Immer mehr Provider untersagen, beliebigen Router verwenden zu dürfen. Nach einem Workshop im Juni bittet die Bundesnetzagentur nun um Stellungnahme. Die Free Software Foundation Europe hat zusammen mit Mirko Vogt von OpenWrt schon mal vorab folgendes Schreiben an die Bundesnetzagentur geschickt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Ziel der FSFE ist es, sicherzustellen, dass Benutzer selbstbestimmt Computer einsetzen können. Dieses grundlegende Prinzip wird von den Maßnahmen der ISPs in Frage gestellt.
ISPs bündeln Router mit ihren Angeboten und streben danach, dauerhaft diese IT-Geräte zu kontrollieren. Daher sind die Router dafür ausgerichtet das zu machen was der ISP möchte, aber nicht zwangsläufig an den Interessen der Benutzer. Durch die Kontrolle der Router haben ISPs und Hersteller die Möglichkeit auf die privaten Netzwerke hinter den Routern zuzugreifen. Dies ist kein theoretisches Problem: Die Router sind meist so konfiguriert, dass nur noch der Hersteller/ISP diese konfigurieren kann. Damit hat dieser auch uneingeschränkten Zugriff in das eigentlich private Heimnetzwerk (LAN) des Kunden.
Die derzeitige Rechtsprechung nimmt den Kunden in die Pflicht, seinen Internetanschluss abzusichern. Der Kunde haftet an seinem Anschluss für alle Aktivitäten, die über seinen Anschluss passieren (Prinzip der Störerhaftung, siehe BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“). Kontrolle kann effektiv nur am Router erfolgen. Durch die Zwangsverwaltung und Vorschrift der zu verwendenden Hardware der ISPs verliert der Kunde jedoch die volle Kontrolle über seinen Internetanschluss.
Daher müsste der Provider auch im Fall einer unerlaubten Handlung nachweisen, dass der Router – beispielsweise durch unbemerkten Einbruch von außerhalb in die Firmware – nicht Teil des Problems war: Dem Kunden soll dieser Beweis ja in Zukunft verwehrt werden. Ohne die volle und alleinige Verfügungsgewalt über den Router, kann der Anschlussinhaber nicht verantwortlich gemacht werden. Die Haftung für eventuelle Schäden kann daher nur noch der ISP verantworten.
Auf Grund von sich deckenden Interessen der ISPs, beziehen diese Hard- und Software von identischen Herstellern. Die dadurch entstehende Monokultur ist ein Problem: Das Beispiel der im Juni 2012 bekannt gewordene WLAN-Sicherheitslücke bei von Arcadyan gerfertigen Geräten, welche unter anderem als „Telekom Speedport“ oder „Vodafone Easybox“ von den jeweiligen ISPs vertrieben werden, zeigt, dass diese Problematik real existiert. Der Zugang zum Internet sowie zum privaten Heimnetzwerk stand jedem offen. Benutzer waren hilflos und mussten auf ein Update hoffen (siehe dazu Heise „Wlan Hintertür in Telekom Routern“ und „Wlan Lücke – Weitere Speedport Modelle betroffen“.) Ähnliche Vorfälle gab es auch bei anderen Herstellern wie z.B. Asus und D-Link.
Naturbedingt liegt der Angriffsvektor auf der breiten Masse. Nicht zuletzt aus diesem Grund besteht eines der größten Botnetze aus Routern. Router stellen das Tor zum Internet dar, da sie die Interneteinwahl vornehmen und entsprechend die einzige öffentliche, von außen erreichbare IP-Adresser erhalten, und müssen dementsprechend abgesichert und gepflegt werden.
Die Situation verschärft sich durch die bisherige Updatepolitik der Provider bei Ihren ausgelieferten Routern. Bedingt durch interne Prozesse sowie maßiven Einsparungen bei Einkauf und Entwicklung werden neue Revisionen der Routerfirmware zumindest mit erheblicher zeitlicher Verzögerung an den Endkunden ausgliefert. Dadurch besteht ein bekanntes und ausnutzbares Sicherheitsloch mehrere Monate, bis ein entsprechende Fehler am Router durch Aufspielen neuer Firmware geschlossen werden. Der Kunde ist in dieser Zeit schutzlos. Durch die Zwangshardware bleibt ihm keine Möglichkeit, das Problem selbsttätig oder mit Hilfe Dritter zu beheben.
Die Anforderungen der ISPs an einen Router unterscheiden sich stark von denen der Nutzer: Der ISP versucht ein möglichst günstiges Gerät zu produzieren, welches ein möglichst an das Angebot vom ISP angepasstes und beschränktes Funktionsset enthält.
Des Weiteren schränken ISPs durch die Bündelung von Routern mit ihren Angeboten den Wettbewerb für den Markt von Routern ein. Schon heute werden Router, welche mittlerweile vollwertige Computer sind, für mehr Aufgaben als das Routing verwendet. So können diese Geräte zusätzlich Dateien im Heimnetzwerk oder im Internet bereitstellen, Musik abspielen, als Druckerserver dienen oder Haushaltsgeräte steuern. Wenn jedoch der ISP bestimmt, welche Funktionen diese Geräte haben und welche verboten sind, schränken sie zukünftige Entwicklungen in diesen Bereichen ein. Da der ISP, aus Kosten- und Supportgründen, das Funktionsset bewusst so klein wie möglich hält, wird der Nutzer stark limitiert. Genannte, bei anderen Herstellern seit Jahren gängige Zusatzfunktionen, findet man bei den Routern der ISPs vergeblich. Nutzer müssen sich Zusatzgeräte kaufen und anschließen — sofern diese überhaupt kompatibel erstellt werden können.
Die Free Software Foundation Europe sieht durch das Bundling die Gefahr, dass Wettbewerber von Router-Hardware und -Software aus dem Markt verdrängt werden, die Preise für Router-Hardware stark steigen und nur wenige Anbieter verbleiben werden.
Prinzipiell kann aber jeder Computer mit Netzwerkschnittstelle die Funktion eines Routers übernehmen. Das Zurückhalten der Nutzerdaten durch den ISP hat schädliche Auswirkungen:
- Verbraucher können keine Geräte mehr von Herrstellern kaufen, denen sie mehr Vertrauen entgegenbringen. Durch die Presseberichte der letzten Wochen werden Verbraucher ein starkes Bedürfnis haben sich abzusichern und ihre Privatsphäre zu schützen. Dazu zählt vor allem die Verwendung von Hardware und Software von entsprechend erfahrenen und spezialisierten Unternehmen. In den Wahlumfragen der FSFE fordern viele Parteien Privacy by Default bzw. Privacy by Design. Wenn die Internet-Zugangs-Passwörter oder auch die Passwörter für Internettelefonie nicht herausgegeben werden, können Verbraucher keine Geräte von Drittanbietern verwenden.
- Verbraucher müssen viele unterschiedliche Geräte betreiben, obwohl Hersteller Funktionen, wie oben beschrieben, von Media-Center, über Druckserver bis zum Wlan-Access-Point, etc., mit der Router-Funktion kombinieren könnten. Verbraucher sollten selbst entscheiden können, welche Funktionen und welchen Stromverbrauch sie bei Computer in ihrem Haushalt haben wollen.
- Verbraucher werden bei Anbieterwechsel zu einem Hardwarewechsel gezwungen während die alte Hardware für sie nutzlos wird und entsorgt werden muss.
Aus diesen Gründen fordert die FSFE, dass ISPs den Verbrauchern die Zugangsdaten standardmäßig zur Verfügung stellen müssen. Es muss für den Verbraucher möglich sein, die alleinige Kontrolle über alle Computer nach der TAE-Dose zu haben.
Gibt es eigentlich eine Blacklist von Providern, die einen Routerzwang durch(zu)setzen (versuchen)?
Bisher nein. Aber meldet bitte, wenn das bei Euch der Fall ist. Einfach an germany@fsfeurope.org mit genauer Tarifinformation und wie es sich genau verhält.
Indirekter Zwang ist schon da. Support: „Damit können wir Ihnen nicht weiterhelfen.“ Ich hatte den mitgeteilt, dass PAD0-Pakete nicht gesendet wurden.
Wer bei der Beantwortung des Fragekatalogs helfen will, wir haben gerade ein Pad dafür aufgesetz: https://public.pad.fsfe.org/p/baiHwbnYT6
Was ich bei eurer Argumentation vermisse:
Wenn der ISP den Router als sein Netzbestandteil definiert, soll er dafür auch die Stromkosten bezahlen. Ein Router mit 5W kostet mich im Jahr 10€.
Argument funktioniert auch andersherum: Routerzwang ist schlecht für die Energieeffizienz, da ich mir bei Bedarf einen zweiten Router daneben stellen muss, der auch noch mal 5-10W Stromverbrauch hat.
Danke für die Rückmeldung: Wir hatten darüber schon mal gesprochen. Das Argument ist am Ende aber rausgeflogen, weil wir die anderen Punkte stärker fanden.
Schon im ersten Beitrag wird gezeigt warum es einen Router zwang geben wird.
Es muss immer der Anbieter herhalten obwohl seine grundlegende Aufgabe nur darin besteht ein Signal zum Anwender zu bringen mit dem der Anwender Surfen und Telefonieren kann.
Und genau das reicht der Masse.
Sicherlich gibt es großen Bedarf bei Verbesserung der Reaktionszeiten wenn es einen Firmwarebug gibt keine Frage.
Aber die Masse ist zufrieden wenn dieser behoben wurde.
Nur ein Bruchteil stellt sich dann die Fragen „kann es nochmal vorkommen?“ oder „wie kann ich mich besser schützen?“.
Und solange die Leute Facebook, Google, Microsoft oder Apple Produkte nutzen, stellt sich die Frage nach dem Datenschutz meiner Meinung nach gar nicht erst.
Die breite Masse sind nun mal keine Hardwarefreaks. Denen ist das völlig wurscht, was das Zwangsbundlegerät kann oder nicht. Aber die, denen das nicht egal ist und mehr wollen, denen steht es doch wohl frei, jederzeit einen eigenen Router dahinterzuschalten. Was wird wohl mit der Grundgebühr passieren, wenn die Provider die Stromkosten der Router zahlen, ratet mal.
diese schwachsinnigen Vorschläge „ihr könnt doch einen zweiten Router dahinter schalten“ kann man echt nicht mehr hören. Von mir aus können sich diese selbst ernannte Experten so viele Router hintereinander schalten wie sie wollen. Aber bitte behaltet diese schwache Lösung einfach nur für euch und hört auf die Leute zu verblöden.
Jeder soll das Recht haben den Router anzuschließen den er selbst für richtig hält, basta. Deshalb ist aus meiner Sicht ist das Zurückhalten der Zugangsdaten schlicht und einfach illegal. Früher oder später wird ein Gericht das auch bestätigen, nur leider wird bis dahin noch eine Ewigkeit vergehen.
1. nicht gleich beleidigend werden, das deutet auf mangelnde Objekivität hin. Aussagen bitte immer mit Argumenten untermauern.
2. es ist definitiv nicht illegal. Der Beweis dafür ist, dass noch keiner vor Gericht seine Voipdaten einklagen konnte
3. Zitat: „Jeder soll das Recht haben den Router anzuschließen den er selbst für richtig hält, basta.“
Antwort: jeder kann den Router anschließen, den er für richtig hät, aber bitte hinter den Netzabschluss des Providers.
Ergänzent kommt hinzu, dass man sich keinen Anbieter nehmen muss der Zwangshardware einsetzt (zu mindest noch nicht).
Zitat: „Antwort: jeder kann den Router anschließen, den er für richtig hät, aber bitte hinter den Netzabschluss des Providers.“
Selbstverständlich hinter dem Netzanschluss des Providers aber dieser muss und kann ja wohl nur die TAE Dose sein und nichts anderes und schon gar nicht irgendein billig Router Made in China.
Und jetzt mal ehrlich wenn jemand ernsthaft was anderes behauptet dann kann er ja nur auf der Gehaltsliste von Vodafone und Co. stehen. Für Lobbyisten haben diese Unternehmen genug Geld.
Nein, das behaupte ich als zufriedener Kabel Deutschland Kunden. Das ist nicht mein Arbeitgeber. Ich hab da ein schnödes billiges Kabelmodem mit Anschluss für 2 Telefone und meinen eigenen vollwertigen WLAN Router direkt dahinter. Das Kabelmodem stellt den Netzabschluss dar. Es gibt nichtmal ne Telefondose. bei allen Voipanschlüssen stellt das Voipmodem den Netzabschluss dar. Und das hätte der Provider bestimmt verständlicherweise in seiner eigenen Hand.
Ok, den Unterschied zwischen einem Modem und einem Router hast du offensichtlich nicht begriffen. Also erst mal Hausaufgaben machen.
Hier geht es um Routerzwang!!!! Vielleicht fällt ja irgendwann der Groschen.
Übrigens am 6.11 will die lahme und unfähige Bundesnetzagentur endgültig den Netzabschlusspunkt definieren. Also warten wir mal ab.
Der 6.11. ist nun vorbei. Stimmte der Termin? Gibt es ein Update?
Lustigerweise hat KabelBW jetzt nach Einführung des Routerzwangs auch noch Probleme mit den Routern die sie verschicken. Aus einer Mail an Kunden:
Das TC7200 stürzt in regelmäßigen Abständen komplett ab. Kein Problem, nimmt man einfach nen anderen.. Oh wait.
Danke Daniel für das Beispiel.
@Ein Mensch: Ja, es gab hier schon ein Update dazu. Außerdem hatte heise noch über den Stand dazu bei den Koalitionsverhandlungen berichtet.