Computerworld über Censilia-Debatte

Die Computerworld berichtet über die Censilia-Pläne der EU-Kommission: Lone IT industry voice speaks out against EU Web filter plan. Zitiert wurd u.a. Ed Black, Präsident der IT-Industrie-Lobby Computer & Communications Industry Association (CCIA). Dieser beschwert sich, dass von Seiten der IT-Industrie aus Angst zu wenig Kritik an den Plänen geäussert würde:

Black said he wishes others from the IT industry would show courage by opposing the blocking plan but he added that he isn’t surprised by their reluctance to do so. „Big companies are gun-shy. They don’t want to get involved in issues where they can be attacked and in this case there’s the risk that they will be portrayed as sympathetic to pedophiles,“ he said.

Spannend ist auch ein Hinweis darauf, dass die EU-Kommission mit 300.000 Euro Befürworter der Censilia-Pläne fördert:

Meanwhile, the European Commission which drafted the proposal is paying a group of child protection groups from around Europe €300,000 to lobby in favor of the proposed law. And key politicians in the European Parliament are already lined up firmly in favor of the plan. […] „We have lobbied for the inclusion of the website blocking plan in the draft directive,“ said Noreen Khan, a spokeswoman for the National Society for the Prevention of Cruelty to Children (NSPCC), a U.K. lobby group among those benefiting from the €300,000 grant from the Commission.

Update: Die 300.000 Euro gehen wohl an ENACSO: European Child Safety Online NGO Network. Vielleicht sollte man mal anfragen, ob die EU aus Gründen der Waffengleichheit digitale Bürgerrechtsorganisationen mit einem ähnlichen Betrag ausstattet?

15 Ergänzungen

  1. tja… Child pornography is great!

    Man sieht mal wieder, daß Kinder in Europa keine Lobby haben. Nur Kinderschützer, und die machen ein Riesen-Geschäft damit. Ginge es nämlich um wahrhaftigen Kinderschutz, dann hätte man schon längst die Websperren-Pläne zu den Akten gelegt. Derweil dürften im übrigen bei der Content-Industrie die Sektkorken knallen.

  2. Eindeutig: Fragen

    Ob du das verbunden mit der Reputation von netzpolitik.org selbst übernimmst oder wir gemeinschaftlich da Druck machen, wär mir egal. Für letzteren Fall wäre aber eine Kontaktadresse nett.

  3. Habe ich das jetzt richtig gelesen? Die EU Kommission gibt einer Lobbyorganisation Geld dafür, dass die eine Forderung der Kommission öffentlich schönredet? Das wäre doch ein Skandal.

    1. @Ein Mensch: So einfach ist es wohl nicht. Da bekommen einige Organisationen gemeinsam Fördergelder für das Ziel Kinderschutz und nutzen die dadurch finanzierte Arbeitskraft, um Lobbying für Netzsperren zu betreiben.

      1. „EU commission which drafted the proposal is paying … to lobby in favor of the proposed law“

  4. Was heißt hier eine lange Vorlaufszeit?
    Ein EU Projekt in dem Bereich hat maximal eine Vorlaufzeit von 9 Monaten. Zwischen call for proposal (Ausschreibung) und deadline liegen meisten 8 Monate. Sicherlich braucht man beim ersten mal die 9 Monate Vorlauf, aber sobald man weiß wie es geht und die Vernetzung zu Organisationen einmal hat können Propolals / Projekte auch in einem Monat hochgezogen werden und es ist eigentlich ziemlich einfach.

    Von 2007-2013 hat das Programm aus dem ENACSO schöpft im übrigen 55 Millionen Euro eurer Steuergelder bereitgestellt. Red Barnet ist die leitende Organisation bei ENACSO.
    Momentan laufende Projekte:z.B. CIRCAMP oder SIPP-Bench II (endet 2012, ca. 0.5 Mill. Euro) oder das erstaunlicherweise nie erwähnte ICSEDB mit Interpol.

    Eine (Teil)Übersicht gibt es hier über bereits gelaufene Projekte. Dabei ist anzumerken das die Idee zum Filtern und Labelling in den ersten Projektanträgen schon 2002 gab:
    http://ec.europa.eu/information_society/activities/sip/projects/completed/filtering_content_labelling/index_en.htm
    Es gab auch ganz gute Sachen z.B. die klicksafe Prospekte (aber die eben erst seit 2010; ein „Zufall“).

    Im übrigen, auch wenn es eine „rhetorische“ Frage war, die mit größter Wahrscheinlichkeit richtige Aussage dürfte sein: Ja, es wird so etwas geben bzw. gibt es eigentlich schon (lage), je nachdem wie man sich einordnet oder wahrnimmt – und unter Beachtung das ENACSO, wie auch INHOPE und Insafe Vernetzungsplattformen sind von Organisationen aus mehreren Ländern (eben EU -Ebene) und nicht nur einem.

    Der Unterschied in „nicht digtale“ und „digitale“ Bürgerrechtsorganisation ist in diesem Zusammenhang sowieso irrelevant.

  5. Es ist unglaublich. Da lanciert die Contentindustrie Internetsperren für Ihre Interessen und nicht nur das wir die Leidtragenden dieser Aktion sind, nein, wir dürfen sie auch noch finanzieren!

    Langsam fällt mir wieder ein warum ich mich so lange nicht mit Politik beschäftigt habe…

  6. Anfrage:

    Über Fefe der auch das 300000 Euro Thema aufgegriffen hat gefunden: http://diepresse.com/home/techscience/internet/562137/index.do

    Dort steht folgendes zu lesen:
    […]
    Komplette Abhörverfahren in Testphase

    In Europa blockieren bereits Großbritannien, Dänemark und Italien diverse Websites. Großbritannien testet derzeit sogar sogenannte Deep Packet Inspection (DPI). Dabei wird nicht nur untersucht, woher die Daten stammen und wann sie geschickt wurden, sondern der komplette Inhalte wird geprüft. Sie ist um einiges aufwendiger als andere Filterverfahren. Würden Staaten flächendeckend DPI für den gesamten Internetverkehr einsetzen, wäre das gleichzusetzen mit einer konstanten Abhörung aller Telefongespräche – und zwar der Inhalte, nicht wie derzeit üblich nur die Verbindungsdaten im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung. Im Einsatz ist DPI derzeit zwar schon in vielen Unternehmen und auch Ländern, allerdings wird die Technik noch nicht zur großflächigen Blockade von Websites oder direkter Zensur eingesetzt – abgesehen von China und dem Iran.
    […]

    Stimmt das mit dem DPI? Läuft in GB schon eine Testphase?
    Wenn ja wird es definitiv Zeit sich über Gegenmaßnahmen zu unterhalten…

    bombjack

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