WerbetrackingDas System kann weg

Unsere Datenhändler-Recherche hat gezeigt, wie die Online-Werbeindustrie uns in kleinteilige Schubladen steckt. Jetzt wird es Zeit, das gesamte System der personalisierten Werbung in Frage zu stellen. Das Geschäft mit unseren Daten muss aufhören. Ein Kommentar.

Ein Haufen Pakete, in dem Menschen stecken; Zeichnung von Midjourney
Die Industrie handelt mit unseren zugeschriebenen Eigenschaften (Symbolbild) – CC0 Midjourney („minimalistic drawing of a business men, outlines, surrounded by weird packages, hilarious“)

Das digitale Werbesystem ist entgrenzt. Unsere Recherche zu Datenhändlern gemeinsam mit The Markup zeigt, wie wir von der Online-Werbeindustrie in Hunderttausende Schubladen einsortiert werden, teilweise geht es um intimste Eigenschaften.

Die Liste mit über 650.000 sogenannten Segmenten des Datenmarktplatzes Xandr liefert bedenkliche Einblicke. Sie zeigt, wie auch deutsche Firmen am Markt als Datenlieferanten mitmischen, wie Infos von unter anderem Websites, Apps und Kreditkarten kursieren – und wie die Adtech-Industrie offenbar selbst unsere Krankheiten und Schwächen zu Geld machen will.

Es geht nicht nur darum, in welcher Altersgruppe wir sind; ob wir uns eher für Toyotas oder Teslas interessieren. Mit den Datenspuren, die wir hinterlassen, versuchen uns die Datenhändler Labels wie „Moms who shop like crazy“ aufzukleben. Sie können uns auch vermeintliche psychische Erkrankungen zuschreiben, oder zumindest ein Interesse daran.

Die Rechtfertigungsversuche der Datenindustrie

Wir haben zahlreiche Datenhändler mit den Ergebnissen unserer Recherche konfrontiert. Aus ihren Antworten wird deutlich, wie sie sich zu rechtfertigen versuchen. Dabei fallen mir vor allem drei Muster auf, die ich problematisch finde.

Da wäre einmal, dass die Industrie zwei Versionen ihrer Geschichte präsentiert. Einerseits suggerieren die Firmen ihren Kund:innen: Sie wissen so genau über uns Nutzer*innen Bescheid, dass sie uns perfekt mit Werbung targeten können. Aber sobald wir uns kritisch nach Privatsphäre und Datenschutz erkundigen, klingt das anders. Dann stellen die Werbekategorien bloß noch „allgemeine Interessen“ dar. Aussagen etwa zum Gesundheitszustand oder sonstigen sensiblen Eigenschaften treffe die Industrie sowieso keine. Wohlgemerkt, in den Daten fanden wir auch Kategorien wie „Opiate Addiction“, „Depression“,  Diabetes Type II“.

Zweitens beschreibt die Werbeindustrie gerne, wie wenig ihre Daten mit einzelnen Menschen zu tun hätten. Man sei ja nicht am Profil der einzelnen Nutzer:innen interessiert, es gehe nicht um personenbezogene Daten. Klar, da steht nicht wörtlich, dass sich Petra Musterfrau für Sportwetten interessiert, sondern da steht ihre Werbe-ID. Es mag auch sein, dass die Datenbanken der Industrie nicht nach den Werbe-IDs sortiert sind, sondern nach den Segmenten. Zu Petra gehört vielleicht nicht nur eine ID, sondern mehrere – je nachdem, ob Petra auf ihrem Smartphone surft, eine App nutzt oder an einer Telefonumfrage teilnimmt. Manche Dienstleister haben sich allerdings genau darauf spezialisiert, solche IDs zu matchen. Und auch wenn es der Industrie primär darum geht, Petra passgenaue Autoreifenwerbung zu zeigen: Es ist vermutlich naiv zu glauben, aus der Masse an Daten ließe sich nicht auf Petra zurückschließen – auf uns alle.

Das dritte Muster ist die Behauptung, wir hätten in all das eingewilligt. Freiwillig und informiert, wie es die Datenschutzgrundverordnung will. Alles rechtlich sauber. Das Problem: Wie „freiwillig“ ist es eigentlich, wenn ich mich täglich zigfach durch die Ablehnungsdialoge von Gängel-Cookie-Bannern kämpfen muss, die alles dafür tun, dass ich irgendwann aufgebe und einfach auf „Alles akzeptieren“ klicke? Wie „informiert“ ist es eigentlich, wenn mich schwer zugängliche Bleiwüsten ausführlich belehren, welche drölfhundert Werbepartner meine Daten verarbeiten wollen?

Informiert und freiwillig

In den Datenschutzbestimmungen einer beliebten Wetterseite beispielsweise kann ich mich über 1.400 Unternehmen informieren, die für die „Datenerhebung zur Auslieferung von nutzungsbasierter Online-Werbung“ zuständig sind. Ich kann auf die verlinkten Partner klicken und mir sogar durchlesen, was etwa Exit Bee Limited, VUUKLE DMCC oder 北京泛为信息科技有限公司 so tun. Bis ich damit fertig bin und top-informiert meine Einwilligung geben, ist der anstehende Gewitterschauer, für den ich mich interessiert habe, längst vorbeigezogen.

Dass dieses System mit der Datenschutzgrundverordnung vereinbar sein soll, erscheint mir wie die (Über-)Lebenslüge einer milliardenschweren Industrie, die sich in unserem Online-Leben eingenistet hat und damit ihr Geschäftsmodell betreibt. Mit dem Ziel, dass andere uns am Ende besser Dinge verkaufen können, die wir meist sowieso nicht brauchen.

Wir müssen dringend näher hinschauen und dem entgrenzten Markt seine Grenzen aufzeigen. Datenschutzbehörden müssen sich die tausenden kaum bekannten Player vornehmen. Es reicht längst nicht mehr aus, Seitenbetreiber aufzufordern, ihre Cookie-Banner fairer zu gestalten. Es geht um diejenigen, über die wir fast nichts wissen, die aber alles über uns wissen wollen.

Dabei kann jede:r von uns mithelfen. Wir haben beschrieben, wie man Auskunft von den einzelnen Datenhändlern bekommen kann. Das sollten wir tun. Und wenn uns etwas komisch vorkommt, sollten wir uns beschweren und die Behörden zum Handeln auffordern. Doch selbst das ist nicht genug.

Es geht auch anders

Wir müssen auch das gesamte System des Targeted Advertising in Frage stellen. Ein System, dass nicht nur unsere Interessen nutzt, um uns das vermeintlich passende Produkt anzuzeigen. Es will offenbar auch unsere Schwächen zu Geld machen: Unsere angebliche Depression, ob wir angeblich pleite sind, ob wir angeblich mit dem Rauchen aufhören wollen. Es macht uns manipulierbar, es formt unsere Sicht auf die Welt und auf uns selbst.

Wir dürfen personenbezogene Werbung nicht einfach als alternativlos hinnehmen. Wenn man uns schon Werbung zeigen möchte, dann geht das auch inhaltsbezogen. So wie früher in der Zeitung, als die Uhrenwerbung im Wirtschaftsteil auftauchte. Und das kann laut einem Test des niederländischen Rundfunks auch ohne Einnahmenverluste für die Seitenbetreiber funktionieren.

Für die Datenhändler wäre das natürlich ein herber Verlust. Denn dann wäre allen klar: Diese Industrie braucht vor allem sich selbst. Ohne sie gäbe es weniger Datenschutzprobleme, weniger Missbrauchspotenzial und auch nebenbei weniger Energieverbrauch. Das Geschäft mit unseren Daten kann einfach weg.

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31 Ergänzungen

  1. Ich bin sehr froh, das netzpolitik.org sich ausführlicher mit der Werbewirtschaft befasst. Ich hoffe, dass dies anhält und hoffentlich auch in konkrete DSGVO-Klagen mündet. Dazu braucht es gerichtsfeste Fakten.

    Bis dahin (das kann Jahre dauern) sind wir auf digitale Selbstverteidigung angewiesen, und machen wir uns nichts vor, auch darüber hinaus.

    Warum ist der Kampf gegen die (digitale) Werbeindustrie so wichtig?

    Für das Betreiben von Rechenzentren, Datenvolumen und Belastung von privaten Endgeräten werden immense Mengen von Energie vergeudet und Unmengen von CO2 in die Atmosphäre geblasen.

    Dabei benutzt die Werbeindustrie höchst parasitäre Methoden. Sie schädigt Industrie, Handel und Verbraucher gleichermaßen. Werbung ist das Opium der Kapitalisten. Sie ist kaum mehr als ein dünnes Versprechen. Evaluation von Werbung ist sehr, sehr ernüchternd, aber der „Glaube an Werbung“ ist unter Gewerbetreibenden ungebrochen. Werbung hat mit Esoterik viel gemeinsam. Wer an diesen Unfug glaubt, fühlt sich besser. Gute Produkte brauchen keine Werbung und schlechte erst recht nicht.

    Die Werbebranche schreckt vor nichts zurück!

    Werbung nervt. Sehr! Um uns nerven zu können, werden wir auf fast allen Websites gemessen, getrackt, verarbeitet und durch den Fleischwolf gedreht. Meistens mit illegalen Mitteln und Methoden. Dagegen müssen wir uns juristisch wehren, und der Politik mit dem Thema Werbung im Internet ordentlich auf die Nerven gehen.

    Kämpft gegen klimaschädliche Werbe-Parasiten! Und bitte jede Woche mindestens eine Klatsche gegen die Werbe-Industrie auf netzpolitik.org?

    Bis jetzt schon mal ein ganz großes Dankeschön dafür!

    1. Sichtbarkeit ist schon wichtig, spätestens im Internet. Aber niemand baut eine wirklich nützliche strukturierte Suche für Produkte und Unternehmen. Z.T. gibt es bei irgendwelchen Kammern Suchen für Energieberater u.ä. – WAS FÜR EIN UNTERSCHIED!

      Davon ab, darf Werbung einfach viel zu viel (Irreführung, Manipulation), und Produktkennzeichnung ist auch eher Mau (Specs, Inhalt, Verpackung, etc.), „Kennzeichnung“ in Onlineshops ebenso.

  2. Mir ist völlig schleierhaft wie diese überaus nervige und aufdringlichste Werbung funktionieren soll.
    Wenn mir im Alltag ein so beworbenes Produkt begegnet überkommt, mich eine Gänsehaut und ich wende mich angewidert ab. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es anderen anders ergeht.
    Aber was ich wirklich bedenklich finde ist, dass ich kontextbezogene Werbung passend zu einem gerade geführen Chatinhalt angezeigt bekomme.

  3. Wie wirksam Werbung bezüglich der Steigerung des Absatzes der beworbenen Produkte ist, da dürfte man in der Tat Fragezeichen aufwerfen. Jenseits dessen aber steht aber noch mehr: sie ist auch Weltbildvermittler, Konsumentenverblödung, und insofern auch Ideologieträger für den Kapitalismus.

    Und was die wahnsinnige Kategorisierung der abgegriffenen Online-User betrifft, so sollte man auch nicht außer Acht lassen, das sich hier einerseits große Chance für politische (Wahl-)Kampagnen bieten, wenn man die Daten kaufen kann – das kennen wir bereits aus vergangenen US-Wahlen. Und weiters: wenn man politische Überwachungen und Beeinflussungen betrachtet, so haben hier dunkle Dienste sicherlich für sie interessante Daten zur Verfügung. Oder glaubt hier jemand, dass besagte Dienste in diese Töpfe nicht zugreifen können? Somit schließt sich dann wieder der Kreis zur vorangetriebenen digitalen Überwachung und Deanonymiserungen.

    1. Ich unterschreibe vollumfänglich Ihren Beitrag. Personalisierte Werbung ist zwar übergriffig und nervig, ich bin aber noch nicht gezwungen, die Kaufentscheidung zu treffen, ABER: dass ganze Datensätze mit meinen sensiblen Persönlichkeitsinformationen völlig frei und ohne mein Wissen an irgendwelche Unternehmen/Organisationen/Staatsdienste verkauft werden und dass ich weder dazu eingewilligt habe noch es verhindern kann, das ist schlichtweg moralisch und rechtlich unhaltbar.

  4. Das ganze zeigt doch, dass man einen Adblocker braucht – und am besten einen Netzwerk-weiten eBlocker, damit die Werbung und Tracker auch in Apps verschwinden. Hat die Werbeindustrie doch selbst Schuld, wenn sich die Menschen wehren.

  5. @Anna
    Das gefällt mir
    Mir geht dieses ewige Banner aufpoppen mit den ganzen Datenschutzbestimmungen so auf den Sack.
    Am Smartphone ist es die Hölle.
    Bei Kleinanzeigen (früher Ebay Kleinanzeigen), habe ich mal versucht das aufzuschlüsseln.
    Nach 30 Minuten hatte ich keinen Bock mehr, die ganzen Werbepartner einzeln zu deaktivieren.
    Hier lebt nur der Werbebetreiber und hält sich selbst am leben…..ein Parasit.
    Meine Reaktion auf das ganze:
    noch mehr Blocker und diese beworbenen Produkte nicht kaufen.

  6. Ich habe keine Ahnung von was sie reden, nehme aber an wenn ich einen falschen Namen und email benutze, hat sich das eh erledigt?

    Meine email ist bei Riseup….TEL. Wechsele ich auch gelegentlich. Außerdem habe ich 3 Blocker für Werbung installiert, außer wenn ich per iPad surfe….deren Schutz ist eh lächerlich.

    1. Wie im Artikel beschrieben, ist den meisten Werbetreibenden egal wie man heißt oder welche Mail-Adresse man nutzt. Die Werbe-IDs werden standartmäßig mit der sogenannten MAC-Adresse oder physischen Adresse verknüpft. Dabei handelt es sich um einen Code, der eindeutig einem Gerät zuzuordnen ist.
      Wenn man also seinen Benutzernamen oder seine Mail ändert, weiß die Werbe-Industrie trotzdem, dass es sich um dasselbe Gerät handelt. Wenn sich dann auch noch ähnliche Interessensmuster aufzeigen, ist klar, dass es dieselbe Person ist.
      Im Internet ist man nur für Laien anonym. Der Industrie ist man als Werbe-ID wohlbekannt – die können einen User oft ehrlicher einschätzen als der sich selbst. Für Spezialisten ist es kein besonders großer Aufwand einen Otto-Normal-Nutzer zu indentifizieren.

  7. Ich verstehe das nicht:
    1. wenn ich zu arm bin, um die Bezahl-Variante des Internet-Produktes mir leisten zu wollen und deshalb die mit Werbung finanziere auswähle, warum soll ich dann wohlhabend genug sein, um das in der Werbung angepriesene Produkt zu kaufen?
    2. Wenn ein Werbepartner dafür vom Händler bezahlt wird, dass ich seine Werbung anklicke: warum das als Interesse am Produkt gezählt werden kann. In 99% der Fälle wird es eine Fehlbedienung des Smartphones sein. Eigentlich wollte ich nur scrollen oder einen lästigen Werbebanner weg klicken und habe neben das kleine x getroffen.

    1. Zu 1.: Es geht bei zugeschnittener Werbung nicht um gut informierte und durchkalkulierte Kaufentscheidungen. Der Werbeindustrie ist vollkommen klar, dass der Homo Oeconomicus ein Mythos der BWLer ist. Es geht darum, genug sozialen Druck aufzubauen, damit man sich es trotzdem kauft – zur Not auf Pump.
      Zu 2.: Der Werbepartner kriegt i.d.R. nur Cent-Bruchteile pro Click. So reicht auch der 1%-Click um das zu refinanzieren.

  8. Wie „toll“ das funktioniert sieht man an einem Beispiel:
    Ich will eine Digitalkamera kaufen. Also recherchiere ich im Internet, vergleiche Angebote und entscheide mich am Ende für ein Gerät bei einem Onlineshop. Auch wenn ich konsequent alle Cookies ablehne werde ich trotzdem wochenlang mit Webung für Digitalkameras bombardiert. Natürlich, der Onlinehändler bei dem ich gekauft habe muss meine Daten speichern, sonst kann er mir weder die Ware noch die Rechnung zusenden.
    Es nützt mir auch spätestens nach der 14tägigen Widerrufsfrist nichts mehr, wenn ich eine bessere Kamera zu einem günstigeren Preis kaufen könnte, ich brauche auch keine weitere Kamera. Trotdem landen weiterhin Angebote von Kameras in den personalisierten Anzeigen.
    Sinnvoll wäre eher, Zubehör für meine Kamera anzubieten. Speicherkarten, Ladegerät, Blitz, vielleicht ein Drucker zum Drucken von Fotos, Software zum Bearbeiten oder das Angebot, meine Urlaubsbilder als Fototapete zu drucken. Aber statt dessen werden weiterhin Kameras angeboten die ich definitiv nicht kaufen will weil ich schon eine habe.

    1. >> Auch wenn ich konsequent alle Cookies ablehne werde ich trotzdem wochenlang mit Webung für Digitalkameras bombardiert.

      In recent years, more and more problems have arisen with traditional client-side tracking:

      Tracking preventers and ad blockers limit data quality
      DSGVO and ePrivacy pose legal risks for companies
      Tracking setups are becoming more and more complicated
      Privacy is more important for end customers than ever before

      Due to the final elimination of third-party cookies in the coming year, digital companies are on the lookout for solutions. Frontrunners have already found an attractive solution in server-side tracking. Many more are following suit. The rest will have to make the switch this year to avoid big data losses in 2024.

      https://www.jentis.com/en/article/blog-what-is-server-side-tracking/

      1. Ohne Javascript kein server-side tracking. Die Tracking-Scripts können auch selektiv gefiltert werden.
        Auch HTTP ETags können Cookies ersetzen.

        1. Kein Serversidetracking weil kein JavaScript?
          1. Trackingcode auf Serverseite geht immer, auch wenn Javascript deaktiviert oder restrigiert ist.
          2. Was ist „kein Javascript“, wenn zur Funktion von Seiten JavaScript nötig ist, und Leute NoScript und Werbeblocker einsetzen?

          Ihr Konzept scheint Nichtbesuch von Webseiten zu sein…

  9. Wenn die zielgerichtete Werbung ja irgendwie sinnvoll wäre. Ist sie aber nicht, trotz der ganzen Datensammelwut.
    Bsp aus der Vergangenheit: Ich kaufe ein Handy, schicke es nach einer Woche zurück. Noch weitere 6-8 Wochen bekomme ich Werbung für Zubehör für das Handy, das mir nicht gefiel.
    Oder: Kindersitz-Schutzunterlage gekauft. Was bekomme ich an Werbung? Kindersitze ohne Ende! Das soll zielgerichtet sein? Leute, wenn ich mir so ein Ding kaufe, habe ich A) ein Auto und B) einen Kindersitz und C) wahrscheinlich ein Kind in einem Alter, dass es so einen Sitz nutzt! Passende Angebote wären Autoreinigungsartikel und Kinderspielzeug aber doch kein weiterer Kindersitz!!!

  10. Ich verstehe wie immer nicht wo das Problem ist.
    Unternehmen möchten gerne, seit Urzeiten, das ich ihr Produkt kaufe. Dafür betreiben sie Werbung, seit über 100 Jahren. Per Hauswurfsendung, auf Plakatwänden, in der Zeitung und mittlerweile auch im Internet, da wir dort verdammt viel Zeit zubringen. Nichts neues also. Und damals wie heute braucht es mündige Bürger die sich keine „Haustürgeschäfte“ aufschwatzen lassen bzw. blind etwas kaufen.
    Und gestern wie heute interessiert sich das Unternehmen nicht für mich als Person. Mit entsprechendem Aufwand können sie sicher ein sehr detailliertes Profil von mir erstellen, aber was haben sie davon? Viel Arbeit, sprich Kosten, mit zweifelhaftem Nutzen.
    Gibt es einen Beleg dafür das heutzutage mehr Menschen etwas kaufen was sie definitiv nicht haben wollten wie früher. Eher wohl nicht.
    Stattdessen suggeriert uns die Politik das sie mit Gesetzen etwas ändern / bessern kann. Jeder erfährt es jeden Tag dass dem nicht so ist. Kostet uns alle nur Nerven und vor allem Geld.
    Und was wäre die Alternative? Werbung (im Internet) verbieten? Das will sicher auch keiner. Werbung reduzieren? Jeder von uns „googlet“ fast täglich, nutzt deren Navi-System oder Übersetzer oder … nur zu gerne. Und zahlt direkt keinen Cent dafür. Wer wäre bereit bei Google statt die Werbebanner zu sehen einen monatlichen Obulus zu entrichten? Analog zu einem Streaming Dienst. Ich bin sicher Google hat das längst verifiziert. Fragt sie einmal.
    Ist schon eine irre Welt geworden. Es ist schick geworden gegen alles mögliche zu sein, aber gleichzeitig ungeniert die Vorteile zu nutzen.

  11. Natürlich nervt Werbung ungemein. Im Internet, im Tv im Radio -eigentlich überall. Es wird damit aber der Content finanziert. Wenn das nicht mehr möglich ist, wird man vermutlich für alles extra zahlen müssen. Vielleicht brauche ich dann irgendwann ein Google-(o.Ä) – Account mit bezahltem Monatsabonnement für die primitivsten Abfragen .Schon heute haben viele Medien Paywalls eingerichtet, damit Content nur mit Bezahlkonto sichtbar wird. Der Betrieb dahinter muß ja irgendwie bezahlt werden. Wird interessant wie das ohne Werbung sein wird..

  12. Ghostery installieren, „Never consent“ aktivieren, schon hat sich das lästige manuelle Cookies ablehnen (bei sagen wir 97 von 100 Webseiten) erledigt.

  13. 1. Hier gibt’s eine sehr werbekritische Strömung, die gerne übersieht, dass es sogar im Sozialismus Kanäle geben musste, die Produkte propagierten. Wenn ich als Produzent ein (neues) Produkt anbiete, kann ich mich darauf verlassen, dass das von selbst bekannt wird. Werbung ist also absolut essentiell für jede Art halbwegs freier Wirtschaft.

    2. Über die Werbeformen kann man streiten. Wir wollen aber sicher auch nicht, dass sich in den von uns konsumierten Medien journalistische Inhalte und Werbung mischen. Aber diese Trennung – und gedruckt wie in linearen Rundfunk war es ja stets eingebettet – bringt nun den Umstand, dass Werbung mehr als je zuvor selbst Aufmerksamkeit erregen muss.

    Alles, worüber wir hier diskutieren entsteht unweigerlich aus 1. und 2. – deswegen halte ich es für vollkommen illusorisch das System als Ganzes loszuwerden. Werbung und Marktforschung sind essentielle Bestandteile der arbeitsteiligen Wirtschaft.

    Deswegen sind die Fragen fast alle falsch gestellt – die meiner Meinung nach richtigen Fragen lauten: Was wollen wir als unausweichlich zulassen – und „nichts“ scheidet als undemokratische und freiheitsfeindliche Maximalforderung aus – und wie setzen wir solche Regeln durch?

    Vor dem Hintergrund ist die DSGVO gar kein so schlechter Ansatz, die Gewichte stimmen aber – vermutlich wegen Lobbyeinflusses – noch nicht.

    Ein wichtiger Punkt, der gar nicht aufschien, ist auch dieser: Die jetzt übliche Form der Werbevermarktung ist auch eine Folge der mißlungenen Transformation der Medien ins Internet. Statt – vermeintlich mühsam – die Werbung selbst zu vermarkten, wie das vor dem Internet üblich war, haben Verlage und Broadcaster die Tür zur Hölle geöffnet und die Zwischenhändler eingeladen.

    Jede Menge Werbe-Compliance würde sich ganz von selbst wieder einstellen, wenn der Zwischenhandel der Werbeplätze limitiert würde – und vor allem dann auch von den Anbietern selbst gehostet würde.

    1. Kein Tracking ist allerdings nicht jenes „nichts“.

      Zudem sind undemokratische Maximalforderungen gerade en vogue, besonders in demokratieabschaffenden Zweigen unserer Demokratienzusammenschlüsse, präzise hier in Europa. Nicht nur Maximalforderungen, sondern auch bilaterale Verträge, Normen und Gesetze, werden regelmäßig nahezu 1:1 verfassungswidrig wiederholt, und nicht einfach nur gefordert.

      Wir sind damit nicht näher am Abgrund, das ist der Abgrund.

  14. Kann die Erlebnisse einiger in den DruKos überhaupt nicht nachvollziehen: Mache ich was falsch, weil ich praktisch keine personalisierte Werbung erhalte?
    Mein Rezept ist simpel: Do not track in Firefox aktiviert, uBlock Origin und Ghostery als AddOns (auch auf dem Handy). Die Folge: ich sehe praktisch nie Werbung und erhalte auch keine unerwünschten E-Mails, Anrufe oder Push-Ups-Nachrichten.
    So banal und effektiv!

  15. Die ganze Nummer dürfte sich längst verselbständigt haben. Es wird mittlerweile niemanden mehr geben, den man mit geballten Missfallensäußerungen so weit in Bedrängnis bringen könnte, dass er loszieht und den Quark abschaltet.
    Oder fühlt sich am Strand jemand von der Brandung gestört und versucht zwecks Abhilfe den zu finden, der Tag und Nacht den Ozean umrührt?

  16. Werbung kann lästig sein, das Internet ist zum Suchen und Finden aber sehr hiflreich. Durch Suchen/Finden/Kaufen erhalte ich aber Werbung „für mehr von demselben“ und keine neuen Informationen zum Sachgebiet. Das war beim Photovoltaik-Interesse so aber auch bei den Anschlußkabeln zum Raspberry Pi. Ich suche in konzentrischen Kreisen a) kann ich es in einem (Fach-)Geschäft in der Nähe holen, b) im mir bekannten Versandhandel finden, c) muss ich neue Lieferanten im Internet suchen? Eine der größeren Bestellungen im Internet (Gewerbebtrieb + Versandhandel) war eine Solarthermie-Anlage. Der Fachhändler bei mir um die Ecke hat mir einige Kleinteile die ich für die Vorbereitung gebraucht hätte nicht gegeben weil ich keinen Gewerbeschein habe, die Gesamt-Investitionssumme: mehr als EUR 10.000,- ging an einen 70 km entfernten Lieferanten.

  17. Anti-Tracking-Erweiterungs-Tipps: Smart Referer, CanvasBlocker, ClearURLs, AdNauseam (als Ersatz für uBlock Orgin). Dann evtl. noch JShelter, aber das macht bei mir in Firefox viel Last und CanvasBlocker reicht nach meinen Tests völlig aus.

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