Filesharing-Revolution in Grossbritanien?

Cory Doctorow berichtet auf BoingBoing von einer Musik-Revolution in Grossbritanien: Ende September geht mit Playlouder MSP ein neuer DSL Provider auf den Markt. Das alleine ist keine News, aber der Hammer ist ein Vertrag mit SonyBMG, dass die Nutzer in ihrem monatlichen DSL-Beitrag eine Lizenz zum Filesharing bekommen! Der Preis für eine 1 MBit Leitung soll vergleichbar zu Angeboten der Konkurrenz sein. Monatlich kostet der Service £26.99.

Alle Nutzer haben das Recht, jeden Song aus dem SonyBMG-Katalog zu tauschen, auch wenn diese nicht mehr auf dem Markt sind. Also auch ältere Aufnahmen. Und das in jedem Format, mit jeder Bitrate und in jedem Filesharing-Netzwerk. Die Lizenz schliesst auch sämtliche Musikquellen, die gerippt sind, aus Filesharingbörsen gezogen wurden, von Vinyl digitalisiert worden oder aus dem Radio aufgenommen wurden ein – einfach alles.

PlayLouder MSP nutzt eine Audio-Analyse Software von Audible Magic, um den P2P Traffic zu analysieren. Die Songs werden aufgerechnet und SonyBMG bekommt vom Provider eine Kompensation dafür. Die Stücke sollen gleichzeitig mit dem Filter davor bewahrt werden, das ISP-Netz zu verlassen. Seit November 2004 besteht schon ein Lizenzvertrag mit vielen führenden Indie-Labels, welcher mit der Association of Independent Music (AIM) abgeschlossen wurde. Deren Geschäftsführer, Alison Wenham, wird mit folgenden Worten zitiert: „PlayLouder MSP is a simple but radically different solution to the means of accessing music on the Internet. I think it’s brilliant and when it is launched I will be the first person to sign up for it“. Verhandlungen sollen auch mit den übrigen Majors geführt werden.

Das Modell ist sehr ähnlich zu dem, was die Electronic Frontier Foundation und auch wir vom Netzwerk Neue Medien seit Jahren fordern: Filesharing durch eine Voluntary Collective Licensing Scheme (Musikflatrate) zu legalisieren und Künstler/Rechteinhaber gleichzeitig zu vergüten. Ich bin beeindruckt und will das auch in Deutschland haben! Das würde genug Probleme beseitigen, auf Seiten der Verbraucher und auch der Künstler. Filesharing ist nicht böse, was bisher fehlte, sind Modelle wie dieses. Was wohl die IFPI, bzw. SonyBMG in Deutschland dazu sagt?

The Guardian berichtet auch darüber: Music file sharing to be offered legally .

Update:

Mitllerweile gibt es mehr News im Netz dazu:

Nicorola
hat Digital Music News Informationen gefunden, welche das Modell in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen:

But PlayLouder will control which files can be traded, and to whom various files can be shared. In the case of the recent Sony BMG deal, that means that the closed ISP will only allow WMA-protected files to move between PlayLouder MSP members, and PlayLouder will actively seek to replace unauthorized MP3s with approved WMA versions. Sharing outside of the MSP environment will be prohibited. The company will use an Audible Magic filtering technology to actively identify traded songs, delivering upgraded and approved copies throughout the process.

Unter den Umständen würde ich natürlich kein Kunde werden. Kopiergeschützte WMA-Dateien kommen mir nicht auf die Festplatte!

Währenddessen schlägt Clive Rich von SonyBMG bei BBC Technology News Töne an, die man bisher selten vernahm:

„It retains the sense of community and spontaneity which makes P2P and super distribution so attractive to consumers, whilst ensuring that this activity takes place within a framework in which the music can be tracked and rights owners get paid“.

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7 Ergänzungen

  1. Ich bin begeistert das zu lesen. Allerdings erscheint mir der Preis fuer eine 1Mbit Flatrate doch recht hoch, vor allem wenn man mal bedenkt das die Dateien dann nur ISP intern getauscht werden koennen. Das setzt voraus das jemand anderes, der beim gleichen ISP ist, die gesuchte Datei besitzt, freigegeben hat, einen Upload Slot frei hat und auch noch zur gleichen Zeit Online ist wie man selbst.
    Wenn Sony selbst nen dicken Server aufstellen wuerde von dem man sich dann legal die Dateien saugen kann – Das waere eine Revolution!

  2. Ich kenne jetzt nicht die Preise in UK genau, vermutlich sind sie, wie fast alles, um einiges höher als hier. Der Preis soll laut Pressemitteilung vergleichbar zur Konkurrenz wie BT sein. Ich finde nicht, dass es eine grössere Revolution wäre, wenn SonyBMG einen zentralen Server hinstellt und z.B. ein „All you can download“-Angebot machen würde. Wie sollte denn das Geld eingesammelt werden? Dafür ist der ISP besser geeignet. Das wäre 1998 vielleicht innovativ gewesen, in der Prä-Napster-Zeit. Jetzt ist das einfach nur innovativ, wenn auch fünf Jahre zu spät.

  3. Interessante Nachricht, nur will ich das noch nicht so ganz glauben. Technisch halte ich das für extrem schwer bis unmöglich diesen Service für jeden P2P-Dienst anzubieten. Also habe ich die Quellenangaben mal überprüft, um sicherzugehen, dass das hier keine Ente ist. Auf der Guardian-Seite habe ich dann folgendes gefunden

    „Because all Playlouder subscribers will share tracks over its own network Mr Hitchman said that the company could track the files and, through digital fingerprinting technology, make sure that record companies were remunerated accordingly from money set aside from Playlouder’s revenues each month.“

    Das hört sich für mich so an, als ob man für diesen Service das Playlouder-P2P-Network nutzen müsste, also Clients, die von Playlouder zur Verfügung gestellt werden. Das passt auch sehr gut zu der Software, die Playlouder zum Analysieren benutzt. Auf der Audible Magic Homepage findet man auf der Produkt-Seite für P2P-Software-Entwickler:

    „Build instrumentation into your peer-to-peer software to identify and track copyrighted content. Audible Magic technologies identify content without the need for any watermarking or DRM schemes. Audible Magic technologies operate upon any type of electronic media, regardless of format, compression or protocol. Make the linkage between downloads and purchases of legal files.“

    Sieht also ganz so aus, als braucht man spezielle Clients. Würde mich übrigens nicht wundern wenn solche speziellen Clients nur für wenige, aber populäre Betriebssysteme angeboten würden. Wenn ich darüber nachdenke, will ich einen P2P-Client von einem ISP aber auch gar nicht benutzen. Um es auf den Punkt zu bringen: der Client funkt Informationen über alles was heruntergeladen wurde an den ISP, damit der ISP es mit der Musik-Industrie abrechnen kann. Muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er das will.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.