Telekom-Paket: Im Netz der Lobbyisten

Die Futurezone hat ein Interview mit der Kommunikationsforscherin und Politologin Monica Horten, die sich mit dem Telekom-Paket beschäftigt: Im Netz der Lobbyisten.

ORF.at: Frau Horten, die von Ihnen und zahlreichen Bürgerrechtlern kritisierten Ergänzungsvorschläge, die von einigen der Medienindustrie nahestehenden Mitgliedern des EU-Parlaments eingebracht wurden, sind über mehrere Papiere des Telekompakets hinweg verstreut. Wie würden Sie die Taktik der Medienindustrie beschreiben und wie sind Sie diesen Ergänzungen auf die Spur gekommen?

Monica Horten: Ich würde die Taktik als „hinterhältig“ bezeichnen. Sie haben sich in die Gestaltung von Richtlinien eingemischt, die eigentlich die elektronische Datenübertragung regeln sollten und versucht, dort Regeln einzufügen, die Copyright-Probleme betreffen. Diese Regeln werden ein veraltetes Geschäftsmodell der Medienindustrie schützen und haben gravierende Auswirkungen auf die Bürgerrechte. All dies wurde im Geheimen getan, indem Mitglieder des Europäischen Parlaments Ergänzungsvorschläge in verschiedenen Komitees des Parlaments vorgelegt haben. Diese werden zwar auf der Website des EU-Parlaments veröffentlicht, aber die Dokumente sind so umfangreich und kompliziert, dass niemand erkennen würde, was sie im Zusammenspiel bedeuten. Ich habe sie nur deshalb gefunden, weil mir jemand die Dokumente geschickt und mich darauf hingewiesen hat, dass damit etwas nicht stimmen kann – er selbst hatte aber nicht verstanden, wo das Problem gelegen hat. Diese Taktik sollte verhindern, dass es im Parlament eine öffentliche Diskussion gibt und dass die Abgeordneten sich genauer mit den Papieren befassen.
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ORF.at: Wie geht es mit dem Telekompaket weiter?

Monica Horten:Zwei Ausschüsse des EU-Parlaments sind verantwortlich: Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie ist für die Rahmenbeschlüsse verantwortlich. Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ist für die Richtlinien verantwortlich, die den allgemeinen Zugang und den Schutz der Privatsphäre betreffen. Diese beiden Ausschüsse stimmen am 7. Juli ab. Das Plenum des Europäischen Parlament wird am 2. September über das Paket abstimmen. Danach wird der Ministerrat darüber diskutieren, voraussichtlich im November.

4 Ergänzungen

  1. Der Artikel lässt das so klingen als wenn Provider und unser Unterhaltungskartell nicht an einem Strang ziehen würden.
    Ich bin der Meinung das aber grade Präsentationen wie zB. diese, die ein Techniker der Telekom 2006 vor der ITU gegeben hat in der meiner Meinung nach massiv für ein vom ISP segregiertes Netz geworben wird (Zitat seite 7: „Service Unaware pure Transport Network == … Functional Internet quality questionable“) darauf hinweisen, das das Treiben der Unterhaltungs-Vertriebs-Lobbyisten von vielen ISPs mindestens wohlwollend betrachtet wird. – denn nur so lässt sich aus der teuren Hardware die Service Provider durch Vorratsdatenspeicherungs- und Onlinedurchsuchungsgesetze bereits gezwungen sind anzuschaffen überhaupt Gewinn schlagen.

    Shameless Plug: Ich hatte das Thema schon vor zwei Jahren etwas reißerisch uhm…. angerissen.

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