SPD-Wahlprogramm-Entwurf verspricht Leistungsschutzrecht

Gestern wunderten wir uns etwas, warum die SPD-geführten Bundesländer nicht so engagiert dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Rechtsausschuss im Bundesrat Steine in den Weg legen wollten, wie sie könnten. Immerhin hätten sie aktuell die Chance, wenigstens einen Vermittlungsausschuss anzurufen und damit die Einführung zumindest zu verzögern. Fast gleichzeitig zur nicht genutzten Chance im Bundesrat stand der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf der Cebit auf einer Bühne und kritisierte das Leistungsschutzrecht, laut Medienberichten, scharf.

Heute wurde uns der Entwurf des SPD-Regierungsprogramms zur Bundestagswahl mit dem Titel „Deutschland besser und gerechter regieren: Für ein neues soziales Gleichgewicht in unserem Land!“ zugeschickt. Der Stand des Wahlprogramm-Entwurfs ist vom 2.3.2013 (Ein Tag vorher wurde das Leistungsschutzrecht im Bundestag abgestimmt) und dort haben wir auch das Leistungsschutzrecht gefunden. Das nennt man zwar nicht so, aber ratet mal, was hier gefordert und beschrieben wird:

„Dazu müssen wir die Erprobung neuer Geschäftsmodelle auch rechtlich ermöglichen, z.B. durch eine vereinfachte Lizensierung. Presseverleger brauchen eine gesetzliche Regelung, die ihnen die Verfügungsgewalt über ihre Produkte im Netz sichert und ermöglicht, die unbefugte Verwendung ihrer Artikel durch Dritte (z.B. durch Aggregatoren oder Harvester) zu unterbinden.“

Das ist noch nicht die finale Version, die noch von einem Bundesparteitag abgestimmt werden muss. Aber es wundert uns doch schon sehr, dass die Rhetorik der Bundes-SPD beim Thema Leistungsschutzrecht anders klingt, als wie man momentan hinter den Kulissen agiert. Widerstand klingt anders.

Update: Laut Björn Boehning, Chef der Berliner Staatskanzlei, haben wir das falsch verstanden:

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Der SPD-Bundestagsabgeordnetenmitarbeiter Henning Tillmann erklärt auf Twitter, dass damit etwas anders gemeint als wie es klingt und die SPD-Bundestagsfraktion einen eigenen Vorschlag als Alternative eingebracht hätte.

Falls dem so ist, warum schreibt dann die SPD nicht explizit dazu, dass man das Leistungsschutzrecht ablehnt, sondern impliziert durch eine offene Formulierung, dass die Forderung mehrdeutig verstanden werden könnte?

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19 Ergänzungen

  1. Liebe Leute, gebt Euch nicht der Illusion hin dass die SPD gegen ein LSR kämpfen wird…denn dann würde sie ja gegen ihre eigenen Gesellschaften arbeiten: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Druck-_und_Verlagsgesellschaft

    Dass die SPD im Bundestag gegen ein LSR gestimmt hat war politisches Kalkül, da in der Bevölkerung eine Abstimmung im Bundestag eine höhere Aufmerksamkeit erhält als eine Abstimmung im Bundesrat. Und dort wird der Gesetzesentwurf, so wie es aussieht, auf jeden Fall durchgewinkt werden…

    So arbeitet halt die SPD: in der Öffentlichkeit eine Anti-Stimmung erzeugen, um (netzpolitisch-interessierte) Wählerstimmen zu erhalten, aber hinterrücks dann doch dafür stimmen…

  2. Interessant ausgedrückt: „Dazu müssen wir die Erprobung neuer Geschäftsmodelle auch rechtlich ermöglichen…“

    Also eigentlich: „Erprobung neuer Geschäftsmodelle zur Erhaltung alter Geschäftsmodelle…“

    1. Auch ist mir nicht klar wie man die Erprobung neuer Geschäftsmodelle ermöglichen will in dem man etwas unterbindet…

      (jetzt ist es mir klar: man ermöglicht neue Geschäftsmodelle für Anwälte..)

  3. Das LSR ist ja v.a. eine Erfindung des Axel-Springer-Verlages. Erwartet wirklich jemand, dass die SPD in einem Wahljahr diesem richtig eins reingrätscht, wegen einer Sache, die in der breiten Öffentlichkeit entweder unbekannt ist oder als Lappalie verstanden wird?

  4. Das muss ein Missverständnis sein. Anscheinend hat die SPD das Memo nicht bekommen, dass es in Deutschland das Urheberrechtsgesetz gilt.

  5. Hmhm … sehr spannend das. Also vor allem die Anmerkung von Herrn Böhning. Mir fällt es inzwischen schwer, irgendeinem der Beteiligten an dem Kurs noch etwas glaubhaft abzunehmen. „Stärkung des Urheberrechtes“ ist ungleich „Leistungsschutzrecht“.

    Ich verstehe auch inzwischen gar nicht mehr warum man gesetzlicher Ebene irgendetwas ändern muss. Wer ein eigenes Werk im Netz veröffentlicht hält alle (Verwertungs-) Rechte daran. Möchte man einen Teil dieser Rechte (gegen Geld) abtreten, spricht man halt mir dem, der die gerne hätte und einigt sich auf eine Summe. Oder auch nicht. Wenn man online verfügbare Inhalte ohne die Rechte daran zu haben nutzt oder verteilt oder so, handelt man falsch, ggf. strafbar.

    Was ist daran so schlecht, dass es nicht so bleiben kann?
    Wo genau braucht es da Gesetze?
    Ich versteh’s echt nicht mehr.

    Ich meine … das gilt auch für die Piraten, die ja auch gerne ein Urheberrechtsreform oder so hätten. Ich kann wahrlich nicht sehen, was an den bestehenden Gesetzen (und an den bestehenden Technologien) nicht ausreichend sein soll.

    Ich meine … Standards schön und gut, robots.txt, ist nicht gerade das aussagenmächtigste Format, aber, sfw? Google beherrscht 93% des Marktes. Wenn man der Meinung ist, dass die vielleicht noch mehr interpretieren sollten als das, was die robots.txt kann, dann muss man halt da anrufen und mit denen reden. So ist das in der freien Marktwirtschaft.

    Und wenn man der Meinung ist, dass aussichtslos ist, da anzurufen, weil die ein Monopol haben, dann muss man das halt zerschlagen. Auch dafür haben wir Gesetze, wenn ich mich nicht irre. Alles geregelt.

    Ich frage mich wirklich, warum all die Menschen immer neue Gesetze haben wollen. Wirklich. Merkwürdig.

    (Sorry für das Meandernde…)

    1. Mal davon ab dass das eh klar war dass die SPD den selben Kurs einschlägt wie die Hofnarren die atm in der Regierung sind, aber..

      Ich meine … Standards schön und gut, robots.txt, ist nicht gerade das aussagenmächtigste Format,[…]

      Was heist nicht aussagemächtig? Es braucht einfach nicht mehr als diese kleine Textdatei. Da kann ein Döpfner (oder wie der heist) noch so oft von „antiquierter technik“ faseln, es langt einfach, punkt.

      Ich meine … das gilt auch für die Piraten, die ja auch gerne ein Urheberrechtsreform oder so hätten. Ich kann wahrlich nicht sehen, was an den bestehenden Gesetzen (und an den bestehenden Technologien) nicht ausreichend sein soll.

      Da gibt es genug(!) Nachbesserungen. Ausreichend ist aktuell das falsche Wort, es ist einfach steinalt, unflexibel und stellt sich mit der Netzwelt schlicht quer. Als kleines Stichwort: Fair use concept. Und dieses Konzept ist sehr wohl in DE/EU umsetzbar, auch wenn einige Ewiggestrige gerne das Gegenteil behaupten.

      1. Was heist nicht aussagemächtig?

        Die Aussagemächtigkeit der Robots.txt beschränkt sich derzeit darauf, pro URL das Crawlen zu erlauben oder zu verbieten. Das macht solange Sinn, wie alles auf der Seite unter der gleichen Lizenz läuft und ich darüber verläßliche Aussagen treffen kann.

        Im Grunde kann/darf/sollte ich das Crawling eines Artikels aber schon nicht mehr zulassen sobald ein Element einer Webseite unter CC by steht, weil ich nicht sicherstellen kann, ob dieses Element nicht ohne das by und unter einer anderen Lizenz in der Suchmaschine aufgelistet wird. Die Tatsache, dass unterschiedliche Elemente einer Seite unter unterschiedlichen Lizenzen laufen, kann ich mit der Robots.txt halt nicht ausdrücken. Das ist schon etwas armselig.

      2. Nein, es wird eben nicht gebraucht, da (US-amerikanische) Suchmaschinen nach Fair Use handeln und Creative Commons-Lizenzen in ihrem Lizenztext sogar nocheinmal extra dessen Gültigkeit betonen. Und bei uns scheint es trotz Nichtverankerung im Gesetz ein ähnliches Prinzip zu geben, wenn man sich etwa die vom BGH formulierte rechtliche Konstruktion für die Google-Bildersuche ansieht.

        Es steht den Verlagen völlig frei einer Suchmaschine das Angebot zu unterbreiten, Inhalte ihres Internetangebots für die Aufnahme in den Index zu lizensieren, und wenn diese nicht darauf angeht, sie per robots.txt auszuschließen.

        Es steht den Verlagen weiterhin frei neben die robots.txt, eine payment.txt zu stellen, in der sie ein Lizenzmodell für ihre Inhalte auflisten, das ihren Ansprüchen genügt. Wenn sich Suchmaschinen finden, die bereit sind für die Erlaubnis die Inhalte zu indizieren zu bezahlen, dann wird die technische Implementierung des Auslesens der payment.txt sicherlich das geringste Problem sein.

        Nebenbemerkung: Da man im Allgemeinen sowieso einen Vertrag schließen wird, halte ich Maßnahme Nummer 2 für überflüssig, wenn nicht kontraproduktiv. Eine Offenlegung der exakten Lizensierungsmodalitäten ist vermutlich weder tatsächlich von den Verlagen gewünscht noch im Interesse ihrer potentiellen Geschäftspartner. Insofern halte ich das sowieso für eine Scheingefecht.

        Wie auch immer, nichts davon erfordert ein Leistungsschutzrecht oder eine Ersetzung des Robots Exclusion Standard.

  6. Da ihr ja als wenig kenntnisreich diffamiert werdet, habt ihr mal den Boehning gefragt, ob er belegen kann, dass „die unbefugte Verwendung ihrer Artikel durch Dritte“ nicht bereits heute durch Urheberrecht (und Abmahnabzocker) verhindert werden kann?

  7. Warum redet die SPD von „Presseverlegern“ und nicht von Journalisten oder Autoren, wenn doch angeblich das Urheberrecht gestärkt werden soll?

  8. Richtig ist, dass es in der SPD starke Kräfte pro Leistungsschutzrecht gibt. Und der Einfluss eines Olaf Scholz mit absoluter Mehrheit in Hamburg ist ungleich größer als jener der Klingbeils , die ja schon in der Bundestagsfraktion gezähmt wurden (siehe Klausur). Boehning spielt gar keine Rolle. Insofern ist das jetzige Verhalten nichts als Rumgeeiere zwischen den innerparteilichen Fronten, bei welchem die „Netzpolitiker“, wie in der Union, das Nachsehen haben werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.