Gestern tagte der Bundestagsausschuss Digitale Agenda. Hauptpunkt auf der Tagesordnung war die Digitale Agenda, über die das Gremium von der Bundesregierung unterrichtet werden sollte. Wir erinnern uns: Da der Ausschuss nicht federführend ist, sondern die Ministerien für Wirtschaft, Inneres und Verkehr/Digitale Infrastruktur die Zügel in der Hand haben, hat dieser nurmehr beratende Wirkung und bekommt das, was dem Namen nach seine Sache wäre, von anderen Stellen vorgesetzt.
Konstantin von Notz, grüner Obmann im Ausschuss, berichtet auf gruen-digital.de von den vergeblichen Mühen, im Vorfeld an Informationen zu kommen:
Obwohl in der „Agenda“ selbst anders angekündigt, wurde der Bundestag im Vorfeld nicht an der Erarbeitung der „Digitalen Agenda“ beteiligt. Gleiches gilt für die Zivilgesellschaft. Beide hatten erst die Gelegenheit, sich inhaltlich mit der Agenda zu beschäftigen, nachdem diese letztendlich geleakt wurde. Wir hatten, auch über das Ausschusssekretariat, mehrfach versucht, an aktuelle Entwürfe der „Digitalen Agenda“ zu gelangen – ohne Erfolg. Während diese anderen Ausschüssen offenbar zugeleitet wurden, vergaß man auf Seiten der Regierung offenbar den neu eingerichteten „Internet-Ausschuss“ gleichen Namens.
Auch der Wunsch des Ausschusses, während der nun beendeten Sommerpause eine Sondersitzung zur Digitalen Agenda durchzuführen, um gemeinsam diskutieren zu können, wurde seitens der Bundesregierung ignoriert. Die taz bezeichnete den Ausschuss heute als „Ausschuss der Frustrierten“. Halina Wawzyniack von den Linken fasst zusammen:
Es ist einfach ärgerlich, dass hier ein Ausschuss eingerichtet wurde, der quasi nichts zu sagen hat. Wenn es um klassische netzpolitische Themen geht – etwa um Netzneutralität oder die Störerhaftung bei WLANs – ist der Ausschuss außen vor. Selbst wenn wir etwas kritisieren wollen: Auswirkungen hat es eigentlich keine.
Doch nicht nur die Ausschussmitglieder blieben außen vor, auch die netzpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen und der „Digital Champion“ der Bundesregierung Gesche Joost, die Deutschland als „Internetbotschafterin“ bei der EU-Kommission vertritt, wurden nicht gefragt. Ebenso wie die breite Bevölkerung. Alexander Sander von Digitale Gesellschaft e.V. fordert einen Neuanfang:
Während die Bundesregierung beim Entwurf der Agenda die für die Netzpolitik zuständigen parlamentarischen Stellen ebenso wie die Zivilgesellschaft vollständig übergangen hat, sollen die Leerstellen in dem Papier nun im Wege von Multistakeholderprozessen geschlossen werden. Wollte die Bundesregierung den digitalen Wandel tatsächlich gestalten statt ihn lediglich zu verwalten, hätte sie bereits in der Entwurfsphase die Beteiligung kompetenter Akteure in der Netzpolitik gesucht. Dass die heutige [gestrige] Ausschusssitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, belegt erneut, dass der Bundesregierung an einem echten Dialog mit der Zivilgesellschaft nicht gelegen ist. Die Digitale Agenda ist mit fundamentalen inhaltlichen und methodischen Mängeln behaftet. Dieser untaugliche Versuch eines Fahrplans für den digitalen Wandel muss daher verworfen und unter Einbindung von Parlament und Zivilgesellschaft von Grund auf neu erarbeitet werden.
Im Rahmen solcher Intransparenz ist es nur logisch, dass auch die gestrige Sitzung des Ausschusses wie gewohnt nicht öffentlich stattfand. Von Notz berichtet davon, dass die Vorstellung der Agenda ähnlich verlief wie bei der offiziellen Präsentation von Dobrindt, Gabriel und de Maizière und zwar mit vielen Buzzwords, jedoch wenig zu konkreten Handlungs- oder Zeitplänen aufgewartet wurde. Ein Mitglied der Linken nannte das „folgenlose Ankündigungpolitik“.
Der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU) drückte sich anders aus und statuierte, die Digitale Agenda sei „kein Sofort- oder Investitionsprogramm“ und Dorothee Bär sprach davon, dass man mit der Agenda prüfen müsse, „ob wir über das Gleiche reden“. Sie war auch sonst nicht um kreative Euphemismen verlegen und verwandelte die wenig ehrgeizigen Pläne, den „Breitbandausbau“ bis 2018 zu bewerkstelligen, in ein Hinausblicken über den Tellerrand, da man nicht nur auf die Legislaturperiode bis 2017, sondern darüber hinaus blicken wolle.
Zumindest ein wenig verstimmt zeigte sich der Ausschussvorsitzende Jens Koeppen von der CDU, relativiert seinen Unmut aber im gleichen Atemzug:
Es nützt jetzt nichts mehr, über vergossene Milch zu reden. Wichtiger als über Kinkerlitzchen zu streiten, ist jetzt eine schnelle Umsetzung der Digitalen Agenda.
Dass der Ausschuss die Federführung in wichtigen Netzpolitik-Themen erhält, wie er seinen Wunsch formuliert, ist utopisch, da in der Vergangenheit deutlich wurde, dass dies seitens der Bundesregierung unerwünscht ist.
Es zeigt sich mit der gestrigen Sitzung deutlich, wohin die Reise für den Ausschuss Digitale Agenda geht: In die Bedeutungslosigkeit. Es ist das eingetreten, was zu befürchten war. Nämlich dass das „Querschnittsthema“ Netzpolitik in so viele kleine Stücke zerschnitten und die Zuständigkeiten zerfasert wurden, bis am Ende kein effizientes Handeln und Gestalten mehr möglich ist.
Leider sehr traurig.
Aber solange Merkel, CDU und SPD das sagen haben, wird das auch so bleiben.
Leider müssen wir bis 2017 warten bis hier was passiert.
Ich hege ja immer noch die Hoffnung, dass 2017 endlich mal die Linke im Aufwind landet.
Diese sagen seit Jahren schon was für einen Unsinn die Regierung hier treibt.
Lösungen haben wir genug nur der Wille zur Umsetzung fehlt bei der aktuellen Regierung.
Ich danke aber dafür, dass man uns wieder einmal mehr die Hoffnungslosigkeit dieser Unfähigen Politiker Kaste vorzeigt.