Im Streit um die Softwarepatente gibt es eine überraschende Wendung: Sieben amerikanische Hochschulen haben sich mit den vier großen Technik-Giganten IBM, Intel, Hewlett-Packard, Cisco und der Ewing Marion Kauffman Foundation im Namen von Open Innovation zusammengetan. Mit ihren „Open Collaboration Principles“ haben sie allgemeingültige Richtlinien erstellt, die die gemeinschaftliche Entwicklung von Freier Software massiv beschleunigen sollen. Die üblichen Einschränkungen von Urheber- und Patentrecht sollen dabei zugunsten der „kollaborativen Innovation“ vernachlässigt werden: „Freie Software und Offene Standards, die zusammen von Universitäten, der Regierung und der Industrie entwickelt werden, können dafür eine mächtige Plattform schaffen“, erklärt John E. Kelly III, IBM-Vizepräsident für „Technology & Intellectual Property“ bei der Kauffman Foundation.
Unter dem so genannten „Free Public Commons“-Modell (im PDF-Format) soll das aus der Zusammenarbeit entstandene geistige Eigentum frei für die kommerzielle wie für die akademische Verwendung verfügbar sein. Die normalerweise rechtlich geschützten Entwicklungen sollen ausschließlich in Open-Source-Projekten zum Einsatz kommen, bei Standards eingesetzt werden oder die Interoperabilität von Programmen vereinfachen. Zweitens stimmen die Beteiligten einem Set an Richtlinien zu, das sich an die Rechte der Teilnehmer wie an die der Öffentlichkeit wendet. „Diese Prinzipien gründen auf einer ausgewogenen Herangehensweise an IP [Intellectual Property] Management und sind gedacht, zusätzlich verbundene Unternehmen wie universitäre Forschungsprojekte anzuregen“, sagt Kelly III weiter. Besagte Prinzipien gehen auf einen Kongress „University and Industry Innovation Summit“ an der Georgetown University in Washington, DC, im August zurück. Dort beschäftigte man sich mit den bestehenden Hindernissen im Zusammenhang mit geistigem Eigentum.
Der Commons-Forscher David Bollier kommentierte die Ankündigung im Madisonian.net-Blog: Natürlich würde die Umsetzung des geistigen Eigentums in der Praxis meistens einen schwerfälligen und kostenintensiven Rechtsapparat nach sich ziehen. Eine Zusammenarbeit von Industrie und Forschung könnte nun gleichzeitig nicht nur die Kommerzialisierung des IT-Sektors vorantreiben, sondern hätte auch Auswirkungen auf die universitäre Praxis: Die neuen Leitlinien wären auch eine explizite Absage an den ethischen Prinzipien des Bayh-Dole Act von 1980. Damals sei man von der Annahme ausgegangen, dass die universitäre Forschung schneller kommerzialisiert würde, wenn die Universitäten ihre Ergebnisse patentieren könnten. In letzter Zeit habe man aber erkannt, dass die „Einschränkungen durch das IP [Intellectual property] Forscher davon abhalten, Informationen zu handeln, zu kollaborieren und innovativ tätig zu sein.“ Es sei ermutigend, dass die größten Technik-Unternehmen praktische Schritte unternähmen, die Wissensallmende als unverzichtbares Fundament für ihr kommerzielles Glück wieder zu beleben. Neben den vier IT-Firmen sind folgende sieben Universitäten beteiligt: Rensselaer Polytechnic Institute, Georgia Institute of Technology, die Universitäten von Stanford, California in Berkeley, Carnegie Mellon, Illinois und Texas.
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