Die Wikipedia-Gemeinschaft ist derzeit dazu aufgerufen über einen Vorschlag abzustimmen, der vorsieht Wikipedia-Inhalte zusätzlich zur GNU Free Documentation License (GFDL) auch unter der Creative-Commons-Attribution-ShareAlike-Lizenz (CC-BY-SA) zu lizenzieren. Auf den Seiten der deutschen Wikimedia findet sich dazu u.a. folgende Übersicht:
Der Vorschlag der Foundation lautet, die Lizenz- und Nutzungsbedingungen aller Wikimedia-Projekte wie folgt zu verändern:
- Aller Inhalt, der gegenwärtig unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation (mit „Späterer-Versions-Klausel“) verfügbar ist, wird, wie die aktuelle Version der GFDL ausdrücklich zulässt, zusätzlich unter der Lizenz CC-BY-SA 3.0 verfügbar gemacht.
- Neue Bearbeitungen durch die Gemeinschaft müssen auf diese Weise dauerhaft doppelt lizenziert werden, Inhalt von Dritten kann allerdings ausschließlich unter CC-BY-SA stehen.
- Weiterverwender werden informiert, dass Inhalte, die importierten CC-BY-SA-only-Inhalt enthalten, nicht gemäß der GFDL genutzt werden können.
Autoren und Bearbeiter werden auch, wie bereits jetzt in Richtlinien und Praxis üblich und auch mit der CC-BY-SA vereinbar, zustimmen müssen, dass Nachnutzer ihre Namen angeben müssen; dies muss wenigstens durch einen Link oder die URL zum Artikel geschehen, zu dem die Benutzer beitragen.
Siehe Licensing update/Questions and Answers/de für eine vollständigere Übersicht.
Argumente für die Lizenzänderung
Im Wesentlichen werden zwei Hauptargumente für die Lizenzänderung genannt: Erstens soll die Kompatibilität von (gemeinnützigen) CC-Projekten mit der Wikipedia erhöht werden, da es bislang nicht möglich ist, unter CC stehende Texte (in beide Richtungen) auszutauschen.
Zweitens hat es sich bei der GFDL als problematisch erwiesen, dass der komplette Lizenztext in jeder Kopie angegeben werden muss. Vor allem die (rechtliche) Unsicherheit vieler Nutzer wird hierbei als auschlaggebend für die angestrebte Änderung genannt.
Probleme mit den Terms of Service
Beachtet man die aufgelisteten Argumente sind die Kritiker der Lizenzänderung nicht per se dagegen, sondern bestreiten „nur“ die Rechtmäßigkeit der Terms of Service. Sie bemängeln, dass die Unzulänglichkeiten vom Kuratorium (scheinbar) nicht behandelt werden. Die konkreten Schwierigkeiten fasst Heise wie folgt zusammen:
Ein Problem ist die korrekte Auszeichnung der CC-lizenzierten Inhalte Dritter: So legen viele Ersteller freier Inhalte wert auf die Nennung ihres Namens bei jeder Veröffentlichung – innerhalb der Wikipedia werden Fotografen aber lediglich über die Verlinkung einer Bildbeschreibungsseite gewürdigt. Wenn Dritte Wikipedia-Artikel weiterverbreiten, befürchten die Kritiker, ist der Autorenvermerk aber nur über Umwege nachlesbar. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die Wikimedia immer online sei. Möller plädiert in der Diskussion für eine bessere Auszeichnung der Rechteinhaber innerhalb der Wikipedia-Artikel.
Problematisch ist meiner Ansicht nach, dass die Gemeinschaft nicht über verschiedene Möglichkeiten der Attribution (oder pro/contra Attribution), sondern nur mit „ja“, „nein“, und „keine Meinung“ hinsichtlich der Veränderung abstimmen kann. Dieser Umstand scheint daher zu rühren, dass CC-BY-SA wohl die einzige Lizenz ist, die gegenüber der GFDL 1.3 überhaupt kompatibel gemacht werden kann bzw. eine Migration erlaubt.
Eine für die Kritiker akzeptable Lösung müsste wohl einen Ausgleich zwischen der Festlegung durch die Wikimedia Foundation (Attribution via Link ausreichend) und der (u.U. schwer praktikablen) Attribution aller (nicht marginal beitragenden) Autoren suchen. Die bisher korrekte Lösung d.h. die Nennung der kompletten Versionsgeschichte, um im Falle der Weiternutzung die Urheberrechtsvermerke beizuhalten, ist in der Praxis (beispielsweise unter Studenten) so gut wie nicht in Gebrauch.
Code is Law
Sowohl was richtige Zitate als auch Urheberrechtsvermerke anbelangt, scheint mir neben der rechtlichen auch eine technische Lösung erforderlich, die ähnlich wie bei Onlineliteraturdatenbanken von Weiternutzern einfach heruntergeladen werden kann und automatisch aktualisiert wird.
Genauer gesagt, müsste aus der Versionsgeschichte ein File erstellt werden können, dass Namen, Links und Lizenzwahl der einzelnen Autoren angibt und zugleich einen in den Terms of Service standardisierten Zitiervorschlag enthält, der beispielsweise in Literaturverwaltungsprogramme übernommen werden kann.
Mir ist klar, dass vergleichbare Vorschläge weder einfach umzusetzen sind, noch von der Gemeinschaft so schnell berücksichtigt werden dürften. Jedoch ist die Aussicht auf einen verhältnismäßig unsinnigen Feststellungsstreits im Zentrum der FreeCulture Bewegung auch nicht besonders verlockend. Die Wikipedia hingegen für die „breitere Masse“ zitierfähig zu machen, ist ein nicht zu unterschätzendes Anliegen, das mehr Kräfte bündeln sollte, als rechtliche Scharmützel.
Abstimmung bis zum 3. Mai 09
Stimmberechtigt ist Mike Linksvayer zufolge jeder, der bis zum 15. März mindestens 25 Bearbeitungen aufweisen konnte. Abstimmen kann man nach dem Login in den eigenen Account über einen Banner oder indem man diesem Link folgt.
Nach dem 3. Mai und der Bekanntgabe der Ergebnisse wird der Stiftungsvorstand darüber entscheiden, ob die Entscheidungsvorlage in Kraft treten wird oder überarbeitet werden soll.
Was ich bei der Kurzinfo Seite zu CC-BY-SA sehr nervig finde ist dieser Text hier:
„The page you came from contained embedded licensing metadata, including how the creator wishes to be attributed for re-use. You can use the HTML here to cite the work. Doing so will also include metadata on your page so that others can find the original work as well.“
Erstens ist es echt unklar was „meta data“ in dem Zusammenhang ist, aber noch viel nerviger ist es dass es keine Aussage darüber macht ob ich irgendwo „bla ist fasel (Quelle: Wikipedia)“ schreiben darf wenn ich dort nicht verlinken kann.
Gruss
Bernd
Interessant, ja. Aber ich wüsste nicht, welche Entscheidung ich hier treffen würde.