Frank-Walter Steinmeier: „Wir brauchen ein modernes Leistungsschutzrecht“ – gegen die „Gratiskultur des Internet“

Die SPD fordert weiter ein eigenes Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Das sagte der Fraktionsvorsitzende und ehemalige Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gestern auf dem Kongress Deutscher Lokalzeitungen. Auch im Wahlprogramm für die Bundestagswahl fordert die SPD ein Leistungsschutzrecht, will nur das alte „verbessern“.

Gestern hielt Frank-Walter Steinmeier eine Rede auf dem Kongress des Verband Deutscher Lokalzeitungen. Im online verfügbaren Manuskript heißt es:

Journalistische Arbeit hat nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis! Die Gratiskultur des Internet bedroht Qualitätsjournalismus im Kern. Wir brauchen neue, für Nutzer akzeptable Bezahlmodelle im Netz.

Aber wir brauchen auch ein modernes Leistungsschutzrecht, verbunden mit einer Modernisierung des Urheberrechts, um Kreative und Urheber in der digitalen Ökonomie zu stärken und die Rahmenbedingungen neuer digitaler Nutzungspraktiken urheberrechtlich verbindlich zu klären. Unser Ziel ist es, einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sicherzustellen, der die kulturellen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Kultur- und Kreativwirtschaft gewährleistet.

Das von der Bundesregierung vorgelegte Leistungsschutzgesetz wird diesem Anspruch nur teilweise gerecht. Es operiert mit unklaren Begriffen und stellt aus unserer Sicht eher ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Gerichte dar.

Wir plädieren deshalb für eine möglichst baldige Novellierung dieses Gesetzes, die die Kritikpunkte beseitigt und für mehr Klarheit und Rechtssicherheit sorgt.


Damit wiederholt Steinmeier, was bereits im Wahlprogramm der SPD steht. Wer SPD wählt, wählt das Leistungsschutzrecht.

Auf Manuskripten dieser Art steht oft „Es gilt das gesprochene Wort.“ Wir haben versucht das zu überprüfen, sowohl bei der SPD-Fraktion als auch dem Verband Deutscher Lokalzeitungen. Leider hat niemand einen Video-Mitschnitt für uns. Uns hat nämlich interessiert, ob diese Aussage so gefallen ist, wie der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz das twitterte:

Hier klicken, um den Inhalt von twitter.com anzuzeigen

Wobei das natürlich die FDP-Position nicht verschleiern sollte: Die haben das Leistungsschutzrecht mitgetragen und eingeführt. Und auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich gestern erneut dafür ausgesprochen:

Die FDP-Politikerin sprach sich aber dafür aus, die wirtschaftlichen Spielräume für Verleger zu vergrößern. In diesem Zusammenhang verteidigte sie die gelockerte Pressefusionskontrolle und die Einführung des Leistungsschutzrechts für Inhalte im Internet.

14 Ergänzungen

  1. Es lohnt sich dazu zu stellen, was im Wortlaut im Wahlprogramm steht. Das zu unterschlagen verzerrt die Darstellung:

    „Das von Schwarz-Gelb beschlossene Leistungsschutzrecht lehnen wir ab. Wir werden nach der Regierungsübernahme ein neues Gesetz auf den Weg bringen. Wir wollen unter Einbeziehung aller Akteure einen Vorschlag entwickeln, der die Möglichkeiten der Presseverleger zur Rechtsdurchsetzung im Hinblick auf ihre bereits bestehenden
    Urheberrechte stärkt, dabei die Interessen der Urheber (hier insbesondere Journalistinnen und Journalisten) vollständig wahrt, den Grundsatz der Informationsfreiheit gewährleistet und die Auffindbarkeit von Informationen gewährleistet.“

    1. Blablabla

      Herr Steinmeier hat es klar gesagt. So klingt es, wenn die SPD ihre Maske abnimmt.

      Was belästigst du uns hier mit irgendwelchem verdrehtem Wahlkampfgeschreibe, das eh nur so klingen soll, dass man alles und nichts herauslesen kann.

      Man muss Herrn Steinmeier dankbar sein, dass er hier klar und deutlich angekündigt hat, was zu erwarten ist, wenn die SPD in Regierungsverantwortung kommt – das Ende einer emanzipierten und nach vorne gerichteten Netzpolitik.

  2. Wenn die Verleger sich nicht mehr über google finden lassen wollen solln die nur weiter machen. Woher bekommen die denn überhaupt ihre klicks damit sie überhaupt ihre server finanzieren können. Bezahlinhalte oder einfach ihre Sitemap nicht mehr hochstellen. sie stellen quasi freiwillig daten ins internet und wollen jetzt dafür kassieren? ich finde es schrecklich das unsere Politiker sich so leicht von Lobbyisten einschleimen lassen, das unternehmen so großkotzig verhalten können.

  3. Es gibt zwei Wörter, die ich einfach nicht mehr lesen kann: Qualitätsjournalismus und Gratiskultur. Ich kriege schon eine Gänsehaut, wenn ich jedes mal davon höre oder lese.

  4. Was wird dann nur ProSiebenSat1 machen? Dürfen die ihren Qualitätsjournalismus dann nicht mehr gratis senden? Müssen die dann wegen Steinmeier auf andere Geschäftsmodelle umsteigen? Franz-Josef Strauß wird sich im Grab umdrehen, wenn er hört, dass die SPD das Privatfernsehen wieder abschaffen will und eine Paywall vor ARD und ZDF setzen will wie bei der Bild-Zeitung.
    Aber vielleicht freut sich FJS auch, dass die SPD sich durch Konservative wie Steinmeier und die LSR-Befürworterin Kraft in NRW unwählbar macht :-)

  5. Die SPD will die Axt an die Säulen unserer abendländischer Kultur legen. Wir werden sie nicht lassen.
    Wo kommt die „Kostenlos-Kultur“ her?
    http://wk-blog.wolfgang-ksoll.de/2012/05/04/wo-kommt-die-kostenlos-kultur-her/
    (Steinmeier hätte wissen können, dass aus dem römischen Kulturkreis nicht nur die „Kostenlos-Kultur“ kommt, sondern auch das Römische Recht, auf dem unser Rechtssystem fußt. Wie aber auch die Demokratie, die sich vor die SPD-Plünderung der Bürger stellen wird.)

  6. Auch die EU sieht durch die Gratiskultur im Internet, die Pressefreiheit in Gefahr. Die Antwort darauf: Die Errichtung einer Postdemokratie.

    „Eine von der EU-Kommission einberufene Beratergruppe hat empfohlen, die sich rasch verändernde Medienwelt stärker vom Staat überwachen zu lassen, um Pluralismus und Qualität zu wahren.“

    „[…] dass die EU dafür eine „unabhängige Beobachtungsstelle“ aus Wissenschaftlern einrichte.“

    „[…]in allen EU-Staaten unabhängige Medienräte vorzuschreiben, die Strafzahlungen verhängen, Gegendarstellungen erzwingen oder Medien die Zulassung entziehen können. Die EU-Kommission solle überwachen, dass diese Medienräte sich an europäische Werte hielten“

    http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/pressefreiheit-eu-berater-wollen-medien-staerker-ueberwachen-12032982.html

    https://de.wikipedia.org/wiki/Postdemokratie
    „Die gewählten Repräsentanten verlagern dabei ihre Kompetenzen (und damit die Verantwortung) auf Experten, Kommissionen und Wirtschaftsunternehmen. Der Bürger wird dabei nicht als der Souverän betrachtet, in dessen Auftrag entschieden werden muss, sondern der befähigt werden muss, den vorgegebenen Anforderungen des Allgemeinwohls, meist verstanden als die Bedingungen des globalen Marktes, gerecht zu werden.“

  7. Die Gratismentalität im Internet kotzt mich an! Wenn die Verlage nicht anfangen mich zu bezahlen, werde ich meine Aufmerksamkeit anderen Dingen widmen.

    1. Vorsicht, das nennt sich VG Wort. So ködern sie die Urheber, auf die dunkle Seite der Macht zu wechseln.

  8. „Aber wir brauchen auch ein modernes Leistungsschutzrecht, verbunden mit einer Modernisierung des Urheberrechts, um Kreative und Urheber in der digitalen Ökonomie zu stärken und die Rahmenbedingungen neuer digitaler Nutzungspraktiken urheberrechtlich verbindlich zu klären.“ Also weitere Verschärfung und keine Anpassung. Die Abmahner wirds freuen, was die dem Steini wohl versprochen haben? Von dem, was die Abmahner verdienen könnten alle Urheber ein Jahr lang in Urlaub fahren ; So, Frau Schnarrenberger findet es also gut, dass man für einen URL-Link (wenn die Zieladresse etwa die Überschrift enthält) für 3 Jahre ins Gefängnis kommen kann. Das LSR tritt übrigens am 1.8. in Kraft, am 1.7. die Ermächtigung zur Bestandsdatenauskunft ;)

  9. Frank-Walter „Murat Kurnaz“ Steinmeier sprach:
    > [Das Leistungsschutzrecht] operiert mit unklaren Begriffen
    > und stellt aus unserer Sicht eher ein
    > Arbeitsbeschaffungsprogramm für Gerichte dar.

    Soso.

    Nun: Vor Gericht kommt sowas vermutlicher eher selten.
    Weitaus lukrativer ist es, die Leute mit Abmahnungen zu erpressen. Zumal man (mit ausreichend Angstmache gegenüber juristischen Laien wie z.B. Bloggern…) häufig auch viel größere (völlig frei gewählte) Summen erzielen kann, als dies mit einem anständigen Richter möglich war.

    Warum Steinmeier das Thema „Abmahnerpressung“ meidet?:
    Wurde DIE Begründerin des deutschen Abmahnwesen, Frau Brigitte „Abmahnmafia“ Zypries (SPD) nicht gerade in Steinbrück’s Horrorkabinett aufgenommen?

    ( Und wofür? Verbraucherschutz. Hahaha, total absurd. Das ist ja fast so, als würde man irgendeine Telekom-Dame für „Netzpolitik“ engagieren… Ups, ich höre gerade… )

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.