Seit Jahrzehnten beanspruchte Warner Music das Copyright an „Happy Birthday“ und kassierte dafür Lizenzgebühren. Warner hatte das (vermeintliche) Copyright an „Happy Birthday“ 1988 erworben und dafür laut Guardian 25 Millionen Dollar bezahlt. Aus Frust über diese Situation hatte das Free Music Archive Ende 2012 sogar einen eigenen Wettbewerb um frei lizenzierte Alternativen zu „Happy Birthday“ veranstaltet.
Filmemacherin Jennifer Nelson weigerte sich jedoch, die von ihr verlangten 1.500 Dollar an Lizenzgebühren zu bezahlen und bestritt stattdessen gemeinsam mit anderen den Klageweg. Sie bezweifelte, dass Warner die Rechte am Text des Songs besitzt, und hatte damit jetzt vor Gericht Erfolg. In seiner gestrigen Entscheidung (PDF) erklärte der US-Richter George H. King, dass „Happy Birthday“ längst gemeinfrei, also Teil der „Public Domain“ und nicht bis Ende 2016 (in Europa) bzw. bis 2030 (in den USA) urheberrechtlich geschützt sei.
Diese Entscheidung macht „Happy Birthday“ gleichzeitig mit geschätzten 5.000 Dollar Lizenzgebühren täglich zu einem der wohl größten Fälle von „Copyfraud“, also der im Deutschen blumig als „Schutzrechtsberühmung“ bezeichneten Anmaßung von Urheberrechten, wo gar keine bestehen. Etwas, das nicht nur Happy Birthday, sondern auch immer wieder Werke auf Plattformen wie YouTube betrifft, bei denen Algorithmen Urheberrechte zusprechen, obwohl (z. B. wegen Fair Use) gar keine bestehen.
Gibt es eine Einschätzung, ob in den letzten Jahren gezahlte Vergütungen zurück gefordert werden können?
Wohl kaum, da bisherige Gerichte das copyright zugesprochen hatten.
In Fällen, die nicht gerichtlich entschieden wurden und die noch nicht verjährt sind wäre das durchaus denkbar.
Gibt aber auch noch die ein oder andere Instanz über dem District Court, die dem Richter vielleicht nicht zustimmt. Also: abwarten.
Habe übrigens vor wenigen Tagen einen Beitrag im SWR Hörfunk gehört, dass es in den USA einen Sensationsfund gab: Die Original-Noten von „Happy Birthday“, komponiert von zwei Schwestern die einen Kindergarten betrieben. Damals noch als „Good Morning to you“ jeden Morgen mit den Kindern zur Begrüßung gesungen (die Melodie ist aber eindeutig). Wenn ein Kind Geburtstag hatte, wurde wohl auf „Happy Birthday to you“ umgeschwenkt. An das Entsstehungsjahr kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber es war, glaube ich, sogar 19. Jahrhundert.
http://www.latimes.com/local/lanow/la-me-ln-happy-birthday-song-lawsuit-decision-20150922-story.html
1893 – und der Text, auf dem sich das (c) stützt, ist von 1935
Allein daran sieht man schon, wie kaputt das ganze System ist.
Sorry Werner,
kein Sensationsfund, sondern seit vielen Jahren bekannt.
Heise schreibt (http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Urteil-Warner-hat-kein-Copyright-an-Happy-Birthday-2823907.html), dass das Gericht nur festgestellt habe, dass Warner kein Copyright am Liedtext habe, nicht dass dieser gemeinfrei sei. Und da die mutmaßliche Urheberin Patty Hill noch keine 70 Jahre tot ist, dürfte der Text doch auch nach deutschem Urheberrecht nicht gemeinfrei sein.
Wiedermal zeigt das Urteil die Defizite des US Cobyright Rechts gegenüber unserem europäischen Urheberrechts. In den USA findet ständig Millionenprozesse statt, weil die Rechtslage, unklar ist. Unsere Recht , dass nicht wie in den USA die „Verwertung“ als Grundlage hat, sondern “Schöpfung“ , hat viele höhere Rechtsicherheit, besonders für Personen, die sich nicht 1000$/h Anwälte leisten können. Besonders offenbar wurde das vor ein paar Monaten im Gerichtsprozess zwischen den Erben des vor über 30 Jahren verstorbenen Sängers Marvin Gaye und den Musikern Robin Thicke und Pharrel Williams. Die Erben beanspruchten Glelder dafür, dass der „Stil“ und der „Sound“ von Marvin Gaye erkennbar sei. Ein Prozeß , der in unserem Rechtssystem undenkbar und nicht möglich ist, weil die Weiterentwicklung von Werken ausdrücklich gewünscht ist, und bei hinreichender Schöpfungshöhe auch in der Verwertung den neuen Schöpfer zugesprochen sind. Das sollten sich all die Right2Remix aktivisten mal endlich klar werden.
1.) wie kommen Sie darauf, dass das ein „Millionenprozess“ sei?
2.) in Europa gibt es auch ständig langwierige und bisweilen bizarre Rechtsstreitigkeiten um scheinbar banale Fragen wie die Rechtäßigkeit der Google-Bildersuche oder des Embedding von YouTube-Videos.
3.) dass ein Prozess wie der von Gaye undenkbar wäre in unserem Rechtssystem halte ich für ein Gerücht, gerade weil Schöpfungshöhe in unseren Breitengraden extrem niedrig angesetzt ist.
Lieber Herr Dobusch,
ich mag es kaum glauben, Sie kennen keinen der täglich hunderten Fälle in den USA ,bei denen vor Gerichtdarüber gestritten wird was geschützt ist, und was nicht ??? Ich vermute, da überwiegt das Festhalten an unreflektierten „Missions2 Floskeln des Jahres 2010, ihren tatsächlichen Kenntnisstand. Mit unserem klaren Deutschen Recht gibt es bei uns hingegen nur wenige Grenzfälle, die gerichtlich geklärt werden müssen. Und das ist gut so, das gerichtliche Auseinandersetzung stets eine Bevorteilung finanzkräftiger Player innehat. Heute aktuell besonders lustig als Fair Use Klärung vor einem US Gericht zu der Nutzung des Designs des „Batmobils“ http://www.spiegel.de/auto/aktuell/batmobil-auto-aus-batman-wird-urheberrechtlich-geschuetzt-a-1054469.html
Lass das mal nicht unseren Finanzminister lesen, nachher kommt der noch auf die Idee, vererbte Urheberrechte mit Erbschaftssteuer zu belegen.
Ah so, und wie kommt der Blub nun darauf, dass die Erben keine Steuern auf Erlöse aus Verwertung bezahlen müssen ?? Im Gegensatz zu Erben von Materiellen Gütern ( die auf das vererben Ihrer Fabrik wenn überhaupt, einmalig eine lächerliche Erbsteuer bezahlen) werden Erlöse auf Verwertung VOLL und ohne Zeitlimit besteuert. Dieser Blubige Versuch eines Kapern der Dikussionslinie mit Buzz Unsinn , ist Ihnen aber echt nicht elegant gelungen.
Die Abwehr des Kaper-Versuches scheint aber auch nur so mäßig überzeugend, denn dasselbe gilt ja auch für Erlöse aus dem Betrieb der Fabrik.
Inwiefern setzt denn das US-Recht bei der Verwertung an und nicht bei der Schöpfung?
Und was hat Ihr abschreckendes Beispiel der Stil- und Soundübung mit dieser Unterscheidung zu tun?
Ich möchte die Aussagen nicht in Abrede stellen, sondern frage einfach offen nach.