Wir haben Fragen zum Google-Wahlkampfgeschenk an die Kanzlerin

Alle sind glücklich mit dem tollen und frischen Auftritt der Kanzlerin bei den Youtubern. Bekommen jetzt alle Parteien eine kostenlose Wahlkampfunterstützung von Google & Co? Ein Kommentar.

Alle glücklich. Gruppenbild mit Kanzlerin beim Youtube-Interview. (Screenshot) – Alle Rechte vorbehalten Studio71

Was für ein schöner PR-Termin. Die Kanzlerin kann sich auf allen Kanälen jung und modern zeigen. Sie kann die sonst schwer zu fassende Zielgruppe der Jugendlichen erreichen, ohne sich kritischen Fragen stellen zu müssen. Das Youtube-Netzwerk Studio71, das ProSiebenSat1 gehört, kann einige seiner sogenannten Influencer noch besser am Markt platzieren und ihren Marktwert erhöhen. Immerhin sind sie ja so relevant, dass die Kanzlerin mit ihnen reden möchte.

Die CDU hat keine Arbeit mit diesem medienwirksamen Wahlkampftermin. Alles ist perfekt organisiert vom Bundeskanzleramt. Die CDU hat exklusiv eine schöne Wahlkampfmöglichkeit, denn andere Politiker oder Herausforderer sind bislang in diesem Format nicht vorgesehen. Google kann Youtube als mögliche Plattform für politische Debatte präsentieren und nutzt für die Bewerbung sogar einen prominenten Textlink auf der eigenen Startseite. Die ist – durch das Monopol im Suchmaschinenmarkt – eine der meistbesuchten Webseiten in Deutschland. Da ist es schon fast etwas peinlich, dass nur wenige Menschen den Livestream verfolgt haben.

Ungewöhnlich prominent bewarb Google das Interview mit der Bundeskanzlerin auf seiner deutschen Startseite. (Screenshot) - Alle Rechte vorbehalten Google

Deutschlands Medien haben für zwei Tage ein nettes Thema, über das sie berichten können. Die Meta-Berichterstattung über die Dauerwerbesendung erfreut alle Beteiligten, denn sie erhöht die geringe Reichweite des Live-Events in die Millionen.

Googles Wahlkampfgeschenk für die CDU

Bei soviel Win-Win-Win-Win kommen dann doch ein paar Fragen auf: Warum organisiert mit dem Bundeskanzleramt eine Regierungsstelle einen weithin als Wahlkampfauftritt rezipierten Termin? Wo bleibt hier die Trennung von Staat und Partei? Wird Google demnächst auch den Spitzenkandidaten der anderen Parteien auf seiner Startseite Links zu Wahlkampfterminen einräumen? Oder bleibt dieses Wahlkampfgeschenk des Suchmaschinenmonopolisten nur der Kanzlerin vorbehalten? Will Google – über sein kräftiges Lobbying hinaus – jetzt auch zum politischen Player mit seiner Suchseite werden? Und sind diese Youtuber eigentlich wirklich so lasch und handzahm, dass die Veranstaltung lediglich wie ein jugendlich-aufgepepptes ZDF-Sommerinterview wirkte?

Update:
Es soll wohl auch ein ähnliches Interview mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz geben, offiziell ist das allerdings noch nicht verkündet worden.

40 Ergänzungen

  1. Vielen Dank für diese Einordnung!

    Ich habe die Radio-Berichterstattung darüber verfolgt (DLF, WDR, NDR Info). Wenig Substanz. Belanglosigkeiten wie: Merkel verwendet manchmal Smileys und wenn es gut geht, kommt sogar ein Herz in Ihren SMS vor. Das Live-„Event“ fand 13.30 Uhr statt. Welche Zielgruppe soll das live verfolgen? Allein das Gruppenfoto reicht, die Inszenierung zu entlarven. Bis dahin war mir nicht klar, das alles einem Ort stattgefunden hat.

    Meine Zusatzfrage ist: Wer putscht diese Null-Nachricht in die öffentlich-rechtlichen Kanäle?
    Das ist nicht nur ein Wahlkampfgeschenk von Google, sondern auch durch die GEZ-Medien.

  2. Google ist das kommerzielle, allwissende Auge dieser Welt. Warum sollte es daher nicht politisch genutzt werden dürfen? Ich finde das echt mal total ehrlich. Ehrlich.

    Klar wäre ein EU-Dienst sicher auch nicht verkehrt gewesen aber was rede ich da, Konkurrieren ist in diesem Fall vollkommen zwecklos und in Amerika scheint politisch eh seit Monaten die Sonne. Da ist Google eine ausgezeichnete Wahl sein Publikum zu überzeugen.

    *kann Ironiebestandteile beinhalten*

  3. Das Ganze hat in mir eine Erinnerung wach gerufen.

    Vier Jungpioniere interviewen Erich Honecker. Und die Aktuelle Kamera widmet diesem Ereignis 30 Minuten.

    Mehr fällt mir vor Lachen zu dieser Angelegenheit nicht ein.

        1. Es ging nicht darum, irgendwie zufällig Filmchen mit Pionieren zu finden (uiuiui!), sondern:
          „Vier Jungpioniere interviewen Erich Honecker. Und die Aktuelle Kamera widmet diesem Ereignis 30 Minuten.“

          1. Es ist schwierig Filmmaterial aus dieser Zeit zu bekommen!
            Wir hatten mal eine Delegation aus Moçambique an unserer Schule, wir waren gerade in der 2. Klasse, die Gesprächsführung war recht einseitig, wir stellten Fragen und der Dolmetscher antwortete!

  4. Findet 2017 Wahlkampf überhaupt statt? Noch garnicht bemerkt. Was meint sie denn so zum Einschleusen von Afrikanern, den Russlandsanktionen und der EU-Krise?

      1. Oh hier wurde jemand in seiner „Komfortzone“ gestört weil jemand echte Problem anspricht……na denn fröhliches weiter nickern und nicht die rosa Strickmütze dabei vergessen.

        1. Zum anonymous-Kollektiv gehören keine schmierigen Faschisten, also hör‘ gefälligst auf dieses Pseudonym zu verwenden du kleingeistiges Subjekt!

          1. Erstens würde ich gern wissen, woher du das wissen willst, zweitens gehört nicht jeder Anonyme zu Anonymous (oder will das implizieren).

  5. Zum anonymous-Kollektiv gehören keine schmierigen Faschisten, also hör‘ gefälligst auf dieses Pseudonym zu verwenden!

  6. Das ist so deprimierend. Entweder sie wählen CDU oder nix. Das zeugt zumindest von Realitätssinn, weil im Ergebnis ziemlich gleich. Ich lehne mich diesmal auch mal ganz entspannt zurück. Warum nicht von der Ignoranz der potentiellen Jungwähler lernen… Kostet irrsinnig viel der seit der Wende aufgeblähte Staatsapparat. Und die vielen Ministerien, die es mit völlig überteuertem Personal zu füllen gilt. Und mit noch mehr Polizei zu schützen gilt. Und dann das ganze Kriegsgeschrei… Aber irgendwie muss das Geld ja wieder reinkommen… Jung sein ist immer schon blöd gewesen, die Kohlen aus dem Feuer soll man holen… Und bloss nicht fragen, wer da mal wieder gezündelt hat.

  7. moin, moin,
    ja, heute mal geschwätzig: Ist euch denn bei allem Googelismus auch bekannt, daß Frau Dr. Merkel es gar nicht so einfach hat? Da ist sie als Frontfrau der Union auf Platz1 der Partei-Liste in Mecklenburg-Vorpommern. Dort hat sie auch noch ihren „Hauswahlkreis“ggf. als Direktmandat.
    Merkwürdigerweise tauchen auch Wahlkampfbilder von Ihr im Wahlkreis 60- Land Brandenburg auf (massenhaft), obwohl sie dort keine Liste hat. Ist das nun Wahlbetrug, oder Verstoß gegen das Wahlgesetz?Auch haben wir KEINEN Präsidentenwahlkampf wie in Frankreich, hier werden die MITGLIEDER des Bundestages gewählt, KEINE Führungspersonen desselben. Dies sind Fakten.
    Aber einige Leute glauben, sie könnten A.Merkel wählen, was falsch ist, jedenfalls im Wahlkreis 60.

  8. … irgendwie ja auch eine
    Rehabilitation
    von Lefloid …
    Ich denke, solche Termine entwickeln eine Eigendynamik.
    Wer will sich schon selbst ins Knie schießen.
    Es ist ja auch nicht die Aufgabe von Kindern
    unsere 4te Säule zu ersetzen.

  9. Welcher Jugendlicher will schon mit den anderen Kandidaten sprechen, denn die wissen das nur Merkel eine Chance hat zum Kanzler. Der Martin kann es nicht, hat man h´gestern wieder gesehen.
    Von der AfD werden sie mit Hetze im Netz schon so zu geballert das sie jeden am Ko…..n sind.

  10. Man braucht die Jugend, um weiterhin den täglichen Neoliberalen Müll verbreiten zu können. Da esregelmäßig bei Wahlen ca. 30% Nichtwähler gibt, kann man ja hier wohl nicht mehr von einer Mehrheitswahl sprechen, wohl eher von einer Minderheitswahl, welche über die Mehrheit entscheidet. Pech für die Mehrheit, wenn Minderheiten im Land die Politik bestimmen. Macht endlich Politik für die Vielen in diesem Land, und nicht für die Wenigen, wie es Corbyn, im Guardian in England auf den Punkt brachte. Aber davon ist man in Deutschland noch meilenweit entfernt.

    1. „Man braucht die Jugend, um weiterhin den täglichen Neoliberalen Müll verbreiten zu können. “

      Apropos neoliberaler Müll:
      Bambi Lindner, der mehrfach gescheiterte Sefmade Unternehmer ist wieder in aller Munde,nicht weil die FDP von ihrem kalten neoliberalen Müll geläutert scheint, sondern weil das Gedächtnis der Jugend den Schwachsinn der FDP nicht mehr im Speicher hat,Gerhard Baum,Burkhard Hirsch,Frau Leutheusser Schnarrenberger mal ausgenommen,der verstorbene Max Stadler ebenfalls.
      Die CDU hat neoliberalen Müll gepaart mit Christlicher Bigotterie und Überwachungsswahn im Portfolio,aber jetzt sehnt sich die Jugend nach dem reinen ungepanschten neoliberalen Müll.
      FDP übernehmen Sie,versorgen Sie Mövenpick+Co. mit Vorteilen,denn Reichtum muss sich wieder lohnen, und das Klientel darf nicht weiter darben ,weil deren Spenden verzinst sein wollen.

  11. Ich mach mal hier auf die Suchmaschine https://deusu.de/ aufmerksam.
    Wir brauchen Suchmaschinen mit offenen Suchalgorithmus.
    Googles Macht geht weit über einfache Wahlmanipulation hinaus.
    Bei Deusu zeigt eine einzelne Programmiererin wie es auch anders gehen könnte.
    Solche Projekte haben mehr Unterstützung verdient.

  12. Das war wohl eine Art Stuhlkreis mit der Kanzlerin. Kenne ich aus Kindergärten und 1. Klassen.
    Habe ich das überhört oder hat wirklich niemand Merkel gefragt, warum sie jahrelang mit der Autoindustrie gekungelt hat. Sie hat doch auch mehrfach in Brüssel gejammert und dafür gesorgt, dass deutsche Autos weiterhin Unmengen an Dreck in die Luft blasen. Ach – da waren die Kinder wohl noch zu jung und nicht denkfähig.
    Was ist mit den ganzen Flüchtlingen, die unsere ehrenwerte Kanzlerin im Mittelmeer absaufen lässt und den lybischen nicht Regierenden die Gewalt über Leben, Tod und Folter überantwortet?

    ICH schäme mich seit Jahren für die Verlogenheit dieser Kanzlerin, braucht man natürlich nicht wenn man das Denken einmottet.

  13. Ich finde, dass man das Interview auf einer offenen Plattform hätte führen sollen, die zur Kommunikation keinen Account bei einem Silicon Valley Unternehmen erfordert. Das ist genauso wie wenn in Talkshows irgendwelche Tweets eingeblendet werden.

    1. Welche „offene Plattform“ hattest Du denn im Sinn?
      Man konnte übrigens ohne einen Account bei einem Silicon-Valley-Unternehmen zugucken.

      1. Keine Spezielle. Mich stört es einfach, dass man auf eine geschlossene kapitalistische Plattform gesetzt hat. Es gäbe sicherlich Alternativen. Im Zweifelsfall hätte man auch eine Eigenlösung ähnlich wie streaming.media.ccc.de mit einer interaktiven Kommentarfunktion einrichten können.

          1. „Allerdings waren das Youtuber“
            Und denen hätte man keine offene Plattform zur Verfügung stellen können? Im Endeffekt wollte Merkel aber eh nur ihre Marketing-Kampagne fahren. Andernfalls hätte man sich 3 von 4 Interview-Partnern sparen können. Das hat man dann auch an den Fragen gemerkt.

  14. Tja..ich glaube kaum das da etwas in diese Richtung passieren wird. Da wird es garantiert keine Neuauflagen mit den Spitzenkandidaten der anderen Parteien geben. Die Kanzlerin durfte sich als coole Socke präsentieren, die sogar Smileys benutzt..WOW..wie crazy ist das denn !!!! Und sie hat uns und die YouTuber beruhigt. PUHHH…Also wenn sie sagt das es keinen Krieg mit Nordkorea gibt..dann können wir uns ja beruhigt zurücklehnen . Dann kann man ja beruhigt das nächste nichtssagende Youtube Video machen , oder es konsumieren.
    Die Welt kann doch so einfach sein. Und Angela Merkel macht die Erklärbärin.
    Und Deutschlands Jugend twittert glückseelig im Takt des neuesten Charthits : Das Leben ist schön.

  15. Ist nicht ProSiebenSat1 der richtige Adressat für die Kritik und der Frage, ob die übrigen Parteien die gleiche kostenlose Wahlkampfunterstützung erhalten? Schließlich betreibt diese Sendergruppe den Kanal auf Youtube. Das wäre u.U. ein Fall für die Landesmedienanstalten.

  16. Tolle Sendung mit Merkel.
    Eine Sternstunde des Journalismusses,da werden Erinnerungen an Marilyn van Kampen mit dessen stimmgewaltiger Gesangseinlage zu Angela Merkels 60. Geburtstag wach.
    Anbei ein möglicher Dialog beim nächsten investigativen Journalismus High Light oder das nächste Udo meets Angela Stelldichein mit den karriereorientierten Jungvasallen der Journalistenzunft.

    Fragesteller 1:
    Frau Dr. Merkel stimmt es das Sie erst 63 jahre alt sind?Sie wirken stets so jung.
    Antwort Angela Merkel:
    Ich sehe das die Jugend unermüdlich ist im Recherchieren von relevanten Fakten und sich auch nicht scheut kritische Fragen zu stellen.
    Ja,ich bin 63 Jahre alt,wie haben Sie das nur herausgefunden?Ich bin so hingerissen von Ihren kognitiven Fähigkeiten.
    Fragestellerin 2:
    Kann es sein,dass Sie in Kürze fast 12 Jahre im Amt sind und Sie eventuell Helmut Kohl als zweit dienstältesten oder Konrad Adenauer als dienstältesten Bundeskanzler ablösen können.
    Antwort Angela Merkel:
    Wieder hervorragend recherchiert.ich bin so stolz auf unsere Jugend,weil Sie immer wieder zu Höchstleistungen in allen Ressorts fähig ist.
    Über meine Zukunftsambitionen mache ich ja wenig Aufhebens,aber da Sie den staatstragenden wichtigen Punkt ansprechen,ja ich könnte Konrad Adenauer als dienstältesten Kanzler ablösen,bei aller Bescheidenheit, mein Volk in meiner Bundesrepublik bekommt auch in Zukunft die beste Kanzlerin die es verdient.
    Und die paar die nicht meiner,äähh unserer Meinung,quasi Gefährder der staatlichen Ordnung sind, ,die mache ich auch noch katholisch,äähh protestantisch.
    Danke für Ihre Fragen,Sie dürfen die Kanzlerin noch untertänigst grüßen und hiernach sich zurück in ihre Gesinderäume,äähh Presseräume verziehen,für diesen untertänigen Kotau und Katzbuckelnwerde ich Sie auf Ihrem zukünftigen Karriereweg begleiten und fördern,man ,äähh Frau Regentin, ist ja nicht undankbar.
    Hiermit beende ich diese wichtige Veranstaltung und was ich euch, meinem treuen, untertänigen Volk schon immer sagen wollte:
    „Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen – Na ich liebe doch – Ich setze mich doch dafür ein.“
    Erich Mielke

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