Das „Gesetz zur Ausweitung der BKA-Kompetenzen im Kampf gegen den Terror“ (Kurz: BKA-Gesetz), und damit auch die Online-Durchsuchung, ist heute vom Bundeskabinett beschlossen worden. Damit geht es seinen Weg in den Bundestag. Und dort wird es vermutlich noch zu Korrekturen kommen. Wie gross oder klein diese sein werden, wird sich noch die nächsten Wochen und Monate entscheiden. Hier gibts einige Reaktionen und Berichte dazu:
Tagesschau: Mehr Befugnisse für das Bundeskriminalamt.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries setzte in den Verhandlungen zwischen den zuständigen Ministerien durch, dass für die Installation der Überwachungssoftware die Wohnung nicht betreten werden darf. Zweiter Streitpunkt ist die Videoüberwachung. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass BKA-Ermittler bei der Beobachtung von Wohnungen in Kauf nehmen dürfen, dass Unschuldige und Unverdächtige ins Visier geraten. Auch das stößt in der SPD auf Widerstand.
Heise: Bundesregierung beharrt auf heimlichen Online-Durchsuchungen.
Generell ist nach wie vor vorgesehen, dass sich der Einsatz von Abhörwanzen oder Kameras auch gegen Wohnungen Dritter wenden kann. Voraussetzung soll sein, dass sich der Verdächtige dort aufhält und die Maßnahmen in seinen vier Wänden allein nicht zur Abwehr der ausgemachten dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person beziehungsweise Sachen von bedeutendem Wert führen würden. Im Rahmen dieser Überwachung von Wohnungen Unverdächtiger dürfen dem Vorhaben nach weiterhin auch „andere Personen“ betroffen werden, wenn dies „unvermeidbar“ ist.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble freut sich in einer Pressemitteilung über die Online-Durchsuchung:
Neu und besonders hervorzuheben ist die Befugnis zur so genannten Online-Durchsuchung. Dem Bundeskriminalamt soll im Rahmen der Online-Durchsuchung gestattet werden, unter bestimmten, sehr eng umrissenen Voraussetzungen durch den Einsatz technischer Mittel, das heißt durch entsprechende Programme, Daten aus informationstechnischen Systemen zu erheben, um terroristische Gefahren abzuwehren und entsprechende Straftaten zu verhüten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass eine solche Maßnahme mit den Vorgaben unserer Verfassung im Einklang steht, ist damit gewährleistet dass das Bundeskriminalamt Schritt halten kann mit der Nutzung modernster Informationstechnologien durch Terroristen. Ich halte dies für einen wesentlichen Fortschritt.
Zeit-Online: Regierung beschließt BKA-Gesetz.
Die Grünen forderten die SPD auf, das Gesetz aufzuhalten und nicht mehr vor der Bundestagswahl zu verabschieden. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck sagte, das BKA werde damit zur „Superbehörde mit sämtlichen Geheimdienstbefugnissen – entgegen dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot“ von Polizei und Geheimdiensten. Wolfgang Neskovic von der Linken kritisierte: „Nach der Vorratsdatenspeicherung stellt das geplante BKA-Gesetz einen weiteren Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der deutschen Sicherheitsbehörden dar.“ Bei der Vorratsdatenspeicherung werde „das Grundgesetz auf den Kopf gestellt“.
Update: Die aktuelle Version des BKA-Kabinettsbeschluss mit Stand vom 27.4.08 hat Julia Seeliger online gestellt.
Tagesspiegel: Der Kampf geht weiter.
Entsprechend missvergnügt reagiert Schäuble. „Die SPD als solche“ habe keine Wünsche angemeldet, es gebe nur „Äußerungen von Abgeordneten“. Natürlich werde man im parlamentarischen Verfahren darüber reden. Aber Schäuble macht klar, dass er zu allzu vielen Abstrichen nicht bereit ist: „Der Kompromiss wird in den meisten Fällen darin bestehen, dass die, die Fragen aufwerfen, sich sachkundig machen.“ Geradeheraus „albern“ nennt der Minister den Vorschlag Edathys, Online-Durchsuchung und andere Maßnahmen zunächst nur auf vier Jahre befristet einzuführen. Die Idee der Probefrist sei „so offensichtlich falsch, dass sie sich von selbst erledigt“.
Interessant ist hier die Idee einer „Probefrist“ für das Gesetz. In der Theorie ist das durchaus sinnvoll. In der Praxis haben das die Grünen nach 2001 in den Otto-Katalogen durchgesetzt. Das hat nichts gebracht, weil die SPD einige Jahre später bei der Evaluation alles sinnvoll fand.Insofern ist das von Seitend er SPD eher schönfärberei.
der lauschangriff ist verfassungswidrig und verstoesst gegen die Menschenwürde. Wie kann dann die Videoüberwachung rechtens sein?
http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Lauschangriff#Entscheidung_des_Bundesverfassungsgerichts
Das Urteil musste bis zum 30. Juni 2005 in einem neuen Gesetz umgesetzt worden sein. Solange der Gesetzgeber nicht gehandelt hat, muss die Polizei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen.
Zur Urteilsbegründung heißt es:
„Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gehört die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Jede Erhebung von Informationen aus diesem Bereich muss abgebrochen werden. Jede Verwertung ist ausgeschlossen. (Urteil zum Großen Lauschangriff vom 3. März 2004)“
Nach einem 1:1 Vergleich des BKA-Entwurfes vom 16.4.08 und dem aktuellen Kabinettsentwurf vom 27.5.08 habe ich nur in einer Norm wesentliche Änderungen feststellen können:
1. In § 20h Absatz 1 Nr.1 wurde ein neuer Punkt „c)“ eingefügt.
2. Und im gleichen Absatz unter Nr.2 wurde Satz 2 gestrichen.
3. In Absatz 2 dieser Vorschrift wurde Nr.1 abgeändert.
Der Rest ist gleich geblieben. (abgesehen von kleineren redaktionellen Änderungen/Korrekturen)
Allerdings werd ich aus der Änderung nicht ganz schlau….
Leider ist das kein „lokales“ Problem:
Schweden hat sowas
und wenn man sich die letzten Äußerungen von McCain ansieht, gehen die auch in die Richtung…
Hi,
beim BT ist bereits eine petition gegen die ausweitung der befugnisse auf das BKA eingereicht worden. unterzeichnen kann man die petition hier:
http://www.stoppt-das-bka-gesetz.de
es handelt sich um eine weiterleitung auf den server des teledemocracy centers der napier universität edinburgh („itc.napier.ac.uk“), die auch das zugrundeliegende petitionssystem entwickelt hat. ein verweis auf die öffentlichen petitionen gibt es aber auch auf den webseiten des bundestags:
http://www.bundestag.de/ausschuesse/a02/onlinepet/server.html
gruß
–fluid