Verantwortlich für den Report „Digitalisierung braucht Zivilgesellschaft“ (PDF-Download) zeichnen die Robert-Bosch-Stiftung (eigentlich eine GmbH), die Stiftung Neue Verantwortung (eigentlich ein gemeinnütziger Verein), die Bertelsmann Stiftung (eine ‚echte‘ Stiftung) sowie die gemeinnützige Beratungsfirma Phineo (finanziert u.a. von der Bertelsmann Stiftung). Im Vorwort schreiben deren Vertreter, dass sie das Ziel eint, „die Zivilgesellschaft in Deutschland für den digitalen Wandel zu stärken“.
Zu diesem Zwecke widmet sich der Report drei Schwerpunkten, die alle stark auf konkreten praktischen Beispielen für Digitalisierungsprojekte in Deutschland aufbauen:
- Digitale Spezialisten: Im ersten Schwerpunkt werden zahlreiche Beispiele für zivilgesellschaftliche Initiativen vorgestellt, die sich gezielt Theme wie Zugang zum Netz, der Vermittlung digitaler Kompetenzen oder Algorithmenethik widmen. Die Beispiele reichen von erfolgreichen und etablierten Initiativen wie Freifunk oder den Big Brother Awards bis hin zu jüngeren Projekten wie OpenSchufa.
- Digitale Novizen: Für den zweiten Schwerpunkt wurden etablierte zivilgesellschaftliche Verbände – vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement bis hin zum Deutschen Olympischen Sportbund – betrachtet. Unter anderem mit Hilfe von Interviews wurde erhoben, ob und wie Digitalisierung als Thema erkannt und gestaltet wird, u.a. durch Unterstützung der jeweiligen Mitgliedsorganisationen. Dabei wird deutlich, dass die Verbände durchwegs auf Digitalisierungsprojekte und -initiativen verweisen können, wie z.B. der Bundesverband deutscher Stiftungen mit eigenen „ThinkLabs“ und „8 Thesen zur Digitalisierung“. Wie sehr diese allerdings in den diversen Mitgliedsorganisationen tatsächlich aufgegriffen und umgesetzt werden, lässt sich auf Grund des Fokus auf die Verbandsebene nicht beurteilen.
- Digitale Pioniere: Dafür widmet sich der dritte Schwerpunkt gezielt der Organisationsebene und präsentiert „Beispiele gelungener digitaler Transformation in der klassischen Zivilgesellschaft“. Vorgestellt werden unter anderem Digitalisierungsprojekte beim Deutschen und Österreichischen Roten Kreuz.
Die Stärke des Reports ist mit Sicherheit, einen Überblick über bestehende Initiativen zu verschaffen. Dementsprechend geht es auch mehr um eine Kartografierung denn um eine kritische Würdigung der einzelnen vorgestellten Projekte. Besonders bemerkenswert ist dabei die gemeinsame Betrachtung von digitaler Zivilgesellschaft (also quasi den „Digital Natives“ unter zivilgesellschaftlichen Organisationen) und von sich digitalisierender, traditioneller Zivilgesellschaft.
Im Ausblick am Ende des Reports findet sich demgemäß auch das Plädoyer, die Stärken der untersuchten Gruppen zu vereinen um so den Fallstricken von Digitalisierung gemeinsam etwas entgegen setzen zu können:
So könnten Digitale Spezialisten ihre Erfahrungen im datenbasierten Arbeiten, in der Anwendung agiler Methoden und offener Arbeitsprinzipien sowie im digitalen Ehrenamt mit den Digitalen Novizen teilen. […] Umgekehrt besitzen Digitale Novizen häufig Kenntnisse über die Strukturen, Abläufe und Netzwerke im Sektor. Zudem haben sie Erfahrungen in Engagementfeldern wie Bildung, Umwelt und Kultur, zu denen die Digitalen Spezialisten wiederum inhaltliche Schnittstellen haben.
Mit anderen Worten, wenn Digitalisierung Zivilgesellschaft braucht, wie es im Titel des Reports heißt, dann braucht Zivilgesellschaft dem Report zu Folge mehr digitale Kooperation.
Offenlegung: Ich war 2011 für 10 Monate als Fellow für die Stiftung Neue Verantwortung tätig.
Die Robert Bosch Stiftung ist eine Stiftung. Sie ist größter Eigentümer der Bosch GmbH, aber dennoch eine Stiftung.