Funkzellenabfragen dürfen nur beim Verdacht einer besonders schweren Straftat angeordnet und für Ermittlungen genutzt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Beschluss vom 10. Januar klargestellt, der heute öffentlich wurde. Das Stehlen von Gegenständen aus einem Kiosk oder einer Gaststätte fallen nicht darunter, weshalb der BGH die Gesamtfreiheitsstrafe eines mutmaßlichen Täters aufgehoben hat.
Bei einer Funkzellenabfrage fordern Ermittler:innen von Mobilfunknetzbetreibern die Verkehrsdaten aller Geräte an, die sich in einem bestimmten Zeitraum mit Mobilfunkmasten in einem Gebiet verbunden haben. Zwangsläufig werden dabei auch massenhaft Daten von Unbeteiligten übertragen, deshalb gelten für das Instrument entsprechend hohe Auflagen.
Landgericht hat sich auf Funkzellendaten verlassen
Im konkreten Fall hatte das Landgericht Frankfurt am Main seinen Richterspruch maßgeblich auf die erhobenen Verkehrsdaten und den Aufenthaltsort des Angeklagten innerhalb der tatortnahen Funkzelle gestützt, wie der Beschluss ausführt. Zwar seien in die Verurteilung auch weitere Indizien eingeflossen. Allerdings könne der BGH nicht ausschließen, dass „das Landgericht ohne die Verwertung der Funkzellendaten zu einem für den Angeklagten günstigeren Beweisergebnis gelangt wäre“.
Grundsätzlich schränkt § 100g Absatz 2 der Strafprozeßordnung die Erhebung von Verkehrsdaten auf besonders schwere Straftaten ein. Dazu zählen etwa die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen oder Mord und Totschlag. Dennoch haben sich Funkzellenabfragen mitunter zu einem Routineinstrument entwickelt. Allein in Berlin wurden 2019 rund 600 solcher Anfragen angestoßen.
Schon die Anordnung war illegal
Wie das BGH-Urteil nun festschreibt, laufen Ermittler:innen Gefahr, bei einer allzu freizügigen Nutzung der Handy-Rasterfahndung vor Gericht zu scheitern. Demnach war schon die Anordnung der Funkzellenabfrage im Ermittlungsverfahren gesetzeswidrig, heißt es im Urteil. Entsprechend folgt auf das Beweiserhebungsverbot ein Beweisverwertungsverbot. Das heißt: Die aus einer rechtswidrig angeordneten Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse können nicht als Beweismittel verwertet werden.
Der Wegfall der Einzelstrafe hat nun die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge, zudem entfällt auch die Grundlage, den Wert der Taterträgen in Höhe von rund 23.000 Euro einzuziehen. Der Fall muss in Teilen neu aufgerollt werden: „Im Umfang der Aufhebung hat er die Sache zu nochmaliger Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen und die weitergehende Revision verworfen“, schreibt der BGH.
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