Die Ergebnisse des G8-Gipfels zum Internet

Natürlich kommen die Staatsoberhäupter nicht ohne vorherige Abstimmung ihrer Stäbe zum G8-Gipfel, finden sich dort vor einem leeren Blatt wieder, diskutieren Tag und Nacht miteinander, und verfassen dann gemeinsam die hundert Seiten Abschlussbericht. Nein. Der größere Teil der Verlautbarungen, die uns am Ende dieser Woche verlesen werden, ist bereits fertig formuliert.

Jean-Michel Hubert ist der Internetbeauftragte von Frankreichs Präsident Sarkozy und stellte bereits vor einigen Tagen in Berlin die zentralen Punkte des Schlusscommuniqués bzgl. des Internets in Berlin vor. Und ich muss sagen: Es ist schlimmer, als ich erwartet hätte:

Trotz aller Probleme müssen wir die positive Bedeutung des Internets unterstreichen für das Wirtschaftswachstum, für die Weltentwicklung, für die Respektierung der Menschenrechte, für den Schutz der Meinungsfreiheit.

…lässt er sich zitieren. Trotz aller Probleme?!?

Mitbestimmung im e-G8-Forum

Zum e-G8 Forum hat Hubert explizit klargestellt, dass es nicht darum gehen könne, dass hier Forderungen oder Empfehlungen an die G8-Chefs gestellt werden. Stattdessen solle die Industrie einen „aktiven Beitrag leisten“ und die politischen Entscheider über ihre künftigen Pläne aufklären.

Wie soll ich mir das vorstellen? „Erzählt doch mal, was habt ihr so als nächstes vor, wo stehen wir euch im Weg, wo drückt der Schuh?“

Zivilisiertes Internet

Den Begriff kennen wir aus China, und so ist er auch gemeint, stellt Hubert klar:

Wir brauchen eine Balance zwischen dem Schutz der privaten und wirtschaftlichen Rechte der Nutzer und einer Flexibilität, damit sich das Internet uneingeschränkt weiterentwickeln kann.

Ein Satz, der schon etwas schwieriger zu übersetzen ist – welche wirtschaftlichen Rechte sollen hier gegenüber „privaten“ aufgewogen werden? Und wohin soll sich das Netz „weiterentwickeln?“ Die einzige anstehende Entwicklung scheint meines Erachtens sein Ausbau und der Umstieg auf IPv6 zu sein – oder? Aber da Hubert Franzose ist, ist klar, worum es geht:

Wir dürfen Verstöße gegen Urheberrechte, gegen den Schutz des geistigen Eigentums oder gegen den Patentschutz nicht bagatellisieren.

Brauch- und Unbrauchbarkeit des Internets

In seiner jetzigen Form ist das Internet aus Huberts (ökonomischer? staatlicher?) Perspektive anscheinend noch nicht brauchbar genug. Eine ähnliche Einstellung vertritt bekanntermaßen auch unser Innenminister. Hier schlägt Hubert vor, der Staat solle sich in pädagogischer Manier an seine Nutzer wenden, und sie an ihre individuelle Verantwortung erinnern. Es sind  nach meinen Recherchen noch keine konkreteren Informationen überliefert, für wen die Brauchbarkeit des Neztes inwiefern erhöht werden, und welche pädagogischen Maßnahmen dazu Anwendung finden sollen. HADOPI klingt aber nach einem Konzept, das auf beide Fragen eine Antwort bereithielte.

Netzneutralität

steht nicht auf der Agenda

Wir denken, das ist derzeit nicht konsensfähig.

stellte Hubert dazu klar. Dass über ein „zivilisiertes Internet“ seiner Meinung nach Konsens herrscht, gibt Anlass zu großer Sorge.

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15 Ergänzungen

  1. Hier schlägt Hubert vor, der Staat solle sich in pädagogischer Manier an seine Nutzer wenden, und sie an ihre individuelle Verantwortung erinnern.

    Ich betrachte es als meine individuelle Verantwortung, meine Daten so gut wie möglich zu schützen und nicht jedem x-beliebigen in den Rachen zu werfen, damit dieser sie dann zur Steigerung seines Gewinns nutzen kann.
    Ich vermute aber, Monsieur Hubert meint etwas anderes.

    1. Ein Satz, der schon etwas schwieriger zu übersetzen ist – welche wirtschaftlichen Rechte sollen hier gegenüber “privaten” aufgewogen werden?

      Ich glaube da hast du ihn falsch verstanden. Er möchte eine Balance zwischen einerseits „privaten und wirtschaftlichen Rechten“ und andererseits „Flexibilität“…

      Was immer das heißen mag… Auf jeden Fall klingt das ganze alles andere als gut!

  2. Na, wenn die G8 das so entscheiden, dann ist klar, dass in Deutschland CDU und SPD auch dafür sind. Und es somit, egal welche nächste Koalition wir haben, durchgesetzt wird. Demokratie ist schon was tolles.

  3. Mal eine Anmerkung zur Technik:
    Auf der Hauptseite steht, es wären 4 Kommentare vorhanden.
    Wenn man sich im Artikel befindet, steht oben, dass 3 Kommentare vorhanden sind.
    Scrollt man runter, stellt man fest ( und es steht auch dabei ), dass nur 2 Kommentare vorhanden sind.
    Irgendwas stimmt mit der Berechnung nicht.

    1. Die Zählung ist durchaus richtig – Als Du gepostet hast, gab es insgesamt 3 Nutzerkommentare und 1 Trackback (= 4 Kommentare) und die Nummerierung ging bis 2, da ein Kommentar eine Antwort auf einen Anderen ist, daher dort eingereiht wird und keine eigene Nummer bekommt ;)

  4. Ok, also ich übersetz das mal:
    Das Internet ist dazu da, den Konsum anzukurbeln. Die Menschen sollen konsumieren und das Maul halten. Deshalb müssen die Rechte des Käufers erstmal abgeschafft werden, er hat ja immer noch das Recht zu zahlen.

    Das Recht auf freie Meinungsäusserung muss geschützt werden, sofern es den Konsum nicht einschränkt oder der politischen Klasse schadet. Frau Merkel (oder eine andere Sockenpuppe) sagt uns, was gut und alternativlos ist und niemand anderes. Freie Meinungsäusserung im Internet führt unweigerlich zum Kommunismus oder Sozialismus oder Nationalsozialismus oder *hier-beliebiges-Feindbild-einsetzen*.

    Klar geworden, jetzt?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.