Schluss mit den SelfiesWer Musk hofiert, hofiert Rechtsradikale

Elon Musk gibt auf X/Twitter Rechtsradikalen aller Art eine Plattform – zuletzt Martin Sellner und der Identitären Bewegung. Musk taugt deswegen nicht mehr für Selfies und als Posterboy für Politiker:innen, die ihre wirtschaftliche Tatkraft zeigen wollen. Ein Kommentar.

Elon Musk und Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Tesla-Eröffnung 2022.
Elon Musk und Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Tesla-Eröffnung 2022. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Political-Moments

Im Januar und Februar sind in Deutschland Millionen Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsradikalismus und Rassismus zu protestieren. Sie haben demonstriert, weil bei einem rechten Geheimtreffen Mitglieder von AfD und CDU mit anderen Rechtsradikalen über Vertreibungspläne gesprochen haben, die unter dem neurechten Euphemismus „Remigration“ gehandelt werden.

Einer der Protagonisten dieses Treffens war der Rechtsextremist Martin Sellner, der als Anführer der Identitären Bewegung gilt. Diesen Martin Sellner hat Musks Plattform X kürzlich den Account wieder freigeschaltet – und es ist bekannt, wie sehr der Milliardär selbst in die Regeln der Plattform eingreift.

Der gleiche Martin Sellner darf in Deutschland wegen seiner Umtriebe nicht mehr einreisen. Als Sellner aus der Schweiz wegen ähnlicher Dinge ausgewiesen wird, fragt Musk „Ist das legal?“. Ein Multi-Milliardär, der sich um das Wohl von Nazis wie Sellner sorgt…

Volker Wissing mit Elon Musk
Digitalverkehrsminister Volker Wissing im Selfie mit Elon Musk im Januar 2023. - Volker Wissing auf Twitter/X

Ein paar Tage später schaltet Musks Plattform auch den Account der Identitären Bewegung Deutschland wieder frei. Die hatte der Verfassungsschutz als rechtsextreme Bestrebung einstuft. Sellner und die Identitären waren von fast allen Plattformen geworfen worden, weil sie Hass und Rassismus verbreiten. Der drittreichste Mann der Welt möchte ihnen offenbar wieder eine Plattform geben. Ein Sprachrohr, eine Verstärkung – mit der ehemals wichtigsten Debatten- und Nachrichtenplattform der Welt.

Seit Musks Übernahme ist Twitter Sprachrohr für Nazis

Indem der drittreichste Mann des Planeten das passieren lässt, setzt er sich mit seiner Plattform aktiv für Rechtsradikale ein. Nicht erst seit den Identitären, davor hat X unter anderem einen Holocaust-Leugner und den Daily-Stormer-Gründer freigeschaltet. Der Milliardär selbst ist mit der Verbreitung antisemitischer Äußerungen aufgefallen.

Seine Plattform geht gegen Menschen vor, die Hass auf X erforschen und gegen solche, die gegen Nazis arbeiten. Seit Musk die Plattform übernommen hat, wächst der Hass und die Plattform wird zu einem „hässlichen Ort“.

So etwas muss Konsequenzen haben: Wir können hier nicht Riesendemos gegen Rechtsradikale machen, zu denen alle demokratischen Parteien Zustimmung signalisieren – und am Ende wird ein Elon Musk, weil er ein superreicher Unternehmer ist, wieder hofiert wie eh und je. So wie am 13. März durch den Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und den Berliner Bürgermeister Kai Wegner.

Wegner, Musk, Woidke
Stolzes Selfie mit Musk am 13. März 2024: Berlins Bürgermeister Kai Wegner, Elon Musk und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. - Dietmar Woidke / Instagram

Wir müssen Elon Musk als das sehen, was er ist: Ein Ermöglicher von Nazi-Inhalten und ein Mann, der mit seinem unglaublichen Reichtum rechtsradikales Gedankengut verstärkt, indem er eine wichtige Kommunikationsplattform so umbaut, dass der rechte und rassistische Diskurs ungestört wachsen kann.

Das heißt auch: Elon Musk taugt nicht mehr als Selfie-Partner oder Posterboy für Politiker:innen, die sich als besonders tatkräftig und hemdsärmelig im wirtschaftlichen Bereich präsentieren wollen. Denn mit auf dem Foto mit Musk sind im virtuellen Hintergrund Martin Sellner, der Mörder von Christchurch und die ganzen johlenden Nazis und Rechtsradikalen, die jetzt auf der Plattform ihrem Hass und ihrer Feindschaft gegen die Demokratie freien Lauf lassen können.

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50 Ergänzungen

    1. Das wirkt auf mich wie ein Fehler in der Kategorisierung, da der Artikel das Thema Handeln behandelt, nicht Meinungen. Ich kann der Ansicht sein, dass es angebracht wäre, jemandem einen Schlag zu verpassen, aber eine Handlung ist etwas völlig anderes. In diesem Kontext dreht sich alles um Musks Aktionen, nicht um seine Meinung.

      1. > Das wirkt auf mich wie ein Fehler in der Kategorisierung

        Richtig, aber bei Desinformationskampagnen und psychologischer Kriegsführung ist das Methode, denn die meisten bemerken das nicht. Es ist Absicht, ein beabsichtigter Fehler. Siehe auch weiter unten Ergänzung „Daniel Rossbach“.

      2. „Das wirkt auf mich wie ein Fehler in der Kategorisierung“

        Da es hier nicht so richtig klar wird. Einerseits ist es ein geflügeltes Wort, andererseits bedeutet es im Kontext die Annahme, dass jetzt Faschismus und dessen Argumente und Propaganda auf X verbreitet werden, was laut Poster vielleicht nicht unter Meinungsfreiheit fallen sollte. Tatsächlich bewerten verschiedene Legislaturen da Dinge auch unterschiedlich, vgl. Holocaustleugnung.

        Es geht also vermutlich nicht um Musks Meinung, sondern was diejenigen Absondern, die nun wieder freigeschaltet sind. Sind aber z.B. faschistische Statements aus der Vergangenheit auch wieder als Historie vorhanden, dann hat es schon Füße. Ansonsten ist es eher nicht so zutreffend in diesem Moment, bzw. noch zu erfahren.

    2. Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen.
      Bombenteppiche auf die eigene Innenstadt muss man aushalten können. Wenn man ein Nazi ist. Am Leben bleiben ist nicht vorgesehen.

      1. Den Begriff bringen sie ins Spiel – kein Wort davon im Artikel.

        Merkwürdig auch, dass man oft die diskutierten Original-Beiträge auf X und Co nicht mehr nachvollziehen kann, weil im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung schnell wegmoderiert.
        Ergo sind wir immer auf die Intepretation anderer angewiesen, meist unserer Primärmedien. Amüsant, wie dann auch in Kommentarspalten spekuliert wird, wer was gesagt haben könnte. Am Ende bleibt vielleicht noch eine Kontaktschuld übrig. Pures Presse-Kino.

        1. Merkwürdig ist auch, dass Elon Musk gelegentlich seine Beiträge löscht. Nicht weil sie ihm selbst peinlich wären, sondern weil die Vorstände seiner Firmen sich wieder mal über zuviel geschäftschädigenden „Elon’s noise“ beschwert haben.

      2. Eine Plattform bieten ist eine Sache, die nicht prinzipiell generell bzgl. einer Person ein Problem sein sollte, d’accord. Egal wer die Person ist/sind. Wegen Rassismus gesperrte Accounts unter Verweis auf Meinungsfreiheit wieder freizuschalten… wenn es deren Gesetz erlaubt, und die Inhalte weg sind, von mir aus, allerdings kommt es naturgemäß darauf an, was in der Folge noch veröffentlicht wird. Kann sein, dass die dann in Europa Schwierigkeiten bekommen, weil eine der wieder freigeschalteten Bewegungen zumindest hier illegal ist, oder die einfach weitermachen wie vorher, o.ä. Die Begeisterung über die Wiederfreischaltung von bisherigen „Hetzern“ z.B. hält sich also in Grenzen – allerdings gilt auch hier: gesetzlich blockiert oder clean sheet TOS-based reinstantiation, äh, merkwürdig, anyway.

        Das geflügelte Wort der Kontaktschuld müsste sich netzpolik.org so gesehen vielleicht gefallen lassen, wenn „die Accounts“ jetzt nichts strafbares mehr posten, Vorauseilende Zensur z.B. will ich auch nicht, allerdings geht es hier darum, wer die Oberhand erhält, und wer mitmacht, und netzpolitik.org will nicht mitmachen, weil der Diskurs an sich eben nicht die Oberhand gewinnt. Bei allem Geseiere über „zu weit Links“ und „free speech“, kann nicht untergehen, wenn z.B. die ganze Plattform immer toxischer wird, desinformativer, weil mehr zugelassen wird, aber gleichzeitig weder Bots wirksam bekämpft, noch Menschen mit wirksamen Hilfsmitteln für die Kommentarteile ausgestattet werden. Bzw. würden, ich will da gar nicht urteilen, nur darauf hinweisen, worum es überhaupt gehen könnte. Also die Hunde freilassen, und mal gucken was passiert?

      1. Musk blockt Musk-Kritik als erstes. Also Ego + free speech. Jetzt bitte ein „besseres“ anti-Links-Argumgent zum Nachschlagen!

  1. Danke für diese klaren Worte. Eigentlich müssten Sie überflüssig sein, denn es gab schon mehr als genug Beispiele dafür, wie Elon Musk „tickt“. Jeder, der es wissen wollte konnte es auch schon lange wissen, dass Musk sich mit nicht respektable Einstellungen inszeniert, und damit seine Fans und Speichellecker bespielt.

    Wie dumm müssen Menschen sein, dass sie nach einem missglückten Raketenstart seinen Spenden(!)aufrufen folgen und auch noch Geld überweisen. Unschlagbar dumm jedoch sind hiesige Politiker, die ihm Milliarden Steuergelder hinterherwerfen, damit er unsere Ressourcen noch profitabler ausbeuten kann.

    Kluge Konsumenten wägen mit ihrer Kaufentscheidung ab, wen sie mit ihrem Geld unterstützen wollen.

    Musk’s Produkt-Palette ist jedoch für die meisten außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten. Das möge als ein Hinweis verstanden werden, wie hilflos man diesem Phänomen gegenüber steht. Mit passiver Verachtung kommt man dem nicht bei.

  2. Ungeachtet der Technischen Innovationen die er vorantrieb habe ich Elon Musk eher als eine Art Moderner Dagobert Duck (Scrooge McDuck) wahrgenommen. Ausgehend von den Dagobert-Darstellungen in den Taschenbüchern der 70/80’r Jahre. Und demnach ist er eher ein Fieser Geldsack der glaubt sich aufgrund seines Reichtums alles erlauben zu dürfen.

    Aber ebenso wie Diktatoren/Putin gegen den Rest der Welt müßte es mal ein Eindeutiges Nachhaltiges Zeichen an alle Superreichen wie ihn geben das auch diese NUR innerhalb Gesetzlicher Grenzen handeln dürfen. Gerechte (höhere) Steuern für Superreiche und Ausschluß aller Schlupflöcher wären ein guter Anfang. Verbot der Einflußnahme und Korruptionsbekämpfung müßte man dem wohl noch vorschalten sonst… :-/

    1. „Ich missbillige, was du sagst, aber ich werde bis zum Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.“
      Warum? Was ist das Argument, was die Annahme, was die These? Warum so implizit? Soll die Implikation sein, dass eine Gesellschaft, die sich dieses als Paradigma nimmt, genauso gut einer reaktionär konservativen Hierarchie offen zeigt? Sind die Folgen nicht schon bekannt?

    2. „Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“
      Karl Popper

      1. Popper war ein kluger Mann!
        Leider lassen sich zu viele Menschen manipulieren.
        Auch das Wirtschaftssystem bedingt Rassismus. Obwohl ich Tesla für eine grüne Blase halte, beschäftigt es doch sehr viele Menschen. Und genau da ist ein Problem. Wenn jeder Arbeit haben soll, die Technisierung der Arbeitswelt aber weiter zunimmt, haben sehr viele keine Arbeit dann mehr! Zumal die Konzerne die (politische) Macht besitzen und die Gier (Profite) ihr übriges tut. Der Soziologe Krysmanski warnte vor der High Tec Refeudalisierung. Die Umverteilung von unten nach oben funktioniert prima. Dank Dummheit und Trägheit der Masse.

  3. Es ist nachvollziehbar, dass wir an Politiker Ansprüche stellen, die über den Durchschnitt hinaus gehen. Dasselbe gilt für Gigadollarholder. Es handelt sich aber jeweils um Menschen. Sie sind berechnend und sie sind eitel. Soll man Artikel von netzpolitik.org nun nicht mehr lesen, weil die Autoren teilweise auf Beiträge bei Twitter verweisen, diese also vielleicht mittelbar auch Rechtsradikale hofieren?
    Es ist aus meiner Sicht wichtig, ein genaues journalistisches Auge darauf zu werfen, welche Netzwerke für politische Entscheidungen – z.B. Subventionen – verantwortlich sind. Einen Kontakt per se in Frage zu stellen, ist dagegen kritisch. Einen Artikel nur daraus zu machen, ist zu wenig.

  4. @NUR innerhalb Gesetzlicher Grenzen handeln dürfen

    Ich verstehe den Punkt. Allerdings sehe ich nicht, das Musk an offen sichtbarer Stelle insgesamt (nicht im Einzelnen) widergesetzlich handelt.

    „Ich wäre durchaus dafür endlich festzustellen und erkläre mein absolutes Unverständnis, dass dies noch nicht längst geschehen ist, dass, als Lehre aus der Geschichte dieser Welt, faschistische Bestrebungen jeder Form, reaktionärer Konservatismus, deren Unterstützung und Verbreitung in allen Gesellschaften ewig geächtet und verbandt werden und deren unbelehrbare Vertreter ihr Bürgerrechte und Staatenzugehörigkeit verlören und vogelfrei erklärt würden. Das dieses sich immer wieder erwachsende Übel ein und für immer aus unseren Gesellschaften getilgt wird.“

    Leider ist dem bisher nicht so. Wir mussten uns lange nicht um den Bodensatz der Konservativem, der Reaktionäre in den Gesellschaften kümmern, weil es keine direkte Gefahr zu geben schien, dass sie wieder die Oberhand gewinnen könnten. Jedenfall schien es so, wenn man nicht alzu ganau hinschaute.
    Die derzeitigen Entwicklungen könnten der letzte Anlass dafür sein, hier endlich und für immer einen Schlussstrich einzuziehen.

    1. @blue: Du schriebst am 23.3. nach einem kurzen Zitat das offensichtlich von mir ist:

      -snip-
      „Ich wäre durchaus dafür endlich festzustellen und erkläre mein absolutes Unverständnis, dass dies noch nicht längst geschehen ist, [….] Das dieses sich immer wieder erwachsende Übel ein und für immer aus unseren Gesellschaften getilgt wird.“

      Leider ist dem bisher nicht so. …
      -snap-

      Offensichtlich ist dem noch nicht so. Und vielleicht ist eine Derartige Überreaktion wie o.g. sogar schädlich für das Zusammenleben.

      Also woher stammt das in Anführungszeichen stehende Zitatabsatz bitte? Es kommt NICHT von mir und im Artikel finde ich das auch nicht. Ich meine das hätte man kenntlich machen sollen durch einen Quellenhinweis. Wie es beim Zitieren üblich ist. Bitte nachliefern.

      Ich müßte mir ansonsten verbitten das mir hier fremde Sätze untergeschoben würden die ich weder sagte noch schrieb. Und die Geschilderten Ideen finde ich auch etwas zu extrem.

  5. Nach meinem Kenntnisstand entscheidet ein open Source Algorithmus über die Zulässigkeit von Tweets, habe ich in einem Podcast gehört. Könnt Ihr das bitte mal recherchieren? Fände ich jedenfalls besser als irgendeine Kommission im Hinterzimmer a la EU

  6. Das ist genau die Art Diskursverengung (aka. Framing), die in anderen Kontexten zu recht kritisiert wird: Wer gegen die Chatkontrolle ist, fördert sexuellen Missbrauch an Kindern. Wer ein Recht auf Verschlüsselung fordert, schützt Kriminelle. Um nur zwei Beispiele zu nennen.

    Den „Verfassungs““schutz“ selektiv für eine Einzelentscheidung zu feiern halte ich ganz grundsätzlich für problematisch. Wenn es den politischen Gegner trifft, wird eine „Verfassungs““schutz“-Einordnung ironiefrei als Argument verwendet?

    Wobei ja nicht einmal ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei der Identitäten Bewegung um eine Organisation ebendieses „Verfassungs““schutzes“ handelt.

  7. Das wurde schon vor knapp einem Jahr diskutiert, z.B. hier:
    https://www.heise.de/news/Twitter-publiziert-Empfehlungsalgorithmus-mit-Sonderregeln-fuer-Elon-Musk-8404841.html
    Aber was nutzt der Zugang zu dem prozeduralen Teil der Timeline-Algorithmen, wenn der wesentliche Teil in Form von sogenannter „KI“ für Alle – auch die Experten – prinzipiell keine Introspektion zulässt?
    Kann man Github nach dessen Verkauf an Microsoft noch als Teil eines demokratischen Open Source-Fortschritts einordnen?
    Warum geht man bei der Kritik an Musk den Umweg über Sellners Tweets? Warum kritisiert man nicht direkt die private Aneignung eines technischen Monopols durch einen bekennenden Transhumanisten?
    Es gibt juristische Hebel gegen „KI“ getunte Timelines: Auswahl-Algorithmen in „social media“, die für die Mehrheit der Nutzerinnen nicht nachvollziehbar sind, müssten in einer demokratischen Gesellschaft illegal sein. Die „for you“-Timeline in X und ihre Kopien von Insta bis Tik-Tok gehören auf den Müllhaufen der Geschichte.

    1. > … , müssten in einer demokratischen Gesellschaft …

      Auch wenn es unbequem ist, zur vollen Wahrheit gehört eben auch immer darauf hinzuweisen, das diese als demokratisch bezeichnete Gesellschaft eben auch eine kapitalistische Gesellschaft ist. Selbst eine als freiheitlich-demokratische Gesellschaft bezeichnete ist auch eine kapitalistische. Wenn in einer Demokratie mehrheitlich Kapitalismus legitimiert ist, nützt es wenig, sich auf eine „demokratische Gesellschaft“ zu berufen, wenn es thematisch eher um Kapitalismus-Kritik geht.

      Im Übrigen vermag ich wenig „demokratischen Open Source-Fortschritt“ zu erkennen. Im Bereich Open Source herrscht nach meiner Wahrnehmung eher Meritokratie denn Demokratie.

      1. Hallo NEIN. Ihr „herrscht in Open-Source“-Begriff, legt was zugrunde?

        Vermutung: Beteiligung an oder direkt ~ Umsatz. Darüber bitte nachdenken.

        1. Die Sphäre Open Source ist nicht frei von menschlichem Verhalten, in der Wettbewerb und Ringen um Anerkennung stattfindet, und damit konsumptive Aufmerksamkeit generiert wird. Da geht es nicht nur kooperativ und gemeinwohlorientiert zu. Developer/Contributer können sich Streiten wie Kesselflicker, wenn es darum geht, wer sich Meriten verdient hat, bzw. beansprucht. Vielfach handelt es sich um sog. voluntaries, die ohne Entgelt beitragen (sprich arbeiten) und naturgemäß auf Äquivalente nicht pekuniärer Art großen Wert legen, sichtbar werdend durch badges, ranks und likes. Kommerzielle Plattformen wie der öffentliche Teil von Github, aber auch Fach-Foren versuchen dies zu kultivieren um zu motivieren.

          1. Es gibt alles mögliche um Open Source herum, sogar von Big Tech bezahlte Entwickler, die an unabhängigen Projekten beteiligt sind.

            Da gibt es tausend Ansatzpunkte, wie man irgendwo was verbessern kann. Nicht alle haben mit Geld zu tun, „viele“ aber schon. Nicht alle sind gleichzeitig bei allen Menschen vorhanden, und vor allem ist nicht immer nur eine einzige Motivation vorhanden.

            Das sagt halt alles nichts aus. Und auch dass Formen der Anerkennung gerne gesehen werden, ist völlig normal. Das pejorisieren zu wollen, wäre plumper Ideologieansatzverschnitt. Derartige Ideologie gerne gleich entsorgen, welche auch immer das dieses mal angeblich wieder sein soll.

          2. Alsu gut, nicht übertreiben. Es finden allerlei kommerzielle Anlehnungen an Open-Source und an spezifische Projekte statt. Ähnlich wie mit dem Internet insgesamt, könnte theoretisch drohen, dass auch der Open-Source Begriff von großen Playern gekapert wird. Das könnte eine reale Gefahr sein.

            Das andere ist alles so und so. Die Entwickler selbst haben unterschiedlichste Motivationen, das kann man definitiv nicht über so einen Kamm scheren. Vielleicht macht man den Fehler, das am höchsten zu gewichten, wo am meißten Geld oder Aufmerksamkeit hinfließt? Dann so zu argumentieren, wäre möglicherweise etwas selbstgerecht…

          3. @ Anonymous 26. März 2024 um 15:55 Uhr
            > Derartige Ideologie gerne gleich entsorgen, welche auch immer das dieses mal angeblich wieder sein soll.

            Es ging um Demokratie und Meritokratie. Diese zu entsorgen gefällt den Libertären. Aber wer entsorgt diese?


          4. cancel me cancel you sagt:
            27. März 2024 um 17:17 Uhr
            Es ging um Demokratie und Meritokratie. Diese zu entsorgen gefällt den Libertären. Aber wer entsorgt diese?

            Es geht nicht irgendwie auch um Demokratie. Es geht um die Schlechtmachung von ganz normalen Bestandteilen menschlicher Interaktion in Umgebungen, in denen Menschen Sachen bereitstellen und begutachten, und das nur um ein Statement zu erhalten, das jene grundlegenden Umstände auf Basis semantischer ähnlichkeiten mit Gier u.a. verklammert, was wohl ein negatives Statement bzw. eine negative Färbung bzgl. Open Source allgemein ergeben soll. Moderne Färberei, anteilige Ideologie, wo sie nicht hingehört. Eine Paradedisziplin für LLMs, Seitenkanalbefüllung mit propagandaverwertbaren Farben. Darum geht es.

            Kann hier falsch liegen, never know…

          5. xxx
            > Derartige Ideologie gerne gleich entsorgen, welche auch immer das dieses mal angeblich wieder sein soll.

            Es ging um Demokratie und Meritokratie. Diese zu entsorgen gefällt den Libertären. Aber wer entsorgt diese?
            xxx
            Es #irgendwem vielleicht?
            Oben ging es um die Kleinmachung von weil irgendwer irgendwo auch Anerkennung gerne hätte, dass man (positives im Sinne von Nutzung, sowie Bug Reports) Feedback haben will, und auch Geld nicht fehl am Platze sein muss. Kleinmachung und Klammerung zugunsten oder als Teil einer Ideologie, die weder den Kern noch die Bandbreite von Open Source abzubilden imstande ist. Der Teil war zur Entsorgung vorgesehen. Demokratie vs Meritokratie findet vielleicht statt, xz-backdoor lässt grüßen, von wo auch immer, aber Meritokraties ist nicht der Open-Source-Teil, sondern wenn dann der Angreifer.

          6. Man kann sehr wohl auch einwenden, dass Open-Source sogar noch viel mehr Geld benötigt. Allerdings eher aus öffentlicher strategischer Förderung, als von bestimmten Firmen (mit Ausnahmen sicherlich, u.a.Treiber für Hardwarehersteller), und was auch immer da hinter der Backdoorgeschichte steht.

          7. You had me at „Hersteller“!
            Oder heißt das inzwischen nur noch „Bereitstellen“?

    2. Toll geschrieben.
      Kapitalismus funktioniert ohne Rassismus und faschistische Inhalte gar nicht! Die Konzerne, die Reichen, besitzen zuviel Macht und politischen Einfluss über Funktionseliten! Die Mehrheit will sich ausbeuten lassen und im Rentenalter Flaschen sammeln. Die junge Generation bekommt eh keine Rente mehr. Jedenfalls nicht in Deutschland! Die muss bis zum Tod arbeiten oder erben.

      1. > Die Mehrheit will sich ausbeuten lassen und im Rentenalter Flaschen sammeln.
        Diese Behauptung ist falsch. Menschen wollen sich nicht ausbeuten lassen. Sie lassen es aber unter Bedingungen zu, bei eingeschränkten Handlungsoptionen.

        > Kapitalismus funktioniert ohne Rassismus und faschistische Inhalte gar nicht
        Kapitalismus beruht auf dem Prinzip Ausbeutung. Ausbeutung ist jedoch auch ganz gut ohne „Rassismus“ oder „faschistischen Inhalten“möglich. Deswegen ist auch diese Behauptung falsch.

        > Die junge Generation bekommt eh keine Rente mehr. Jedenfalls nicht in Deutschland!
        Solche Sprüche werden mit dem Ziel der Zersetzung geklopft. Ein reales Problem wird als unlösbar hingestellt, mit dem Ziel einem Teil der Bevölkerung Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit zu suggerieren. Wer hat ein Interesse daran, das solche Sprüche hier in Deutschland verbreitet werden? Zu welcher Kampagne passt das wohl?

    1. Meinungsfreiheit mit Füßen getreten, wenn mit enthemmter Meinungsäußerung absichtlich gesellschaftliche Normen verletzt werden, wobei das First Amendment der US-Verfassung nicht unserem gesetzlichen Standard entspricht.

      > Mit vielem hat … recht, aber nicht mit allem.

      Mit solchen Redewendungen versuchte man schon alle vergangenen Diktatoren in Europa zu relativieren. Das ist kein Argument sondern ein gescheiterter Versuch eines Re-Framings.

  8. Öhm, gilt das nicht auch für die USA und Russland?

    In den USA wurden, im Verhältnis zu der Idee in Deutschland, die in der Realität auch nicht hinkam, durchaus NAZIs hofiert. Overly Free Speech und Nazigruß, alles kaum ein Problem, weil die keine Atomwaffen hatten, und kein Öl. Seit Jahrzehnten, dir Rechnung kommt vielleicht jetzt. Also den ganzen Laden dicht? Was war noch das Gute an Riesenplattformen? Der funktionierende Suchalgorithmus? Sicherlich nicht. Das gehört zum Schlechtesten was mir auf diesem Planeten untergekommen ist, weil das auch nur eine Vorschlagsfunktion mit dysfunktionalen Optionen (Zeit, Würfeln, „da bist du schon mal reingetreten“, Sonstwas) darstellt. Aber es sammelt strategisch Daten und manipuliert Menschen in der Fläche, nimmt Einfluss auf Politik und Regulierung.

    Jetzt kann man sagen, man solle es eben besser machen – oder man lässt es halt mal langsam? funktionierende Suchalgorithmen, also ohne die Notwendigkeit, Werbung zu boosten, wäre mal ein Forschungsansatz für das 25. Jahrhundert.

    1. > funktionierende Suchalgorithmen, also ohne die Notwendigkeit, Werbung zu boosten, wäre mal ein Forschungsansatz für das 25. Jahrhundert.

      Dazu müsste man nur auf ältere Versionen der Algorithmen zurückgreifen, die den Werbezweck noch nicht beförderten.

      Wer Werbung nicht will, muss Werbung bekämpfen.
      Wer Werbung nicht will, sollte Werbetreibende nicht noch reicher und mächtiger machen.
      Es geht also um das eigene Konsum- und Surfverhalten im Internet.

      1. Netter Versuch: funktionierende Suche ohne Werbung = alt.
        Nee, Nee. Baut mal wieder was Nützliches mit den Mitteln der Zeit! Also Forschung…

      2. Haha, nur personalisierte Volldurchsatz-KI kann es uns machen. KI ohne personalisiertes Tracking kann natürlich nicht funktionieren, z.B. weil es kein maschinenlesbares Register von Rechtsformen und deren Internetshops u.ä. gibt, so dass niemals strukturierte Daten entstehen könnten. Ebensowenig denkbar wären nützliche Suchoptionen, um die Suche einzuschränken. Kuratieren wäre auch sowas von Böse, das darf nur in Nairobi z.H. Microsoft (KI) passieren.
        Nicht, dass wir plötzlich das machen, was wir hätten machen müssen, nur falsch, am falschen Ort, und für die falsche Sache…

      3. Mit dem Fokus auf dem eigenen Konsumverhalten droht das, eine Placeboveranstaltung für ein paar Nerds zu werden, wenn nicht die Rahmenbedingungen gegeben sind (z.B. Regulierung mit empfindlichen Strafen, Unterlassen der Kriminalisierung von Gegenmaßnahmen bzw. Sicherstellen der Legalität solcher).

        Dauerhafte Randbedingungen für effektiven Selbstschutz schaffen, sowie entfernen kommerzieller Anreize, Schädliches zu tun. Dann der Schutz wegen Zugriff durch Behörden usw. usf. Letzlich fasst man die Dickschiffe nicht an, weil der Senator aus Übersee uns sonst irgendeinen Arm bricht – nennen wir es Geostrategie. Nur so langsam kommt es mit politischer Unterfütterung und Schutzzielen. Dabei beißen sich einige hiesige Geier gerne ein paar Stücke ab, und hätten auch immer gerne Braten vorhanden.

        1. „Nur so langsam kommt es mit politischer Unterfütterung und Schutzzielen.“
          Hiermit ist nur der stark eingeschränkte Kontext gemeint, also etwas (denkbarer) Schutz gegenüber (großen) Unternehmen, nicht „es alles“.

    2. In der Symmetrie der Dinge, wäre es vielleicht fatal, die Reichweiteninstrumente ersatzlos zu zerstören, während die Auslandsabteilungen von allerlei Medien eingestampft werden. Der Schlüssel ist tatsächlich die Suche für die Funktion und das Tracking und wie Werbung funktionieren darf auf der anderen Seite. Wie man im Moment sieht, sind allerdings große Plattformen mitnichten als allgemeine Informationsplattformen auffassbar. Zensur greift massiv um sich, womit das Thema meiner Meinung nach schon fast erledigt ist. Weder sind die Plattformen dafür reif genug, noch die Politik (ganz schlimm), noch die Nutzer (dumme Hühner).

      Eine kapable Suche könnte auch interoperierende Seiten miteinander verbinden. Tracking bleibt ein Alptraum, und Werbung muss ganz klar demilitarisiert werden (Inhalte von irgendwo, Haftung irgendwo unterm Tisch), sowie entnazifiziert (strukturell für den Browser als werbung sichbar, so dass eine Zwischenabfrage oder Präferenz beim Öffnen von Seiten passieren kann).

  9. Jack Ewing von der New York Times fragt Leser:
    Tell Us: Has Elon Musk’s Behavior Affected How You View Tesla?

    Mr. Musk, the chief executive of Tesla, has turned off many people with polarizing remarks on social media, and it may be affecting the automaker’s sales.
    As a business reporter who covers Tesla, the company that Mr. Musk is chief executive of, I’m exploring to what extent his public persona is damaging the company’s brand and hurting sales. Or, as Mr. Musk has insisted, do people choose the best car regardless of what the chief executive says and does?

    If you own a Tesla, are thinking of buying one or have thought about buying one but ultimately chose another brand, I’d like to hear from you.

    I’ll read through each submission and reach back out to some respondents to learn more.

    https://www.nytimes.com/2024/04/12/business/elon-musk-tesla-electric-vehicles.html

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