Seit dem Sommer letzten Jahres gibt es ein Recht auf schnelles Internet. Das Interesse daran ist rege: Über 4.000 Eingaben sind seitdem bei der Bundesnetzagentur eingegangen, mit denen Nutzer:innen ihren Rechtsanspruch einfordern wollten. Freuen konnte sich bislang aber niemand. Insgesamt hat die Regulierungsbehörde in nur 13 Fällen überhaupt eine Unterversorgung amtlich festgestellt – und bis heute keinen einzigen Netzbetreiber dazu verpflichtet, den Missstand zu beheben. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) auf eine Kleine Anfrage der Unionsparteien hervor.
Das Recht auf schnelles Internet hatte noch die letzte Regierung auf den Weg gebracht. Eigentlich sollte es greifen, wenn ein Internetanschluss langsamer als 10 MBit/s im Download und 1,7 MBit/s im Upload ist. Zudem darf die Latenz nicht mehr als 150 Millisekunden betragen. Alles darunter gilt als Unterversorgung. Machen Bürger:innen ihren Anspruch geltend, überprüft die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Angaben in einem umständlichen Verfahren. Bestätigt sie eine Unterversorgung, kann die Regulierungsbehörde einen Netzbetreiber anweisen, einen ausreichend schnellen Anschluss bereitzustellen.
Die Bilanz der Durchsetzung sei „aktuell nicht befriedigend“, räumt die Vorsitzende des Digitalausschusses, Tabea Rößner, ein. Trotz „nachvollziehbarer Anlaufschwierigkeiten“ – schließlich handle es sich um ein neues und aufwändiges Instrument – müsse nun geklärt werden, warum nur bei so wenigen Meldungen der Bürger:innen dann auch tatsächlich eine Unterversorgung durch die Bundesnetzagentur festgestellt werden konnte, sagt die Grünen-Abgeordnete.
Warten auf Gutachten
Licht ins Dunkel soll etwa ein Gutachten der Regulierungsbehörde bringen, deren Ergebnisse aber noch nicht vorliegen. Auch ein daran geknüpfter Prüfbericht wird es voraussichtlich erst Anfang nächsten Jahres in den Digitalausschuss schaffen. Erst nach dieser „gründlichen Evaluierung“ könnten weitere Schritte folgen, etwa ein Entschließungsantrag über eine bessere Durchsetzung, so Rößner.
Schon im Vorfeld war die umgangssprachlich als Universaldienst bekannte Regelung starker Kritik ausgesetzt, daran hat sich kaum etwas geändert. Auf der einen Seite wünschen sich etwa viele Länder höhere Mindestbandbreiten, während sich auf der anderen Seite Netzbetreiber mit Händen und Füßen gegen Ausbauverpflichtungen wehren. Schon die Stufe davor schmeckt ihnen augenscheinlich nicht: „Alle bisherigen Unterversorgungsfeststellungen wurden durch Telekommunikationsunternehmen beklagt und sind derzeit streitbefangen“, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage.
Neben der juristischen Peitsche versucht es die Branche offenbar auch mit Zuckerbrot. So wurden elf der insgesamt 13 Unterversorgungsfeststellungen zwischenzeitlich aufgehoben, weil Netzbetreiber „kurzzeitig realisierte Versorgungsmöglichkeiten“ geschaffen hatten, ob über Mobilfunk oder über Festnetzanschlüsse. In diesen Fällen entfiel damit die Grundlage für eine formale Verpflichtungsentscheidung, schreibt das Digitalministerium. Wie nachhaltig die neuen Anschlüsse sind, bleibt jedoch offen: Auf eine verbindliche Zusage wollte sich keiner der Anbieter einlassen.
Anspruch bleibt „Papiertiger“
Dass das Recht auf Versorgung mit Breitband zu einem „Papiertiger“ zu verkommen drohe, hatte zuletzt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert. So müssten die Prüfverfahren beschleunigt, die Mindestbandbreite nach oben gesetzt und die Berechnungsgrundlage angepasst werden, fordert der vzbv.
Aus der Luft gegriffen sind diese Forderungen nicht, teils handelt es sich um Versprechen, die die Regierung selbst abgegeben hatte: Bei der Verabschiedung der entsprechenden Verordnung (TKMV) hatte etwa die Staatssekretärin im Digitalministerium, Daniela Kluckert (FDP), dem Bundesrat im Vorjahr noch versichert, Mitte 2023 unter anderem die Mindestbandbreite im Download auf 15 MBit/s anzuheben.
Auch wenn die Regierung die Frist verstreichen hat lassen, stellt sie eine Verbesserung weiterhin in Aussicht – sobald die derzeit laufende Evaluation abgeschlossen ist: „Die Bundesregierung versichert, dass die in der TKMV festgelegten Anforderungen an die im Rahmen der Evaluierung und Begutachtung ermittelten Bedarfe angepasst werden und die Mindestbandbreite entsprechend erhöht wird.“ Prüfen will sie zudem Ansprüche auf pauschalierten Schadensersatz, wenn Netzbetreiber ihren Kund:innen nicht die vertraglich zugesicherte Bandbreite liefern. Nach Tempo klingt das insgesamt nicht, eher nach dem Rest der deutschen Breitbandlandschaft: Es bleibt gemächlich.
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