Weitere Kritik an den Internetsperrungswünschen

Langsam kommt mehr Bewegung in die Kritik an den Forderungen der Musikindustrie zum Tag des Geistigen Eigentums auf. Das ist erfreulich und hier kann es ruhig noch eine grössere Debatte und mehr Medienaufmerksamkeit geben.

Sehr interessant ist der Blog-Kommentar von Prof. Dr. Thomas Hoeren: Worüber ich mich ärgere: Der offene Brief der Musikindustrie.

Ich habe langsam die Nase von den Frechheiten der Musikindustrie voll. Undifferenziert wird auf Nutzer und TK-Industrie eingeschlagen. Falsche Zahlen (70% der TK-Nutzung seien illegaler P2P-Verkehr) werden kombiniert mit schrägen Vergleichen gerade mit dem Zensurland China und dubiose Zitate just von Mark Getty (”Geistiges Eigentum sei das Öl des 21. Jahrhunderts”). Die eigenen Haussklaven werden als Unterzeichner vorgeschickt und instrumentalisiert, statt sich mal zu fragen, ob man nicht als Musikindustrie angemessene Salärs an Kreative zahlt. Jede differenzierte Auseinandersetzung fehlt: Hat nicht der Gewinneinbruch in der Musikindustrie noch andere Gründe als P2P? Kann die TK-Industrie überhaupt effektiv den Zugang zu Websites sperren? Ist nicht Urheberrecht geprägt durch eine komplexe Suche nach einem Gleichgewicht zwischen schützenswerten Urheber-, Verwerter- und Nutzerinteressen? Man will in der Musikindustrie nicht differenziert denken. Man will schlagen, hauen, klotzen. Dualismus ist eben besser verkäuflich als differenzierte Prüfung und Gespräche. Gut = Musikindustrie – böse =

Pavel hat bei Tim im Blog einen „offenen Brief vom Internet zum Tag des Geistigen Eigentums“ platziert:

Kulturschaffende waren bereits im vorigen Jahrhundert durch das Aufkommen von Kompaktkassetten, Videorecordern, Photokopiergeräten und CD-Brennern vom Ruin bedroht. Als plötzlich jedermann Kopien und Mitschnitte von Rundfunksendungen anfertigen konnte und diese an seine ganzen Freunde verschenkte, hat das die Kultur zwar beflügelt, aber das konnte ja niemand wissen. Das darf sich nicht wiederholen. Diesmal muss der Fortschritt aufgehalten werden.

Sehenswert ist auch der Video-Podcast von Felix Schwenzel auf Wirres.net: monrose vergessen ist kein kavaliersdelikt.

gestern habe ich wieder in eine kamera geredet, über frau merkels einsatz für junge künstler und dass sie das problem des downloads von computern wieder auf die internationale agenda setzen möchte.

2 Ergänzungen

  1. Eigentlich müsste bei der Musikindustrie eine ganze Managergeneration ausgetauscht werden. Was die Musikfirmen möchten sind höhere Verkaufszahlen. Wie wollen sie das Erreichen, wenn sie den Leuten den Zugang zum Internet abdrehen?

    In den meisten Fällen, in denen Werbung gemacht wird, wird positiv FÜR etwas geworben. Musik wird von Fans gehört und gekauft, die damit zudem Ihre Musik an die Spitze der Charts bringen. Es dürfte doch mit positiver Werbung ziemlich einfach vermittelbar sein, dass das Bezahlen von Musik sinnvoll für die Musik ist und etwas ist, wovon alle profitieren. Selbst ein einfaches Weglassen von DRM, Klagewellen und ständigen gegen die Musikfans dürfte IMHO mittlerweile schon an Ansteigen der Verkaufszahlen bewirken.

  2. Ich frage mich bei diesen Diskussionen immer inwieweit die Umsatzrückgänge der Musikindustrie durch Downloads verursacht werden. Ein paar andere Faktoren spielen vielleicht auch eine Rolle:

    Vor 15 Jahren konnte man eine LP für 15 DM kaufen. Heute zahlt man das für eine CD in Euro. Die Löhne sind seitdem nicht in diesem Maße gestiegen. Die Belastungen haben hingegen zugenommen. Bevor man am Auto spart, wird man dies wohl eher bei Musik tun. Obwohl ich es mir leisten könnte, ist mir eine CD einfach zu teuer für vielleicht drei Titel, die darauf wirklich gut sind.

    Ich bin in ein paar Tagen 38 Jahre alt. Früher habe ich mir häufig Platten gekauft. Mein letzter CD-Kauf liegt bestimmt schon mehrere Jahre zurück. Mir fehlt trotzdem nichts, obwohl ich keine Musik (weder legal noch illegal) downloade. Musik wird nun einmal hauptsächlich von jungen Leuten gekauft. Wer die demographische Entwicklung anschaut, wird schnell zu dem Ergebnis kommen, dass die Zahl der potenziellen Plattenkäufer in den letzten Jahren kaum größer geworden sein kann.

    Die Musikindustrie macht sich zum Teil auch selbst überflüssig. Wegwerfmusik von Superstars, die keine sind, braucht auch kaum jemand.

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