Stelle Dir vor: Du hast einen Backofen gekauft, der laut Aufschrift bis zu 250 Grad backen können soll. Bei der Benutzung stellt sich dann aber heraus, dass der Ofen nur auf 125 Grad aufheizen kann. An manchen Tagen und zu manchen Uhrzeiten auch weniger. Dadurch kannst du nicht alle Gerichte kochen, die du kochen willst. In so einem Fall würdest du den Backofen sicherlich dem Händler zurückgeben und das Geld zurückbekommen.
Anders sieht das bei den Internet- und Mobilfunkanschlüssen aus. Hier kann wegen gesetzlicher Schlupflöcher niemand seinen Anschluss zurückgeben, obwohl die versprochene Leistung nicht erbracht wird. Sage und schreibe 95,5 Prozent aller Telekom-Kunden surfen mobil nur mit halber Geschwindigkeit. Auch bei anderen Anbietern sieht es nicht gut aus. Nicht einmal 2 Prozent bekommen einen Backofen, der die 250 Grad erreicht. Nur jeder fünfte bekommt ein Gerät, das die 125 Grad erzeugen kann. Alle anderen müssen sich mit noch niedrigeren Temperaturen begnügen. Hinzu kommt, dass sich die Situation gegenüber dem Vorjahr auch noch verschlechtert hat: Immer weniger Menschen bekommen einen Backofen, der die versprochene Temperatur einhalten kann.
Diese Zahlen gehen aus dem Jahresbericht Breitbandmessung 2016/2017 (PDF) der Bundesnetzagentur hervor. Insgesamt wurden für stationäre Breitbandanschlüsse 437.192 und für mobile Breitbandanschlüsse 245.143 valide Messungen berücksichtigt. Dass sie nicht das versprochene schnelle Internet bekommen, betrifft nach Angaben der Bundesnetzagentur Kunden sämtlicher Anbieter. „Über alle Bandbreiteklassen und Anbieter hinweg erreichen Kunden nach wie vor oft nicht die maximale Geschwindigkeit, die ihnen die Anbieter in Aussicht gestellt haben“, sagt Behördenchef Jochen Homann gegenüber der Tagesschau. Die einzelnen Ergebnisse fielen zwischen den Anbietern jedoch unterschiedlich aus.
Bundesregierung stärkt Verbraucherrechte nicht
Das Problem ist seit vielen Jahren bekannt. Die Bundesregierung könnte es lösen und die Verbraucherrechte stärken. Das macht sie bislang aber nur halbherzig. Ein Grund dafür könnte sein, dass der Breitbandausbau bei realen Zahlen noch viel schlechter ist als es jetzt schon aussieht.
Ein Problem ist auch, dass die von der Bundesnetzagentur angebotenen Messungen nicht gerichtsfest sind. Sich zu wehren bleibt für die Kunden deswegen schwierig. Die Bundesnetzagentur arbeitet zwar an einem neuen Messtool, dieses könnte allerdings zu einem Datenschutzalbtraum werden. Die geplante fragwürdige Datensammelei dürfte viele Nutzer künftig davon abhalten, mit der Software ihre Internetgeschwindigkeit zu überprüfen und dabei offiziell zertifizierte Messergebnisse zu erzeugen. Dabei wäre eine möglichst breite Datenbasis bitter nötig, um Transparenz in eine Branche bringen, die sich in aller Regel gegen verbraucherfreundliche Regelungen sperrt und dabei viel zu oft erfolgreich ist. Wie eine ordentliche Breitbandmessung aussehen müsste, haben wir im vergangenen Sommer zusammengetragen.
Bußgelder für Anbieter sind möglich
Mit einem anderen Beispiel kritisiert Susanne Blohm, Referentin für Medien beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gegenüber dem Tagesspiegel die Ergebnisse der Messung: „Wenn ein Auto 200 km/h fahren soll aber regelmäßig nur 100 schafft, wäre das ein Skandal.“
Die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner fordert Konsequenzen für die Anbieter. Die Bundesnetzagentur habe die Möglichkeit, Bußgelder für die Anbieter zu verhängen. Sie schlägt vor, pauschalierte Schadensersatzansprüche für geschädigte Verbraucherinnen und Verbraucher möglich zu machen. Nur so entstehe der notwendige Druck auf die Anbieter, die gemachten Versprechen auch tatsächlich einzuhalten.
Bis dahin wird der Ofen nur auf Sparflamme heizen.
„Sage und schreibe 96 Prozent aller Telekom-Kunden surfen nur mit halber Geschwindigkeit im Internet.“ – wo finde ich das im Bericht? Tabelle 6.2 würde mich 75% surfen mit halber geschwindigkeit schätzen lassen.
Danke für den Hinweis. Es handelt sich auch bei der Telekom um die Zahlen des mobilen Internets und nicht wie zuerst geschrieben des stationären Internets. Die Zahlen stammen aus Tabelle 7.2. Ist jetzt korrigiert.
Ich will jetzt nicht euren Artikel kritisieren, sondern viel mehr den Bericht und das ganze drumherum als solches.
Was bringt mir das denn als Endkunde?
Ich bezahle 50Mbit/s und bekomme – wenn es gut läuft 20… Hybrid ist halt ne Krücke.
Wenn ich jetzt „Schadenersatz“ fordere, dann sagt die Telekom mir irgendwann: „tja tut uns leid… wir kündigen dann lieber mal deinen Hybrid-Anschluss weil wir dir nicht garantieren können das die Bandbreite ständig geliefert wird und wir nicht ständig Beschwerden bekommen wollen“.
Und dann sitze ich wieder mit 3 Mbit/s *1) DSL da…
Klasse.
*1) bis zu 16Mbit/s!
Der hier diskutierte Effekt ist übrigens, in ähnlicher Art, auch bei WLAN und PowerLine Geräten zu beobachten. Da wird vollmundig mit z.B. 2300Mbit/s geworben und nur die wenigsten Verbraucher wissen wie sich die 2300Mbit/s zusammensetzen und dass netto für Ihre Zwecke vielleicht am Ende nur ca. 35Mbit/s herauskommen. Da ist eine gut funktionierende Internetanbindung mit 100Mbit/s nur die halbe Miete.
Neben einer Stärkung der Verbraucherrechte, leite ich daraus ab, dass auch mehr Allgemeinbildung erforderlich ist.
Hier muss aber jeder für sich selbst tätig werden.
Hier muss aber jeder für sich selbst tätig werden ist auch cooler, als es hinzuschreiben.
Übrigens: vom 100 PS Auto kommt auch nur wenig auf die Straße. Da stört es keinen der Motor- Irren da draußen.
Wenn man Birnen mit Äpfel vergleicht oder einfach keine Ahnung hat.
Es ist traurig, wenn man über etwas schreibt und krasse Aussagen formuliert, wenn man die Materie nicht versteht. Die Breitbandmessung und ihre Rückschlüsse sind falsch.
Wenn man einen Internetvertrag mit DSL, VDSL oder Koax(-TV-)Kabel abschließt, dann wird doch jedem der Breitbandkorridor angezeigt. Es ist daher zu untersuchen, ob die erhaltene Bandbreite innerhalb dieses Leistungskorridors sich befindet. Aber daraus zu schließen, dass ein DSL Anschluss immer 16MBit/s liefern muss, ist einfach falsch.
Auch wurde die Breitbandmessung bereits während ihrer Durchführung von anderen Firmen, z.B. Peering GmbH kritisiert. Darauf geht weder die Bundesnetzagentur noch netzpolitik.org ein. Das Fazit der Breitbandmessung ist einfach zu geil krass für manche Journalisten.
Ich habe einen VDSL50 Anschluss und den Test bei der Bundesnetzagentur durchgeführt. Zu meiner Verwunderung musste ich feststellen, dass der Test sowohl für für Download als auch Upload jeweils 50Mbit/s erwartet. Dabei kann mein Anschluss aus technischen Gründen nur 50 Down und 10 Mbit/s Up anbieten. Wenn die Behörde solche falsche Erwartungen hat, dann wundert mich das Ergebnis auch gar nicht. Schade, dass netzpolitik.org hier nicht genauer hinsieht und Falsches wieder gibt.
Nutzen gleich Null.
Also der Vergleich mit dem Ofen ist sicherlich nicht ganz ok.
In vielen Zugangsnetzen ist das Internet über ein shared medium.
Wenn nun viele zur selben Zeit in der selben Region Daten ziehen (z.B. primetime Video zwischen 18-22 Uhr), dann gibt es halt Stau.
ABER es ist definitiv nicht ok, wie es z.B. 1&1 macht: Man kauft einen 50Mb-Anschluss und bekommt schon mal nur 25Mb geschalten. Das ist ok, denn die Leitung gibt meistens mehr her. Und so werden die Limits schon vorher HART auf 50% der Leitung reduziert, die eigentlich bezahlt werden. Ich habe kein Problem, wenn ihr zur Primetime nur 15Mb bekomme, aber NIE mehr als 25Mb ist nicht ok bei einem 50Mb-Vertrag. Und da wird’s wirklich ungut.
Der Vergleich mit dem Backofen ist inhaltlich schon falsch und schlecht gewählt. Der Autor beschreibt ein Gerät, dass von vornherein nicht die versprochene Leistung schaffen kann. Das stimmt bei der Internetverbindung aber nicht.
Sowohl die Technik beim Kunden (Router) als als beim Provider (dieser graue Kasten am Straßenrand oder Vermittlungshäuschen) können die Bandbreite liefern. Doch nimmt die Geschwindigkeit auf der Strecke zwischen Provider und Haus immer weiter ab. Deswegen haben doch die allermeisten (hoffentlich alle) Provider einen Leistungskorridor im Vertrag stehen, der genau aufzeigt, zwischen welchen Werten (min-max) sich die mögliche Leistung bewegen kann.
Wenn einer denkt, der Preis lässt sich von der Internetgeschwindigkeit ableiten, der hat Internet nicht verstanden. Der Preis setzt sich vor allem aus der eingesetzten Technik (DSL, VDSL, KabelTV, Mobilfunk, Richtfunk) zusammen. Ein Glasfaseranschluss mit 10MBit/s kann daher teurerer sein als ein VDSL50 Anschluss.
Ein Vergleich mit einem Auto wäre sicherlich anschaulicher gewesen. Autos werden mit über 200km/h beworben, aber es gibt nur ganz wenige Möglichkeiten, diese wirklich auszufahren. Wer sein Auto hauptsächlich in der Stadt verwendet und nur selten für Überlandsfahrten, wird selten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 50km/h haben.
Hallo Maximilian,
Dein Vergleich mit dem Auto hinkt noch viel mehr:
Wenn ich ein Auto kaufe, dass 200 km/h oder schneller fahren kann, es aber dort einsetze, wo ich nicht schneller fahren darf (Stadt) oder kann (Feldweg), ist das meine Entscheidung. Ich kann aber auch mal auf einen der wenigen freien Autobahnabschnitte am Sonntag um 02:30 Uhr außerhalb der Urlaubszeiten fahren. 200 geht da allemal, vielleicht sogar bis zu 300km/h, wenn ich das möchte.
Das wäre so, als wenn ich ein Schnelles Internet bestelle und auch bekomme, aber meinen alten 10 Mbit-Switch einsetze und mich dann beschwere, dass ich die gekaufte Geschwindigkeit nicht auf mein Endgerät bekomme.
Wenn aber das Kabel vom Verteilerkasten bis zu meinem Hausanschluss nicht mehr zulässt, aber auch wenn ein schnelles Kabel für 30 Hausanschlüsse eingestzt wird, dass ich die Geschwindigkeit nur dann erhalten kann, wenn alle anderen scchlafen und keine dauernd laufenden Endgeräte im Einsatz haben, ist das wie ein Backofen, der von vorneherein nur auf 100°C heizt. Die Technik darin mehr schafft, das Stromnetz auch, aber das 240V-Kabel mit 8A-Sicherung die Leistung nicht durchlässt.
Gruß Dirk
Ich wollte meinen neuen Anschluss auch mit breitbandmessung kontrollieren.
Erst einmal ging es nicht, weil ichdas (zumindest unter Windows 10) nur kann, wenn ichWLAN ausschalte, aber mein Laptop keine LAN-Buchse hat, ich mir also erst einmal enen USB-LAN-Adaper kaufen müsste.
Die Rechner mit direktem LAN-Anschluss werden ja noch aufgestellt – aber da sind dann auch noch GB-Switches dazwischen.
Viel bedenklicher finde ich aber: Es werden schon viele Daten offiziell von der Bundesnetzagentur gesammelt – und sicherlich bei Bedarf auch den Ermittlungsbehörden weitergeleitet.
Wer stellt mir aber sicher, dass ich mir damit nicht ganz freiwillig einen Staatstrojaner herunterlade – wenn nicht jetzt, dann eben bei dem nächsten oder übernächsten Update?
Darf man überhaupt noch Software von öffentlichen Stellen auf dem Rechner – außer auf besonders gesicherten Standalones – herunterladen?