwurf einer neuen Abgabe aus der Feder von Hartz4-Kirchhoff darlegt, dass es keine Steuer ist, die man uns abknöpft für die freie Presse und staatsferne Medien wogegen 7 andere Studien im Nachhinein sagen: die Rundfunkhaushaltsabgage ist nicht verfassungskonform. Liegt es wohl daran, dass damals der Bruder von Kirchhoff als Richter mit verantwortlich war, das Gutachten seines Bruders durchzuwinken?
        Lotto spielen oder auf das BVerfG vertrauen. Beides abermals sinnlos aber irgendwann triffts auch mal den Richtigen.

  4. „dass die Klage ohne Angabe von Gründen nicht zur Entscheidung angenommen worden sei“
    Das ist völlig normal und geht bei 9X% der Verfassungsbeschwerden so. Ob es nun 95 oder 99% sind, kann ich nicht sagen.

  5. Immerhin 40% der Jurastudenten sind dagegen und behalten diese Einstellung hoffentlich auch durch das Jurastudium hindurch. Doch vermutlich werden einige von ihnen das Studium abbrechen. Und landen dann möglicherweise im Psychologiestudium und führen Experimente durch. Und Edward Snowden wird zunehmend zum Forschungsobjekt der Wissenschaften entmenschlicht. Oder bilde ich mir das bloß ein? Noch ein paar „Orden“ in Form von Auszeichnungen werden es schon richten, das schlechte Gewissen. Dann können die Orden auch wieder an die wahren Helden vergeben werden, im Sinne von Recht, Anstand und öffentlicher Ordnung. Und das Volk freut sich über so viel Ehre, wem Ehre gebührt.

      1. Niemals hätte ich auch nur mehr zu denken gewagt, der Nobelpreis wäre an das Volk der Unions-Europäer verliehen worden. Nein, der Nobelpreis wurde an die „Europäische Union“ verliehen. Und demnächst sicher auch an Roboter – denn die machen keine Fehler. Genauso wenig wie die moderne Technik. Vielleicht gebührt der Friedensnobelpreis ja in Wahrheit DEM Internet der Moderne. Weiß eigentlich noch jemand, daß alles mit Webstühlen begann und Lochkarten? Und möglicherweise der ein oder anderen beim Weben entstandenen Vision? Verknüpfungen zu schaffen, ein weltumspannendes Netzwerk. Doch auch die Motten lieben das Licht und fressen sich satt an den Löchern im Netz. Das ist doch allemal ein ordentliches Schmunzeln wert. Day by Day.

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