Auf dem 26. Chaos Communication Congress gab es eine Neuauflage der Debatte um Löschdiskussionen, Relevanz und Administration in der Wikipedia. Moderiert von Andreas Bogk diskutierten Kurt Jansson, Mathias Schindler, Martin Haase und Tim Weber über die „freie Enzyklopädie“.
Man kann das Problem der Wikipedia kaum besser ermessen als mit den Handzeichen vor Anfang der Diskussion. Nur fünf Menschen im Saal meldeten sich als Administratoren der Wikipedia. Nicht einmal 30 tragen regelmäßig zu ihr bei. Aber beinahe jeder nutzt sie. Die freie Enzyklopädie, zu der jeder beitragen kann, hat ein Autoren-Problem.
Eine der Ursachen dürfte die Unzufriedenheit mit intransparenten Regeln und Entscheidungen sein. Eigentlich sollte bei strittigen Themen das bessere Argument zählen, wie Mathias Schindler die „undemokratische“ Form der Löschdiskussionen verteidigte. Doch die Liste der Relevanzkriterien ist ebenso lang wie ungenau. Das gibt den letztlich entscheidenden Administratoren viel Raum für Auslegungen – und am Ende setzt sich häufig die Streitpartei durch, die den längeren Atem hat, wie Martin Haase meint.
Kurt Jansson hatte allerdings schon zu Beginn der Diskussion angemerkt, dass der Begriff der Relevanz eigentlich verfehlt ist: „Ein Wort aus dem letzten Jahrtausend“. Gerade aus dem Publikum kam immer wieder das Argument, dass Relevanz subjektiv sei. Jansson sieht in den „Selektionskriterien“, von denen er sprach, ein Mittel zum Erhalt der Qualität: Es soll nicht mehr Artikel geben, als die Autorengemeinschaft pflegen kann.
Unabhängige Medienberichterstattung ist selbst Teil der Relevanzkriterien. Zugleich sind Quellenangaben – mittlerweile in allen Sprachversionen der Wikipedia – selbst ein wichtiges Mittel zum Qualitätserhalt. Während sich gedruckte Enzyklopädien von dem Ballast der Quellenbeweise befreit hatten, wie Mathias Schindler aufzeigte, habe die Wikipedia Einzelnachweise eingeführt.
Lemmata, für die es keine entsprechenden Quellen gibt, werden nicht akzeptiert. Das bekannteste Beispiel ist wohl der Eintrag für den Cocktail „Tschunk“, um dessen Löschung sich die Relevanz-Debatte vielfach gedreht hat. Das gleiche gilt allerdings für viele Internet-bezogene Themen. Hier könnten Nutzer-Bewertungen eingeführt werden, um die Existenz eines Lemmas zu bestätigen, so ein Vorschlag.
Der Bedarf für die Einbeziehung derartiger Nischenthemen in die Wikipedia ist dadurch entstanden, dass die Enzyklopädie von vielen Nutzern als zentrale Anlaufstelle gesehen wird. Aber „warum soll die Wikipedia alles für alle sein?“, wie Kurt Jansson berechtigterweise fragte. In Zeiten des Internets sollte man meinen, dass eine derartige Zentralisierung zur Vergangenheit zählt.
Als umfangreiche, verlässliche Enzyklopädie reicht Wikipedia vielen offensichtlich nicht mehr aus. Tim Webers Projekt Levitation macht diese Bestrebungen vielleicht am deutlichsten. „Die Idee ist, dass es nicht mehr eine Wikipedia gibt, sondern dass jeder Nutzer seine eigene Wikipedia hat“, die gegenseitig Beiträge von einander übernehmen. Webers Überzeugung: „Guter Content setzt sich durch.“
Der klassische Enzyklopädie-Text geht dabei über Bord – und mit ihm der neutrale Standpunkt. An dessen Stelle sollen einzelne Einträge aus verschiedenen Richtungen treten, denn diese würden in den neutralen Enzyklopädien nicht angemessen dargestellt. Mathias Schindlers Antwort auf dieses Projekt: „Hast du nicht gerade das Internet neu erfunden?“
Benutzerbewertungen könnten die verschiedenen Einträge zu einem Lemma nach Glaubwürdigkeit ordnen, so ein Vorschlag. Eine durchaus fragwürdige Hoffnung, wenn man sich einmal die Bewertungen der Kommentare unter einem typischen Youtube-Video anschaut: Jede Kritik an populären Protagonisten wird heruntergewertet.
Eine ganz andere Vision hat Mathias Schindler für die Zukunft der Wikipedia. Für ihn sei die Wikipedia „ein Werkzeug, um ein bestimmtes Problem zu lösen“. Das ist erst einmal die Beantwortung einer Frage. Auch Schindler zweifelt daran, ob es noch zeitgemäß sei, dafür einen kompletten Text anzubieten. Es gebe Ansätze, die Wikipedia maschinenlesbar zu machen, damit direkt auf eine Frage geantwortet werden könne: „Irgendwann ist das nicht mehr eine Enzyklopädie, sondern eine Frage-Antwort-Maschine“.
Obwohl solche durchaus interessanten Ansätze für die Zukunft der Wikipedia zur Diskussion standen, drehten sich vor allem die Beiträge aus dem Publikum vor allem um die bestehenden Probleme. Das die Diskussion eigentlich längst bekannter Standpunkte zeitweilig zu tumultartigem Durcheinanderbrüllen ausartete zeigt, wie verhärtet die Standpunkte sind. Das darf allerdings kaum verwundern, wenn die Wikipedia in den Augen einiger „alles für alle“ sein soll. Bei einem so breiten Fokus fällt die eigentliche Enzyklopädie schon mal aus dem Blick.
Wikipedia ist nett, aber ebenso wie Google für viele Anlaufstelle Nummer 1 und einzige Informationsquelle.
Es gibt zuviele Menschen/Nutzer die sich blind auf Wikipedia und Google verlassen, das sehe ich etwas kritisch.
Es wird kaum noch was hinterfragt, leider.
Der Humanismus, bzw. die Bildung solcher Ausprägung, frisst Ihre Kinder.
Klar, eine Enzyklopädie im Wortsinn ist das, was das „dreckige Dutzend“, pardon, die oberen Zehntausend, ach was – so viele sind es ja gar nicht – bleiben wir beim Humanismus: die haute volé der Wikipedia will und verteidigt.
Aber wird eine Enzyklopädie so genutzt, wenn sie erst einmal ihren Platz im Billy gefunden hat? Wird die Wikipedia vom Grossteil der Besucher so genutzt? Wird sie vom Gros der Gelegenheitsautoren als solche gesehen?
Oder verdankt sie den regen Zulauf der vorvergangenen Jahre der Urbarmachung der „Weisheit der Massen“ in einer Art Konversationslexikon?
Und ist es tatsächlich unvereinbar in einem Werk Frau beiden Zielgruppen gerecht zu werden:
„Mensch, was war denn das noch mal?“
(Bsp.: Zypries sucht nach „Browser“)
und
„… was steckt denn eigentlich dahinter?“
(Bsp.: Schüler sucht Lösungsansatz für „Königsberger Brückenproblem“)
sollten doch wohl auf ein und derselben Plattform darzustellen sein.
Sorry, es ist fast 2010 und es wird diskutiert, wie man es in der guten alten Zeit wohl auch beim B.I./Bifab in Mannheim getan haben dürfte. Damals gab es Gründe für einen Gegensatz zwischen „Mehr“ und „Genauer“…
Was ist so schlimm daran, wenn es die „Anlaufstelle Nummer 1“ ist?
1)Wikipedia liefert einem zunächst mal einen groben Überblick über das Thema.
2)Anhand der Quellen, der Diskussionsseite und dem Versionsverlauf kann man erste schlüsse ziehen, wie gut der Artikel ist.
3)Dann kann man Quellenkritik betreiben
->Und von da aus die suche ausweiten.
Im Prinzip ist das ganze unsystematisches „Bibliographieren“ und da Wikipedia meist auf einem relativ aktuellen Stand ist, funktioniert diese Methode auch.
Das niemand Inhalte hinterfragen würde, ist eine pauschale Behauptung….
Selbst wenn sie zuträfe:
Wikipedia Artikel können immer und immer wieder bearbeitet werden….(es sei denn, man hat Admins gegen sich)
-SO ganz habe ich die Hoffnung auf Schwarmintelligenz net verloren^^
jedenfalls ist sie wichtig genug, daß sie gruppen entzweit, also wird das modell wohl noch nicht ganz überholt sein.
@Dirk Landau
vielleicht sollte man martin haase dringend bitten, einen kleinen exkurs über die bedeutung von ‚viel‘ und ‚genau‘ zu halten. das ist wohl des pudels kern.
responsibiliy denude
also – manchmal ist es schon ein wenig sonderbar mit dem captcha…
Kommt es mir so vor, oder habe ich GENAU diesen Text heute schon auf der einen oder anderen Seite gelesen mit nur geringfügigen Änderungen? Heise sei als Beispiel genannt…
@Rafael
muss an dir liegen.
Die Diskussionsrunde war leider wieder einmal großteils vertane Zeit. Denn anstatt informiert zu diskutieren, haben sich die beiden Lager die altbekannten Platitüden an den Kopf geworfen.
Um Wege aus dem Dilemma zu finden, muss man erst Mal das Dilemma identifizieren und dann sich nach Optionen umsehen, die zur Verfügung stehen. Wie wäre es, wenn man mal einen Blick über den Tellerrand wirft um zu sehen, wie es in anderen Projekten läuft?
Eine Wikipedia ohne Relevanzkriterien und Neutralen Standpunkt gibt es schon seit 2003: Die Wikinfo. Würde es nach der Argumentation vieler Kritiker gehen, müsste das Projekt die Wikipedia längst verdrängt haben – das Gegenteil ist der Fall. Niemand kennt das Projekt und es verfügt über keine aktive Community. Warum ist das so?
Dass gerade ein Indymedia-Aktivist die Neutralität(?) aufgeben wollte, war interessant. Man stelle sich vor, wenn die Nazis ihre Meinung ganz unneutral in Wikipedia einstellen – meinetwegen mit ein paar Warnhinweisen dran. Die Linke würde Sturm laufen. Alle (Extrem)-Standpunkte in einer Wikipedia zu vereinen ist so realistisch wie eine Fusion von Indymedia mit Altermedia und Politically Incorrect.
Ich hatte den Eindruck, die Diskussion ist vor allem deshalb nicht vorangekommen, weil man einer Community – die bislang artig Beiträge liefern durfte und auch mal ein paar Fehler ausbessern – plötzlich diskreditieren will.
Statt sich über Beteiligung zu freuen, wird plötzlich von einem kleinen Zirkel von Leuten, die in einem sozialen Komplex eine Art „Kontrolle“ behalten und/oder ausbauen möchten, Stimmung gegen die Community gemacht.
„Eine Million Artikel sind voll: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann nun gehen.“
Doch die Autoren verbinden etwas mit Wikipedia mit ihrer Wikipedia sie identifizieren sich mit ihren Beiträgen und stecken viel Energie und Zeit hinein. Dass sich die Community nun in einer Diskussion plötzlich ungehalten zeigt, wenn die Stellvertreter der „Organisation“ zu keinerlei Zugeständnis bereit sind, das wundert Dich?
Du schreibst verwundert: „[…] drehten sich vor allem die Beiträge aus dem Publikum vor allem um die bestehenden Probleme. Das die Diskussion eigentlich längst bekannter Standpunkte zeitweilig zu tumultartigem Durcheinanderbrüllen ausartete […]“
Ja, genau! Die bestehenden Probleme suchen nach einem ventil auch mal den lange aufgestauten Dampf abzulassen. Die Leute sind schlich nur noch sauer! Ich kenn viele die sich endgültig verabschiedet haben und noch mehr die gar nicht erst anfangen wollen nach diesem Community GAU.
„Durcheinanderbrüllen“ lieber Markus hört sich anders an. Zwischenrufe trifft es wohl doch besser. Und wenn eben vom Podium die eigene Redezeit ausgedehnt wird während die Community brav an den Mikros im Saal auf Erlaubnis zu Reden wartet, dann gibt es eben auch mal einen Zwischenruf, der darauf hinweist.
Nein, hier sol nicht die Wikipedia „alles für alle“ sein! Das ist ein riesengroßes Missverständnis. Aber die Community hintenrum ausbooten zu wollen um ein paar Wenigen – die offenbar keinerlei Erinnerung mehr an den beginn der WP haben – die Bestimmung der Entwicklungsrichtung zu überlassen, das ist der eigentliche Skandal!
Wenn von den Administratoren der WP nicht einmal symbolisch anerkannt wird, dass diese Fehlentwicklung eingesehen wird, dann wird es so weitergehen.
Ich erinnere mich an den Fall digg.com und den DVD-John-Code. Es hat sich ein kleiner Eöfenbeinturm innerhalb der WP gebildet und nun rufen die die drinnen sitzen: „Wir werden nicht raus kommenund außerdem haben wir Recht!“
So kommt man eben nicht zu einem Konsens, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass Millionen Nutzer Unrecht haben, dann bitteschön, dann muss man eben auch einstecken können.
Ich stime mit dieser Wiedergabe der Situation im Saal überhaupt nicht überein, tut mir leid! So und jetzt holt gerne Eure Stylometer raus. Siehe http://events.ccc.de/congress/2009/Fahrplan/events/3468.en.html
Anonym: Lass mich raten: Du hast nie zu dieser Community gehört. Und Markus hat den Beitrag nicht geschrieben.
@Torsten: Full ack. Danke für den Hinweis. Und, ähem Simon dann. Dass ich nicht dazu gehört habe, zu den Adminkreisen, kann ich bestätigen. Nochmal ack.
@Anonym:
Hmm.. welche Community meinst du hier genau? Die Wikipedia-Community, die am Projekt mitarbeitet, oder eine andere (die Internet-Community allgemein)?
Schade, dass anonym seien Namen nicht genannt hat, ich möchte mich seiner Meinung gerne anschliessen: Ein Medium sollte seine Wurzeln, auch bei viel Veränderung, nie ganz vergessen. Ein Wiki ist für alle da!
Die Rolle der Administratoren ist sicherlich sehr wichtig und bestimmt auch sehr schwierig. Aber die Allgemeinheit soll wenigstens selbst entscheiden können, was sie für wichtig (relevant) hält und was nicht.
Eine Kontrollinstanz, die nicht von einer anderen Instanz kontrolliert werden kann, wir immer diktatorisch agieren.
@gubidubi:
Die Admins entscheiden ja nicht freiherrlich und ohne Kontrollinstanz darüber, was erhalten bleibt und was gelöscht wird.
Löschanträge kann jeder stellen. Dann wird darüber ca. 7 Tage diskutiert und am Ende entscheidet der Admin dann anhand der vorgebrachten Argumente (und einiger, von der Wikipedia-Gemeinschaft formulierten und getragenen grundlegender Projekt-Richtlinien wie etwa den Grundprinzipien und daraus abgeleiteten Richtlinien wie z. B. ‚Was Wikipedia nicht ist‘), ob der Artikel erhalten bleiben soll. D.h. es entscheidet zwar nicht unbedingt die Allgemeinheit (da nicht jeder einzelne Mensch gefragt werden kann), aber es kann jeder Interessierte dazu beitragen und Argumente für oder gegen eine Aufnahme in die Wikipedia einbringen. Darüber hinaus gibt es z. B. auch die Löschprüfungs-Seite, auf der eine Admin-Entscheidung nochmal zur Prüfung gestellt werden kann.
Die so oft erwähnten Relevanzkriterien sind auch keine Erfindung der Admins und werden auch nicht von ihnen kontrolliert. Sie waren ursprünglich schlicht eine Dokumentation darüber, zu welchen Themen die Wikipedia-Gemeinschaft bereits in früheren Dikussionen einen Konsens gefunden hatte, ab wann ein Artikel zu einem Themenbereich sowieso enzyklopädiewürdig ist und nicht mehr einzeln diskutiert werden muss (z. B. geographische Objekte, die grundsätzlich relevant sind). Inzwischen werden diese Kriterien in bestimmten Fach-Bereichen oft von den entsprechenden Fach-Redaktionen, WikiProjekten und Portalen entwickelt, also von genau den Fachleuten und Themeninteressierten, die sich dann um die Wartung, Aktualisierung und inhaltliche Korrektheit der von ihnen betreuten Artikel kümmern müssen. D.h. es kommt auch vor allem darauf an, wieviel Manpower jeweils vorhanden ist, um Artikel eines Themenbereiches auf Enzyklopädie-würdigem Niveau zu halten. Beim Thema Fussball kennen sich viele aus, d.h. hier können ruhig Artikel über Spieler bis hinunter in die Regionalligen aufgenommen werden. Bei unbekannten Garagenbands ohne Veröffentlichungen hingegen gibt es kaum Leute, die sich um all diese total unbekannten und IMHO auch nicht wirklich erwähnenswerten Bands kümmern (die Ersteller solcher Artikel kümmern sich erfahrungsgemäss nicht wirklich jahrelang um die Aktualisierung und Beibrindung zuverlässiger Quellen).
Admins können bei Relevanzdiskussionen natürlich mitdiskutieren und ihre Meinung einbringen, sie sind in diesen Diskussionen aber auch nur normale User wie alle anderen auch und drücken der User-Community nicht einseitig ihren Willen auf (je nachdem kann ihre Stimme natürlich aufgrund ihrer langen, guten Mitwirkung am Projekt und Fachwissen innerhalb des diskutierten Themenbereichs für viele einen höheren Wert haben als die eines Neulings, aber das hat nichts mit dem Admin“amt“ zu tun.)
Der Kurs der Wikipedia wird eben gemeinsam von all denen bestimmt, die aktiv daran mitarbeiten und dort ihre Meinung einbringen. Es gibt niemanden, der von oben herab der Community z. B. die Senkung der Relevanzkriterien befehlen könnte, wenn man ihn nur durch genügend negative Blogpostings und Artikel überzeugt. Das löst, je nach Tonfall der Artikel und Kommentare, sogar eher das genaue Gegenteil aus. Wer also den momentanen Kurs der Wikipedia mitbestimmen will, sollte sich aktiv an den entsprechenden Diskussionen innerhalb der Wikipedia beteiligen, dort konstruktiv und gelassen seine Argumente vorbringen und versuchen, die Gemeinschaft zu überzeugen. Von großem Vorteil dabei ist natürlich, wenn man auch aktiv an WP-Artikeln mitschreibt und zeigt, dass man etwas von der Struktur und den inneren Abläufen des Projektes versteht.
Ich finde es erstaunlich, wie einige Leute meinen, die Wikipedia habe sich vor sechs Monaten plötzlich verändert. Das Gegenteil ist der Fall. Nur weil es so viele penetrante Besserwisser gibt, war die Wikipedia überhaupt möglich.
Die Wikipedia hat ihren Charakter in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Ich habe meinen Account vor Jahren stillgelegt – nicht im Bösen, sondern weil ich einfach nicht genug Zeit und Motivation hatte, um wesentliche Beiträge zu leisten. Weil eine Beobachtungsliste, die einen über alle änderungen informiert ein riesiger Zeitfresser ist. Weil bei der Schaffung von Wissen so unheimlich viel Metaarbeit anfällt.
Eins der großen Probleme der Wikipedia ist die Unübersichtlichkeit – es gibt schlichtweg zu viele Foren, wohin die Leute verschwinden. Ein Artikel müsste dringend überarbeitet weren? Dann viel Spaß dabei jemanden zu finden, der exakt zu dem Thema Bescheid weiß und Zeit dafür hat. Wenn man hingegen einen Löschantrag setzt, sind plötzlich alle hoch involviert und Artikel, die seit Jahren mangelhaft waren werden plötzlich mit Quellen ausgestattet, umformuliert und ausgebaut. Eigentlich sollten die Portale und Qualitätssicherungsbausteine dafür sorgen – es beteiligen sich aber schlichtweg zu wenige.
Ich bin Wikipedia Nutzer und mir gefällt das Projekt so wie es ist sehr gut.
Das Admin’s über das Ziel hinausschießen gibt es immer wieder auch in IRC-Chats und anderen Foren. Das biegt sich weitgehend von selbst gerade, da es immer auch Kräfte gibt, die solche Fehler anprangern und auch die Admin’s immer wieder in ihre Schranken weisen. Das ist ein gegenseitiger Lernprozess der nie endet.
Was ich viel schlimmer fände, wäre wenn es durch allzu feste Kremien in Hände gerät, die nicht fluktuieren (bezahlte Admin’s).
Der Streit reinigt und bewegt das Gebilde Wikipedia voran. Man sollte nicht versuchen es festhalten zu wollen und einzusperren. Wie im richtigen Leben auch, ändern sich Ansichten, Kultur und Politik ständig. Eine Enzyklopädie spiegelt auch diese Strömungen wieder. Eine gesunde Streitkultur gehört dazu.
Wenn ich etwas zur Wikipedia beitragen kann, was aufgrund meines spärlichen Wissens selten genug der Fall ist, sind es meistens nur Halbsätze oder Beleglinks. Angesichts des Tonfalls, mit dem die Diskussion über Relevanz oder Irrelevanz der verschiedenen Änderungen geführt wird, habe ich mir abgewöhnt, nachzusehen, was aus meinen Beiträgen wurde. Take it or leave it. Ich werde nicht darum betteln, dass meine Änderungen angenommen werden.
diese vorgeschlagenen modelle sind absolut enttaeuschend. das ist eine sehr deutsche diskussion, blockwarte gegen graswurzler. der buerokratische herrschaftstyp hat sich in der wikimedia software laengst erfolgreich eingeschrieben. warum also nicht ein mehrstufenmodell, einen „level of detail“, oder ein rating system was die „stabilitaet“ von artikeln angeht?
evolutionaer sinnvoll waere wenn endlich die EU wikipedia kauft statt in sinnlose semantische bertelsmann suchmaschinen zu investieren.
Die Wikipedia ist nichts anderes als das traditionelle Buch (Enzyklopädie) nur Online halt, mit dem Unterschied das mehrere Menschen gleichzeitig dran arbeiten können.
Leider gibt es dadurch auch viele falschen Angaben, Daten und auch viel SPAM, aber so ist es nunmal wenn man alle dran arbeiten lässt… ;-)
Komme ohne Wikipedia auch sehr gut aus… ;-)
Ich bin schon seit langem Wikipedia-Nutzer aber auch Mitschreiber und erachte das Projekt als sehr wichtig. Vor allem noch zwei, drei Jahren habe ich sehr aktiv mitgearbeitet. Doch irgendwann zwischen 2007 und 2009 ist die Stimmung einfach gekippt und dieser Löschwahn nahm seinen Lauf. Erst haben die Admins noch oft „nein, bleibt“ … „in der Wikipedia ist Platz genug“ gesagt. Aber mittlerweile sind sie, warum auch immer es so ist, eingeknickt.
Dadurch ist dem Projekt auf deutschem Boden irgendwie der Spirit abhanden gekommen. Daher schreib ich eigentlich nur noch im englischen Original. Denn dort hat fast alles und jedes Platz und wird auch gewürdigt.
Ich denke daher, Levitation (http://levit.at/ion/wiki/Main_Page) wäre einen Versuch wert. Hier könnte jeder ungehindert schreiben und was passt, wird zusammengenommen und in einen gegenseitig verträglichen Kontext gefasst. Gute Idee.
Aber vielleicht muss auch nur dieser Pioniergeist widerkehren, der Wikipedia ursprünglich antrieb und der auf englischer Seite immer noch weht.
Dazu ein guter Artikel, der mir auf der 26C3 gesteckt wurde und den geist, der hinter der wiki stehen sollte, gut wieder gibt. http://meantimecafe.blogspot.com/2009/12/warum-wikipedia-der-echte-anhalter-ist.html
So gesehen denke ich, die Wiki-Admins und Löschfanatiker müssten sich wieder „fangen“, einkriegen und schlicht feststellen, dass sie mit ihrem aktuellen Verhalten, ihr Projekt zu tode dünnen. Wenn das passiert, schade. Doch könnte aus der Asche der deutschen Wiki ein neues Projekt sprießen, dass vielleicht besser funktioniert.