Vorratsdatenspeicherung: Rechtsausschuss billigt Antrag der großen Koalition

Der Rechtsausschuss des Bundestages hat sich heute in einer nicht-öffentlichen Sitzung (Tagesordnung) für den Antrag der großen Koalition zur Vorratsdatenspeicherung (PDF) ausgesprochen. Dieser äußerst umstrittene Antrag geht über die Richtlinien-Vorgabe hinaus, obwohl er eine „Speicherung nach Augenmaß“ vorsehen will:

2. a) es werden […] keine über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgehenden Pflichten geregelt; dies gilt insbesondere für die […] Beschränkung der Datenabfrage zu Zwecken der Strafverfolgung auf die Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten;

Die EU-Richtlinie (PDF) sieht allerdings nur einen Zugriff bei schweren Straftaten vor. Mit der Formulierung „erheblicher Straftaten“ wird dieser Bereich ausgedehnt. Eine viel heftigere Ausdehnung der Richtlinie findet mit dem Bezug zu „mittels TK begangener“ Straftaten statt: Von diesen ist in der Richtlinie nicht dir Rede, sie werden leidglich in den Erwägungsgründen genannt. Die Beschränkung auf „erhebliche“ bzw. „schwere“ Straftaten ist mit der „oder“-Formulierung hinfällig; Der Antrag der Großen Koalition greift also auch bei leichten Straften, wenn sie per Telekommunikation begangen wurden.

Die vermeintliche Beschränkung auf „erhebliche“ Straftaten wird damit ausgehebelt – Zugriff auf auf Vorrat gespeicherte Daten ist damit auch bei leichten Delikten, wie z.B. Filesharing, möglich. Nach Meinung der Justizministerin Zypries ist Filesharing in Maßen ein Bagatelldelikt – und damit in ihren Augen straffrei.

Ein großes Chaos wird entstehen, sollte diese „oder“-Formulierung im Antrag bestehen bleiben.
Die Alternativ-Anträge der Grünen (PDF) und FDP (PDF) forderten eine Rückbesinnung auf den Beschluss des Bundestag vor einem Jahr, der ein pauschales „Nein“ zur Vorratsdatenspeicherung vorsah. Dieser kam durch eine Empfehlung ebendesselben Rechtsausschusses zustande:

Der Deutsche Bundestag erinnert an seine bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes zum Ausdruck gekommene Ablehnung einer Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten und fordert die Bundesregierung auf, dies zur Grundlage ihrer Verhandlungen auf EU-Ebene zu machen.

Siehe dazu auch die Berichterstattung von Stefan Krempl auf heise.de: Bundestag soll massive Überwachung der Telekommunikation absegnen.

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