Der brandenburgische Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat einen Gesetzentwurf für ein neues Polizeigesetz in den Landtag eingebracht, den wir im Volltext veröffentlichen. Der Minister plant unter anderem, die automatisierte Erfassung von Nummernschildern im Bundesland Brandenburg massiv auszuweiten. Derzeit dürfen Kennzeichenscanner nur anlassbezogen eingesetzt werden, etwa bei einer laufenden Fahndung nach einem konkreten Nummernschild. Bei diesem Verfahren werden keine Nummernschilder auf Vorrat gespeichert. Geht es nach Stübgen, soll künftig eine Speicherung der Nummernschilder bei überaus weit definierten „Straftatenserien“ für die Dauer von bis zu drei Monaten erlaubt sein.
Die Begründung des Gesetzentwurfes verweist dabei konkret auf „Straftatenserien in den Bereichen der Betäubungsmittel-, Eigentums-, Schleuserkriminalität sowie bei laufenden Serien gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr, bei Serienvergewaltigungen und -tötungen im öffentlichen Straßenraum, seriellen Bandendiebstählen bei Reisenden auf Raststätten“. Die Bandbreite der Straftaten lässt darauf schließen, dass die Speicherung von Nummernschildern damit faktisch zur Regel würde.
Grüne in der Koalition dagegen
In der regierenden Koalition aus SPD, CDU und Grünen lehnen Letztere den Entwurf mit Verweis auf den Koalitionsvertrag ab. Die SPD sieht laut einem Bericht des Tagesspiegels noch Gesprächsbedarf. Sie fordert klare Formulierungen, „warum Daten gesammelt werden, wie sie gespeichert werden und was damit passiert“. Die grüne Innenpolitikerin Marie Schäffer sagt hingegen gegenüber netzpolitik.org, dass „der sehr fragwürdige Nutzen zur Verbrechensbekämpfung in keinem Verhältnis zur Überwachung aller Autofahrer:innen im Land“ stehe. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Polizeigesetz (SOG) in Mecklenburg-Vorpommern lasse darüber hinaus Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Pläne aufkommen.
Auch die oppositionelle Linkspartei lehnt den Gesetzentwurf vollständig ab. Gegenüber netzpolitik.org sagt die Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Inennausschusses Marlen Block dass „mit dem Gesetzentwurf in rechtlich unzulässiger Weise versucht werden soll, angeblich bestehende Defizite der Strafverfolgung in der Strafprozessordnung durch Änderungen im Polizeigesetz zu umgehen.“ Auch die Linksfraktion hält den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern für verfassungswidrig.
Mehr Scanner durch Section Control?
Stübgens Gesetzentwurf sieht auch die Einführung von Geschwindigkeitsmessungen mittels „Section Control“ vor. Bei dieser Form der Geschwindigkeitskontrolle werden Autos an einem Startpunkt und an einem Endpunkt identifiziert. Für die dazwischen liegende Strecke wird dann die Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt. Die Erfassung kann beispielsweise durch Nummernschilder erfolgen. Wird „Section Control“ eingeführt, entstehen möglicherweise an weiteren Standorten Nummernschildscanner, die auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden könnten. Wird eine Technologie über ihren Ursprungszweck hinaus schleichend zweckentfremdet, sprechen Datenschützer:innen von Function Creep.
Brandenburg hat eine lange Geschichte der Auto-Vorratsdatenspeicherung. Wie netzpolitik.org im August vergangenen Jahres berichtete, rasterte die Brandenburger Polizei bereits im Jahr 2009 in 545 Fällen den Fahrzeugverkehr. Ein Jahr später tat sie dies schon 2.479 Mal – eine Steigerung um gut 350 Prozent. Im Jahr 2013 veröffentlichte netzpolitik.org die Standorte einiger stationärer brandenburgischer Kennzeichen-Erfassungssysteme (KESY); die Piratenpartei führte wenig später weitere Standorte auf einer digitalen Landkarte zusammen.
Schon damals war bekannt, dass die Kennzeichenscanner sowohl einen Fahndungs- als auch einen Aufzeichnungsmodus haben. Bei einer Fahndung gleichen die Geräte die erfassten Fahrzeuge mit Daten gesuchter Nummernschilder ab, alle anderen Aufnahmen werden gelöscht. Im Aufzeichnungsmodus speichern die Ermittlungsbehörden hingegen sämtliche erfassten Kennzeichen auf Vorrat, zusammen mit Datum und Uhrzeit sowie Fahrtrichtung und Ort der Erfassung.
Kennzeichenspeicherung war illegal
Dass diese Funktion in Brandenburg zum Einsatz kam, belegt der Fall der vermissten Rebecca Reusch im Jahr 2019. Die Ermittler:innen aus Berlin teilten mit, dass das vom Verdächtigen genutzte Fahrzeug am Tag von Rebeccas Verschwinden auf einer Brandenburger Autobahn erfasst wurde. Damit war klar: Die Polizei Brandenburg hat diese Daten im Rahmen einer Auto-Vorratsdatenspeicherung gesammelt.
Von 2017 bis 2019 sammelte die Polizei Brandenburg insgesamt 40 Millionen Fotos von Fahrzeugen in einer Datenbank. Bürgerrechtler:innen und Jurist:innen kritisierten die Auto-Vorratsdatenspeicherung, innerhalb des Brandenburgischen Innenministeriums kam es darüber zum Streit. Ein hoher Beamter, der die Speicherpraxis kritisierte, wurde versetzt.
Mitte 2021 stoppte Brandenburg die Speicherung. Zuvor hatte die damalige Große Koalition die Strafprozessordnung verschärft. Damit schuf sie zwar bundesweit die rechtliche Grundlage für eine Autofahndung, die Speicherung von Nummernschildern war jedoch nicht länger erlaubt – zur Enttäuschung mancher Bundesländer. Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder erklärte die Kennzeichenspeicherung im August 2022 zudem für illegal.
Im Folgenden der Gesetzentwurf für ein neues Polizeigesetz in Volltext.
Landtag Brandenburg 7/536
7. Wahlperiode
Unterrichtung
gemäß Artikel 94 der Verfassung des Landes Brandenburg
Eingegangen: 01.02.2023 / Ausgegeben: 01.02.2023
Betreff: Unterrichtung Art. 94 – Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter Bezugnahme auf Ziffer I.1. der „Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages nach Artikel 94 der Verfassung des Landes Brandenburg“ vom 7. Oktober 2010, geändert durch 1. Änderung vom 26. September 2013, übersende ich Ihnen den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes.
Dieser wurde außerdem übersandt an nachstehende Verfahrensbeteiligte im Sinne des Kapitels I Nummer 1 der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages nach Artikel 94 der Verfassung des Landes Brandenburg:
- Landkreistag
- Städte- und Gemeindebund
- Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg
- dbb beamtenbund und tarifunion
- Deutscher Richterbund
- Neue Richtervereinigung – Landesverband Brandenburg
- Gewerkschaft der Polizei Brandenburg
- Bund Deutscher Kriminalbeamter Brandenburg
- Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht (LDA)
- Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlins.
Ich darf darauf hinweisen, dass eine Kabinettbefassung noch nicht erfolgt ist.
>Mit freundlichen Grüßen
(Name geschwärzt von der Redaktion)
Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg Leitungsbüro
Kabinett- und Parlamentsangelegenheiten Henning-von Tresckow Str. 913
14467 Potsdam
(Telefonnummern und Mailadressen geschwärzt von der Redaktion)
Gesetzentwurf
der Landesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes
A. Problem
Bei grenzüberschreitenden Straftatenserien in den Bereichen der Betäubungsmittel-, Eigentums-, Schleuserkriminalität sowie bei laufenden Serien gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr, bei Serienvergewaltigungen und -tötungen im öffentlichen Straßenraum, seriellen Bandendiebstählen bei Reisenden auf Raststätten z. B. durch Einleiten von Gas in das Fahrzeuginnere schlafender Personen oder dem sog. Planenschlitzens ist die Ermittlung der Störer zur Verhinderung der Fortsetzung der Straftatenserie häufig nur über das dabei genutzte Tatmittel, nämlich das vom potentiellen Straftäter genutzte Kraftfahrzeug, möglich.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1977 im Rahmen eines laufenden Entführungsfalles festgehalten, dass Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 GG den Staat verpflichtet, jedes menschliche Leben zu schützen. Diese Schutzpflicht sei umfassend. Sie gebiete dem Staat, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen; das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. An diesem Gebot haben sich alle staatlichen Organe, je nach ihren besonderen Aufgaben, auszurichten. Da das menschliche Leben einen Höchstwert darstellt, müsse diese Schutzverpflichtung besonders ernst genommen werden (BVerfGE 46, 160 ff, [164], (16.10.1977 – 1 BvQ 5/77).
Beim sog. „Autotransporter-Fall“ hat ein Täter über mehrere Monate hinweg im Straßenverkehr auf andere Verkehrsteilnehmer bei laufender Fahrt mit einer Waffe geschossen. Hier bestand eine dauerhafte gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl unbeteiligter Menschen, zu deren Abwehr einzig der Weg über einen Abgleich von Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung mit den diesbezüglichen Tatorten und Tatzeiten möglich war, um den potentiellen Straftäter zu ermitteln und im Anschluss von weiteren Schussabgaben abhalten zu können. Im damaligen Fall wurden u. a. letztlich mittels automatischen Kennzeichenerfassungssystems (KESY) gestützt auf § 100h der Strafprozessordnung aufgezeichnete Daten zu statistischen Auffälligkeiten im Rahmen der kriminalistischen Hypothese ausgewertet, um das tatrelevante Kraftfahrzeugkennzeichen aus der Masse erfasster Fahrzeugbewegungen herauszufiltern.
Die damals zum Einsatz gekommene Art und Weise der automatischen Kennzeichenerfassungssysteme in Form des reinen Erhebens und Speicherns sämtlicher an einem Ort zu einer bestimmten Zeit durchfahrender Fahrzeuge für einen dann zeitlich später stattfindenden Datenabgleich wird mittlerweile als sog. „Aufzeichnungsmodus“ bezeichnet. Demgegenüber sieht der Betrieb des Kennzeichenerfassungssystems im sog. Fahndungsmodus den automatisierten und unverzüglichen Abgleich der erhobenen Daten mit einem zuvor bereits festgelegten Vergleichsdatenbestand vor. Die Polizei verarbeitet im Fahndungsmodus nur erhobene personenbezogene Datensätze weiter, zu denen es im Zuge des sofortigen Abgleichs zu einer Übereinstimmung (sog. Trefferfälle) mit Daten aus dem Vergleichsdatenbestand kam.
Das Brandenburgische Polizeigesetz lässt mit dem § 36a BbgPolG bislang den Einsatz der KESY-Technik nur im sog. Fahndungsmodus zu. Danach sind die Daten unverzüglich mit einem bestimmten Vergleichsdatenbestand abzugleichen und alle Fälle an „Nichttreffern“ sofort wieder zu löschen.
Im sog. „Autotransporter-Fall“ wäre der Fahndungsmodus (§ 36a BbgPolG oder § 163g StPO) zur Identifizierung eines Fahrzeuges des Störers allerdings nicht geeignet. Dieses muss bereits bekannt sein, um es im Vergleichsdatenbestand zuvor einstellen zu können.
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 37, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2021 Blatt 2099), wurde in der Strafprozessordnung (StPO) mit dem § 163g StPO eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz der Kennzeichenerfassungssysteme (KESY) zu strafprozessualen Zwecken geschaffen. Die bis dahin bestehende strafprozessuale Ermittlungspraxis gestützt auf § 100h StPO unter Einsatz der Technik im sog. Aufzeichnungsmodus war spätestens seit diesem Zeitpunkt daher mangels Rechtsgrundlage aufzugeben.
Die Möglichkeiten zur Beendigung von Straftatenserien sind dadurch für die Polizei des Landes Brandenburg erheblich reduziert worden. Es steht zu erwarten, dass grenzüberschreitend agierende Banden nun wieder verstärkt auch im Land Brandenburg Straftaten begehen werden, soweit die strafprozessualen Ermittlungsmöglichkeiten eingeschränkt wurden.
Angesichts der langjährigen Praxis der Kennzeichenerfassung in Deutschland und speziell im Land Brandenburg sowie im Ergebnis des Beschlusses des LG Frankfurt (Oder) vom 22. Juli 2022 (Az. 22 Os 40/19), wonach es zur Durchführung der automatischen Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus repressiv wie präventiv eines formellen Gesetzes bedarf (LG Frankfurt (Oder) Beschl. v. 22.7.2022 – 22 Os 40/19, BeckRS 2022, 19483 Rn. 83), scheidet ein vorübergehender Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel in ihrer Auffangfunktion aus. Damit fehlt der Polizei jegliche Möglichkeit, künftig in einem dem sog. „Autotransporter-Fall“ (BT Drs. 17/14794) vergleichbaren Sachverhalt zeitnah den Störer zu ermitteln und an der weiteren Tatbegehung zu hindern. Ein erst dann einsetzendes Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung der dazu notwendigen Befugnis im Brandenburgischen Polizeigesetz würde dem Störer mehrere Monate einräumen, in denen er weiter Rechtsgüter anderer Personen schädigen könnte.
Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Fähigkeit des Staates, seinem Schutzauftrag aus Artikel 2 Absatz 2 GG nachkommen zu können, würde daher erheblich gestört, wenn der Staat in Kenntnis einer diesbezüglich nun für die Abwehr schwerwiegender Gefahren einsatztaktisch unzureichenden Rechtslage erst den Eintritt eines erneuten konkreten Anlasses (z. B. ein Nachahmungstäter zum sog. „Autotransporter-Fall, ein Serienvergewaltiger“) abwarten würde.
Daher ist eine Anpassung des § 36a BbgPolG angezeigt, um der staatlichen Schutzpflicht, soweit künftige Einsatzszenarien bereits als grundsätzlich möglich einzuschätzen sind, rechtzeitig nachkommen zu können und die entstandene Fähigkeitslücke der Polizei wieder zu schließen.
Die Verkehrsunfallentwicklung in Brandenburg gibt weiterhin Anlass zur Besorgnis. Hauptursache bei schweren Verkehrsunfällen ist nach wie vor überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit. Dieser Entwicklung gilt es nicht durch eine Intensivierung der Kontrollen unter Ausnutzung sämtlicher Ressourcen (vgl. Landtags-Drucksache BB 6/9821 Seite 41) zu begegnen, sondern diesbezüglich auch die aktuellen Erkenntnisse und technischen Möglichkeiten für eine moderne Verkehrsüberwachung in der Verkehrsüberwachungspraxis einzuführen. Voraussetzung dafür ist zunächst eine geeignete Ermächtigungsgrundlage zur Abschnittskontrolle, wie sie zwischenzeitlich bereits in Sachsen-Anhalt (vgl. § 16a SOG LSA) und Niedersachsen (§ 32 Absatz 6 NPOG) geschaffen worden sind, um die polizeilichen Möglichkeiten der gefahrenabwehrenden Überwachung des Straßenverkehrs mit dem Ziel, die Sicherheit im Straßenverkehr durch rechtzeitige Verhinderung von Geschwindigkeitsverstößen entsprechend zu erweitern.
Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327), des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) und des Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien vom 23. Juni 2021 (BGBI. I. S. 1982) sowie des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) sind Verweisungen im Polizeigesetz ohne die Hinzuziehung entsprechender Altfassungen der Gesetzeswerke nicht verständlich oder es besteht die Gefahr falscher Rechtsanwendung. Daher sind diesbezügliche Anpassungen nötig.
Darüber hinaus bestehen Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2018 – 2 BvR 309/15 zur Fixierung von Personen, die in Abgrenzung zur polizeilichen Fesselung einer für die polizeiliche Einsatzpraxis rechtsklaren Grundlage im Polizeigesetz bedürfen.
Weiterer Änderungsbedarf hat sich im Zuge der Einsatzpraxis im Bereich des § 77 BbgPolG gezeigt, soweit Dienstkräfte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben anderer Länder oder des Bundes im Land Brandenburg tätig werden sollen. Die bisher im Gesetz genutzte Begriffskombination „Polizeivollzugsbeamte anderer Länder“ trägt der zwischenzeitlichen Fortentwicklung bzw. Ausdifferenzierung der polizeilichen Dienstkräfte in den Ländern nur unzureichend Rechnung und behindert eine reibungslose länderübergreifende Amtshilfe.
B. Lösung
Der § 36a BbgPolG wird für den sog. Fahndungsmodus auf den vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß bewerteten Rahmen hin erweitert und zusätzlich in Absatz 4 und 6 der Einsatz der KESY-Technik im sog. Aufzeichnungsmodus zur Abwehr von Gefahren für hochwertige Rechtsgüter durch noch laufende Straftatenserien ermöglicht.
In einem neuen Absatz 3 des § 31 BbgPolG wird eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz der Abschnittskontrolle zur Verkehrsüberwachung eingefügt (sog. „Section Control“).
Mit Schaffung des § 65a BbgPolG wird eine spezielle Rechtsgrundlage zur Fixierung von Personen im Polizeigesetz geschaffen.
Die im Polizeigesetz enthaltenen Verweisungen werden an die veränderte Rechtslage angepasst.
Soweit für einzelne Befugnisse ein starrer Behördenleitervorbehalt normiert wurde, erfolgt eine Erweiterung der Anordnungsberechtigten auf die jeweilige Vertretung, sodass die durchgängige Handlungsfähigkeit der Polizei gewährleistet bleibt.
Die Begrifflichkeit in § 77 BbgPolG wird angepasst.
C. Rechtsfolgenabschätzung
I. Erforderlichkeit
- Zur Anpassung KESY und Einführung einer Rechtsgrundlage zur Fixierung:Die Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage ist aufgrund der damit verbundenen Grundrechtseingriffe zwingend erforderlich.
- Zur Einführung einer Befugnis zum Einsatz technischer Mittel zur Abschnittskontrolle („Section Control“):Die technikgestützte Abschnittskontrolle („Section Control“) sorgt im Gegensatz zu der derzeit eingesetzten, punktuell wirkenden Überwachungstechnik für die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit in einem festgelegten Streckenabschnitt, wodurch die Verkehrssicherheit in streckenmäßig längeren Gefahrbereichen erhöht werden kann. Das oft gefahrenträchtige Abbremsen im Bereich stationärer oder mobiler Punktmessungen sowie die anschließende Beschleunigung ist nicht zu beobachten. Das belegen auch Ergebnisse des Projektes in Niedersachsen. Hier konnte zudem die mittlere Geschwindigkeit der Fahrzeuge um bis zu 10 km/h reduziert, der Befolgungsgrad der zulässigen Höchstgeschwindigkeit lokal um bis zu 40 % erhöht, weniger kritische Verzögerungsmanöver registriert und der Verkehrsfluss harmonisiert werden.Durch die Reduzierung der mittleren Geschwindigkeit wurde in Niedersachsen mit Hilfe des „Power Models“ (Elvik, The Power Model oft he relationship between speed and road safety – Update and new Analyses, Institute of Transport Economics, Norwegian Centre for Transport Research, TOI report 1034/2009, 2009) eine Absenkung der Zahl der tödlich verunglückten Personen von ca. 25 Prozent geschätzt.
- Zu den sonstigen Änderungen:
Die sonstigen Änderungen sind erforderlich, um die polizeiliche Einsatzpraxis in der gewohnten Form aufrecht erhalten zu können. Untergesetzliche Anpassungen scheiden insoweit aus.
II. Zweckmäßigkeit
Die beabsichtigten Regelungen sind für diesen Zweck unverzichtbar.
III. Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung
- Zur Anpassung der Einsatzmöglichkeiten der Kennzeichenerfassung (KESY):Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet die Gesetzesänderung einen Sicherheitsgewinn vor der Gefahr insbesondere grenzüberschreitender Eigentumsdelikte. Da bereits bislang die Ermittlungsmethode im Rahmen des § 100h StPO zum Einsatz kam, wird die Regelung zum Aufzeichnungsmodus in tatsächlicher Hinsicht keine zusätzlichen Grundrechtseingriffe gegenüber der polizeilichen Praxis bis zum Inkrafttreten des § 163g StPO ermöglichen. Die Regelung zum gefahrenabwehrenden Aufzeichnungsmodus ist dabei restriktiver als die bisherige Praxis bei Anwendung des § 100h StPO.Zusätzliche Kosten für die Verwaltung dürften für die Gerichte insoweit entstehen, dass über Anträge nach § 36a Absatz 6 und § 65a Absatz 3 BbgPolG zu entscheiden sein wird. Jährlich ist hier für Anträge nach § 36a Absatz 6 aus der Erfahrung des bisherigen Einsatzes nach § 100h StPO ein Aufkommen im Bereich von durchschnittlich unter 10 Fällen anzunehmen.Für die Polizei entstehen keine zusätzlichen Kosten. Sie verfügt grundsätzlich bereits über die erforderliche Technik und Software.
- Zur Einführung einer Befugnis zum Einsatz technischer Mittel zur Abschnittskontrolle („Section Control“):Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet die beabsichtigte Gesetzeserweiterung einen Sicherheitsgewinn im Bereich des fließenden Verkehrs. Mit der gesetzlichen Änderung sind Kosten für die Verwaltung verbunden. Mit der Beschaffung von Technik zur Abschnittskontrolle, insbesondere IT-Technik, ist in der Regel neben dem Aufwand für die Beschaffung, auch die Wartung, der Betrieb und weitere Serviceleistungen, ggf. auch die Schaffung einer IT-Infrastruktur erforderlich. Dies zieht, neben den Sachkosten für die zu beschaffenden Überwachungsgeräte, gegebenenfalls auch Kosten für eine IT-Infrastruktur, sowie für Personal, das unter anderem den Service und die IT-Betreuung sicherstellt, nach sich. Diese Aufwendungen richten sich nach den tatsächlich erforderlichen und zu beschaffenden Ausstattungen. Diese können noch nicht konkret beziffert werden.
- Die übrigen Änderungen sind im Wesentlichen redaktioneller Natur. Zusätzliche Kosten entstehen nicht.
D. Verfahrensbeteiligte im Sinne des Kapitels I Nummer 1 der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages nach Artikel 94 der Verfassung des Landes Brandenburg
Gelegenheit zur Stellungnahme hatten der Landkreistag, der Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg, der dbb beamtenbund und tarifunion, der Deutscher Richterbund, die Neue Richtervereinigung- Landesverband Brandenburg, die Gewerkschaft der Polizei Brandenburg, der Bund Deutscher Kriminalbeamter Brandenburg, die Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht (LDA) und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlins.
Zum Gesetzentwurf sind im Rahmen der Ressortabstimmung fünf Stellungnahmen eingegangen.
Die Gewerkschaft der Polizei sowie der Städte- und Gemeindebund begrüßen den Gesetzentwurf. Der Landkreistag Brandenburg hat keine Bedenken. Die Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport Berlins begrüßt die Änderungen in
§ 77 BbgPolG-E ausdrücklich. Zu den Übrigen Änderung trifft die Verwaltung mangels Bezug zum Land Berlin keine Aussage.
Soweit Anregungsanregungen und Bedenken geäußert wurden, sind diese sorgfältig geprüft und zum Teil in den Normtext oder in die Begründung eingearbeitet worden. Dazu im Einzelnen:
Auf Anregung der Gewerkschaft der Polizei wurde in § 36a Absatz 1 BbgPolG-E das Wort „Lageerkenntnis“ ersatzlos gestrichen. Im Zusammenhang mit dem Verweis auf § 12 Absatz 1 BbgPolG war die Voraussetzung von Lageerkenntnissen in
§ 36a Absatz 1 BbgPolG nicht erforderlich. Die Eingriffsschwellen ergeben sich bereits aus § 12 Absatz 1 BbgPolG. Das Wort war daher mangels Regelungswirkung und zur Vermeidung von Auslegungsproblemen entbehrlich.
Auf Hinweis der LDA ist in § 31 Absatz 3 BbgPolG-E ein zusätzlicher Satz 5 aufgenommen, der eine Begriffsbestimmung für das Wort „Wegstrecke“ enthält, sodass der flächendeckende Einsatz der Technik gesetzlich ausgeschlossen ist. Die weiteren Hinweise zu § 31 Absatz 3 BbgPolG-E wurden in der Gesetzesbegründung berücksichtigt.
Für das Verbot eines flächendeckenden Einsatzes der Kennzeichenerfassung wurde in § 36a Absatz 3 Satz 1 BbgPolG-E eine entsprechende Beschreibung aufgenommen, die derjeingen im Beschluss des Landgerichts Frankfurt /Oder entlehnt ist (vgl. LG Frankfurt (Oder) Beschl. v. 22.7.2022 – 22 Os 40/19, BeckRS 2022, 19483 Rn. 71). Auch dies wurde von der LDA angeregt.
Die Berichtspflicht an den Landtag wurde in § 36a Absatz 7 Satz 1 BbgPolG-E durch einen Verweis auf § 33a Absatz 9 BbgPolG aufgenommen.
Die LDA sieht in den geplanten Änderungen der Einsatzmöglichkeiten der Kennzeichenerfassung im sog. Fahndungsmodus (§ 36a Absatz 1 BbgPolG-E) in Teilen (Rechtsgütererweiterung, Verbot des flächendeckenden Einsatzes) zu begrüßende Anpassungen und im Übrigen keinen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben. Aus der datenschutzrechtlichen Zielstellung der sog. Datensparsamkeit heraus sieht sie die Erweiterungen jedoch als kritisch und nicht zwingend erforderlich an. Das verfassungsrechtlich noch Erlaubte müsse nicht vom Gesetzgeber ausgeschöpft werden.
Der Bedarf für eine Absenkung in § 36a Absatz 1 von einer „gegenwärtigen Gefahr“ auf eine „konkrete Gefahr“ sei nicht ausreichend dargelegt. Gegen einen solchen Bedarf spreche, dass die Polizeigesetze der Länder Berlin (§ 24d Absatz 1 Bln. ASOG), Rheinland-Pfalz (§ 33 Absatz 1 POG RP) und Nordrhein-Westfalen einen solchen polizeitaktischen Bedarf nicht erkennen ließen.
Zwar lässt sich die Aufzählung der LDA noch um das Saarland (§ 39 Absatz 1 Nummer 1 SPolDVG) und Thüringen (§ 33 Absatz 6 Thür. PAG) ergänzen und als Gegenbeispiele neben dem Polizeiaufgabengesetz des Freistaates Bayern (Artikel 39 Absatz 1 Bay. PAG) auch die Polizeigesetze der Länder Baden-Württemberg (§ 51 Absatz 1 Satz 2 PolG BW), Niedersachsen (§ 32a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 NPOG), Hessen (§ 14a Absatz 1 HSOG), Sachsen (§ 58 Absatz 1 Nummer 1 SächsPolDVG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 43a Absatz 1 Nummer 1 SOG M-V) und Hamburg (§ 19 Absatz 1 Hmb. PolDVG) benennen.
Letztlich überzeugte diese Betrachtung aber bereits im Ansatz nicht.
Der Verweis auf die bestehende Rechtslage anderer Länder ist nicht gleichzusetzen mit dem polizeitaktischen Bedarf, sondern kann nur als Anhalt für diesen dienen. Diesbezüglich dürfte das Bild, wonach von den insgesamt 11 Bundesländer, die eine solche Befugnis in ihren Polizei- oder Sicherheitsgesetzen zwischenzeitlich verankert haben, nur vier die Schwelle bei der gegenwärtigen Gefahr und demgegenüber die überwiegende Mehrheit (sieben Länder) hingegen den Einsatz zur Abwehr bereits ab einer konkreten Gefahr oder sogar bereits zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung zulassen, dafür sprechen, dass ein polizeitaktischer Bedarf grundsätzlich anzuerkennen ist, auch wenn manche Polizeigesetze dennoch keine Befugnis dafür vorsehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzgeberische Einschätzung zur polizeitaktischen Erforderlichkeit für eine vergleichbare gesetzliche Regelung im Freistaat Bayern im Übrigen auch nicht bezweifelt.
In der Abgleichregelung im geplanten § 36a Absatz 2 Satz 1 BbgPolG-E sieht die LDA als nicht ausreichend klar formuliert, dass der Abgleich nur zu präventiven Zwecken zulässig sein soll. Sie verweist darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung die entsprechende Regelung im Bayrischen Polizeiaufgabengesetz bereits als auslegungsbedürftig ansah (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 –Rn. 76-80).
Eine Anpassung des Entwurfs erfolgt nicht.
In § 36a Absatz 2 Satz 1 BbgPolG-E wurde für die Zweckbestimmung die Formulierung „die für den jeweiligen Zweck der Kennzeichenkontrolle nach Absatz 1 Bedeutung haben können“ gewählt. Diese Wendung gibt das Auslegungsergebnis aus dem benannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts sogar unmittelbar wieder (vgl. „die für den jeweiligen Zweck der Kennzeichenkontrolle Bedeutung haben können“ BVerfG, a.a.O. Rn. 108). Eine abstrakter gefasste Zweckbestimmung begrenzt den Kreis einzubeziehender Vergleichsdatensätze nicht in gleicher Weise. Da sich der Umfang der Vergleichsdatensätze nach dem Zweck des jeweiligen Einsatzes selbst unterscheidet, kann sich der erforderliche Umfang nur im konkreten Einzelfall und nur aus der konkreten Zielstellung des einzelnen Maßnahmenanlasses nach Absatz 1 ergeben. Dies wird mit dem Wortlaut klargestellt. Im Nachgang zu einer Änderung des § 36a BbgPolG wird in einer Verwaltungsvorschrift anhand abstrakte-genereller Vorgaben genauer zu beschreiben sein, welche Daten für den Vergleichsdatensatz jeweils auszuwählen sein wird.
Damit dürfte den Bedenken der LDA entsprochen sein.
Hinsichtlich der geplanten Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten der Kennzeichenerfassung auf den sog. Aufzeichnungsmodus führt die LDA in verschiedener Hinsicht z Bedenken hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit vorgetragen.
Eine Streichung der Regelung die Einsatzmöglichkeit der Kennzeichenerfassung im sog. Aufzeichnungsmodus erfolgte entgegen der Anregung der LDA hingegen nicht.
Die LDA bezweifelt die Erforderlichkeit für diese Einsatzmöglichkeit und begründet dies zunächst damit, dass andere Bundesländer bislang keine vergleichbaren Befugnisse in ihren Polizeigesetzen geschaffen haben. Diese Erwägung in Form eines Vergleiches trägt nur dann, wenn dem die Annahme zu Grunde gelegt werden kann, dass dem brandenburgischen Gesetzgeber ein gesetzgeberischer Einschätzungsspielraum zum Bestehen eines Bedarfes polizeilicher Handlungsoptionen nur in dem Rahmen eröffnet wäre, wie anderer Bundesländer zuvor bereits im Rahmen ihrer legislativen Kompetenz davon Gebrauch gemacht haben. Das Polizeigesetz des Landes Brandenburg müsste in seiner Entwicklung danach stets den Landesgesetzen anderer Bundesländer nachstehen. Diese Annahme ist unzutreffend und widerspräche dem Bundesstaatsprinzip und der Systematik der Gesetzgebungskompetenz des Grundgesetzes. Anhand des beschriebenen „Autotransporterfalles“ ist der polizeitaktische Bedarf für diese Technik im Übrigen bereits nachgewiesen.
Dass sich die Maßnahme des sog. Aufzeichnungsmodus auf dennoch wenige Einsatzanlässe beschränken wird, ändert nichts daran, dass es aufgrund der Vorbehalts des Gesetzes (Artikel 20 Absatz 3 GG) zunächst einer entsprechenden gesetzlichen Eingriffsgrundlage bedarf. Die Regelungen in Abschnitt 1a des Brandenburgischen Polizeigesetzes werden ebenfalls nur für eine geringe Anzahl an Sachverhalten zum Einsatz kommen. Gleichwohl ist der legislative Bedarf nicht in Abrede gestellt, da die Notwendigkeit im konkreten Einsatzanlass unstrittig ist. Dies trifft auch exemplarisch auf die Befugnis in § 33a Absatz 1 Nummer 2 BbgPolG zu.
Weiter wird seitens der LDA ausgeführt, dass sich der staatliche Schutzauftrag gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern durch unterschiedliche Gefahrenabwehrmaßnahmen gewährleisten ließe, zu denen der Daueraufzeichnungsmodus nicht zwingend dazugehöre. Bedauerlicherweise benennt die LDA die Gefahrenabwehrmaßnahmen nicht, die in grundrechtlicher Hinsicht milder aber zugleich ebenfalls in gleicher Weise geeignet sein müssten. Im sog. Autotransporterfall gab es diese offenbar nicht. Selbst wenn es diese Maßnahmen im konkreten Einzelfall gibt, sieht § 36a Absatz 4 Satz 1 BbgPolG-E ohnehin vor, dass dann der Betrieb des Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus zu unterbleiben hätte, da dieser zur Zweckerreichung „unerlässlich“ sein muss. Solange demnach mildere Gefahrenabwehrmaßnahmen polizeitaktisch sinnvoll eingesetzt werden können, scheidet der Einsatz der Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus aus.
[…]
E. Zuständigkeiten
Ministerium des Innern und für Kommunales.
Gesetzentwurf für ein 13. Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes
Vom …
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes
Das Gesetz über die Aufgaben, Befugnisse, Organisation und Zuständigkeit der Polizei im Land Brandenburg (Brandenburgisches Polizeigesetz – BbgPolG) vom 19. März 1996 (GVBl.I/96, [Nr. 07], S.74), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom
19. Juni 2019 (GVBl.I/19, [Nr. 35], S.10) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
- In der Angabe zu § 36a werden die Wörter „Anlassbezogene automatisierte Kennzeichenfahndung“ durch die Wörter „Einsatz automatisierter Kennzeichenerfassungssysteme“ ersetzt.
- Nach der Angabe zu § 65 wird folgende Angabe eingefügt:„§ 65a Fixierung von Personen“
- In § 5 Absatz 2 Satz 3 werden die Wörter „§ 1896 Abs. 4 und § 1905“ durch dieWörter „§ 1815 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sowie § 1830“ ersetzt.
- In § 12 Absatz 1 Nummer 4 werden nach den Wörtern „des Behördenleiters“ durch die Wörter “oder der Behördenleiterin oder der jeweiligen Vertretung“ eingefügt.
- In § 21 Absatz 1 Nummer 6 werden die Wörter „Artikel 99 des Schengener Durchführungsübereinkommens“ durch die Wörter „Artikel 36 und 37 der Verordnung (EU) 2018/1862“ ersetzt.
- In § 23 Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „§ 25 Nr. 1“ durch die Wörter „§ 25Absatz 1 Nummer 1“ ersetzt.
- In § 28 Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter „§ 25 Nr. 2“ durch die Wörter „§ 25Absatz 1 Nummer 2“ ersetzt.
- § 28b wird wie folgt geändert:
- In Absatz 4 werden die Wörter „zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle gemäß Artikel 99 des Schengener Durchführungsabkommens“ durch die Wörter „zur verdeckten oder gezielten Kontrolle gemäß Artikel 36 und 37 der Verordnung (EU) 2018/1862“ ersetzt.
- Absatz 5 wird wie folgt gefasst:
„Die Polizei kann eine Datenerhebung nach § 36a Absatz 1 Satz 1 unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 2 vornehmen. Die erhobenen Daten können mit den zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftat gespeicherten Daten automatisch abgeglichen werden. § 36a Absatz 3 und 5, § 33a Absatz 7 Satz 1 und 2 gelten entsprechend.“
- § 31 wird wie folgt geändert:
- In Absatz 2 Satz 5 werden nach den Wörtern „Behördenleiters“ die Wörter“ oder der Behördenleiterin oder der jeweiligen Vertretung“ angefügt.
- Folgender Absatz 3 wird angefügt:„(3) Die Polizei darf im öffentlichen Verkehrsraum zur Verhütung der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe des Satzes 2 Bildaufzeichnungen offen anfertigen und damit auf einer festgelegten Wegstrecke die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs ermitteln (Abschnittskontrolle). Die Bildaufzeichnungen dürfen nur das Kraftfahrzeugkennzeichen, das Kraftfahrzeug und seine Fahrtrichtung sowie Zeit und Ort erfassen; es ist technisch sicherzustellen, dass Insassen nicht zu sehen sind oder sichtbar gemacht werden können. Bei Kraftfahrzeugen, bei denen nach Feststellung der Durchschnittsgeschwindigkeit keine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorliegt, sind die nach Satz 2 erhobenen Daten sofort automatisch zu löschen. Die Abschnittskontrolle ist kenntlich zu machen. Wegstrecken nach Satz 1 sind öffentliche Straßen, auf denen aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass sich dort innerhalb eines übersehbaren Zeitraums weitere Unfälle im Straßenverkehr ereignen werden, für die eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mitursächlich ist.“
- § 33a wird wie folgt geändert:
- In Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d) werden die Wörter„261 Abs. 4 Satz 2 des Strafgesetzbuches“ durch die Wörter„261 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches“ ersetzt.
- In Absatz 4 Satz 1 1. Halbsatz und Absatz 8 Satz 1 werden jeweils nach den Wörtern „Behördenleiter“ die Wörter „oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung“ eingefügt.
- § 33b wird wie folgt geändert:
-
In Absatz 5 Satz 1 sowie Absatz 6 Satz 4 werden jeweils nach dem Wort
„Behördenleiter“ die Wörter „oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung“ eingefügt.
-
Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
„Eine Anordnung nach den Absätzen 5 und 6 verpflichtet jeden, der geschäftsmäßig Telekommunikations- oder Telemediendienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), nach Maßgabe der Regelungen des Telekommunikationsgesetzes und des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes
und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen zur technischen und organisatorischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen der Polizei die Überwachung und Aufzeichnung zu ermöglichen. Der Umfang der Entschädigung bemisst sich nach § 23 und Anlage 3 des Justizvergütungs-und -entschädigungsgesetzes; die Vorschriften in § 2 Absatz 1, 3 und 4 über die Geltendmachung und Verjährung des Anspruchs und über die Verjährung eines Erstattungsanspruchs wegen zu viel gezahlter Vergütung finden entsprechend Anwendung.“
-
- § 33c Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- In Satz 1 werden die Wörter „Bestandsdaten im Sinne der §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes und § 14 des Telemediengesetzes“ durch die Wörter „Bestandsdaten im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes (§ 22 Absatz 1 Satz 1 und § 23 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikation- Telemedien-Datenschutz-Gesetzes) sowie des § 3 Nummer 6 des Telekommunikationsgesetzes und über Daten, die nach § 172 des Telekommunikationsgesetzes gespeichert werden,“ ersetzt.
- In Satz 2 werden die Wörter „§ 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes“ durch die Wörter „§ 174 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes und § 23 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes“ ersetzt.
- § 36 wird wie folgt geändert:
- In Absatz 1 werden nach den Wörtern „sowie Kennzeichen des von ihr benutzten oder eingesetzten Kraftfahrzeuges“ die Wörter „unabhängig von der Antriebsart, Anhänger mit einem Leergewicht von mehr als 750 Kilogramm, Wohnwagen, Wasserfahrzeuge, Container, Luftfahrzeuge, Flugzeugmotoren, amtliche oder gefälschte Blankodokumente, amtliche oder gefälschte Identitätsdokumente und bargeldlose Zahlungsmittel, in den Fahndungssystemen“ eingefügt und die Wörter „in einer Datei“ gestrichen.
- In Absatz 1a werden die Wörter „Artikel 99 des Schengener Durchführungsabkommens“ durch die Wörter „Artikel 36 und 37 der Verordnung (EU) 2018/1862“ ersetzt.
- In Absatz 2 Satz 1 1. Halbsatz werden die Wörter „des ausgeschriebenen Fahrzeugs“ durch die Wörter „der ausgeschriebenen Sache“ und in Nummer 7 die Wörter „des Fahrzeugs“ durch die Wörter „des Antreffens oder Auffindens der Sache ersetzt.
- In Absatz 3 Satz 1 werden nach dem Wort „Behördenleiter“ die Wörter „oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung“ eingefügt.
- Der § 36a BbgPolG wird wie folgt gefasst:
„§ 36a Einsatz automatisierter Kennzeichenerfassungssysteme- Die Polizei kann durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in den Fällen des § 12 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und Nummer 6 Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfassen. Das gilt im Fall des § 12 Absatz 1 Nummer 1 jedoch nur bei einer Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung der Person, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder der Länder sowie nicht unerhebliche Sachwerte.
- Zulässig ist der Abgleich der Kennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen, die erstellt wurden
- über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen,
- die durch Straftaten erlangt oder sonst abhandengekommen sind oder
- hinsichtlich derer auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie bei der Begehung von Straftaten benutzt werden,
- über Personen, die ausgeschrieben sind
- zur polizeilichen Beobachtung, gezielten oder verdeckten Kontrolle,
- aus Gründen der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder Überstellung,
- zum Zweck der Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen,
- wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr,soweit diese Abgleiche auf solche ausgeschriebenen Personen und Sachen beschränkt werden, die für den jeweiligen Zweck der Kennzeichenkontrolle nach Absatz 1 Bedeutung haben können. Wurden polizeiliche Dateien zur Abwehr von im Einzelfall oder im Hinblick auf bestimmte Ereignisse allgemein bestehenden Gefahren errichtet, so ist der Abgleich mit diesen Dateien nur zulässig, wenn dies zur Abwehr einer solchen Gefahr erforderlich ist und diese Gefahr Anlass für die Kennzeichenerfassung war.
- über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen,
- Die Kennzeichenerfassung darf nur punktuell und begrenzt an Orten durchgeführt werden, zu denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Zielperson die betreffenden Kontrollpunkte im öffentlichen Verkehrsraum in absehbarer Zeit passiere wird. Der Datenabgleich hat automatisiert und unverzüglich zu erfolgen. Die nach Absatz 1 erfassten Kennzeichen sind nach Durchführung des Datenabgleichs unverzüglich zu löschen, soweit nicht ein erfasstes Kennzeichen in den abgeglichenen Fahndungsbeständen oder Dateien enthalten ist (Trefferfall). Außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a dürfen Trefferfälle nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden. Abgleiche nach Absatz 2 dürfen nicht protokolliert werden.
- Die Polizei kann die im Falle einer Datenerhebung nach Absatz 1 erfassten Kennzeichen entgegen Absatz 3 Satz 2 vorübergehend speichern, um Abgleiche auch innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Monaten mit einem zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht abschließend feststehenden Abgleichdatenbestand nach Absatz 2 vorzunehmen, wenn
-
aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere aufgrund konkreter Informationen, die auf eine bereits begangene Straftatenserie hindeuten, anzunehmen ist, dass besonders schwere Straftaten fortgesetzt begangen werden sollen und
-
die Kenntnis von der Identität oder dem Aufenthaltsort der potentiellen Straftäterin oder des potentiellen Straftäters oder einer gefährdeten Person zur Abwehr der mit einer Fortsetzung der Straftatenserie verbundenen Gefahr nach Absatz 1 Satz 2 sowie
- zur Erforschung der Identität oder des Aufenthaltsortes der potentiellen Straftäterin oder des potentiellen Straftäters oder einer gefährdeten Person der Abgleich dieser Daten unerlässlich sind.Die nach diesem Absatz in Verbindung mit Absatz 1 erhobenen Daten sind einzelfallbezogen getrennt von Daten nach Absatz 2 zu speichern und bis zur Identifizierung oder Lokalisierung zu keinem anderen Zweck zu nutzen. Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn diese zur Identifizierung oder Lokalisierung nicht mehr erforderlich sind oder sich zeigt, dass mit den angefallenen Daten der Zweck der Maßnahme nicht erreicht werden kann. Soweit der Zweck nach Satz 1 Nummer 3 gefährdet wird, findet Absatz 3 Satz 4 keine Anwendung.
-
- Die Anordnung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 darf außer bei Gefahr im Verzug nur durch den Behördenleiter oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung ergehen. In der schriftlichen Anordnung sind Art, einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme, Adressat sowie die Auswahl der Fahndungsbestände oder Dateien zu bestimmen und die wesentlichen Gründe, einschließlich der zugrundeliegenden polizeilichen Erkenntnisse, anzugeben. Bei einer Anordnung mit bestehender Gefahr im Verzug ist die schriftliche Dokumentation nach Satz 2 unverzüglich nachzuholen.
- Die Anordnung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 4 darf nur durch das Gericht oder bei Gefahr im Verzug durch den Behördenleiter oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung ergehen; in diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Bestätigung einzuholen. Zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk die beantragende Polizeibehörde ihren Sitz hat; § 33a Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen. Eine Verlängerung um einmalig nicht mehr als drei Monate ist zulässig. In der schriftlichen Anordnung sind anzugeben
- Dauer der Maßnahme,
- Ort, Zeitraum und Fahrtrichtung der Datenerhebung im Einzelfall,
- Zeitraum, innerhalb dessen ein Datenabgleich zu erfolgen hat,
- die Kriterien und die diesbezügliche kriminalistische Hypothese, aus denen sich der Abgleichdatensatz zusammensetzen soll,
- die tragenden Erkenntnisse für das Vorliegen der Gefahr nach Absatz 4 Nummer 2 und
- die Begründung für die Unerlässlichkeit der Maßnahme.Die Polizei meldet unverzüglich der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht die Datenverarbeitung. Der oder die Landesbeauftragte kann unter den Voraussetzungen des § 36 Absatz 4 des Brandenburgischen Polizei-, Justizvollzugs- und Maßregelvollzugsdatenschutzgesetz die weitere Datenverarbeitung verbieten, soweit dies zur Einhaltung der mit den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften unerlässlich ist.
- § 33a Absatz 7 Satz 1 und 2 sowie Absatz 9 und § 46 Absatz 5 gelten entsprechend. Daten nach Absatz 4 dürfen nur für andere Zwecke genutzt werden, wenn es sich um solche des potentiellen Straftäters handelt.“
- § 39 Absatz 4 Satz 4 wird wie folgt neu gefasst: „Die Entscheidung über die jeweilige Verlängerung trifft der Behördenleiter oder die Behördenleiterin oder ein Beamter oder eine Beamtin, der oder die von dem Behördenleiter oder der Behördenleiterin dazu beauftragt wurde.“
- In § 46 Absatz 4 Satz 1 werden nach dem Wort „Behördenleiters“ die Wörter„oder der Behördenleiterin oder der jeweiligen Vertretung“ eingefügt.
- In § 47 Absatz 5 Satz 4 wird die Angabe „§ 28“ durch die Angabe „§ 25“ ersetzt.
- Nach § 65 wird folgender § 65a eingefügt:
„§ 65a Fixierung von Personen- Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für Leib oder Leben der betroffenen Person, der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist. Für die Fixierung ist ein Gurtsystem zu verwenden. Die Fixierung darf nur von zu diesem Zweck fortgebildeten Personen durchgeführt werden.
- Die fixierten Personen sind für die Dauer ihrer Fixierung ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu betreuen. Von einer unmittelbaren Anwesenheit der Betreuungsperson in der Gewahrsamszelle, in dem die Fixierung vorgenommen wird, kann vorübergehend abgesehen werden, wenn
- dadurch die begründete Aussicht besteht, auf diese Weise eine schnellere Beendigung der Fixierung erreichen zu können und
- sichergestellt ist, dass ein ständiger Sicht- und Sprechkontakt außerhalb des Fixierungsraums zur fixierten Person besteht.
- Eine nicht nur kurzfristige Fixierung darf nur durch das Gericht oder bei Gefahr im Verzug durch die Polizei angeordnet werden; in diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Bestätigung einzuholen; § 18 gilt entsprechend. Eine Fixierung ist kurzfristig, wenn sie absehbar die Dauer einer halben Stunde unterschreitet. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
- Bei einer Fixierung sind die Anordnung und die dafür maßgeblichen Gründe sowie der Verlauf, die Dauer, die Art der Überwachung und die Beendigung sowie das etwaige Vorliegen der Annahme nach Absatz 2 Satz 2 zu dokumentieren. Nach Beendigung der Fixierung sind die betroffenen Personen unverzüglich auf ihr Recht hinzuweisen, die Rechtmäßigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Unterrichtung nach Satz 2 ist ebenfalls zu dokumentieren.“
- In § 71 Absatz 3 Nummer 3 letzter Halbsatz werden die Wörter “oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung“ angefügt.
- § 77 wird wie folgt geändert:
- In Absatz 1 und 2 wird jeweils das Wort „Polizeivollzugsbeamte“ durch die Wörter „Dienstkräfte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben“ ersetzt.
- In Absatz 3 Satz 1 wird das Wort „Polizeivollzugsbeamten“ durch die Wörter „Dienstkräfte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben“ ersetzt.
Artikel 2 Einschränkung von Grundrechten
Durch Artikel 1 Nummer 17 wird das Grundrecht auf Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 GG, Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg), durch Artikel 1 Nummer 13 das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Absatz 1 GG, Artikel 23 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg), durch Artikel 1 Nummer 3, 7 Buchstabe b, 8, 9 Buchstabe b, 10 Buchstabe a, 11, 12 Buchstabe a, b und d, 13 das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG) sowie auf Datenschutz (Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) und durch Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe a und 11 das Brief-, Post-und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes und Artikel 16 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) und durch Artikel 1 Nummer 9 das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes und Artikel 15 der Verfassung des Landes Brandenburg )eingeschränkt.
Artikel 3 Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich Absatz 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- Artikel 1 Nummer 2 tritt nicht vor dem1. Januar 2023 in Kraft.
Potsdam, den [Datum der Ausfertigung]
Die Präsidentin/Der Präsident des Landtages Brandenburg
[…]
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Bei grenzüberschreitenden Straftatenserien in den Bereichen der Betäubungsmittel-, Eigentums-, Schleuserkriminalität sowie bei laufenden Serien gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr, bei Serienvergewaltigungen und -tötungen im öffentlichen Straßenraum, seriellen Bandendiebstählen bei Reisenden auf Raststätten z. B. durch Einleiten von Gas in das Fahrzeuginnere schlafender Personen oder dem sog. Planenschlitzens ist die Ermittlung der Störer zur Verhinderung der Fortsetzung der Straftatenserie häufig nur über das dabei genutzte Tatmittel, nämlich das vom potentiellen Straftäter genutzte Kraftfahrzeug, möglich.
Im sog. „Autotransporter-Fall“ hat ein Täter über mehrere Monate hinweg im Straßenverkehr auf andere Verkehrsteilnehmer bei laufender Fahrt mit einer Waffe geschossen. Hier bestand eine dauerhafte gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl unbeteiligter Menschen, zu deren Abwehr einzig der Weg über einen Abgleich von Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung mit den diesbezüglichen Tatorten und Tatzeiten möglich war, um den potentiellen Straftäter zu ermitteln und im Anschluss von weiteren Schussabgaben abhalten zu können. Im damaligen Fall wurden u. a. mittels des automatischen Kennzeichenerfassungssystems (KESY) gestützt auf § 100h der Strafprozessordnung aufgezeichnete Daten zu statistischen Auffälligkeiten im Rahmen der kriminalistischen Hypothese ausgewertet, um das tatrelevante Kraftfahrzeugkennzeichen aus der Masse erfasster Fahrzeugbewegungen herauszufiltern.
Die damals zum Einsatz gekommene Art und Weise der automatischen Kennzeichenerfassungssysteme in Form des reinen Erhebens und Speicherns sämtlicher an einem Ort zu einer bestimmten Zeit durchfahrender Fahrzeuge für einen dann zeitlich später stattfindenden Datenabgleich wird mittlerweile als sog. „Aufzeichnungsmodus“ bezeichnet. Demgegenüber sieht der Betrieb des Kennzeichenerfassungssystems im sog. Fahndungsmodus den automatisierten sofortigen Abgleich der erhobenen Daten mit einem zuvor bereits festgelegten Vergleichsdatenbestand vor. Die Polizei verarbeitet im Fahndungsmodus nur erhobene personenbezogene Datensätze weiter, zu denen es im Zuge des sofortigen Abgleichs zu einer Übereinstimmung (sog. Trefferfälle) mit Daten aus dem Vergleichsdatenbestand kam.
Das Brandenburgische Polizeigesetz ließ mit dem § 36a BbgPolG a. F. bislang den Einsatz der KESY-Technik nur im sog. Fahndungsmodus zu. Danach sind die Daten unverzüglich mit einem bestimmten Vergleichsdatenbestand abzugleichen und alle Fälle an „Nichttreffern“ sofort wieder zu löschen.
Im sog. „Autotransporter-Fall“ ist der Fahndungsmodus (§ 36a BbgPolG a. F. oder § 163g StPO) zur Identifizierung eines Fahrzeuges des Störers nicht geeignet. Dieses muss bereits bekannt sein, um es im Vergleichsdatenbestand zuvor einstellen zu können.
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 37, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2021 Blatt 2099), wurde in der Strafprozessordnung (StPO) mit dem § 163g StPO eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz der Kennzeichenerfassungssysteme (KESY) zu strafprozessualen Zwecken geschaffen. Die bis dahin bestehende strafprozessuale Ermittlungspraxis gestützt auf § 100h StPO unter Einsatz der Technik im sog. Aufzeichnungsmodus war daher spätestens zu diesem Zeitpunkt mangels Rechtsgrundlage aufzugeben. Die Möglichkeiten zur Beendigung von Straftatenserien sind dadurch für die Polizei des Landes Brandenburg erheblich reduziert worden.
Es steht zu erwarten, dass grenzüberschreitend agierende Banden nun wieder verstärkt auch im Land Brandenburg Straftaten begehen werden, soweit die strafprozessualen Ermittlungsmöglichkeiten eingeschränkt wurden.
Angesichts der langjährigen Praxis der Kennzeichenerfassung in Deutschland und speziell im Land Brandenburg sowie im Ergebnis des Beschlusses des LG Frankfurt (Oder) vom 22. Juli 2022 (Az. 22 Os 40/19), wonach es zur Durchführung der automatischen Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus repressiv wie präventiv eines formellen Gesetzes bedarf (LG Frankfurt (Oder) Beschl. v. 22.7.2022 – 22 Os 40/19, BeckRS 2022, 19483 Rn. 83), scheidet ein vorübergehender Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel in ihrer Auffangfunktion aus. Damit fehlt der Polizei jegliche Möglichkeit, künftig in einem dem sog. „Autotransporter-Fall“ (BT Drs. 17/14794) vergleichbaren Sachverhalt zeitnah den Störer zu ermitteln und an der weiteren Tatbegehung zu hindern. Ein erst dann einsetzendes Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung der dazu notwendigen Befugnis im Brandenburgischen Polizeigesetz würde dem Störer mehrere Monate einräumen, in denen er weiter Rechtsgüter anderer Personen schädigen könnte.
Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Fähigkeit des Staates, seinem Schutzauftrag aus Artikel 2 Absatz 2 GG nachkommen zu können, würde daher erheblich gestört, wenn der Staat in Kenntnis einer diesbezüglich nun für die Abwehr schwerwiegender Gefahren einsatztaktisch unzureichenden Rechtslage erst den Eintritt eines erneuten konkreten Anlasses (z. B. ein Nachahmungstäter zum sog. „Autotransporter-Fall oder ein Serienvergewaltiger“) abwarten würde.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1977 im Rahmen eines laufenden Entführungsfalles festgehalten, dass Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 GG den Staat verpflichtet, jedes menschliche Leben zu schützen. Diese Schutzpflicht sei umfassend. Sie gebiete dem Staat, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen; das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. An diesem Gebot haben sich alle staatlichen Organe, je nach ihren besonderen Aufgaben, auszurichten. Da das menschliche Leben einen Höchstwert darstellt, müsse diese Schutzverpflichtung besonders ernst genommen werden (BVerfGE 46, 160 ff, [164], (16.10.1977 – 1 BvQ 5/77).
Mit Anpassung des § 36a BbgPolG wird dieser Schutzpflicht, soweit künftige Einsatzszenarien bereits als grundsätzlich möglich einzuschätzen sind, rechtzeitig nachgekommen und die entstandene Fähigkeitslücke wieder geschlossen werden.
Die Gesetzesänderung ist im Weiteren auch notwendig, weil die Verkehrsunfallentwicklung in Brandenburg weiterhin Anlass zur Besorgnis gibt. Hauptursache bei schweren Verkehrsunfällen ist nach wie vor überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit. Dieser Entwicklung gilt es nicht durch eine Intensivierung der Kontrollen unter Ausnutzung sämtlicher Ressourcen (vgl. Landtags-Drucksache BB
6/9821 Seite 41) zu begegnen, sondern diesbezüglich auch die aktuellen Erkenntnisse und technischen Möglichkeiten für eine moderne Verkehrsüberwachung in der Verkehrsüberwachungspraxis zu überführen. Voraussetzung dafür ist zunächst eine geeignete Ermächtigungsgrundlage zur Abschnittskontrolle. Mit Anfügung des neuen Absatzes 3 in § 31 BbgPolG werden die polizeilichen Möglichkeiten der gefahrenabwehrenden Überwachung des Straßenverkehrs mit dem Ziel, die Sicherheit im Straßenverkehr durch rechtzeitige Verhinderung von Geschwindigkeitsverstößen somit entsprechend erweitert.
Weitere Änderungen dienen der Rechtsklarheit bei der Anwendung von Außenverweisungen im Polizeigesetz. Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327) des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) und des Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien vom 23. Juni 2021 (BGBI. I. S. 1982) sowie des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) war eine Anpassung nötig.
Darüber hinaus dient die Änderung der Umsetzung der Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2018 – 2 BvR 309/15 zur Fixierung von Personen im Polizeigesetz.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
Die Bezeichnung des § 36a wird in der Inhaltsübersicht entsprechend der Änderungen zu Nummer 11 angepasst.
Zu Nummer 2 (§ 5)
Bei der Änderung in Absatz 2 Satz 3 handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung der Verweisung in das Bürgerliche Gesetzbuch. Die bislang in den §§ 1896 Absatz 4 und 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) benannten Aufgabekreise finden sich aufgrund des Artikels 1 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) ab dem 1. Januar 2023 (Artikel 16 Absatz 1 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts) in den § 1815 Absatz 2 Nummer 5 und 6 und § 1830 BGB.
Zu Nummer 3 (§ 12)
Es handelt sich um redaktionelle Klarstellungen.
Zu Nummer 4 (§ 21)
Der Verweis in Absatz 4 auf Artikel 99 des Schengener Durchführungsübereinkommens ist zunächst durch Artikel 36 des Beschlusses 2007/533/JI abgelöst worden. Dieser ist nun durch die Artikel 36 und 37 der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission ersetzt worden. Aus Gründen der Rechtsklarheit war daher die Angabe durch die aktuelle Nachfolgereglung zu ersetzen gewesen.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Nummer 12 verwiesen.
Zu den Nummer 5 und 6 (§§ 23, 28)
Es handelt sich um redaktionelle Klarstellungen.
Zu Nummer 7 (§ 28b)
Zu Buchstabe a
Es wird auf die Ausführungen zu Nummer 4 verwiesen.
Zu Buchstabe b
Die Anpassung des § 28b Absatz 5 ist aufgrund der Änderung zu Nummer 12 erforderlich. § 28b Absatz 5 Satz 1 regelt nicht ausreichend bestimmt, welche Daten von der Erhebung umfasst sind. Die Zusammenschau mit der Neufassung des § 36a Absatz 1 Satz 1 würde künftig zur Folge haben, dass ohne die Anpassung allein das Kennzeichen als bestimmte Nummer- und Zahlenfolge erfasst werden könnte. Mit der Bezugnahme auf die „Datenerhebung nach § 36a Absatz 1 Satz 1“ wird der notwendige Gleichlauf zum Umfang der Daten (Ort, Zeit, Fahrtrichtung), die erhoben werden können, wiederhergestellt.
§ 28b Absatz 5 wurde 2019 im Zuge der 12. Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes eingeführt. Der historische Gesetzgeber wollte die KESY-Technik zur Überwachung derjenigen betroffenen Personen nutzbar machen, bei denen die Voraussetzungen nach § 28b Absatz 3 Satz 2 erfüllt sind (BB LT-Drs. 6/9821 Seite 17). Daher sollten als Abgleichdatensätze auch die Daten genutzt werden, die im Zuge einer Maßnahme nach § 28b Absatz 4 gespeichert werden (zur Zulässigkeit als Mittel der pol. Beobachtung vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018, – 1 BvR 142/15 -. Rn. 166).
Diese Daten sind in den Fahndungsbeständen nach § 36a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchst. a. enthalten, sodass diese nun entsprechend der damaligen Intention weiterhin mit dem Verweis in Satz 2 auf Absatz 2 nutzbar sind. Soweit ein Abgleich mit anderen Daten, die zur vorbeugenden Bekämpfung der konkret drohenden Straftat i. S. d. § 28a Absatz 1 gespeichert wurden, bislang über § 36a Absatz 2 BbgPolG a. F. geregelt war, wird dieses Ziel durch den Verweis auf die definierten Datenbestände nach § 36 Absatz 2 Satz 1 ebenfalls erreicht. Der Satz 2 schränkt dabei die Abwendbarkeit der in § 36a Absatz 2 Satz 1 benannten Fahn-dungsdateien auf solche ein, die zur vorbeugenden Bekämpfung „dieser Straftat“ zuvor erhoben wurden. Damit ist zu beachten, dass nur solche Datensätze aus den verbrechensverhütenden Fahndungsbeständen in den konkret zu bildenden Abgleichdatensatz nach § 36a Absatz 2 Satz 1 einbezogen werden können, die zur vorbeugenden Bekämpfung dieser prognostizierten Straftat zuvor darin gespeichert wurden.
Die mit dem Verweis auf § 36a Absatz 3 und 5 BbgPolG verbundenen weiteren Beschränkungen, insbesondere zur Löschpflicht, zur Zweckbindung, zum Verbot des flächendeckenden Technikeinsatzes, zur Anordnungsbefugnis und zur Dokumentationspflicht entsprechen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15) und werden mit dem Verweis in Absatz 5 Satz 2 auch auf den Einsatz der Kennzeichenerfassung zur Abwehr von Gefahren des Terrorismus übertragen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Nummer 11 verwiesen. Mit dem Verweis auf
§ 33a Absatz 7 Satz 1 und 2 BbgPolG wird sichergestellt, dass die Daten zu kennzeichnen sind und im Weiteren einer engen Zweckbindung unterliegen. Die Trefferdaten können danach nur zur Verfolgung von Straftaten nach § 28a Absatz 1 genutzt werden. Die Unterrichtungspflicht gelten weiterhin § 29 Absatz 7 und 8 BbgPolG.
Zu Nummer 8 (§ 31)
Zu Buchstabe a
Die Änderung ist im Wesentlichen redaktioneller Natur und erzeugt den notwendigen Gleichklang zu § 28c Absatz 3 Satz 1.
Darüber hinaus wird die Anordnungsbefugnis auch auf den jeweiligen Vertreter erweitert, sodass eine durchgängige Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Polizei auch dann gewährleistet bleibt, wenn der Behördenleiter oder die Behördenleiterin nicht erreicht werden können.
Zu Buchstabe b
Mit dem neuen Absatz 3 wird für die Polizei (Polizeipräsidium und Zentraldienst der Polizei) eine Rechtsgrundlage eingeführt, um mittels Abschnittskontrollen die Geschwindigkeit von Kraftfahrzeugen zu überwachen. Die Maßnahme der Abschnittskontrolle im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung (§ 78 Absatz 2 BbgPolG) dient der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit – angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens und der erheblichen Zahl von Verkehrsübertretungen – dem Schutz von Rechtsgütern mit ausreichendem Gewicht. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs steht auch im Zusammenhang mit dem aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben.
Der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag (VGT) hat bereits 2009 festgestellt, dass die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nachweislich einen erheblichen Einfluss auf die Reduktion von Unfallhäufigkeit und –schwere hat und für Strecken mit schweren, geschwindigkeitsbedingten Unfällen die punktuelle Überwachung nur bedingt geeignet ist. Dort sollten streckenbezogene Überwachungsformen gewählt werden. Ein wesentlicher Vorteil einer Geschwindigkeitsmessung durch Abschnittskontrolle besteht darin, dass mit ihrem Einsatz gefährliche Bremsungen wie vor herkömmlichen Einrichtungen der Geschwindigkeitsüberwachung vermieden werden können. Die Technik „Section Control“ kann diesem Bedarf zur Abschnittskontrolle Rechnung tragen.
Durch die Landesregierung Brandenburg wurde die Technik „Section Control“ als Mittel zur Abschnittskontrolle bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage (LT-Drs. 4/7511 vom 28.04.2009) als geeignet bewertet, die Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit der Ursache Geschwindigkeit zu erhöhen. Auch im Verkehrssicherheitsprogramm der Landesregierung wurde festgeschrieben, den Einsatz der Technik „Section Control“ als Verkehrsüberwachungsmaßnahme auf Autobahnen zu unterstützen.
Der Bundesgesetzgeber hat diesbezüglich von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht (Artikel 74 Absatz 1 Nummer 22 GG) in Bezug auf die Verkehrsüberwachung nicht abschließend Gebrauch gemacht, sodass der Landesgesetzgeber ergänzend tätig werden kann (vgl. zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder zur Einführung der Abschnittskontrolle: BVerwG, Beschluss vom 31.7.2020 – 3 B 4/20, NJW 2020, Seite 3401 ff, [3402]).
Die Besonderheit bei dieser Form der Verkehrsüberwachung mittels Abschnittskontrollen besteht darin, dass auf einer bestimmten Wegstrecke die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs gemessen wird. Liegt diese oberhalb der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit, wird, wie bei sonstigen Messtechniken auch, eine Bildaufnahme des Kennzeichens und des Fahrers mittels einer Front- und Heckkamera gefertigt und der Verstoß dadurch dokumentiert. Um die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen zu können, ist es erforderlich, im Einfahrquerschnitt des vorher definierten Streckenabschnitts das Heck eines jeden Fahrzeugs, das in diesen Streckenabschnitt einfährt, durch zwei Laserscanner zu erfassen. Gleichzeitig wird durch eine Fotokamera eine Heckaufnahme des Kraftfahrzeugs angefertigt. Um die Erkennbarkeit von Fahrzeuginsassen von vornherein auszuschließen, werden die Heckaufnahmen nicht aus paralleler Höhe zum Fahrzeug, sondern mit größerem Neigungswinkel aus erhöhter Position gefertigt. Am Ende des zuvor definierten Streckenabschnitts erfolgt eine weitere Heckaufnahme nach diesem Verfahren. Für diese Datenerhebungen, die in Ermangelung eines Anfangsverdachts nicht auf die Rechtsgrundlage des § 100h Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StPO in Verbindung mit § 46 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) gestützt werden können, bedarf es einer Rechtsgrundlage im Polizeigesetz, die mit dem neuen Absatz 3 geschaffen werden soll. Im Gegensatz dazu ist § 100h Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StPO in Verbindung mit § 46 Absatz 1 OWiG für die letzte, die dritte, Bildaufnahme des Kennzeichens und des Fahrers mittels einer Front- und Heckkamera die einschlägige Rechtsgrundlage, sodass es dafür keiner Regelung im Gefahrenabwehrrecht bedarf. In Satz 2 sind die Daten genannt, die durch das technische Mittel erfasst werden dürfen, wobei eine Erkennbarkeit von Fahrzeuginsassen ausgeschlossen sein muss (Satz 2 2. Halbsatz). Satz 3 sieht vor, dass die Daten der Kraftfahrzeuge, bei denen nach der Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit keine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorliegt, unverzüglich automatisch zu löschen sind. Nur die Daten derjenigen Kraftfahrzeuge, bei denen eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt wurde, dürfen unter Beachtung einer strengen Zweckbindung weiterverwendet werden. Auch diese Datenerhebung muss nach Satz 4 kenntlich gemacht werden.
Satz 5 enthält eine Definition des Begriffs „Wegstrecke“ im Sinne des Satzes 1. Darunter fallen öffentliche Straßen, auf denen aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass sich dort innerhalb eines übersehbaren Zeitraums weitere Unfälle im Straßenverkehr ereignen werden, für die eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit ursächlich ist. Mit dem Wort „Lageerkenntnissen“ sind die polizeilichen Verkehrsunfalldaten beschrieben. Anhand der stetigen Auswertung von Verkehrsunfällen zu den Unfallursachen ist es möglich, Straßenabschnitten zu identifizieren, auf denen es vermehrt zu Unfällen mit Personenschaden gekommen ist und bei denen eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zumindest mitursächlich gewesen ist. Der „übersehbare Zeitraum“ kann auch mehrere Jahre umfassen. Die Begriffskombination „Unfälle im Straßenverkehr“ entspricht dem Verständnis desselben Begriffs in § 142 Strafgesetzbuch (StGB). Darunter ist ein plötzliches Ereignis im öffentlichen Verkehr zu verstehen, das mit dessen Gefahren in ursächlichem Zusammenhang steht und zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt (vgl. dazu BeckOK StGB/Kudlich, 55. Ed. 1.11.2022, StGB § 142 Rn. 4 m. w. nachw.).
Mit der Formulierung „weitere Unfälle“ wird deutlich, dass sich die Lageerkenntnisse auf Verkehrsunfalldaten beziehen müssen und somit rein bauliche Aspekte in Verbindung mit allgemeinen Erfahrungswissen zu vergleichbaren unfallträchtigen Straßenführungen nicht ausreichen um von vornherein den Technikeinsatz vorsehen zu können. Damit ist zugleich verhindert, dass die Technik zur allgemeinen Verkehrsüberwachung flächendeckend eingesetzt werden könnte.
Die datenschutzrechtlichen Vorgaben des Brandenburgischen Polizei-, Justizvollzugs- und Maßregelvollzugsdatenschutzgesetzes (BbgPJMDSG) sind beim Einsatz eines entsprechenden Systems einschlägig. Technisch ist unter anderem sicherzustellen, dass ein Zugriff auf Daten während der Messung ausgeschlossen ist.
Zu Nummer 9 (§ 33a)
Zu Buchstabe a
Bei der Änderung in Absatz 1 Satz 1 handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung der Verweisung in das Strafgesetzbuch. Der bislang in § 261 Absatz 4 Satz 2 StGB beschriebene besonders schwere Fall der Geldwäsche findet sich aufgrund der mit dem Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327) verbundenen Novellierung der Strafnorm nun in § 261 Absatz 5 Satz 2 StGB.
Zu Buchstabe b
Es wird auf die Begründung zu Nummer 8 Buchstabe a verwiesen.
Zu Nummer 10 (§ 33b)
Zu Buchstabe a
Es wird auf die Begründung zu Nummer 8 Buchstabe a verwiesen.
Zu Buchstabe b
Mit Artikel 3 des Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien vom 23. Juni 2021 (BGBI. I. S. 1982) wird der Abschnitt 5 des Telemediengesetzes aufgehoben. Der Verweis in § 33b Absatz 7 auf das Telemediengesetz war daher auf die Nachfolgeregelung des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz hin anzupassen (Satz 1). Sowohl das Telekommunikations- als auch das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz sehen keine gesonderten Entschädigungsregelungen für Auskunftserteilungen an die Polizei vor. Daher war die bisherige Vorrangregelung zu streichen und stattdessen die Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) zur Frage des Umfangs und des Untergangs von Vergütungsansprüchen klarer zu regeln (Satz 2).
Der Halbsatz 2 des Satzes 2 verweist auf die Regelungen in § 2 Absatz 1, 3 und 4 des JVEG. Danach erlischt der Anspruch auf Vergütung, wenn er nicht binnen drei Monaten nach Abschluss der Maßnahme geltend gemacht wurde (§ 2 Absatz 1 JVEG). Die Klarstellung erfolgte zuletzt bereits für das Bundespolizeigesetz mit Artikel 6 Nummer 2 des Gesetzes zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020 vom 30. März 2021(BGBl. I S. 448).
Die Regelungen des § 2 JVEG haben in Absatz 1 das Erlöschen und in Absatz 3 die Verjährung des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs des Berechtigten zum Inhalt. Demgegenüber regelt § 2 Absatz 4 JVEG die Verjährung des Anspruchs (des Zahlungspflichtigen) auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütungen zum Gegenstand.
Zu Nummer 11 (§ 33c)
Die Anpassungen in § 33c Absatz 1 sind im Wesentlichen redaktioneller Natur. Sie betreffen in Bezug genommene Regelungen im Telekommunikations- und Telemediengesetz. Diese Bezugsnormen haben sich aufgrund des Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien vom 23. Juni 2021 (BGBI. I. S. 1982) zum 1. Dezember 2021 geändert. Der Gesetzestext war daher aus Gründen der Rechtsklarheit anzupassen.
Zu Nummer 12 (§ 36)
Zu Buchstabe a
Aus Gründen der Rechtsklarheit erfolgt zum einen eine Anpassung in Absatz 1 dahingehend, dass nun auch ausdrücklich neben Kraftfahrzeugen unabhängig von der Antriebsart auch Anhänger mit einem Leergewicht von mehr als 750 Kilogramm, Wohnwagen, Wasserfahrzeuge, Container, Luftfahrzeuge, Flugzeugmotoren, amtliche oder gefälschte Blankodokumente, amtliche oder gefälschte Identitätsdokumente und bargeldlose Zahlungsmittel, in den ausgeschrieben werden können. Im Gegensatz zu Nachfolgeregelung des Artikel 36 des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007, der gemäß Artikel 1 des Gesetzes zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS-II-Gesetz) v. 6.6.2009 (BGBl. I 1226) unmittelbar galt, wurden von Artikel 99 des SDÜ noch keine Luft- und Wasserfahrzeuge sowie Container erfasst. Die aktuelle Aufzählung an Sachfahndungskategorien ist noch detaillierter und übernimmt die zusätzlichen Inhalte des Artikels 36 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1862. Die Verordnung gilt unmittelbar. Eine Regelungsänderung ist mit der Anpassung nicht verbunden. In § 36 BbgPolG a.F. waren diese Angaben auch bislang bereits aufgrund der offenen Aufzählung („insbesondere“) im Auslegungswege miterfasst.
Zu Buchstabe b
Es wird auf die Ausführungen zu Nummer 4 verwiesen.
Zu Buchstabe c
In Absatz 2 ist korrespondierend zur erfolgten Anpassung in Absatz 1 die bisherige Angabe im 1. Halbsatz angepasst. Anstelle der Begriffskombination „ausgeschriebenen Fahrzeugs“, worunter keine Container, Flugzeugmotoren sowie Dokumente oder Zahlungsmittel fallen, wird nun auf das Antreffen oder Auffinden der „ausgeschriebenen Sache“ abgestellt. Darunter fallen neben Fahrzeugen (z.B. Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge) auch Anhängers Flugzeugmotoren, amtliche oder gefälschten Blankodokumente, amtliche oder gefälschte Identitätsdokumente, bargeldlose Zahlungsmittel oder Container. Entsprechend dieser Anpassung nun auf ausgeschrieben Sachen hin angepasst. In der Konsequenz erfolgt auch eine entsprechende Anpassung in Absatz 2 Nummer 7, sodass nun auch die Umstände des Antreffens oder Auffindens der ausgeschriebenen Sache und nicht nur das Antreffen des Fahrtzeuges erhoben und übermittelt werden können.
Zu Buchstabe d
Es handelt sich um eine redaktionelle Klarstellung.
Zu Nummer 13 (§ 36a)
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 die verfassungsrechtlichen Grenzen zum gefahrenabwehrenden Einsatz der KESY-Technik geprüft. Ein Abgleich der danach vom Bundesverfassungsgericht bereits als zulässig erkannten Einsatzmöglichkeiten mit den Möglichkeiten nach § 36a BbgPolG a. F. hat gezeigt, dass diese Technik im Land Bandenburg zur Abwehr von Gefahren für bedeutenden Rechtsgüter in verfassungsrechtlich zulässiger Weise effektiver genutzt werden kann. Mit der Neufassung wird dieses Ziel erreicht.
Da der Einsatz von KESY im Aufzeichnungsmodus nur als letztes Mittel in Betracht kommen kann, sind zuvor sämtliche andere Verwendungsalternativen der Technik im Fahndungsmodus, die zumindest in Teilen derselben Zielstellung, die dem Aufzeichnungsmodus zu Grunde liegt, dienlich sein können, zunächst rechtlich zu erschließen. Damit ist der Einsatz der automatisierten Kennzeichenlesegeräte insgesamt verhältnismäßig ausgestaltet.
Mit Neufassung des § 36a Absatz 1 BbgPolG werden daher die Vorschriften über den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerfassungssysteme (KESY) an die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 und seinem Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 aufgestellten allgemein zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grundsätze angepasst und aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit dieser Technik in ihrem Anwendungsbereich im Fahndungsmodus auf das vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtlich zulässige Maß ausgedehnt. Darüber hinaus wird unter engen Voraussetzungen zur Gefahrenabwehr der Einsatz von Kennzeichenerfassungssystemen im sog. „Aufzeichnungsmodus“ zugelassen. Da die Norm nun den Einsatz des Kennzeichenerfassungssystems sowohl zur Fahndung als auch zu Ermittlungszwecken vorsieht, ist die Überschrift entsprechend anzupassen.
Absätze 1 und 2
In Absatz 1 wird künftig der Einsatz der KESY-Technik, d. h. die verdeckte Datenerhebung und in Absatz 2 deren anschließender automatisierter Datenabgleich und mit einer zweckgebundenen Auswahl an Vergleichsdaten aus den dort benannten Fahndungsbeständen und im Trefferfall die anschließende Speicherung; mithin weiterhin der sog. Fahndungsmodus geregelt. Die Struktur der Absätze folgt der gebotenen Differenzierung zwischen den mit dem Technikeinsatz in seinen einzelnen Verarbeitungsschritten, nämlich der Erhebung, Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten (vgl. zur gebotenen Unterscheidung dieser Schritte: BVerfG, Beschl. vom 18.12.2018, 1 BvR 142/15 – Rn. 15). In Absatz 1 wird die Datenerhebung und in Absatz 2 (bzw. Absatz 4) die Nutzung in Form des Abgleichs sowie die anschließende Speicherung von Trefferfällen geregelt.
Beibehalten wird, dass die Regelung keine Vorgaben dazu enthält, ob die Kennzeichenlesegeräte mobil oder statisch und ob sie dauerhaft oder zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Damit bleibt die Entscheidung hierzu – wie bisher auch – im Ermessen der Polizei Im Ermessen bleibt auch die Entscheidung, die Datenerhebung nicht verdeckt, sondern stattdessen offen durchzuführen. Das Ermessen ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben, sodass unter anderem für die Abwehr von bestimmten einzelnen Gefahren eine dauerhafte Einrichtung einer Kennzeichenkontrolle von vornherein nicht in Betracht kommen wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bislang weder unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit noch in der Sache beanstandet (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 116).
Im Zuge der Änderung wurden zunächst die Inhalte der Datenerhebung weiter konkretisiert. Nach dem bisherigen Wortlaut war als zu erhebende Information mit der Begriffskombination „Kennzeichen von Fahrzeugen“ lediglich die Ziffern- und Zeichenfolge des Kennzeichens genannt. Dem mit der automatisierten Kennzeichenerkennung verfolgten Zwecken entsprechend ist jedoch auch die Erhebung von Ort, Datum und Uhrzeit der Erfassung sowie Fahrtrichtung des Kraftfahrzeuges erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Regelung ausdrücklich festgelegt werden muss, welche Daten erhoben werden dürfen (BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn 157 ff.). Daher wurde die Regelung ergänzt. Die Erhebung darüberhinausgehender Informationen, z. B. Einzelheiten über die Insassen eines Fahrzeuges, bleibt somit weiterhin ausgeschlossen.
Ein Kernpunkt der Änderungen des bisherigen § 36a Absatz 1 BbgPolG a. F. in den Absätzen 1 und 2 ist eine Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten des Fahndungsmodus.
Absatz 1
Bislang war der Einsatz der KESY-Technik in der bisherigen Variante 1 nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person zulässig (§ 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BbgPolG a. F.). Dabei setzt eine gegenwärtige Gefahr eine besondere Nähe der Gefahrenverwirklichung und ein gesteigertes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus (vgl. Rachor/Graulich in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage, 2018, Abschnitt E,
Rn. 646), sodass in der Praxis die Einsatzmöglichkeiten nur im Kontext eines vorzubereitenden unmittelbaren Zugriffs sinnvoll war und entsprechende Erkenntnisse im Vorstadium der Gegenwärtigkeit nicht für die Gefahrenabwehr gewonnen werden konnten. Dadurch verengten sich zugleich mögliche einsatztaktische Optionen bei der Auswahl des geeigneten Mittels zur endgültigen Gefahrenabwehr. Gemäß § 36a Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 1 ist nun der Technikeinsatz nicht erst bei einer gegenwärtigen Gefahr, sondern bereits zur Abwehr einer konkreten Gefahr zulässig. Dabei kann sich die Gefahr künftig nicht nur auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 104), auch auf sonstige Rechtsgüter von erheblichem Gewicht wie die Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung der Person, der Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder sowie nicht unerhebliche Sachwerte erstrecken. Unter nicht unerheblichen Sachwerten fallen dabei Eigentümerpositionen, deren Gefährdung und Beschädigung im Hinblick auf deren Wert (typisch hochwertige Fahrzeuge, Baumaschinen, landwirtschaftliche Maschinen) aber auch mit Blick auf deren besondere Bedeutung in z. B historischer oder kultureller Sicht nicht als Bagatelle anzusehen sind.
Die diesbezügliche Regelung zum Datenabgleich nach Absatz 2 Satz 1 stellt ausdrücklich klar, dass die einzubeziehenden Fahndungsbestände auf solche ausgeschriebenen Personen und Sachen beschränkt werden, die für den jeweiligen Zweck der Kennzeichenkontrolle Bedeutung haben können, sodass die Verhältnismäßigkeit der Regelung insgesamt sichergestellt bleibt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 108).
Der Wegfall des Erfordernisses einer gegenwärtigen Gefahr erstreckt sich dabei auch auf die weiteren Fallkonstellationen des § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BbgPolG a. F., indem nun bereits bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 eine Datenerhebung mittel KESY-Technik zulässig ist, soweit diesbezügliche Tatsachen bzw. Lageerkenntnisse die Annahme einer entsprechenden Gefahr zulassen. Die Formulierung „in den Fällen des § 12 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und Nummer 6“ macht deutlich, dass die in § 12 Absatz 1 BbgPolG beschriebenen Eingriffsschwellen jeweils erfüllt sein müssen. In Kombination mit dem Ausschluss eines flächendeckenden Einsatzes der Technik (Absatz 3 Satz 1) gewährleistet die Beschränkung, dass diese Erweiterungen insgesamt verhältnismäßig bleiben (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 114).
Das mit den bisherigen Beschränkungen des Einsatzes der KESY-Technik auf „gegenwärtige Gefahren“ (§ 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 BbgPolG a. F.) oder „unmittelbar bevorstehende Straftaten“ (§ 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BbgPolG a. F.) verfolgte Ziel des damaligen Gesetzgebers wird weiter erreicht. So sollten diese Vorgaben bei Einführung des § 36a BbgPolG a. F. im Jahr 2006 sicherstellen, dass diese Maßnahme nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgt und sie nicht flächendeckend und routinemäßig zum präventivpolizeilichen Datenabgleich, als sog. Vorratsdatenspeicherung, genutzt wird (vgl. BB LT-Drs. 4/3508 Seite 43). Mit dem Verbot zum flächendeckenden Einsatz (Absatz 3 Satz 1) sowie dem Erfordernis einer konkreten Gefahr bzw. eines konkreten Gefahrenverdachts wird die Zielgerichtetheit weiter garantiert (Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6). Aufgrund der Beschränkung hinsichtlich der Inhalte der Abgleichdatei (Absatz 2) einerseits sowie der Pflicht zum unverzüglichen automatisierten Abgleich (Absatz 3 Satz 2) anderseits besteht auch nicht die Gefahr einer Datenbevorratung zu noch unbestimmten präventivpolizeilichen Zwecken.
Hierzu im Einzelnen:
Nach § 36a Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 2 ist die Kennzeichenkontrolle an Orten, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben, sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen oder sich dort gesuchte Straftäter verbergen (sog. gefährliche Orte), ohne dass eine gegenwärtige Gefahr (vgl. § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BbgPolG a. F.) gefordert ist, zulässig. Anwendungsbereiche sind hierfür beispielsweise das Umfeld von Einkaufszentren, Geschäften, Geldinstituten und anderen Örtlichkeiten im Zusammenhang mit Überfallserien (vgl. BB LT-Drs. 4/3508 Seite 43). Diese Vorschrift soll zur Sicherheit an diesen Orten beitragen und zugleich verhindern, dass sie zum schutzbietenden Ausgangspunkt für die Verübung von Straftaten werden. Das Ziel, der Gefahr entgegenzuwirken, dass solche Orte zum Sammelpunkt von Straftätern und Personen ohne Aufenthaltsrecht werden, knüpft – unabhängig von dem Einzelgewicht der Rechtsverstöße – an ein strukturell erhöhtes Gefährdungspotential an und dient damit einem öffentlichen Interesse von erheblichem Gewicht.
Die Regelung knüpft dabei nicht an eine bloß abstrakte Gefährlichkeit bestimmter Orte an, sondern begrenzt die Kontrollen auf Orte, für die „Tatsachen“ die Annahme rechtfertigen, dass sie von den in der Vorschrift genannten Personen maßgeblich frequentiert werden. Damit muss es sich um Orte handeln, für die in diesem Sinne konkrete Erkenntnisse der Polizei vorliegen. Das gilt auch für die nähere Bestimmung der jeweils tatsächlichen Durchführung einer Kontrolle. Diese ist nicht etwa beliebig im weiteren Umfeld dieser Orte erlaubt, sondern nur dort, wo die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen tatsächlich unmittelbar erfüllt sind. Diesbezüglich hat das Bundesverfassungsgericht zu Vergleichsregelung des Artikel 39 Bay. PAG keine durchgreifenden Bedenken festgestellt (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 119 und 122). Bei der dafür zu erstellenden Abgleichdatei nach Absatz 2 wird die Auswahl der Fahndungsbestände strikt darauf beschränkt bleiben, solche Personen oder Sachen aufzufinden, hinsichtlich derer jeweils Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie an den betreffenden Orten gerade unter den in der Vorschrift genannten Gesichtspunkten anzutreffen sind. Fahndungsbestände, denen für die Erreichung des in § 12 Absatz 1 Nummer 2 BbgPolG gesetzten Zwecks keine erhebliche Bedeutung zukommt, werden in die Abgleichdatei nicht aufgenommen werden können (Absatz 2 Satz 1).
Der Einsatz der KESY-Technik ist nun auch an sog. „gefährdeten Orten“ ohne die bislang nach § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BbgPolG a. F. geforderte Voraussetzung einer gegenwärtigen Gefahr möglich (§ 36a Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 3). Es reicht ein konkreter Gefahrenverdacht. Die Vorschrift erlaubt Kennzeichenkontrollen in unmittelbarer Nähe zu Verkehrs- oder Versorgungsanlagen oder -einrichtungen oder einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäuden oder anderen besonders gefährdeten Objekten. Beispiele sind Flughäfen, Bahnhöfe, militärische Einrichtungen, Kraftwerke oder sonstige gefährdete Objekte, wie Konsulate ausländischer Staaten, Parteibüros, jüdische Einrichtungen und Orte anderer Glaubensrichtungen, die auf Grund der aktuellen Gefährdungseinschätzung besonderen Schutzes bedürfen. Sie zielt damit auf einen Schutz sowohl dieser Objekte selbst und ihrer Funktion für das öffentliche Leben sowie der in ihnen befindlichen Personen ab. Dies sind Schutzgüter von zumindest erheblichem Gewicht (vgl. BVerfG a.a.O. 124). Die diesbezügliche Eingriffsschwelle eines konkreten Gefahrenverdachts ergibt sich aus der Voraussetzung des § 12 Absatz 1 Nummer 3, wonach (konkrete) Tatsachen die Annahme zum Bestehen einer entsprechenden Gefährdung rechtfertigen müssen. und. Dies gewährleistet unter Berücksichtigung, dass die Abgleichdatei auf den Schutz dieser erheblichen Rechtsgüter beschränkt bleibt (Absatz 2 Satz 1), insgesamt die Verhältnismäßigkeit der Regelung (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 –Rn. 124 ff.)
§ 12 Absatz 1 Nummer 4 regelt die Einrichtung einer Kontrollstelle zur Durchführung einer Identitätsfeststellung zur Verhinderung der dort genannten Straftaten und setzt bei verfassungskonformer Auslegung eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr der Begehung einer der dort genannten Straftaten voraus (vgl. zur Auslegung der Vergleichsnorm des Artikels 13 Absatz 1 Nummer 4 Bay. PAG, BVerfG a.
a. O. Rn. 133). Diese Gefahr muss nicht gegenwärtig sein. Die benannten Straftatbestände dienen entweder direkt dem Schutz von Rechtsgütern erheblichen Gewichts oder soweit § 27 des Versammlungsgesetzes benannt ist, dem Schutz der Versammlung selbst. Darin liegt ebenfalls ein Schutzzweck von erheblichem Gewicht (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 130). Der Einsatz eines Kennzeichenerfassungsgerätes gem. § 36a Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 4 soll die Tätigkeit an der Kontrollstelle daher effektiver gestalten.
Mit der Änderung des § 36a BbgPolG a. F. wird nun auch der Einsatz der Kennzeichenerfassungsgeräte als technisches Mittel unter den Voraussetzungen des § 12 Absatz 1 Nummer 6 BbgPolG möglich. Danach ist der KESY-Einsatz auch zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 10 Absatz 3) mit internationalem Bezug im Gebiet der Bundesgrenze bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern sowie auf Bundesfernstraßen und Europastraßen sowie in öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs, sofern dokumentierte polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, dass am Ort der Maßnahme derartige grenzüberschreitende Kriminalität stattfindet, möglich. Der Begriff „grenzüberschreitende Kriminalität“ erfasst dabei diejenige Kriminalität, die die tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten der Grenzsituation oder Grenznähe, insbesondere die Erschwerungen grenzüberschreitender Fahndung und Strafverfolgung, ausnutzt (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 – Vf. 43-II- 00 -, juris, Rn. 212). Das Bundesverfassungsgericht hat eine vergleichbare Regelung für verfassungsgemäß bewertet (vgl. BVerfG a. a. O. Rn.149), soweit diese außerhalb des 30 Kilometergürtels nicht Durchgangsstraßen, sondern nur Bundesfern- und Europastraßen erfasst. Dies ist hier der Fall. Auch für diese Variante gilt eingriffsbegrenzend die Einsatzbeschränkung im Sinne eines Verbotes des flächendeckenden Einsatzes nach Absatz 3 Satz 1. In § 12 Absatz 1 Nummer 6 ist darüber hinaus bereits geregelt, dass die Kontrolltätigkeit auch mittels der KESY-Technik nicht die Wirkung einer europarechtlich unzulässigen Grenzübertrittskontrolle erreichen darf. In der Abgleichdatei sind erneut nur solche Fahndungsbestände einzustellen, die die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität Bedeutung haben können (Absatz 2 Satz 1).
Absatz 2
Der zweite Kernpunkt der Änderung beim sog. Fahndungsmodus besteht in der Konkretisierung der Fahndungsbestände, aus denen die jeweilige anlassbezogene Abgleichdatei zusammenzustellen ist. Sie ist daher als eigener Absatz 2 detailliert aufgeschlüsselt.
§ 36a Absatz 2 Satz 1 BbgPolG a.F. sah vor, dass die erhobenen Daten allein mit zur Abwehr der gegenwärtigen Gefahr nach Absatz 1 gespeicherten polizeilichen Daten abgeglichen werden können. Inhalt des damaligen Datenbestandes durften danach nur solche Daten sein, die im konkreten Einzelfall zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Rechtsgutsverletzung bereits gespeichert wurden (vgl. BB LT-Drs. 4/3508, Seite 43). Diese Vorgabe für die Zweckbindung beinhaltet dabei nur den Inhalt der Daten in der Abgleichdatei selbst und spezifiziert nicht, aus welchen Datenbeständen sich diese Abgleichdatei selbst inhaltlich speisen kann. So ist unklar, ob sich diese Zweckbindung auch aus einer zweckändernden „weiteren Speicherung“ i. S d. § 38 Absatz 1 Satz 2 ergeben kann.
In Absatz 2 Satz 1 werden daher die polizeilichen Fahndungsbestände, mit denen ein Abgleich der erfassten Kennzeichen durch Schaffung eines konkreten Abgleichdatensatz erfolgen darf, näher bestimmt.
Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a betrifft den Fahndungsbestand über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen, die durch Straftaten oder auf sonstige andere Weise abhandengekommen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass die Informationserhebung für den konkret Betroffenen eine vergleichsweise geringe Persönlichkeitsrelevanz aufweist, wenn die Kennzeichenerkennung beispielsweise dem Zweck dient, gestohlene Fahrzeuge ausfindig zu machen und deren Fahrer − die mutmaßlichen Diebe − zu „stellen“, insbesondere auch um Anschlusstaten zu verhindern (vgl. BVerfG Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn. 82). Von Nummer 1 Buchstabe a ist auch der Abgleich mit Kraftfahrzeugen oder Kennzeichen, die unterschlagen oder betrügerisch erlangt worden sind („durch Straftaten“), umfasst. Die Informationserhebung ist ein bloßes Hilfsmittel, um das gesuchte Kraftfahrzeug oder Kennzeichen zu finden, das Kraftfahrzeug so bald wie möglich anzuhalten und gegen seinen Fahrer oder gegen die Insassen sogleich weitere polizeiliche Maßnahmen ergreifen zu können (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn. 84). Schließlich kann ein Abgleich auch dann stattfinden, wenn beispielsweise ein Kennzeichen ausgeschrieben ist, weil es verloren wurde. Sollten derartige von dritter Seite aufgefundene Kennzeichentafeln genutzt werden, so dient die Feststellung und anschließenden Folgemaßnahme der Abwehr einer konkreten Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Dieser Fahndungsbestand wird nach Maßgabe konkreter polizeilicher Erkenntnisse, im Zusammenhang mit § 12 Absatz 1 Nummer 2 und 6 von Relevanz sein.
Satz 1 Nummer 2 konkretisiert den Fahndungsbestand über Personen und ihnen zuzuordnende Kraftfahrzeuge und Kennzeichen, mit dem abgeglichen werden kann.
Nummer 2 Buchstabe a betrifft die Fälle, in denen eine Person zur polizeilichen Beobachtung oder nach Artikel 36 des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) zur verdeckten oder gezielten Kontrolle ausgeschrieben ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass die Nutzung der automatisierten Kennzeichenerkennung für die polizeiliche Beobachtung der Legitimation durch eine Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers bedarf, da dadurch die Effektivität dieser Befugnisse erheblich gesteigert werden (BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn. 143). Diese Legitimation bestand bislang bereits aufgrund des § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bzw. BbgPolG a. F. allerdings nur insoweit, wie die für die Ausschreibung relevante Begehung von Straftaten unmittelbar bevorsteht. Daher ergab sich außer im Jahr 2019 eingeführten Fall des § 28b Absatz 5 BbgPolG nicht die Möglichkeit, ein Bewegungsprofil zu erstellen (vgl. dazu BB LT-Drucks. 4/3508, Seite 43). Damit ließ sich die automatische Kennzeichenerfassung nicht zur Feststellung nutzen, dass die prognostizierte Straftat bereits unmittelbar bevorsteht. Diesbezüglich relevant wären zum Beispiel die Feststellung, dass sich der Störer bereits am gefährdeten Ort bzw. auf dem Weg dorthin befindet oder sich ein potentieller Straftäter an einem Ort eingefunden hat, an dem die weitere Tatbegehung verabredet oder ein benötigtes Tatmittel beschafft werden soll.
Die Kennzeichenerfassung selbst wird eine gegenwärtige Gefahr nicht isoliert und endgültig abwehren können. Wie jede polizeiliche Datenerhebung dient die Maßnahme der Gefahrenerforschung, sei es zum „Ob“ oder „Wie“ der Gefahrenabwehr, sodass sich dem nachgelagert sog. Folgemaßnahmen anschließen werden. Die bisher bereits geregelte Einsatzmöglichkeit nach § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BbgPolG a. F. ist nun als Fall des § 36a Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 Nummer 1 weiter möglich. Mit Wegfall des Erfordernisses der „Gegenwärtigkeit“ ist diese nun allerdings auch zur Feststellung“ der konkreten Gefahr einsetzbar. Daher können entsprechende Daten nun auch nach Maßgabe konkreter Tatsachen in breiterer Form zur Gefahrenabwehr genutzt werden, was insbesondere bei gefährdeten oder gefährlichen Orten sowie zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität (§ 12 Absatz 1 Nummer 6) von polizeilicher Relevanz sein wird. Klargestellt wird, dass mit dem Mittel im Trefferfall auch ein Bewegungsprofil zur ausgeschriebenen Person erstellt werden kann (Absatz 3 Satz 4), wobei auch hier ein flächendeckender Einsatz ausscheidet. Mit Absatz 3 Satz 4 wird zugleich sichergestellt, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung in den übrigen Abgleichvarianten des Absatzes 2 in nicht auf die gezielte Erstellung von Bewegungsprofilen unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen für die polizeiliche Beobachtung bzw. der verdeckten oder gezielten Kontrolle ausgerichtet werden darf.
Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe b betrifft die Fälle, in denen Personen aus Gründen der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder Überstellung ausgeschrieben sind. Ein Abgleich von Kennzeichen, die anlässlich einer zur Gefahrenabwehr durchgeführten automatisierten Kennzeichenerkennung erfasst wurden, mit personenbezogenen Daten aus einem Strafverfahren, die in einem Dateisystem der Polizei zusammen mit Daten, deren Speicherung sich nach den Polizeigesetzen richtet, (§ 483 Absatz 3 StPO) gespeichert sind, kann aufgrund der Regelungen zur Zweckänderung in den §§ 479 Absatz 2 und 481 Absatz 1 Satz 1 StPO zur Gefahrenabwehr erfolgen.
Nummer 2 Buchstabe c betrifft die Fälle, in denen Ausländer zur Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen polizeilich ausgeschrieben sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um Ausländer, bei denen der Aufenthalt durch Abschiebung zu beenden ist. Auch aus diesen Daten kann sich die Abgleichdatei zur Gefahrenabwehr nach Absatz 2 zusammensetzen.
Nummer 2 Buchstabe d betrifft die Fälle, in denen Personen wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr ausgeschrieben sind. Hierunter können beispielsweise Personen fallen, die einen Selbstmord angekündigt haben oder die sich an einem illegalen Autorennen beteiligen.
Satz 2 bestimmt die Fälle, in denen ein Abgleich mit näher beschriebenen polizeilichen Dateien zulässig ist. Danach darf ein Abgleich mit polizeilichen Dateien erfolgen, die zur Abwehr von im Einzelfall oder im Hinblick auf bestimmte Ereignisse allgemein bestehenden Gefahren, errichtet wurden. Hierzu zählt beispielsweise die Datei „Gewalttäter Sport“. Dazu gehören weiter zu gefahrenabwehrenden Ermittlungen erstellte Dateien zu Kraftfahrzeugkennzeichen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit als Tatmittel für die Begehung einer Straftat von erheblicher Bedeutung benutzt werden. Derartige Feststellungen können sich im Ergebnis einer Maßnahme nach Absatz 4 (Aufzeichnungsmodus) ergeben und auf diesem Wege die Notwendigkeit weiterer Maßnahme nach Absatz 4 entfallen lassen. Der Abgleich ist aber nur zulässig, wenn dies zur Abwehr einer solchen ggf. straftatbedingten Gefahr erforderlich ist. Schließlich muss diese Gefahr Anlass für den Einsatz des automatisierten Kennzeichenerkennungssystems sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn. 175). Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend wird mit der Regelung die Bindung des Ver-wendungszwecks an den Zweck der anlassgebenden Kontrolle und den Zweck, für den das Kennzeichen in der abgeglichenen Datei aufgenommen worden ist, bestimmt und entspricht in der ersten Alternative dem § 36a Absatz 2 Satz 1 BbgPolG a. F.
Absatz 3
Satz 1 legt fest, dass die Kennzeichenerfassung nur punktuell und begrenzt an Orten durchgeführt werden darf, zu denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Zielperson die betreffenden Kontrollpunkte im öffentlichen Verkehrsraum in absehbarer Zeit passiere wird. Diese Formulierung ist der Rechtsprechung zum Verbot des flächendeckenden Einsatzes der Kennzeichenerfassung entlehnt (vgl. LG Frankfurt (Oder) Beschl. v. 22.7.2022 – 22 Os 40/19, BeckRS 2022, 19483 Rn. 71).
Der flächendeckende Einsatz der KESY-Technik wird somit nun in Satz 1 untersagt.
Bislang war dieses Verbot (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07, Rn. 171 f.) nur im Rahmen des der Polizei in § 36a Absatz 1 Satz 1 BbgPolG a. F. eingeräumten Auswahlermessens implizit enthalten und durch die Beschränkung auf gegenwärtige Gefahren rein praktisch erreicht, soweit diese nicht ortsunspezifisch und damit für eine gesamte Fläche hätte angenommen werden können (z. B. bei gegenwärtiger Lebensgefahr aufgrund akuter Terrorgefahr).
Da die Kontrollen nur an einzelnen erfolgversprechenden Stellen, nämlich punktuell und örtlich begrenzt, durchgeführt werden dürfen, nicht aber zu dem Zweck, kontrollfreie Bewegungen möglichst weiträumig oder gar im gesamten Zuständigkeitsbereich der Polizeibehörde auszuschließen, ist ein flächendeckender Einsatz ausgeschlossen. In diesem Sinne grenzt das Verbot des flächendeckenden Einsatzes nach Satz 1 die Durchführung solcher Maßnahmen nach Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 oder 4 im Einklang mit dem Übermaßverbot weiter ein und ist als Ergänzung der weiteren Tatbestandsmerkmale auch unter Bestimmtheitsgesichtspunkten in diesem Zusammenhang für den Fahndungsmodus höchstrichterlich bestätigt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – Rn. 115). Absatz 3 Satz 2 stellt klar, dass der Abgleich „automatisiert“ und „unver-züglich“ d. h. innerhalb des Bruchteils einer Sekunde, zu erfolgen hat (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 159). Absatz 3 Satz 3 stellt des Weiteren sicher, dass die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen nach dem Abgleich unverzüglich zu löschen sind, soweit kein Trefferfall vorliegt. Dies entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 – 1 BvR 2074/05 -, Rn. 148) und § 36a Absatz 2 Satz 4 BbgPolG a. F. Von der Löschungsregelung sind auch die unechten Trefferfälle (scheinbare Übereinstimmung eines Datums aufgrund von technisch bedingten Fehlablesungen) erfasst, sobald geklärt ist, dass es sich insoweit nicht um die ausgeschriebenen Kennzeichen handelt.
Der Absatz 3 Satz 4 stellt sicher, dass die KESY-Technik, insbesondere in der Variante des Einsatzes in Verbindung mit § 12 Absatz 1 Nummer 6 BbgPolG, nicht unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen für die polizeiliche Beobachtung bzw. für die gezielte Kontrolle und gezielte Registrierung nach Artikel 36 des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) auf die gezielte Erstellung von Bewegungsprofilen im öffentlichen Raum ausgerichtet werden kann. Unter einem Bewegungsbild ist dabei die personenbezogene Zusammenführung einzelner Trefferdaten in einer Form gemeint, die Rückschlüsse auf das Bewegungsmuster einer Person in zeitlich-räumlicher Hinsicht zulassen.
Absatz 4
Die Maßnahme nach Absatz 1 bewirkt nur die Datenerhebung, nicht jedoch die anschließende Speicherung und weitere Nutzung. Diese werden als weitere Maßnahme erst in Absatz 4 geregelt. Die Maßnahmen nach Absatz 4 in Kombination mit Absatz 1 normieren somit den Einsatz des Kennzeichenerfassung im Wege des sog. Aufzeichnungsmodus zur Abwehr konkreter Gefahren für Rechtsgüter von erheblichem Gewicht (Absatz 4 Satz 1 Nummer 2). Die Kombination beider Maßnahmen „nach den Absätzen 1 und 4“ (Absatz 6 Satz 1) bildet den Einsatz der Kennzeichenerfassungssystems im sog. Aufzeichnungsmodus in taktischer und technischer Hinsicht ab.
Indem nach Absatz 4 Satz 1 Abgleiche der nach Absatz 1 erhobenen Daten im Gegensatz zum Fahndungsmodus („Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2“) nicht unverzüglich, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Monaten erfolgen kann, wird zunächst die Rechtsgrundlage für eine zeitlich mit einer Höchstfrist von bis zu drei Monaten versehenen Speicherung dieser Daten geschaffen.
Die bis zu drei Monate andauernde Speicherung begründet für sämtliche Betroffene, deren Daten zunächst erhoben wurden, einen eigenständigen und damit rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Im Unterschied zum Fahndungsmodus werden danach die Daten nach Absatz 1 zunächst in jedem Erhebungsvorgang gespeichert.
Die anschließende Datennutzung im Rahmen des Aufzeichnungsmodus ist im Vergleich zum Fahndungsmodus umfangreicher, da die mit der Speicherung der Daten entstehende Datei, in der die zunächst nach Absatz 1 erhobenen Daten gespeichert werden, selbst ebenfalls eine Datei im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 darstellt. Damit ist auch ein Abgleich innerhalb des Gesamtdatenbestandes mit Teilmengen derselben von Absatz 4 miterfasst. Dies wird mit dem Begriff „Abgleiche“ anstelle „Abgleich“ klargestellt. Grundsätzlich könnte damit technisch zu jedem Kennzeichen im Falle mehrere Datenerhebungen ein Bewegungsprofil erstellt werden, weshalb Satz 3 diesbezüglich eine Einschränkung vornimmt.
Hintergrund für den Bedarf dieser verlängerten Speicherung und erweiterten Abgleichmöglichkeit („Abgleiche“) zu jedem erhobenen Datensatz ist, dass erst durch den Abgleich dieser Daten mit den Daten mit Bezug zu vorhandenen und innerhalb des Zeitraums noch stattfindender Straftaten die Möglichkeit geschaffen ist, Kennzeichen herauszufiltern, die den potentiellen Straftätern zuzuordnen sind.
Auf Basis einer Tathergangsanalyse zu einer ersten Straftat bzw. zu mehreren Straftaten des nach kriminalistischem Erfahrungswissen selben Täters bzw. derselben Tätergruppe erfolgt die Identifizierung von Kontrollpunkten, an denen im Falle der anzunehmenden Fortsetzung der Straftatenserie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Zielperson bzw. -personen diese im öffentlichen Verkehrsraum zur Tatdurchführung passieren werden. Entsprechend sieht Absatz 6 Satz 5 Nummer 2 vor, dass diese Kontrollpunkte bereits hinsichtlich des Ortes, Zeitraums und der Fahrtrichtung in der schriftlichen Anordnung vorab bestimmt werden müssen. Die anschließend an diesen Kontrollpunkten erhobenen und abgespeicherten Datensätze, die u. a. Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung enthalten, werden nach einer sonstigen dem oder den Störern örtlich zuzuweisenden Aktivität (z. B. Ausspähhandlungen, Vorbereitungshandlungen, Straftatenversuche) zu den daraus kriminalistisch ableitbaren relevanten Merkmalen insbesondere zum zeitlichen-örtlichen Rahmen abgeglichen. Voraussetzung ist, dass nach einer entsprechenden Weg-Zeit-Berechnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass eine Zielperson den Kontrollpunkt vor, während oder nach der Aktivität passiert haben wird. Die Bestimmung des relevanten Zeitfensters kann dabei seinen Ausgangspunkt auch im gespeicherten Datensatz eines Kontrollpunktes selbst haben, wenn z. B. ein der Polizei zur Gefahrenabwehr relevantes Kfz-Kennzeichen nach kriminalistischer Erfahrungen in zeitlich-räumlicher Nähe mit dem der Polizei noch unbekannten gesuchten Kfz-Kennzeichen zusammen auftreten wird bzw. aufgetreten ist (z. B. Entführung eines Opfers mit dessen Kraftfahrzeug unter Mitführung des Täterfahrzeuges). Entsprechend dieser Verfahrensweise sieht Absatz 6 Satz 5 Nummer 4 vor, dass bereits in der Anordnung die Kriterien und die diesbezügliche kriminalistische Hypothese, aus denen sich der Abgleichdatensatz zusammensetzen soll, beschrieben sein muss.
Im Zuge weiterer Feststellungen zu entsprechenden Aktivitäten werden diese Abgleichergebnisse weiter verdichtet, sodass sich die Abgleichdatei bereits spätestens mit dem zweiten Abgleich auf diejenigen Kfz-Kennzeichen beschränkt, die im Zuge des ersten Abgleichs im örtlich-zeitlichen Fenster festgestellt wurde (Absatz 2 Nummer 1 lit. b. Im darauffolgenden Abgleich werden in der Regel dann nicht länger nur zeitlich-örtliche Aspekte, sondern zusätzlich die Übereinstimmung mit einem Kennzeichen des ersten Abgleichs als weitere Vergleichsparameter einbezogen. Mit jedem weiteren Abgleich wird eine zunehmend feinere Filterung ermöglicht.
Sollte bereits z. B. aufgrund der Ersttat bzw. der Ermittlungserkenntnisse sogar Kennzeichenfragmente bekannt sein, die erkennbar einen Bezug zur Gefahrenlage aufweisen, können Fahndungs- und Aufzeichnungsmodus auch nacheinander geschaltet werden, sodass in einem ersten Schritt nur diejenigen Kennzeichen als Treffer im Fahndungsmodus für einen späteren erneuten Abgleich gespeichert werden, auf die die entsprechenden Merkmale zutreffen. Im Sinne einer Vorfilterung ließe sich der Fahndungsmodus daher auch im negativen Sinne dem anschließenden Aufzeichnungsmodus vorschalten, indem Datensätze erst gar nicht gespeichert werden, die im Zuge der Abgleiche die von vorherein nach polizeilichen Erkenntnisse notwendigen Merkmale nicht aufweisen.
Diese Abgleichdatei, die im Wesentlichen Daten i. S. d. Absatz 2 Nummer 1 lit b enthalten werden, und aus den Datenerhebungen an den Kontrollpunkten speisen wird und sich dabei in der beschriebene Weise sukzessive aufbaut, lässt sich somit erst während der Maßnahme generieren.
Sind die Daten zu den potentiellen Straftätern per Abgleich herausgefiltert, können ihre Daten anschließend als anlassbezogene Abgleichdatei (Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b) für eine Maßnahme nach Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 im Rahmen des sog. Fahndungsmodus zum ursprünglichen Zweck weitergenutzt werden. Die übrigen Daten sind zu löschen.
Der gegenüber dem sog. Fahndungsmodus nach Absatz 2 verbundenen schwerer wiegende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Absatz 4 Satz 1 1. Halbsatz bewirkt gegenüber Absatz 2 höhere Anforderungen an dessen Verhältnismäßigkeit. Die Voraussetzungen für die längere Datenspeicherung beim Einsatz des Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus sind daher in mehrfacher Hinsicht gegenüber dem Einsatz im Fahndungsmodus höher.
Zum einen sind „tatsächliche Anhaltspunkte“ erforderlich, die auf die „fortgesetzte“ Begehung von „besonders schweren Straftaten“ (§ 10 Absatz 3 Satz 2 BbgPolG) hindeuten, wobei mit der Fortsetzung der Straftatserie eine Gefahr im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 verbunden sein muss (Satz 1 Nummer 2). Damit ermöglicht nur eine Teilmenge möglicher Kausalverläufe in Form einer konkreten Gefahr für ein Rechtsgut von erheblichem Gewicht (Absatz 1 Satz 2) die umfangreichere Speicherung und Nutzungsmöglichkeit im Aufzeichnungsmodus. Nicht jede ggf. auch strafbare Handlung und z. B. in Form einer Straftat von erheblicher Bedeutung, die eine konkrete Gefahr begründet, reicht insoweit aus. Das Wort „fortgesetzt“ macht zum anderen deutlich, dass als Prognosegrundlage mindestens eine besonders schwere Straftat (§ 10 Absatz 3 Satz 2 BbgPolG) bereits verübt worden sein muss, sodass Hinweise, wonach derartige Straftaten erstmalig geplant sind, für sich auch noch nicht ausreichen, um die Speicherung und Nutzung anordnen zu können. Durch den Einschub, wonach sich die Anhaltspunkte insbesondere aus konkreten Informationen ergeben können, die auf eine bereits begangene Straftatenserie hindeuten, wird die Tatsachengrundlage für den Regelfall von bandenmäßigen Eigentums- und Raubstraftaten oder Schussabgaben im Straßenverkehr (wie z. B. im Autotransporter-Fall), zu denen keine hohe Professionalität und Vorbereitung erforderlich ist (z. B. Wohnungseinbruch) weiter konkretisiert. Unter den Begriff der „Straftatenserie“ sind mindestens drei gleichgelagerte Straftaten eines Täters bzw. einer Tätergruppe zu Lasten des gleichen Rechtsgutes zu fassen. Aufgrund der vorgesehenen Höchstfrist für eine solche Maßnahme (Absatz 6 Satz 4) muss die zu beendende Straftatenserie eine entsprechend zeitlich enge Tatfrequenz erwarten lassen, die den Schluss zulässt, dass künftige Datenerhebungen die zur Erforschung der Identität oder des Aufenthaltsortes des potentiellen Straftäters oder der Straftäterin notwendige Datengrundlage erwarten lässt. Der Aufzeichnungsmodus ist somit auf die Abwehr konkreter Gefahren für Rechtsgüter von erheblichem Gewicht beschränkt, die durch die Begehung besonders schwerer Straftaten stattfinden sollen und zu deren Abwehr keine mildere Maßnahme in Betracht kommt. Die Beschränkung auf besonders schwere Straftaten, bedeutet, dass im Falle der Gefahrenverwirklichung mit einer erheblichen Schädigung der benannten Rechtsgüter zu rechnen ist und dadurch zugleich eine erhebliche Störung des Rechtsfriedens und eine Verunsicherung in der Bevölkerung einhergehen kann.
Da es bereits zu besonders schweren Straftaten (mindestens eine) in gewissem Umfang gekommen sein muss und infolge zuvor erzielter Taterfolge beim potentiellen Täter von einer gegenüber Ersttätern höheren Erfahrung und Professionalisierung auszugehen ist, sind auch die diesbezüglichen Grundlagen für die Annahmen der Schadenswahrscheinlichkeit und des künftigen Schadensaumaß in qualitativer Hinsicht verbessert.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist weiter zu beachten, dass die Speicherung und Nutzung nur zur Abwehr von Gefahren für Rechtsgüter von erheblichem Gewicht („nach Absatz 1 Satz 2“) durch besonders schwere Straftaten zulässig sein soll (Satz 1 Nummer 2). Damit liegen die Voraussetzungen oberhalb derjenigen beim Fahndungsmodus, für die jeglicher prognostizierter Kausalverlauf und damit auch jede drohende Straftat ausreicht.
Im Beschluss zu den Übermittlungsbefugnissen im Bundesverfassungsschutzgesetz hat das Bundesverfassungsgericht zu den Übermittlungsschwellen der Verfassungsschutzbehörde zur Gefahrenabwehr bei der Verhinderung der Begehung abstrakter Gefährdungsdelikte weitere Vorgaben gemacht. Danach kann der Gesetzgeber „bei der Übermittlung zur Gefahrenabwehr auch an Straftaten angeknüpft werden, in denen die Strafbarkeitsschwelle durch die Pönalisierung von Vorbereitungshandlungen oder bloßen Rechtsgutgefährdungen in das Vorfeld von Gefahren verlagert wird (vgl. BVerfGE 125, 260, 329f und BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 19. Mai 2020, 1 BvR 2835/17, Rn.221). Der Gesetzgeber muss aber sicherstellen, dass in jedem Einzelfall eine konkrete oder konkretisierte Gefahr für das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut vorliegt. Knüpft der Gesetzgeber die Übermittlungsregelungen an die Begehung solcher Straftaten an, muss er also zusätzlich fordern, dass damit bereits eine konkretisierte Gefahr für das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut vorliegt. Diese mag sich in vielen Fällen aus der drohenden Verwirklichung der Delikte ergeben. Zwingend ist dies jedoch nicht“ (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 28. September 2022 ,1 BvR 2354/13, Rn.134). Nach der Entscheidung des Gerichts handelt es sich bei diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen um solche, „die sonst im Bereich der Gefahrenabwehr für heimliche Überwachungsmaßnahmen mit hoher Eingriffsintensität gelten“ (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 28. September 2022, 1 BvR 2354/13, Rn.133).
Somit gelten bei der tatbestandlichen Anknüpfung an abstrakte Gefährdungsdelikte auch für polizeiliche Maßnahmen der verdeckten Datenerhebung erheblichen Gewichts im sog. Gefahrenvorfeld dieselben Vorgaben. Die Ermächtigungsgrundlage muss als Eingriffsschwelle neben einer konkretisierten Gefahr der Begehung des abstrakten Gefährdungsdeliktes selbst darüber hinaus („zusätzlich“) eine konkretisierte Gefahr für das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut verlangen. Die zusätzliche Einbeziehung einer rechtsgüterbezogenen Gefahr in Absatz 4 („nach Absatz 1 Satz 2“) stellt somit sicher, dass ein Verstoß gegen Straftatbestände, die im Straftatenkatalog des § 100b Absatz 2 StPO aufgeführt sind, für sich alleine noch nicht ausreicht. Erforderlich ist stets eine Gefahr für das durch den Straftatbestand geschützte hochwertige Rechtsgut selbst.
Darüber hinaus muss die Kenntnis von der Identität oder dem Aufenthaltsort für die Gefahrenabwehr „unerlässlich“ sein (Satz 1 Nummer 2). Daran fehlt es zum Beispiel, wenn das zu schützende Rechtsgut gegenständlich und örtlich soweit eingegrenzt werden kann, dass die Gefahr alternativ durch polizeiliche Schutzmaßnahmen am Ort des Schutzgutes abgewehrt werden könnte. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zur Zielstellung strafprozessualer Ermittlungen.
Begrenzend wirkt sich weiter aus, dass der Abgleich dieser Daten zur Erforschung der Identität oder des Aufenthaltsortes des potentiellen Straftäters „unerlässlich“ sein muss (Satz 1 Nummer 3). Es darf danach keine andere und zugleich mildere Möglichkeit, z. B. mit anderen Mitteln der verdeckten Datenerhebung (z. B. Maßnahmen nach Absatz 2), geben, um diese Erkenntnisse gewinnen zu können.
Diesbezüglich sind auch die mit der gegenüber § 36a BbgPolG a. F. vorgenommenen Erweiterung an Möglichkeiten zum Einsatz der Kennzeichenerfassung im Fahndungsmodus zu betrachten. Insbesondere die Einsatzmöglichkeit des Fahndungsmodus (Absatz 2) im Rahmen der Schleierfahndung nach § 12 Absatz 1 Nummer 6 BbgPolG sowie zum Schutz gefährdeter Orte (§ 12 Absatz 1 Nummer 3 BbgPolG) reduziert in einsatztaktischer Hinsicht das Einsatzspektrum für den gefahrenabwehrenden Aufzeichnungsmodus nach Absatz 4, soweit sich Überlagerungen ergeben, die bislang im Verhältnis zu § 36a BbgPolG a. F. ausgeschieden wären. Denn es ist damit zu rechnen, dass häufig insbesondere anhand von phänomenbezogen zusammengestellten Abgleichdateien nach Absatz 2 Satz 2 eine Gefahrenerforschung mit einem Maß an Geeignetheit betrieben werden kann, welches demgegenüber den Rückgriff auf den Aufzeichnungsmodus zur Ermittlung der Identität oder des Aufenthaltsortes des potentiellen Straftäters häufig nicht als „unerlässlich“ erscheinen lassen wird.
Um die Streubreite des Grundrechtseingriffs in das Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auf das zur Abwehr der konkreten Gefahr unbedingt notwendige Maß zu beschränken, ist weiter die Verwendbarkeit der Daten zu beschränken.
Für die Vielzahl an letztlich Unbeteiligten ist der Grundrechtseingriff daher weitestgehend auf den Umfang zu beschränken, der für den Fahndungsmodus bereits für verfassungsrechtlich zulässig erkannt wurde. Daher enthält Satz 2 die Vorgaben zur getrennten Speicherung und eine strikte Zweckbindung für den Zeitraum des schrittweisen Abgleichs, der sich erstmals innerhalb der angeordneten Zeitrahmen von maximal drei Monaten vollziehen muss. Damit können die Daten der Unbeteiligten zu keinem anderen Zweck genutzt werden. Das bedeutet auch, dass die mit der Speicherung entstehende Datei als Abgleichdatei nach Absatz 2 Satz 2 für Maßnahmen nach Absatz 1 und 2 auf Basis einer behördlichen Anordnung nach Absatz 5 nicht im Fahndungsmodus für andere Gefahrenlagen genutzt werden könnte. Die zum Zwecke der Identifizierung oder Lokalisierung des Täters getrennt gespeicherten Daten sind nur für den konkreten Zweck der Maßnahme nach Absatz 4
(Identifizierung und Lokalisierung des potentiellen Straftäters oder der Straftäterin) zu nutzen (Absatz 4 Satz 2) und können daher nicht zweckändernd zum Beispiel zur Strafverfolgung umgewidmet werden (Fall „Rebecca“). Absatz 4 Satz 2 stellt damit auch klar, dass diese Datei(en) im Rahmen der Zwecksetzung entsprechend der Regelung nach Absatz 2 Satz 2 für die Zusammenstellung der diesbezüglichen Abgleichdateien bei Übergang in den Fahndungsmodus weiterhin nutzbar sind. Ist dieser Übergang aufgrund gewonnener Abgleichergebnisse möglich, so entfällt die weitere Zulässigkeit zur Fortsetzung des Aufzeichnungsmodus, da dieser nicht länger unerlässlich ist. Die Daten Unbeteiligter sind unverzüglich zu löschen, wenn diese nicht mehr zur Identifizierung oder Lokalisierung des potentiellen Straftäters oder der Straftäterin erforderlich sind (Satz 3). Dies ist mit einer sofortigen Löschung von Nichttreffern im Zuge eines automatisierten Abgleichs in ihrer grundrechtsgefährdenden Wirkung daher insoweit vergleichbar. Darüber hinaus hat nach Satz 3 die Löschung auch dann zu erfolgen, wenn der Zweck der Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann. Denkbar wäre, dass entgegen der Annahme zu Beginn der Maßnahme die Tatfrequenz derart gering ausfällt, dass die bereits angefallenen Daten im Verbund mit noch zu erwartenden Datenspeicherung als Grundlage für den Abgleich nicht ausreichen können, um anhand dessen eine Identifizierung oder Lokalisierung noch erreichen zu können.
Beim Aufzeichnungsmodus kann sich anders als im Fahndungsmodus zwischenzeitlich die Feststellung von Bewegungsprofilen letztlich Unbeteiligter ergeben, soweit diese zufällig wiederholt an denselben Orten und zu denselben Zeiten, die einem potentiellen Straftäter oder einer Straftäterin zuzuweisen sind, am Straßenverkehr teilgenommen haben (Pendler, Transportunternehmen). Insoweit findet die Beschränkung des Absatzes 3 Satz 4 keine Anwendung, wenn dadurch der Zweck der Maßnahme gefährdet wird (Absatz 4 Satz 4). Der strikte Verwendungsausschluss für diese Fälle nach Absatz 7 Satz 2 verhindert, dass diese Bewegungsprofile zu einem anderen Zweck genutzt werden können.
Absatz 5
Mit Ausweitung der Möglichkeiten zum Einsatz der Kennzeichenerfassung im Fahndungsmodus erfolgen mit dem Absatz 5 Satz 1 verfahrensbezogene Anpassungen, die seitens des Bundesverfassungsgerichts für diesen Modus als ausreichend bewertet wurden. Mit der Begriffskombination „Anordnung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2“ wird deutlich, dass die in rechtlicher Hinsicht getrennt zu bewertenden Eingriffe (Maßnahmen) in Form der Datenerhebung (Absatz 1) und der anschließenden Nutzung und ggf. Speicherung (Absatz 2) nur gemeinsam angeordnet werden können. Für eine isolierte Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 1 besteht kein Bedarf. Nur in der technisch und ermittlungstaktisch einheitlichen Betrachtung als Einsatz im Fahndungsmodus (bzw. im Aufzeichnungsmodus in Absatz 6 „nach den Absätzen 1 und 4“) erhalten die Maßnahmen als Kombination ihre erforderliche Geeignetheit.
Der Einsatz der Technik steht nun unter dem Vorbehalt des Behördenleiters oder der Behördenleitung oder der jeweiligen Vertretung. Bereits daraus wird erkennbar, dass diese Maßnahme nicht zu präventivpolizeilichen Standardmaßnahmen werden soll. Nur bei Gefahr im Verzug (z. B. bei Suizidgefahr oder Entführungsfällen) kann die Anordnung zum Einsatz der Technik im Fahndungsmodus hingegen weiter durch jeden Beamten des Polizeivollzugsdienstes auch mündlich getroffen werden.
Die schriftliche Dokumentation ist dann unverzüglich nachzuholen (Absatz 5 Satz 3).
Mit Absatz 5 Satz 2 werden für Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 (Fahndungsmodus) die entsprechenden Dokumentationspflichten konkreter geregelt.
Bislang war lediglich eine Pflicht zur Dokumentation in § 36a Absatz 1 Satz 2 BbgPolG a. F. vorgesehen, die sich auf „den Einsatz technischer Mittel zum Zwecke der Kontrolle“ beschränkte. Nur über die Berichtspflicht nach § 36a Absatz 3 BbgPolG a. F., wonach auch zum „Anlass einer Maßnahme“ zu berichten ist, ließen sich im Auslegungswege Dokumentationspflichten zur den einsatzauslösenden Aspekten insoweit entnehmen, dass eine Zuordnung der Maßnahme zu einer konkreten Tatbestandsalternative des § 36a Absatzes 1 Satz 1 BbgPolG a. F. zu dokumentieren ist. Das Bundesverfassungsgericht fordert hingegen nicht nur eine Dokumentation des Technikeinsatzes selbst, sondern auch die Dokumentation der Entscheidungsgrundlage zum Einsatz der Technik (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15, Rn. 157). Diese ist dem Einsatz letztlich aber zeitlich vorgelagert. Absatz 5 Satz 2 erreicht einen Detailierungsgrad, der dem Dokumentationsumfang entspricht, wie er bei verdeckten Maßnahmen nach §§ 33a Absatz 4 Satz 3, § 33b Absatz 4 Satz 4, 33c Absatz 3 Satz 5, 34 Absatz 2 Satz 4, § 35 Absatz 4 Satz 4 BbgPolG bereits jetzt vorgesehen ist. Damit wird sichergestellt, dass derartige Maßnahmen einer Überprüfung unterzogen werden können, wie sie bei der Beantragung oder nachträglichen richterlichen Überprüfung einer Maßnahme der verdeckten Datenerhebung auch sonst gefordert ist (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 157). Die nun geregelten Inhalte ermöglichen eine nachträgliche Rechtsprüfung als Ersatz für einen bei offenen Maßnahmen andernfalls zu begründenden Verwaltungsakt, was den benannten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Absatz 5 Satz 3 stellt dies auch zu Anordnungen bei Gefahr im Verzug sicher. Unter die Begriffskombination „polizeilichen Erkenntnisse“ fallen Tatsachen i. S. d.
§ 12 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 BbgPolG, die in § 12 Nummer 4 BbgPolG benannten Umstände, sowie die polizeilichen Erkenntnisse i. S. d. § 12 Absatz 1 Nummer 6 BbgPolG.
Die Unterlagen können durch ein Gericht oder auch durch den oder die behördliche/n Datenschutzbeauftragte/n oder durch die oder den Landesbeauftragte/n für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht nach dem (§ 2 Nummer 18 BbgPJMDSG) eingesehen werden.
Absatz 6
Als verfahrensbezogene Grundrechtssicherung ist in Absatz 6 Satz 1 für den Aufzeichnungsmodus („Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 4“) ein qualifizierter Richtervorbehalt (Landgericht) geregelt. Mit der Zuständigkeit des Landgerichts wird dem besonderen Gewicht dieses Grundrechtseingriffs Rechnung getragen. Der Betrieb im sog. Aufzeichnungsmodus weist in seiner grundrechtsbelastenden Wirkung eine erhebliche Streubreite auf und erfasst auch Personen, die ex-post letztlich in keinem Zusammenhang zu der abzuwehrenden Gefahr standen. Die Datenerhebung im Aufzeichnungsmodus ist trotz der kurzen Speicherdauer und der engen Zweckbindung weiterhin als gewichtiger Grundrechtseingriff zu qualifizieren (vgl. zum strafprozessualen Einsatz die Bewertung des LG Frankfurt (Oder) Beschl. v. 22.7.2022 – 22 Os 40/19, BeckRS 2022, 19483 Rn. 57). Bei der Ausgestaltung des Richtervorbehalts ist auf eine hinreichende Wirksamkeit der vom Gesetzgeber zur Gewährleistung einer verfahrensmäßigen Kontrolle getroffenen Regelungen zu achten. Defiziten der Wirksamkeit hat der Gesetzgeber von vornherein zu begegnen (vgl. zur Umsetzung des Artikels 13 Absatz 3 GG: BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 03. März 2004 – 1 BvR 2378/98 -, Rn. 272 mit Verweis auf BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 20. Februar 2001 – 2 BvR 1444/00 -, Rn. 29). Die Richterinnen und Richter am Amtsgericht sind sowohl als Ermittlungsrichter als auch nach dem Polizeigesetz bereits in einer Vielzahl an Anordnungsmöglichkeiten entscheidungs-verpflichtet. Dies wird auch Gefahrenlagen betreffen, die zugleich als strafprozessuales Ermittlungsverfahren geführt werden und den Anlass für die Beantragung des Einsatzes der Kennzeichenerfassungssysteme im Aufzeichnungsmodus bilden könnten. Mit Einbeziehung des Landgerichts ist insoweit sichergestellt, dass ein bislang mit der Sachlage selbst noch nicht befasstes Gericht den Eingriff intensiv prüft.
Mit dieser Verlagerung wird zugleich den Vorbehalten, denen sich der einfache Richtervorbehalt im Schrifttum ausgesetzt sieht, bereits im Ansatz die Grundlage vorenthalten. Teilweise wird im Schrifttum eine Mangelhaftigkeit der richterlichen Kontrolle beanstandet (vgl. Stadler ZRP 2013 Seite 179 ff [180], Gusy ZRP 2003, S. 275 ff, BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 20. Februar 2001 – 2 BvR 1444/00-, Rn. 29 mit weiteren Nachweisen). Zwar lässt sich für diese Behauptung in der amtsgerichtlichen Prüf- und Entscheidungspraxis im Land Brandenburg keine Stütze finden. Im Hinblick auf die Akzeptanz dieser Ermittlungsbefugnis erscheint es jedoch zumindest vorübergehend sinnvoll, für die Anordnung dieser eine Zuständigkeitsverlagerung vom Amtsgericht auf das Landgericht vorzusehen. Damit wird zugleich der Charakter der Befugnis als absolute Ausnahme nochmals betont.
Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung der Maßnahmen „nach den Absätzen 1 und 4“ auch zunächst durch die Behördenleiter oder die Behördenleiterin oder die jeweilige Vertretung getroffen werden. In diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Bestätigung einzuholen. Der praktische Bedarf ergibt sich insbesondere in den Phänomenbereichen „Amok“ und dem „Lone-Wolf-Terrorismus“. Danach sind Konstellationen denkbar, in denen ein Täter eine Anschlagserie beginnt und allein durch den Abgleich der vom bzw. zum Schadensort erhobenen Kennzeichendaten das Täterfahrzeug identifiziert und in der Folge die Fortsetzung der Serie polizeilich verhindert werden kann. Fehlen jegliche störerbezogenen und zugleich fahndungsrelevanten Hinweise, die für die Erstellung eines Abgleichdatensatzes herangezogen werden könnten, so wäre eine Anordnung von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 demgegenüber zunächst nicht geeignet. Insbesondere beim sog. „Lone-Wolf“-Terrorismus sowie bei Amok-Sachverhalten besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Störer polizeilich zuvor gar nicht in Erscheinung getreten ist und daher personenbezogene Daten für einen Abgleichdatensatz noch gar nicht vorliegen. Sowohl bei Amok-Sachverhalten als auch bei Terroranschlägen von Einzeltätern ist mit seriell begangenen schwersten Straftaten in zeitlich engster Folge zu rechnen, sodass es mit Einbindung einer richterlichen Entscheidung nach der ersten Tat aufgrund des damit verbundenen zeitlichen Verzugs zwangsläufig zum Verlust der im Aufzeichnungsmodus notwendigen Daten aus einer ersten Folgetat käme.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass am Landgericht an Wochenenden und Feiertagen kein richterlicher Eildienst vorgehalten wird, sodass auch an die Stelle einer richterlichen Anordnung in diesen Zeitraum eine vorläufige Entscheidung der Behördenleitung treten muss.
Der Regelung zur Gefahr im Verzug wird für Maßnahmen nach Absatz 1 und 4 darüber hinaus keine große praktische Relevanz zukommen.
Denn eilbedürftige Entscheidungssituationen können beim Einsatz der Kennzeichenerfassungsgeräte im Aufzeichnungsmodus aufgrund der tatbestandlichen Voraussetzungen (Unerlässlichkeit der Maßnahme sowie bereits begangenen Vortaten, die einer Straftatenserie auch tatsächlich aufgrund objektiver Umstände kriminalistisch zugeordnet werden können) in der Regel aufgrund größerer Zeitabstände zwischen den einzelnen Serientaten nicht entstehen. Die gefahrenabwehrenden als auch strafprozessualen Ermittlungen für diese antragsbegründenden Erkenntnisse sind dann bereits einige Zeit im Gange. In dieser Zeit können ggf. parallel zu den Ermittlungen die Vorbereitungen für eine gerichtliche Entscheidung getroffen werden. Absatz 6 Satz 5 regelt die Inhalte der Anordnung.
Die Befristung einer ersten Anordnung ist auf maximal sechs Monate beschränkt (Satz 3) und kann nur einmalig um bis zu drei Monaten verlängert werden (Satz 4). Diese Höchstfrist trägt dem Umstand Rechnung, dass sich mit zunehmender Dauer der Maßnahmen nach Absatz 1 und 4, in der trotz einer Vielzahl an gespeicherten Daten das Ziel der Lokalisierung oder Identifizierung noch nicht hat erreichen lassen, die Geeignetheit der Maßnahmen insgesamt abnimmt und zugleich die Streubreite der Grundrechtseingriffe sowohl durch Erhebungen als auch im Einzelfall nach zwischenzeitlicher Abgleich durch die fortgesetzte Speicherung weiter zunimmt. Mittels der festgelegten Höchstfrist ist auch sichergestellt, dass der Aufzeichnungsmodus zur Beendigung von Serienstraftaten, deren anzunehmende Tatfrequenz zwischen einzelnen Taten jenseits von sechs Monaten liegt, mangels Geeignetheit der Maßnahme nicht in Betracht kommt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass über die maximal zulässige Gesamtdauer einer ersten Anordnung von sechs Monaten (Satz 3) ein erster Abgleich nach spätestens drei Monaten und in der Folge auch eine Löschung erheblicher Datenmengen zu erfolgen haben (Absatz 4 Satz 1).
Hervorzuheben ist, dass auch die Dauer, bis ein Abgleich der erfassten Daten, zu erfolgen hat, durch den Richter anzuordnen ist (Satz 5 Nummer 3). Dieser Zeitraum wird unter anderem von der anzunehmenden Serienfrequenz der zur beendenden Straftatenserie abhängen. Damit ist sichergestellt, dass in jedem Einzelfall die Daten letztlich Unbeteiligter zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelöscht werden und diese nicht aus bloßer Ermittlungsökonomie zunächst die Daten letztlich Unbeteiligter über den angeordneten Gesamtzeitraum gesammelt und erst zum Schluss sämtliche Daten anhand möglichst vieler Abgleichparameter nur einmalig abgeglichen werden.
Die Sätze 6 und 7 setzen auf der Dokumentationspflicht auf und dienen in Erfüllung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen als zusätzliche verfahrenssichernde Regelungen (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 90 und 157), indem die Polizei der oder dem Landesbeauftragten die Datenverarbeitung unverzüglich melden müssen. Damit erhält die Aufsichtsstelle Kenntnis vom konkreten Kontrollanlass. Dies stellt sicher, dass der oder die Landesbeauftragte im Interesse betroffener Personen die Aufgaben nach § 33 Nummer 2 BbgPJMDSG gezielt wahrnehmen kann. Mit der Berichtspflicht in Absatz 7 Satz 1 lässt sich die Einhaltung der Mitteilungspflicht auch später noch nachvollziehen. Die Befugnisse zum Abstellen von dabei festgestellten Verstößen gegen die zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Vorschriften sind dabei gegenüber den regulären Möglichkeiten des und der Landesbeauftragten auf das Niveau des § 18 Absatz 2 BbgDSG insoweit angehoben, dass der oder die Landesbeauftragte unter den Voraussetzungen des § 36 Absatz 4 BbgPJMDSG auch die weitere Datenverarbeitung verbieten könnte, soweit dies zur Einhaltung der entsprechenden Rechtsvorschriften unerlässlich ist. Die Sätze 6 und 7 dienen daher in ihrer Gesamtheit einer nochmals verstärkten datenschutzrechtlichen Aufsichtskontrolle bei der Umsetzung entsprechender Anordnungen durch eine von der Polizei unabhängige und fachlich versierte Aufsichtsstelle.
Aus Sicht derjenigen, deren besonders hochwertigen Rechtsgüter nun mittels der Weiterverarbeitung der Daten eigentlich geschützt werden soll, kann es zu unbilligen Ergebnissen kommen, wenn im konkreten Einzelfall im Falle einer Verletzung der Sicherheit personenbezogener Daten eine entsprechende Abwägung der zu schützenden Rechtsgüter mit dem Recht auf informationeller Selbstbestimmung letztlich Unbeteiligter unter keinen Umständen mehr möglich wäre. Im Schrifttum wird daher die Ansicht vertreten, dass die staatlichen Schutzpflichten in entsprechender Anwendung der sog. Abwägungslehre im Strafverfahren zum Schutz hochwertiger Rechtsgüter in Ausnahmefällen eine Weiterverarbeitung zur Gefahrenabwehr zulassen können (vgl. Schwabenbauer in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts 7. Auflage 2021 Abschnitt G, Rn. 279 f mit weiteren Nachweisen). Diese Sichtweise scheint auch in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seine Stütze zu finden. So hat das Gericht hat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2021(1 BvR 2771/18) ausgeführt, dass in Erfüllung einer solchen staatlichen Schutzpflicht sogar die bewusste staatliche Gefährdung des Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Artikel 1 Absatz 1 i. V. m. Artikel 2 Absatz 1 GG verfassungsrechtlich zulässig sein kann (BVerfG a.a.O., Rn.44).
Diese Pflichtenkollision, wonach der Staat einerseits seiner objektiven Schutzpflicht zu Gunsten einer gefährdeten Person nachkommen und andererseits auch die Grundrechte der durch die rechtswidrige Datenerhebung betroffenen Person wahren muss, lässt sich auch bereits § 34 StGB bzw. § 16 OWiG entnehmen. Dabei ist der Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung keiner Abwägung in dem Sinne zugänglich, dass in diesen zum Schutz eines anderen Rechtsgutes eingegriffen werden könnte. Dementsprechend sieht das Bundesverfassungsgericht im Falle des Eingriffs in den Kernbereich privater Lebensgestaltung ein striktes staatliches Verwertungsverbot sowie die diesbezügliche Löschpflicht entsprechender Daten vor (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09 -, Rn. 201 f, 240). In den übrigen Konstellationen rechtswidriger Datenerhebungen hat das Bundesverfassungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtsschutzes kein striktes Verwertungsverbot gefordert. Die personenbezogenen Daten, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 und 4 (Aufzeichnungsmodus) erhoben und weiterverarbeitet werden, stellen keine Kernbereichsdaten dar. Eine Abwägungsentscheidung zwischen den jeweils betroffenen Rechtsgütern ist daher grundsätzlich verfassungsrechtlich möglich.
Die Möglichkeit zur Untersagung ist daher in das Ermessen („kann“) der oder die Landesbeauftragten gestellt (Satz 6) und muss zugleich „unerlässlich“ sein. Erkennbar wird damit, dass es in Abhängigkeit von der Gefahrenlage unter Umständen auch angezeigt sein kann, die weitere Datenverarbeitung bereits erhobener Daten weiter zuzulassen, obwohl der datenschutzrechtliche Verstoß damit zunächst nicht abgestellt wird. Dies wird aufgrund der vorstehenden Ausführungen in Konstellationen anzunehmen sein, in denen im strafrechtlichen Kontext von einem rechtfertigenden Notstand auszugehen ist. Eine in der Rechtsfolge vergleichbare Regelung findet sich im Freistaat Bayern (Artikel 53 Absatz 3 Bay. PAG).
Absatz 7
Absatz 7 gilt für den Einsatz der Kennzeichenerfassung sowohl im Fahndungs- als auch im Aufzeichnungsmodus für die sog. Trefferdaten, da die übrigen Daten bereits zuvor gelöscht werden müssen (Absatz 3 Satz 2 bzw. Absatz 4 Satz 3). Für die Benachrichtigung und die Zweckbindung dieser Treffer-Daten gelten die Regelungen des § 33a Absatz 7 Satz 1 und 2 und § 46 Absatz 5 BbgPolG entsprechend. Die Trefferdaten sind nach Abschluss der Maßnahmen besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen für andere Zwecke verwendet werden, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr erfolgen sollte, zu der die Maßnahme auch hätte angeordnet werden können. Die Änderung der Zweckrichtung ist danach festzustellen und zu dokumentieren. Bei Treffer-Daten nach Absatz 4 ist zu berücksichtigen, dass hierbei noch immer Daten Unbeteiligter vorhanden sein können. Denn für die Identifizierung bzw. die Feststellung des Aufenthaltsortes des Täters werden sich nach Abschluss der Datenabgleiche polizeiliche Folgemaßnahmen anschließen. Daher sieht Absatz 7 Satz 2 eine zusätzliche Verwendungsbeschränkung dahingehend vor, dass eine zweckändernde Nutzung nur für die Daten des potentiellen Straftäters möglich bleibt.
Die Benachrichtigungspflicht wird durch den Verweis auf § 46 Absatz 5 BbgPolG als Ausnahme zu § 29 Absatz 8 Satz 1 BbgPolG insgesamt auf den Kreis an Personen beschränkt, gegen die infolge des Einsatzes der Kennzeichenerfassung (Fahndungs- oder Aufzeichnungsmodus) weitere Folgemaßnahmen durchgeführt wurden. Dies betrifft auch die Fälle sog. Treffer. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit beim Technikeinsatz im Fahndungsmodus keine grundrechtliche Pflicht zur Information gesehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 -, Rn. 154). Für diesen Benachrichtigungsverzicht sprach auch der bisher bereits im Polizeigesetze verfolgte Regelungsgedanke (vgl. § 29 Absatz 7 Satz 2 und Absatz 8 Satz 6 Nummer 2 BbgPolG), wonach eine Benachrichtigung unterbleibt, wenn andernfalls zur Durchführung in unverhältnismäßiger Weise weitere Daten erhoben werden müssten. De durch die Kennzeichenerfassung gewonnenen Daten lassen nicht unmittelbar erkennen, welche Person zu beachrichtigen ist.
Werden demgegenüber beim Einsatz der KESY-Technik im Aufzeichnungsmodus Halter von Fahrzeugen ermittelt, sind diese Betroffenen über die Maßnahme auch dann zu informieren, wenn sich herausstellt, dass es sich dabei nicht um den potentiellen Straftäter gehandelt hat (z. B. Transportfahrer, Pendler). Denn dieser Datenabgleich stellt eine Folgemaßnahme dar. Damit wird diesem Kreis an Betroffenen die Möglichkeit zur nachträglichen Rechtsprüfung eingeräumt.
Mit dem Verweis in Absatz 7 Satz 1 auf § 33a Absatz 7 Alt. 2 BbgPolG können die Daten, die aus Sicht des Polizeigesetzes als dem Ergebnis des Technikeinsatzes im Aufzeichnungsmodus dem potentiellen Straftäter zuzurechnen sind, auch zur Verfolgung der konkreten Straftatenserie in strafprozessualer Hinsicht genutzt werden. Die Zweckänderung zur Datennutzung für die Strafverfolgung wird daher landesgesetzlich erst ab der Schwelle besonders schwerer Straftaten zu gelassen. Gegenüber dem Zweck des Eingriffs zur Gefahrenabwehr selbst entspricht dieser geänderte Zweck der Strafverfolgung unter verfassungsrechtlichen Maßstäben einem vergleichbaren öffentlichen Interesse. Da die Strafprozessordnung eine entsprechend gleichartige Maßnahme bislang allerdings nicht vorsieht und somit ein hypothetischer Ersatzeingriff damit ausgeschlossen ist, läge noch keine Verwendungserlaubnis i. S. v. § 161 Absatz 3 StPO vor. Damit scheidet eine Nutzbarkeit der mittels des Aufzeichnungsmodus nach dem Polizeigesetz gewonnenen Daten als Beweismittel in einem Strafverfahren aus. Es verleibt die Möglichkeit zur Datennutzung als sog. Spurenansatz (vgl. Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt StPO § 163 Rn.18d, BeckOK StPO/Sackreuther StPO, § 161, Rn. 16 m. w. Nachw.).
Zu den Nummern 14 (§ 39) und 15 (§ 46)
Es wird auf die Ausführung zu Nummer 8 verwiesen.
Zu Nummer 16 (§ 47)
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung. Gemäß Artikel 4 des Gesetzes zur Anpassung des Allgemeinen Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 8. Mai 2018 ist das das Brandenburgische Datenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2008 (GVBl. I S. 114), das zuletzt durch das Gesetz vom 27. Juli 2015 (GVBl. I Nr. 22) geändert worden ist, außer Kraft getreten. Die dort in § 28 BbgDSG a. F. enthaltenen Regelungsinhalte finden sich nun in § 25 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist daher die Verweisung in § 47 BbgPolG entsprechend anzupassen gewesen.
Zu Nummer 17 (§ 65a)
Mit dieser Regelung werden die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juli 2018 – 2 BvR 309/15-, Rn. 1-131,) für die polizeiliche Einsatzpraxis bei der Fesselung von Personen gezogen. Das Gericht hat entschieden, dass jedenfalls die 5- und 7-Punkt-Fixierungen wegen ihrer besonderen Intensität eine eigenständige Freiheitsentziehung darstellen und dem Richtervorbehalt des Artikels 104 Absatz 2 GG genügen müssen (BVerfG a. a. O. Rn. 69 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich strikte Verfahrenspflichten für die Fixierung aufgestellt. Danach darf diese nur als ultima ratio angewendet werden, während der Durchführung der Fixierung ist eine Eins-zu-Eins-Betreuung sicherzustellen (BVerfG, a..a. O., Rn. 83) und es besteht eine Dokumentations- und Rechtsbehelfsbelehrungspflicht (BVerfG, a. a. O. Rn. 84).
Auch wenn das Urteil anlässlich der 5- bzw. 7-Punkt-Fixierung untergebrachter Personen in psychiatrischen Einrichtungen nach der PsychKG ergangen ist, sind die diesbezüglich angeführten Argumente des Gerichts auf Fixierungen in anderen Fällen der Freiheitsentziehung grundsätzlich übertragbar (vgl. Rodenbusch, NStZ 2019, Seite 10 ff, [12], Baur NJW 2019, Seite 2273 ff, [2274], Tomerius, NVwZ 2021, Seite 289 ff, [292], zu § 37a PolG NRW: Arzt, Stellungnahme zur Anhörung im Innenausschuss des Landtages NRW am 12.11.2019 Seite 11 f. abrufbar über: https://www.hwr-berlin.de/fileadmin/portal/Dokumente/Prof-Sei-ten/Arzt/PolG_NRW_Novelle_2019_Anh%C3%B6rung.pdf).
Aus diesem Grund hat z. B. der Bundesgesetzgeber mit § 171a StVollzG grundsätzliche Vorgaben auch für die Zivilhaft geregelt. Mit den § 90 Absatz 6 und § 91 Absatz 2 BbgJVollzG und § 83 Absatz 6 BbgSVVollzG erfolgte die Übertragung auch für den Straf- und Sicherungsverwahrungsvollzug im Land Brandenburg. Eine Überführung der Grundsätze auf die polizeiliche Einsatzpraxis ist bislang in einigen Bundesländern erfolgt (vgl. § 37a PolG NRW, § 23 Absatz Hmb. SOG, § 106 BremPolG). Die Fesselung nach § 65 BbgPolG als Begrenzung der Bewegungsfreiheit an Händen und Füßen ist danach von der deutlich eingriffsintensiveren Fixierung des Körpers oder von Teilen davon zu unterscheiden.
Soweit sich die Fixierung als intensivste Form der Fesselung in verfassungskonformer Auslegung daher nicht auf § 65 Satz 1 Nummer 3, sondern auf § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 als spezielle Form der Ingewahrsamnahme stützen ließe (vgl. zu dieser Überlegung anhand des § 204 LVwG-SH: OVG Schleswig (4. Senat), Urteil vom 13.12.2019 – 4 LB 42/17 BeckRS 2019, 35451, Rn. 54) bestehen erhebliche Rechtsunsicherheiten (vgl. zur Gefahr der Strafbarkeit für Amtsträger BVerfG, Beschluss vom 15.1.2020 – 2 BvR 1763/16, in NJW 2020, Seite 675 ff, [677], siehe dazu auch Schemmel NJW 2020, Seite 651 ff, [654]) bei Nichteinhaltung der Vorgaben zum Verfahren und zur Entscheidungszuständigkeit der Gerichte. Für den Fall, dass der betroffenen Person, insbesondere auf Basis einer bereits zuvor ergangenen richterlichen Entscheidung, ihre Freiheit entzogen worden ist und nun aus den Gründen des § 65 Satz 1 Nummer 3 fixiert werden müsste, sieht § 65 BbgpolG keinen Richtervorbehalt vor. Ob sich diese Form der Freiheitsentziehung dann als erneute Freiheitsentziehung i. S. d. § 17 BbgPolG auslegen lässt, erscheint zweifelhaft, zumal mit den neu geschaffenen Regelungen in § 21 Absatz 2 Nummer 4 BbgPsychKG und § 91 BbgJVollzG sowie insbesondere des § 90 Absatz 6 BbgJVollzG ein einheitliches Begriffsverständnis der Zwangsmaßnahme „Fixierung“ in Abgrenzung zur polizeilichen „Fesselung“ auch für das Polizeigesetz naheliegt. Lässt sich daher die „Fixierung“ nicht als Ingewahrsamnahme nach § 17 Absatz 1 Nummer 1 auffassen, so fehlt es an der einfachgesetzlichen Regelung des Richtervorbehalts für die fixierungsbedingte Freiheitsentziehung während einer bereits andauernden Ingewahrsamnahme (vgl. zu Bedarf einer klaren einfachgesetzlichen richterlichen Zuständigkeitsregelung: LG Aachen, Beschluss vom 07.01.2019 – 33m StVK 22/19, BeckRS 2019, 863 Rn. 19 f.).
In praktischer Hinsicht bedarf es jedoch in Einzelfällen weiterhin der polizeilichen Möglichkeit zur Fixierung. Die wird insbesondere daran deutlich, dass die Polizei im Rahmen ihrer Eilkompetenz auch mit Gefahrenlagen nach dem BbgPsychKG konfrontiert sein kann und dort mit § 21 Absatz 2 Nummer 4 BbgPsychKG der Bedarf für eine solche Zwangsmaßnahme bereits gesetzlich anerkannt ist. Soweit die Polizei in anderen Bundesländern die einstweilige Unterbringung selbst anordnen kann (vgl. § 23 Absatz 2 Satz 2 Bln. PsychKG, Artikel 12 Satz 1 BayPsychKHG), würde stattdessen das Personal in der Unterbringungseinrichtung auf die entsprechende Ermächtigungsgrundlage nach dem PsychKG (z. B. § 39 Absatz 2 Nummer 4 Bln. PsychKG, Artikel 29 Absatz 2 Nummer 2 BayPsychKHG) zurückgreifen können. Diese Möglichkeit besteht für die Polizei des Landes Brandenburg bis zur Entscheidung des sozialpsychiatrischen Dienstes hingegen nicht.
Der Bedarf ergibt sich darüber hinaus auch aus § 90 Absatz 6 BbgJVollzG bzw. § 83 Absatz 6 BbgSVVollzG mit Blick auf die Möglichkeit zur Ingewahrsamnahme nach § 17 Absatz 3 BbgPolG.
Der dem § 106 BremPolG bzw. dem § 171a StVollzG nachgebildete § 65a BbgPolG schließt die einfachgesetzliche Lücke und trägt einem einsatztaktischen Bedarf der Polizei zur Fixierung in Gewahrsam genommener Personen in verfassungskonformer Weise Rechnung. Die Reichweite des § 65a BbgPolGist dabei nicht allein auf polizeiliche Gewahrsamsräume oder die 5 bzw. 7-Punkt-Fixierung beschränkt.
Absatz 1
Die Fixierung wird mit Absatz 1 nicht als ein Unterfall der Fesselung i. S. d. § 65 BbgPolG aufgefasst, sondern als eine besondere Sicherungsmaßnahme eigener Art entsprechend § 90 Absatz 6 BbgJVollzG bzw. § 83 Absatz 6 BbgSVVollzG. Sie wird daher auch gesondert geregelt. Wird eine Person mittels Fesselung fixiert, bedeutet dies, dass die Person auf dem Rücken liegt und mittels spezieller Gurte an das Bett, die Liege o. ä. gefesselt wird, um deren Bewegungsfähigkeit vollständig aufzuheben. Die fixierten Personen können ihre Extremitäten nicht bewegen; ihre Bewegungsfreiheit ist vollständig aufgehoben.
Mit der Formulierung „eine Fesselung“ in Satz 1 wird klargestellt, dass eine „Fixierung“ den Einsatz von Fesseln voraussetzt. Die Art und Weise des Hilfsmitteleinsatzes muss für sich und damit ohne Hinzutreten andauernder einfacher körperlicher Gewalt dazu führen, dass die Bewegungsfreiheit des Betroffenen vollständig aufgehoben ist. Diese liegt bei einer Fesselung sämtlicher Gliedmaßen an für den Betroffenen unbeweglichen Gegenständen (z. B. Fahrzeugen, Betten, an Wänden mittels sog. Halteösen) vor. Die Fesselung von Armen und Beinen, mit der Folge, dass sich der Betroffene nur noch sehr erschwert bewegen kann, ist davon nicht erfasst. Da die Fixierung allein durch die Fesselung erreicht sein muss, bedarf es der Regelung in Absatz 2 Satz 1, wonach die Person für die Dauer der Fixierung ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu betreuen ist.
Gefordert wird eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeit gegen Personen oder von Selbstverletzung oder -tötung. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass diese Gefahr sich entweder bereits realisiert haben oder eine Verwirklichung in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorstehen muss. Der Zusatz „erheblich“ setzt zudem eine qualitativ gesteigerte Gefahr, also ein besonderes Gewicht der drohenden Schädigung, voraus. Die Begriffe „soweit“ und „solange“ sowie die Voraussetzung der Unerlässlichkeit machen deutlich, dass einer Fixierung eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorauszugehen hat, die auch während der Dauer der Fixierung immer wieder durchzuführen ist. Die Fixierung ist danach als letztes Mittel anzuwenden, wenn weniger eingriffsintensive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, wie z. B. die Fesselung nach § 65 Satz 1 Nummer 3 BbgPolG, nicht mehr ausreichen (vgl. BVerfG, 2 BvR 309/15, Rn. 80). Damit ist klargestellt, dass es kein anderes Mittel geben darf, welches mindestens gleich geeignet, ausreichen erforderlich und dabei mindestens gleich angemessen ist. Dieselbe Formulierung findet sich auch in § 106 BremPolG, in § 37a Satz 1 PolG NRW mit Verweis auf § 69 Absatz 7 StVollzG NRW und in § 23 Hmb. SOG. Auch im brandenburgischen Justizvollzugsgesetz wird der Begriff „unerlässlich“ genutzt (vgl. § 90 Absatz 6 BbgJVollzG).
Anstelle des Wortes „unerlässlich“ wäre auch die Formulierung „einziges Mittel zur Abwehr“ in Betracht gekommen. Diese Formulierung findet sich in §§ 66 Absatz 2 Satz 2 BbgPolG beim sog. finale Rettungsschuss und beim § 68 Absatz 1 Satz 2 BbgPolG im Zusammenhang mit dem Schusswaffengebrauch auf Personen in Menschenmengen. Bezogen auf die konkrete Maßnahme der Fixierung überwog jedoch das Ziel eines sprachlichen Gleichlaufs zu bereits existierenden landesrechtlichen Fixierungsvorschriften (§ 90 Absatz 6 BbgJVollzG, § 21 Absatz 4 Satz 1 BbgPsychKG § 83 Absatz 6 BbgSVVollzG), sodass das Wort „unerlässlich“ dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung besser entspricht.
Die Voraussetzung der „Unerlässlichkeit“ für die Fixierung führt dazu, dass diese beständig dahingehend zu überprüfen ist, ob ihre Aufrechterhaltung weiterhin zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderlich ist. Dabei ist eine am Verhalten und an den verbalen Äußerungen der Gefangenen sowie an möglicherweise bekanntem Vorverhalten ausgerichtete Prognose zu treffen. Mit dem Begriff „Dritter“ werden sowohl Dienstkräfte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben anderer Länder und des Bundes als auch sonstige Einsatzkräfte wie Sanitäter, der Notarzt etc. erfasst, die mit der bereits in Gewahrsam genommenen Person dienstlich in Kontakt treten könnten. Die Einwirkungsmöglichkeit der zu fixierenden Person auf sonstige Dritte dürfte bereits mit einer Ingewahrsamnahme ausgeschlossen sein. Um Verletzungen durch Metallbefestigungen ausschließen zu können, wird in Absatz 1 Satz 2 und 3 die Verwendung eines Gurtsystems und die Durchführung der Maßnahme nur durch hierfür entsprechend fortgebildetes Personal vorgeschrieben.
Absatz 2
Aufgrund der Intensität des Eingriffs sind die betroffenen Personen grundsätzlich engmaschig und in unmittelbarer räumlicher Nähe zu betreuen (Absatz 2 Satz 1), da auch infolge einer rechtmäßigen und ordnungsgemäß durchgeführten Fixierung erhebliche Gesundheitsgefahren bestehen könne, auf unmittelbar reagiert werden muss. Insbesondere wenn die Anwesenheit in unmittelbarer Nähe abträglich für die Beruhigung der betroffenen Personen ist, dann kann auf die unmittelbare Nähe verzichtet werden. Eine Kontaktaufnahme muss dennoch ermöglicht werden (Absatz 2 Satz 2).
Absatz 3
In Absatz 3 werden besondere Anforderungen für die nicht nur kurzfristige Fixierung aufgestellt. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet kurzfristige Fixierungen von anderen Fixierungen. Für kurzfristige Fixierungen, d. h. Fixierungen bei deren Beginn die Durchführung von weniger als einer halben Stunde vorausgesehen wird (vgl. Satz 2), stellt das Bundesverfassungsgericht geringere Verfahrensanforderungen an. Die Entscheidung über die Anordnung ist dem Amtsgericht vorbehalten (Absatz 3 Satz 1). Lediglich bei Gefahr im Verzug kann zunächst auf die Beantragung der richterlichen Entscheidung kurzfristig verzichtet werden. Die richterliche Entscheidung ist dann unverzüglich nachzuholen. Zu beachten ist, dass die Fixierungs-dauer einer polizeilichen Fixierung nach der Anordnung zur vorläufigen Unterbringung bei der Entscheidung über eine Fortsetzung der Maßnahme gestützt auf § 21 BbgPsychKG oder bei Überstellung eines Gefangenen an eine Justizvollzugsanstalt einzurechnen sein wird. Vor diesem Hintergrund wird eine frühzeitige Einbeziehung des Gerichts auch dann angezeigt sein, wenn die Maßnahme aus dem Zuständigkeitsbereich der Polizei in absehbarer Zeit in den Aufgabenbereich der regulär zuständigen Behörde wechseln wird.
Zur Vermeidung gerichtlichen Aufwands ist dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, wenn es entgegen erster Annahme und Beantragung die gerichtliche Entscheidung nicht mehr erforderlich ist, weil die Fixierung bereits beendet ist (Satz 3).
Ein über § 19 Absatz 4 BbgPolG hinausgehendes Erfordernis einer ärztlichen Stellungnahme speziell zur Durchführung der Fixierung wurde in der Regelung nicht aufgenommen.
Soweit das Bundesverfassungsgericht für eine Fixierung im Kontext des damaligen Entscheidungsgegenstandes eine ärztliche Stellungnahme (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juli 2018 – 2 BvR 309/15 -, Rn. 83) für unabdingbar ansah, betraf diese Vorgabe die Anordnung und Überwachung der Fixierung „in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung“ und leitete sich nicht unmittelbar aus Artikel 104 Absatz 2 GG ab. Das Gericht verwies daher auch auf fachliche Standards der Psychiatrie.
Eine Übertragbarkeit auf die polizeiliche Einsatzsituation ist mangels Vergleichbarkeit des Kontextes der Freiheitsentziehung nicht gegeben. Soweit sich zwar in § 37a PolG NRW das Erfordernis einer ärztlichen Stellungnahme findet, erfolgt dies nicht aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben (Artikel 104 Absatz 2 GG), sondern im Vorgriff auf die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit. In der rechtswissenschaftlichen Kommentierung wird zu der Regelung in Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass sowohl die Ursachen einer Gefährdungslage als auch die Auswirkungen einer Fixierung auf den Betroffenen regelmäßig medizinischer Natur sind, weshalb eine Fixierung nach § 37a S. 2 PolG NRW eine vorherige ärztliche Stellungnahme bedarf (vgl. BeckOK PolR NRW/Basteck, 23. Ed. 1.9.2022, PolG NRW § 37a Rn. 9). Dies sieht § 19 Absatz 4 BbgPolG ebenfalls vor.
In der polizeilichen Praxis hätte sich eine solche Vorgabe auch nicht auswirken können. § 37a Satz 2 PolG NRW sieht ebenfalls vor, dass in Fällen der Gefahr im Verzug die ärztliche Stellungnahme nicht abgewartet werden muss (§ 37a Satz 3 PolG NRW). Diesbezüglich wird in Bezug auf die polizeiliche Praxis vertreten, dass bei den klassischen Fällen einer zu Recht befürchteten erheblichen Rechtsgutgefährdung voraussichtlich meistens auch Gefahr im Verzug anzunehmen sein werde (so auch die Einschätzung des Gesetzgebers, vgl. NRW LT-Drs. 17/7624, 5, anknüpfend an BVerfG 2018 Seite 2619, vgl. auch BeckOK PolR NRW/Basteck, 23. Ed. 1.9.2022, PolG NRW § 37a Rn. 9 ff,).
Wäre daher die Voraussetzung einer ärztlichen Stellungnahme in Abgrenzung zur „ärztliche Begutachtung“ in § 19 Absatz 4 BbgPolG zusätzlich eingezogen, so wäre dem Erfordernis auch nur außerhalb der Gefahr im Verzug eine praktische Relevanz zugekommen, für die bereits die ärztliche Begutachtung nach § 19 Absatz 4 BbgPolG einschlägig ist.
Absatz 4
Absatz 4 normiert die Anforderungen an die Dokumentation. Die Dokumentation dient dem Nachweis für den Polizeivollzugsdienst, dass seine Beschäftigten rechtmäßig gehandelt haben. Die betroffenen Personen müssen auf ihre Rechtschutzmöglichkeiten hingewiesen werden und auch dies ist zu dokumentieren.
Zu Nummer 18 (§ 71)
Es wird auf die Ausführung zu Nummer 7 verwiesen.
Zu Nummer 19 (§ 77)
Die Änderung dient der Klarstellung, dass sämtliche Dienstkräfte der Polizei eines anderen Landes oder des Bundes Amtshandlungen im Land Brandenburg unter den weiteren Voraussetzungen des § 77 vornehmen können. Zuvor gab es in anderen Bundesländern Unsicherheit, ob der Status der polizeilichen Dienstkraft als verbe-amtet oder angestellt oder deren Befugnisreichweite eine länderübergreifende Amtshilfe ausschließen würde, was die Einsatzführung mit unterstellten Kräften anderer Bundesländer erschwert. Mit der Begriffskombination „Dienstkräfte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben“ wird klargestellt, dass damit sämtliche vollzugspolizeilichen Dienstkräfte (z. B. Polizeidienstkräfte“ i. S. d. § 7 Bln. ASOG, Hilfspolizeibeamten nach § 63 BPolG, Wachpolizei nach §§ 95 NPOG sowie § 99 HSOG) erfasst sein sollen.
Zu Artikel 2
Die Regelung trägt dem Zitiergebot aus Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG und Artikel 5 Absatz 2 Satz 3 der Verfassung des Landes Brandenburg Rechnung.
Zu Artikel 3
Absatz 1 regelt das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes.
Absatz 2 stellt sicher, dass die mit Artikel 1 Nummer 2 vorgesehen Änderung in
§ 5 Absatz 2 Satz 3 BbgPolG nicht vor dem 1. Januar 2023 in Kraft treten kann. Hintergrund ist, dass die in der Verweisung benannten Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch gemäß Artikel 16 Absatz 1 des Gesetzes zur Reform des Vormunschafts- und Betreuungsrechts erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten.
….wie passend, das just jetzt parallel zur Vorstellung des Gesetzes auch die Medien den Fall Rebecca wieder hochholen…..Ein Schelm, wer ……
Es ist immer die gleiche Partei, immer die glichen Leute!
Die gleichen Parteien. Hier sind CDU, SPD und Grüne in der Regierung, wie sonst überall auch.
Ansonsten korrekt. Warum werden die gewählt?
In kaum einem Bundesland genießen polizeiliche Fahndungen einen so hohen Stellenwert wie in Brandenburg; u. a. dafür hat die Polizei in Bandenburg im November 2018 ein Kooperationsvertrag mit der organisierten Sicherheitswirtschaft (Bundesverband der Sicherheitswirschaft, BDSW) unterzeichnet, welche private Sicherheitsdienste in polizeiliche Fahndungen miteinbezieht.
Vielen Fachleuten und Bürgerrechtlern geht diese Zusammenarbeit zwischen Polizei und Wirtschaft zu weit, weil die polizeiliche Fahndung eine rein hoheitliche Aufgabe darstellt und eben nicht als „police private partnership“ (teil)privatisierbar ist.
Auch der Datenschutz spielt hierbei eine große Rolle: Bis heute ist völlig unklar welche behördlichen Daten innerhalb von polizeilichen Fahndungen an kooperierende Sicherheitsfirmen übermittelt werden – dies entzieht sich fast komplett der öffentlichen (datenschutzrechtlichen) Kontrolle durch die behördliche Fachaufsicht.
Jeder der sich mit dem polizeilichen Fahndungswesen auskennt weis das die Polizei meistens mit personenbezogenen Daten und/ oder Kfz-Kennzeichen fahndet. Die Wahrscheinlichkeit das die Sicherheitswirtschaft in Brandenburg – auch außerhalb von polizeilichen Fahndungen, für rein kommerzielle, unternehmerische Interessen – in den Besitz von Kfz- und Halter-Daten gelangt ist durchaus gegeben.
https://www.maz-online.de/brandenburg/sicherheitsfirmen-und-polizei-ruecken-zusammen-YGYZ5RS2YTUOVCGDRKFOMUDIWM.html
Danke für den informativen Artikel und eure Berichterstattung!
Kleiner Hinweis:
“ […] rasterte die Brandenburger Polizei bereits im Jahr 2009 in 545 Fällen den Fahrzeugverkehr. Ein Jahr später tat sie dies schon 2.479 Mal – eine Steigerung um gut 450 Prozent.“
M.E. entspricht das einer Steigerung um gut 350 Prozent.
Danke, ist nun korrigiert.
Wieder mal der Beweis, dass der Einsatz von Überwachung _immer_ ausgebaut und erweitert wird, sobald man nur die Möglichkeit dafür geschaffen hat. Heute wegen Schwerverbrechern, morgen wegen Kleinkriminellen – übermorgen dann wegen Jedermann, denn man weiß ja nie, ob die Daten nicht in Zukunft nützlich sein könnten. So zumindest die Denke der Innenminister:innen. Verfassung und Grundrechte? Egal! Soll die Zivilgesellschaft eben ein paar Jahre lang klagen; bis zum Urteil wird (rechtswidrig) weitergesammelt. Nach dem Urteil dann einfach ein neues Gesetz, so vage und schwammig wie Wackelpudding. Damit macht man dann weiter bis die nächste Klage durch die Instanzen ging, usw. immer wieder von vorne. Dabei hat der Begriff „Rechtsstaat“ die Erwartungshaltung, dass zumindest der Staat sich bedingungslos an die Gesetze hält!!
Es lohnt sich „den Staat“ von „den gewählten Politikern“ zu trennen.
Der Staat sind wir als Gesellschaft. Die Politiker arbeiten für oder gegen uns, müsste man halt konsequent mit umgehen.
Zu differenzieren von „mehr Staat“, sowie bzgl. verschiedener Sprachen…
Ist eine Pflicht zum öffentlich sichtbaren Anbringen von pseudonymen Kennzeichen überhaupt DSGVO-Konform? Gibt es dazu bereits ein Urteil von Bundesverfassungsgericht?
Sollte es einen konkreten Grund geben kann die Polizei schließlich immer noch das Fahrzeug stoppen, die Papiere verlangen und evtl. die Fahrgestellnummer prüfen. Das würde anlasslose Massenüberwachung unterbinden, ohne blind in Institutionen vertrauen zu müssen, die glauben Gesetze gelten nur für Andere.
Ein Kfz ist ein Hochrisiko-Gerät im öffentlichen Raum, das gesellschaftliche Interesse an einer Kennzeichnung überwiegt.
Zumal signifikant viele Kfz-Führer leider Intensivtäter im Bezug auf Gesetzesverstöße und Ordnungswidrigkeiten zu Schäden Dritter sind. Eine Erhöhung, zT durch Automatisierung, des Überwachungsdrucks von Verstößen im fließenden wie ruhender Verkehr ist so notwendig wie begrüßenswert.
Und das lässt sich transparent und nachprüfbar implementieren. Bauliche und technische Maßnahmen zur Verhinderung von Verstößen sind natürlich immer vorzuziehen, das verhindert dann auch die potentielle Überwachung Kfz-freier Bürger.
Anonymous:
Sie verwechseln offensichtlich zwei Dinge: Verkehrsverstöße und deren Verfolgung einerseits und nicht verkehrsbezogene Straftaten und deren Ahndung andererseits.
Die ersten sind – wie bisher auch – ohne Kennzeichenspeicherung verfolgbar. Eine dauerhafte Speicherung von Kennzeichen ist also unnötig. Das im Artikel erwähnte Section-Control-Experiment stellt lediglich eine andere Methode zur Erfassung von Geschwindigkeitsverstößen dar und wurde in Niedersachen zwar erfolgreich getestet, unterliegt aber laut folgendem Link Beschränkungen (z. B. dürfen Personen nicht zu sehen sein und KFZ ohne Verstoß sind augenblicklich zu löschen). Quelle:
https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/verkehrsuberwachung-mittels-abschnittskontrolle-section-control-auf-der-b-6-ist-rechtmassig-182621.html
Dass (nachdem gegen Section Control erfolgreich vor dem VG Hannover geklagt wurde) für die Begründung des OVG Niedersachsens das niedersächsische PAG eigens geändert wurde und, unabhängig davon, weitgehende, verfassungsrechtlich bedenkliche Befugnisse für andere Bereiche geschaffen wurden, steht auf einem anderen Blatt.
Demgegenüber verhält es sich bei der in Brandenburg (und auch anderen Bundesländern) geplanten Kennzeichenüberwachung völlig anders.
Es geht nicht um „hochrisikoreiche“ Verstöße eines KFZ-Führers und nicht um öffentliches Interesse an der Kennzeichnung von KFZ (die ist schon da), sondern um deren Nutzung zu höchst umstrittenen Zwecken, vor allem aber um die Speicherung der Daten von unbescholtenen Personen über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Zudem wird unterstellt, dass Straftäter grundsätzlich ein KFZ benutzen und ein Erfolg einer Fahndungsmaßnahme nur unter Anwendung einer dauerhaften Kennzeichenüberwachung erfolgreich sei. Besonders im oben zitierten Aufzeichungsmodus ist dies nicht gegeben. denn seine Anwendung setzt einen richterlichen Beschluss voraus. Weiter Teil 2.
Wenn ein Verstoß vorliegt, wird das Kennzeichen natürlich gespeichert.
„Wenn ein Verstoß vorliegt, wird das Kennzeichen natürlich gespeichert.“
Meinen Sie Verkehrsverstöße? Wenn ja, dann ist das logische Konsequenz. Wenn Sie Straftaten meinen, handelt es sich um einen andernen und genau den Sachverhalt, der das Artikel-Thema berührt.
Ist Ihnen entgangen, dass der Kommentar, zu dem kommentiert wurde, die Frage nach der Kennzeichnungspflicht stellte? Ihr Einlassungen zu einer Vorratsdatenspeicherung gehen schlicht am behandelten Punkt vorbei.
Anonymous/Karl: Dann bitte ich um genauere Beschreibung, was Sie genau unter einer pseudonymen „Kennzeichnungspflicht“ verstehen. Wenn es KFZ-Kennzeichen sind (die sind, wenn überhaupt, nur höchstens dann pseudonym, wenn das KFZ nicht vom Halter gefahren wird), dann sind sie zur Identifikation notwendig, da sind wir uns einig. Da ich aber den Rest Ihres Kommentars so verstehe, als könnten oder sollten diese Kennzeichen zu den im Artikel beschriebenen, weitergehenden Zwecken eingesetzt werden, stimme ich mit Ihnen nicht in diesem Punkt überein. Dies sollten meine Ausführungen darlegen.
Anonymous, ist es nicht eine Definition bezüglich „Hochrisiko-Gerät“, die von denen getätigt wurde, die andere mit Einschränkungen reglementieren wollen. Ein „gesellschaftliches“ Interesse besteht nur bei den Verantwortungsträgern. Denn einst sollte damit nur erreicht werden, die Karossen auseinander zu halten. Später kam die Ausrede „Gefährlich“ hinzu. Es kann aber nur in Kombination Fahrer-Technik gefährlich werden, denn die Technik allein stellt kein höheres Risiko dar.
Außerdem Verwechseln sie etwas Grundlegendes in ihren Aussagen. Mit Fahrzeugen bewegen sich die überaus meisten Fahrzeugführer im Bereich von Ordnungswidrigkeiten und diese geben gesetzlich keinen Anlass die Kennzeichen zu speichern.
Es ist eine Marotte der Politiker auf alles, nur nicht auf sich selber, ein Auge zu werfen. Und gemessen an den Fahrzeugen wurden wie viele Straftaten im relevanten Bereich aufgedeckt? Unbedeutend und da ist der Eingriff ins GG ein höheres Gut.
Wäre es nicht besser mehr Polizisten einzustellen und Straftaten von den Ermittlungsbehörden und der Justiz konsequenter zu Verfolgen. Nicht zu vergessen die Strafen!
Law&Order 2.0:
So ist es. Und vor allem beschränkt sich die Überwachung keineswegs nur auf die klassisch neuralgischen Punkte wie Flughäfen, Bahnhöfe oder Bankschalter.
Ich fahre beruflich viel Auto und mache die Beobachtung, dass selbst auf Strecken, die kaum befahren sind, in den letzten fünf Jahren die typischen Kamera-Halbkugeln und ähnliche Geräte auf Masten installiert wurden.
Beispiele sind die A 9 in bestimmten Abschnitten Sachsen-Anhalts, die A 2 und die A 7 um Hannover herum, die A 71 in Teilen Thüringens, auf bestimmten Aschnitten der A 6 in Baden-Württemberg usw.
Kein Mensch weiss bzw. wird im Unklaren darüber gelassen, wer mit diesen Systemen zu welchem Zweck wen überwacht, ob und wie lange Daten gespeichert werden, ob die Geräte nachts aktiv sind usw. Die Verkehrsdichte oder Gefahrenstellen sind allein kein Grund, denn manche Strecken sind gerade, unkompliziert und sehr wenig befahren.
Dasselbe gilt für Rastplätze. Das betrifft aber keineswegs (nur) die großen Raststätten mit dort ansässigen Tankstellen, sondern auch kleine Haltemöglichkeiten mit Toiletten. Beispiele sind auch hier die A 2 im Raum Wolfsburg/Braunschweig oder die A 9 in Brandenburg oder Sachsen-Anhalt, um nur einige zu nennen.
Im Netz oder auch anderswo findet man keine Möglichkeiten, sich über Sinn und Zweck dieser Anlagen zu informieren. Daher wäre eine Recherche durch das Netzpolitik-Team sehr interessant.
Nicht nur für mich heisst es jedenfalls auf diesen Strecken: Handy aus, Kappe und Sonnenbrille auf.
Anders geht es leider nicht mehr.
Der Verstoss gegen das Vermummungsverbot als Kraftfahrzeugfuehrer ist natuerlich ein valider Grund zur Erfassung und Verarbeitung der Daten und sollte bei Wiederholung mit der Anordnung eines Fahrtenbuchs beantwortet werden. Laesst sich problemlos und datenschutzkompatibel automatisieren. Signifikante Anteile der Kraftfahrer legen mit ihrem Verhalten nahe, das zu wollen oder jedenfalls zu brauchen.
„Der Verstoss gegen das Vermummungsverbot als Kraftfahrzeugfuehrer…“
Es geht im Artikel nicht um ein Vermummungsverbot. Ein Fahrtenbuch kann jederzeit bei entsprechend schweren Verkehrsverstößen auferlegt werden. Das ist seit Jahren polizeiliche Praxis und funktioniert. Daher bedarf es keiner weiteren Maßnahmen, schon gar nicht solcher, wie sie im Brandenburger PAG und dem anderer Bundesländer geplant sind.
Das war eine Antwort auf den Kommentar „Nicht nur für mich heisst es jedenfalls auf diesen Strecken: Handy aus, Kappe und Sonnenbrille auf“, also die bewusste Vermummung des Kommentators.
Lesen Sie den Kontext, in dem Sie antworten? Es ist dem Verständnis dienlich, wirklich.
Ich bin zwar nicht der Betroffene, auf den Sie sich bezogen haben, aber dennoch:
Der Bezug Ihres Kommentars war nicht ohne Weiteres zu erkennen (optisch wie inhaltlich).
Sie hätten es den Lesern angesichts des etwas unübersichtlichen Antwort-Systems einfacher machen können, das von Ihnen im letzten Post erwähnte Zitat gleich an den Anfang des entsprechenden Kommentars zu stellen. So werden Missverstänisse vermieden.
Im Auto eine Sonnenbrille und/oder eine Mütze aufzusetzen oder kein Handy zu nutzen, fällt nicht unter ein Vermummungsverbot, aber vielleicht wird sich der Kommentator noch selbst dazu äußern.
Teil 2:
Dieser richterliche Beschluss darf nur erfolgen, wenn die Aufklärung der Tat mit anderen Mitteln nicht möglich ist. Ob dies der Fall ist, kann man aber vorher nicht wissen, vor allem dann nicht, wenn gar nicht bekannt ist, ob ein KFZ zur Tatausführung benutzt wurde und ob der Täter überhaupt die überwachte Strecke gefahren ist. Besonders der Aufzeichungsmodus impliziert deshalb mit der dauerhaften Speicherung die Aussichtslosigkeit der Aufklärung, die aber immer nur für einen einzelnen Fall neu definiert werden kann und muss. Allein deshalb ist der Einsatz dieses Modus juristisch fragwürdig, da er jedes erfasste KFZ quasi als Begründung in eine Entscheidung miteinbezieht, die aber nur für einen spezielles Fahrzeug und speziellen Sachverhalt getroffen werden kann. Es handelt sich daher um eine anlasslose Kennzeichen-Vorratsdatenspeicherung, die mit ähnlicher Begründung vom EuGH gekippt wurde.
Bitte diesen Teil direkt unter den ersten platzieren, damit der Beitrag im Zusammenhang gelesen werden kann. Danke!