Wirklich viel zu entscheiden hat das Plenum im Bundestag derzeit nicht. Seit die Ampelkoalition zerbrochen ist, kann er kaum Gesetze beschließen. Heute etwa auf der Tagesordnung der zu beschließenden Gesetze: ein einziger Punkt. Die neue Höfeordnung.
Das wäre normalerweise nicht Kernbereich unserer Berichterstattung. Es geht um die Weitervererbung von Bauernhöfen. Konkret um die Frage, was mit den Erb:innen passieren soll, die bei der Übergabe leer ausgehen und wie der Wert der Höfe für Abfindungen in Zukunft ermittelt wird. Das Thema fand offenbar nicht nur die Rest-Koalition dringlich. Auch die CDU hatte ihre Zustimmung angekündigt, es geht um ihre Kernklientel.
Doch in dem Gesetzentwurf landete neben Regeln für die Höfeerbschaft noch ein weiteres Vorhaben: Überaus dringlich war offenbar nämlich auch, die Werkzeuge bei der Einbrecherjagd für Ermittlungsbehörden zu sichern. Deswegen hat die deutsche Höfeordnung nun einen neuen Artikel 3 bekommen, zur „Änderung des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens“.
Omnibusverfahren nennen sich solche Konstruktionen, bei denen eine bestimmte Regelung schnell noch an ein anderes Gesetz drangepappt wird, um es durch den Bundestag zu bringen.
Mit Staatstrojaner auf Einbrecherjagd
Es geht dabei also um den Einsatz von Staatstrojanern zur Überwachung von Kommunikation. Seit einer Gesetzesänderung 2019 dürfen Polizeibehörden die Telefone und Nachrichten von mutmaßlichen Einbrecher:innen überwachen – auch dann wenn es dem Verdacht nach Einzeltäter:innen sind, die nicht als Bande arbeiten. Dazu dürfen nicht nur ihre Telefonate angezapft werden, sondern auch die Handys selbst, mit Programmen, die unbemerkt auf dem Gerät laufen und dort zum Beispiel auch verschlüsselte Kommunikation aus Messengern mitschneiden können.
„Wohnungseinbruchsdiebstahl“ ist seitdem einer von vielen Tatbeständen, bei dem der Einsatz solcher Software erlaubt ist. Doch die Befugnis war von der Großen Koalition, die damals regierte, auf fünf Jahre befristet worden. Die laufen dieses Jahr ab. Nach drei Jahren sollte die Maßnahme evaluiert werden: Rechtfertigt der Erfolg den Grundrechtseingriff, der damit verbunden ist, die private Kommunikation abzuhören? Ist das überhaupt sinnvoll bei Einzeltäter:innen, die eben nicht ständig mit Kompliz:innen kommunizieren dürften?
Diese Evaluation ist fertig: Das Bundesjustizministerium schickte sie im Februar an den Bundestag. Doch weil in die Phase der Auswertung auch die Corona-Pandemie fiel, seien die Aussagen nur begrenzt aussagegefähig, argumentiert das Justizministerium. Während der Pandemie seien Menschen häufiger zu Hause gewesen und es gab weniger Einbrüche. Die Jahre 2020 und 2021 hatte man daher gleich ausgeklammert. Deswegen sollte die Erlaubnis zum Abhören um weitere fünf Jahre verlängert werden, für eine bessere Datengrundlage.
Auf den letzten Metern durch den Bundestag
Mit dem Ampel-Aus wäre auch für dieses Vorhaben erst mal Pause gewesen, wie für viele andere. In diesem Fall war aber nicht nur die Ampel dafür, sondern auch die CDU. Sie pocht schon länger auf eine Verlängerung und hatte schon vor Monaten einen eigenen Gesetzentwurf dazu eingebracht, der wie üblich abgelehnt wurde. Jetzt kommt die Verlängerung mit der Höfeordnung auf den letzten Metern doch noch durch den Bundestag. Neben der CDU hatte auch das BSW dafür gestimmt.
Dass sich noch weitere große Schnittmengen mit der Union finden lassen werden, ist eher unwahrscheinlich. Mehr als hundert Gesetze stecken derzeit im politischen Limbo im Bundestag fest.
Angesichts des enormen Schadens, den Steuervermeider und Steuerhinterzieher verursachen, wäre es einträglicher, die Kommunikation dieser Zielgruppe von Kriminellen ins Visier zu nehmen.