Neues aus dem Fernsehrat (100)Jubiläumsausgabe mit 50 Erkenntnissen nach 100 Folgen

Vor ziemlich genau sieben Jahren ist bei netzpolitik.org der erste Eintrag in der Reihe „Neues aus dem Fernsehrat“ erschienen. 100 Folgen später bietet es sich an, zentrale und weniger wichtige Erkenntnisse dieser Reihe Revue passieren zu lassen – in Form von 50 Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnissen.

Leonhard Dobusch zwischen Mainzelmännchen
Unter Mainzelmännchen CC-BY 4.0 Leonhard Dobusch

Die Serie „Neues aus dem Fernsehrat“ beleuchtet seit 2016 die digitale Transformation öffentlich-rechtlicher Medien. Hier entlang zu allen Beiträgen der Reihe.

Statistik Themenschwerpunkte Neues aus dem Fernsehrat
Themen der bisherigen Blogeinträge in der Reihe „Neues aus dem Fernsehrat“ - CC-BY 4.0 Leonhard Dobusch

Wie schon nach den ersten 50 Folgen in der Reihe war auch die 100. Jubiläumsfolge Anlass für mich, einen Blick zurück zu werfen. Am öftesten ging es demnach um Themen wie öffentlich-rechtliche Plattformen, Transparenz der Rundfunkaufsicht und freie Lizenzen für öffentlich-rechtliche Inhalte (sie Abbildung).

Diese Themen dominieren auch die folgende, nur lose strukturierte Liste mit 50 Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnissen, die ich in diesen Jahren des Fernsehrat-Bloggens – oft gemeinsam mit Interviewpartner:innen und Mitautor:innen – gewonnen habe.

  1. Mehr Transparenz ist machbar. In der allerersten Folge der Reihe „Neues aus dem Fernsehrat“ ging es um fehlende Transparenz, nach 100 Folgen darf es als gesicherte Erkenntnis gelten: Es schadet weder der Qualität noch der Effizienz der Aufsicht, wenn Rundfunkgremien über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß an Transparenz hinausgehen.
  2. Ein Livestream von Plenarsitzungen hat kaum Folgen für den Sitzungsablauf oder das (Diskussions-)Verhalten. Die Ängste, dass es bei einem Livestream viel mehr zu großspurigen Show-Gefechten kommen könnte, hat sich nicht bewahrheitet.
  3. Rundfunkaufsicht ist größtenteils Schwarzbrot und wird nie die breite Öffentlichkeit interessieren. Aber die interessierte Teilöffentlichkeit ist groß genug, dass es den Aufwand für Livestreams rechtfertigt. Bei normalen Fernsehrat-Sitzungen schauen zwischen 150 und 300 Menschen im Livestream zu, bei der Intendant:innenwahl waren es sogar über 12.000.
  4. Newsletter sind ein niedrigschwelliges Transparenztool. Gemeinsam mit der Einführung von Livestreams von Fernsehratssitzungen wurde ein „#Fernsehrat-Newsletter“ zur Vor- und Nachberichterstattung eingeführt. Inzwischen verzeichnet dieser Newsletter über 4.700 Abonnent:innen, ein durchaus relevantes Interesse einer interessierten Teilöffentlichkeit.
  5. Auch im ZDF ginge noch mehr Transparenz. Der derzeit diskutierte Entwurf für den 4. Medienänderungssstaatsvertrag orientiert sich im Bereich Transparenz- und Compliance-Regeln stark an den Bestimmungen im ZDF-Staatsvertrag. Und im ZDF gefällt man sich (größtenteils zu Recht) in dieser Rolle als Transparenzvorreiter. Gleichzeitig halte ich es immer noch für falsch, dass Vorlagen zu öffentlichen Sitzungen nicht bereits im Vorfeld vollständig online zugänglich sind. Was ich 2020 zu „Vorschlägen für mehr Transparenz in der Geschäftsordnung“ geschrieben habe, gilt unverändert weiterhin.
  6. Transparenz nach Innen braucht andere Instrumente als Transparenz nach Außen. So sehr ich mich für Livestreams und Veröffentlichung von Unterlagen zu öffentlichen Sitzungen einsetze, so bin ich durchaus ein Freund nicht-öffentlicher Ausschusssitzungen. Das erlaubt ein freieres Sprechen und auch einmal saloppe Ansagen und offenere Diskussion, also Transparenz nach innen.
  7. Freie Lizenzen für öffentlich-rechtliche Inhalte sind möglich. Als ich 2016 neu in den Fernsehrat kam, behauptete eine interne Stellungnahme noch, dass bei Creative-Commons-Lizenzen „Aufwand und messbarer Ertrag meist in keinem Verhältnis zueinander stehen“. Warum sich das geändert hat und inzwischen freie Lizenzen in ZDF und ARD angekommen sind, habe ich in Folge 94 rekapituliert.
  8. Kompatibilität mit Wikipedia ist entscheidend: Creative-Commons-Lizenzen, die nicht mit Wikipedia kompatibel sind (z.B. weil sie kommerzielle Nutzung ausschließen), bedeuten ähnlich großen Aufwand wie freiere Lizenzen, bringen aber kaum Reichweite.
  9. Freie Lizenzen sind die Zukunft, vor allem für Bildungs- und ausgewählte Informationsinhalte. Seit ZDF Terra X mit seinen frei lizenzierten Clips bewiesen hat, dass freie Lizenzen auch in öffentlich-rechtlichen Kontexten machbar und reichweitenstark sind, ist einiges in Bewegung geraten – nicht nur beim ZDF, sondern auch in der ARD.
  10. Freie Lizenzen sind gekommen, um zu bleiben: in Zeiten ständig zunehmender Bedeutung digitaler Verbreitungswege auch jenseits der eigenen Mediatheken wird die Veröffentlichung von Inhalten unter freien Lizenzen gerade im Kernbereich von Information und Bildung immer mehr Bedeutung gewinnen. Auf diese Weise werden solche Inhalte besser gefunden und dem öffentlich-rechtlichen Auftrag besser entsprochen.
  11. Deshalb: ZDF & ARD <3 Wikipedia. (Und das schöne: diese Liebe wird von der Wikipedia erwidert.)
  12. „Telemedien“ ist Rundfunkrechtsdeutsch für Internet.
  13. Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen sind mehr als nur die Mediatheken, sie umfassen auch Angebote auf Drittplattformen.
  14. Wikipedia ist eine Drittplattform. Und zwar die wichtigste und gleichzeitig unterschätzteste Drittplattform für öffentlich-rechtliche Medien. Denn wenn im Fernseh- und Rundfunkräten von Drittplattformen die Rede ist, dann sind damit in der Regel nur die großen, proprietären Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok gemeint.
  15. Apropos Mediatheken: Die müssen social werden. Es ist eine Zumutung, dass Beitragszahler:innen öffentlich-rechtliche Inhalte auf kommerziellen Plattformen wie YouTube suchen müssen, wenn sie sie kommentieren und mit anderen darüber diskutieren wollen.
  16. Das Fediverse ist der Königsweg, um Mediatheken social zu machen.
  17. Erst als Jan Böhmerman mit det.social ins Fediverse vorgeprescht ist, habe ich gelernt, dass die Mainzelmännchen Namen haben. Inzwischen ist das ZDF mit einer offiziellen Instanz unter zdf.social im Fediverse vertreten, genauso wie die ARD mit ard.social. Und wie kürzlich von Seiten des NDR berichtet, sind die Erfahrungen dort durchaus ermutigend.
  18. Die föderale Struktur der öffentlich-rechtlichen Medien passt perfekt zu dezentralen, protokollbasierten Netzwerken wie Mastodon, Peertube und Co. Ausführlich hatte ich über dieses Thema mit Marcel Weiss in dessen Neunetzcast-Podcast diskutiert.
  19. Der Public Spaces Incubator ist deshalb eines der innovativsten und vielversprechendsten Forschungs- und Entwicklungsprojekte in diesem Kontext.
  20. Software für Mediatheken muss Open Source werden. Eigentlich ist das mit dem vorhergehenden Punkt schon gesagt, denn das Fediverse basiert auf offener Software und offenen Protokollen. Eine Fediverse-Integration der Mediatheken bedeutet also automatisch, endlich auf freie Software zu setzen.
  21. Open Source bedeutet automatisch Europäisierung. Schon heute wird im Rahmen der Europäischen Rundfunkunion versucht, bei der Softwareentwicklung zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Anbietern zu kooperieren. Allerdings wird das erst dann funktionieren, wenn es auf einem Open-Source-Modell aufsetzt, weil so keine übermäßigen wechselseitigen Abhängigkeiten entstehen und erprobte Governance-Strukturen.
  22. Freie Lizenzen bedeuten automatisch Europäisierung. Frei lizenzierte Videoclips können ohne Rechteklärung in andere Sprachen übersetzt werden, finden in den verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia Verwendung.
  23. Wer von Europa spricht, darf von Geoblocking nicht schweigen. Diesbezüglich ist interessant, dass es sowohl die EU-rechtliche Grundlage als auch über den Login die technische Grundlage dafür gäbe, Geoblocking umgehbar zu machen. Dafür bräuchte es die Möglichkeit, im Profil die Beitragszahler-ID zu hinterlegen.
  24. Die Zukunft von Europas öffentlich-rechtlichen Medien liegt in einem offenen und dezentralen öffentlich-rechtlichen Ökosystem. Dafür braucht es kein gemeinsames Portal, aber gemeinsame Infrastruktur auf Basis offener Software, Standards und Protokolle. Im Ergebnis können so öffentlich-rechtliche Netzwerkeffekte entstehen.
  25. Öffentlich-rechtliches Ökosystem bedeutet, sich für Inhalte von Dritten zu öffnen. Es wird Zeit, dass Mediatheken zur Plattform werden und anderen gemeinnützigen Anbietern wie Universitäten oder Kultureinrichtungen eine Bühne bieten.
  26. Investitionen in freie Software und freie Lizenzen sind Beispiele für digitalen Public Value jenseits programmlicher Aspekte. Ein Thema, zu dem der ZDF-Verwaltungsrat 2023 eine Potenzialanalyse ausgeschrieben und inzwischen bei Prof. Frank Lobigs (TU Dortmund) beauftragt hat.
  27. Offenheit und Transparenz ist auch bei Personalisierung und Empfehlungssystemen angesagt. Das Portal algorithmen.zdf.de ist diesbezüglich wegweisend.
  28. Empfehlungsalgorithmen in Mediatheken folgen dem demokratischen Auftrag. Genau deshalb ist es wichtig, dass es öffentlich-rechtliche Plattformen und ihre „demokratischen Algorithmen“ als Alternative zu kommerziellen Plattformen mit ihren auf Profitmaximierung optimierten Algorithmen gibt.
  29. Professionalisierung ist nicht die Antwort auf Aufsichtsversagen. Denn (durchaus ausbaufähige) Vielfalt ist eine Stärke von Rundfunkräten, weil sie die Senderspitzen öffentlich-rechtlicher Medien zwingt, ihre Pläne und Strategien für Laien verständlich darzulegen und ihre Vorhaben nachvollziehbar zu rechtfertigen.
  30. Freundeskreise sind besser als ihr Ruf: Kaum etwas im Kontext öffentlich-rechtlicher Medien hat einen schlechteren Ruf als die sogenannten „Freundeskreise“ in der Rundfunkaufsicht. Auch beim ZDF treffen sich vor Fernsehratssitzungen zwei grob weltanschaulich verortete Gruppen – ein eher progressiver und ein eher konservativer Freundeskreis – zu Vorbesprechungen. Wie in Folge 22 ausgeführt, handelt es sich dabei um so etwas wie Fraktionen, wie sie in politischen Vertretungskörpern überall auf der Welt üblich sind. Ich bin immer noch überzeugt, dass es sinnvoll wäre, solche Fraktionen in der Geschäftsordnung offiziell vorzusehen und sie damit ihres vermeintlich konspirativen Charakters zu berauben.
  31. Rot und schwarze Häppchen sind die Ausnahme: Nur bei meiner allerersten Fernsehratssitzung gab es die farblich an Freundeskreise erinnernden Käsebällchen.
  32. Freundeskreise sorgen für Transparenz nach Innen: Denn natürlich stellen sich im Rahmen der Rundfunkaufsicht ständig weltanschaulich-politische Fragen. Welche Themen, Interessen, Gruppen im öffentlich-rechtlichen Angebot wie präsent sind, ob und auf welche Weise am ehesten Ausgewogenheit bei politischer Berichterstattung hergestellt wird. Den politischen Charakter von Rundfunkaufsicht zu leugnen, wäre naiv. Noch naiver wäre nur, zu glauben, dass es in einem quasi-parlamentarischen Gremium mit 60 Mitgliedern wie dem Fernsehrat keine Vorgespräche und Absprachen geben würde. Freundeskreise sorgen jetzt zunächst dafür, dass zumindest ein Teil solcher Vorgespräche und Absprachen unter Einbeziehung sämtlicher Mitglieder von Rundfunk- und Fernsehräten erfolgt.
  33. Freundeskreise beschränken die Macht der Staatsbank: Ironischerweise wird durch formalisierte Vorgespräche die Macht der parteipolitisch besetzten ‘Staatsbank’ nicht automatisch gestärkt, sondern tendenziell eingehegt. Denn jenes Drittel der parteipolitisch besetzten Mitglieder kennt sich schon lange bevor sie Teil der Rundfunkaufsicht werden. Denn die für Medienpolitik in ihren Parteien Zuständigen sind, bildlich gesprochen, schon vorher in gemeinsamen Chatgruppen, um sich auszutauschen und abzustimmen. Erst die Freundeskreise bieten jetzt auch allen anderen Mitgliedern der Rundfunkaufsicht einen Rahmen, um sich abseits der Sitzungen kennenzulernen, auszutauschen und ebenfalls abzustimmen. Und weil es im Rahmen der Freundeskreise auch zu formalisierten Entscheidungsprozessen kommt, führen sie eher zu einer Beschränkung denn einer Ausdehnung des parteipolitischen Einflusses der Staatsbank. Ob diese Möglichkeit von der Mehrheit der Vertreter:innen gesellschaftlicher Gruppen und Bereiche auch genutzt wird, ist wieder eine andere Frage und liegt auch sehr an den handelnden Personen.
  34. Ein Drittel Staatsbank ist immer noch sehr viel: Anders als bei den Mitgliedern der Staatsbank verhält es sich bei den Vertreter:innen der gesellschaftlichen Gruppen. Sie kommen in den Rundfunkräten zum ersten Mal zusammen und es dauert – auch weil es ja nur einmal im Quartal Plenumssitzungen gibt – bis die sich überhaupt kennengelernt haben. Insofern ist es in der Tat so, dass die Staatsbank, obwohl sie maximal ein Drittel der Mitglieder stellt, einen durchaus beträchtlichen Einfluss ausübt – und zwar unabhängig von der Existenz von Freundeskreisen. Einfach, weil sie organisiert und oft untereinander abgestimmt agieren kann.
  35. Hinzu kommt: Es gibt eine Schattenstaatsbank, also Vertreter:innen gesellschaftlicher Gruppen, die sehr ausgeprägten parteipolitischen Hintergrund haben. Auch das spricht dafür, die offizielle Staatsbank auf ein Viertel der Mitglieder zu beschränken und stattdessen Mitglieder per Los zu nominieren.
  36. Es wird viel zu viel über Freundeskreise geredet. (Stimmt auch für diese Liste.) Wichtiger für staatsferne Aufsicht sind Art und Weise der Besetzung, Regeln für qualifizierte Mehrheiten und Transparenz.
  37. Rundfunkföderalismus ist gut für die Aufsicht: gerade auch im Vergleich mit der Rundfunkaufsicht in anderen Ländern wie Österreich zeigt sich, wie wichtig der Rundfunkföderalismus für die Staatsferne und weltanschauliche Ausgewogenheit öffentlich-rechtlicher Medien ist. Während in Österreich die Bundesregierung mehr als die Hälfte der Mitglieder des ORF-Stiftungsrats bestimmt, werden beim ZDF nur zwei Personen von der Regierung bestimmt. Die dezentrale, föderalistische Auswahl auch im Bereich der gesellschaftlichen Gruppen (z.B. Berlin für „Internet“, Bayern für „Digitales“, Thüringen für „LGBTIQ“ etc.) sorgt automatisch für eine gewisse weltanschauliche Bandbreite.
  38. Es gibt keine völlig unabhängigen Medien, nur unterschiedliche Abhängigkeiten. Deshalb ist es für eine demokratische Öffentlichkeit wünschenswert, relevante Medien mit unterschiedlichen Abhängigkeiten zu haben.
  39. Rundfunkföderalismus ist schlecht für nachhaltige, staatsferne Finanzierung: Die Notwendigkeit von Einstimmigkeit aller deutschen Bundesländer für eine Anpassung des Rundfunkbeitrags wird in Zeiten starker politischer Polarisierung zunehmend zum Problem. Eine Indexierung des Beitrags wäre hier die bessere Lösung gewesen.
  40. Apropos Rundfunkbeiträge: Repliken in Tweet-Länge auf die fünf häufigsten Takes dazu („Nutze ich ja gar nicht!“, „Die machen Volksmusik!“ etc.) finden sich in diesem Thread.
  41. Gemeinschaftlich finanzierte Medien sind eine Form von Vergesellschaftung. Von den Stärken und Schwächen öffentlich-rechtlicher Governance lässt sich deshalb auch für andere Bereiche lernen, wo es Bedarf nach vergesellschaftlichten Alternativen zu marktbasierten Lösungen gibt (#99).
  42. Rundfunkföderalismus ist eine Herausforderung für die Rundfunkaufsicht. Derzeit werden viele Diskussionen in den diversen Rundfunkräten parallel geführt, es gibt kaum strukturierten Austausch über Rundfunk- und Fernsehräte hinweg.
  43. Losen ist besser als wählen (#43): Aufsicht öffentlich-rechtlicher Medien steht vor dem prinzipiellen Problem, einerseits staats- und parteifern sein zu müssen, andererseits aber demokratisch rückgebunden. Ein Ausweg wäre, einen relevanten Teil der Mitglieder von Rundfunk- und Fernsehräten zu losen, ähnlich wie das in der Justiz (bei Geschworenen) üblich ist.
  44. Losen von Rundfunkräten würde auch gegen Diversitätsdefizite helfen. Dass es diese Defizite gibt, hat eine Studie der Neuen Deutschen Medienmacher*innen gut nachvollziehbar dokumentiert.
  45. Beauftragung von wissenschaftlichen Studien kann bei Bewältigung digitaler Herausforderungen wegweisend sein, wie u.a. das Gutachten „Legitimation und Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Zeiten der Cloud“ (#3) gezeigt hat.
  46. Aufsichtsgremien wie Fernseh- und Verwaltungsrat sollten auch unabhängig von den Anstalten Studien beauftragen. Aufsichtsgremien sind hier freier als die Anstalten selbst und können so auch als Impulsgeber fungieren.
  47. Presseähnlichkeit ist ein unzeitgemäßes Unwort.
  48. Das Textverbot für öffentlich-rechtliche Online-Angebote, war und ist falsch.
  49. Funk ist ein Vorbild für die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien. Die jüngsten Zahlen untermauern das.
  50. Auch Bloggen macht Gremienarbeit nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Aber mehr Spaß macht es schon. In diesem Sinne: Vielen Dank an alle, die bis hierher gelesen haben und sich für Neues aus dem Fernsehrat interessieren.

24 Ergänzungen

  1. Ich habe die 50 Punkte eigentlich nur durchgelesen, um zu erfahren, was man ändern muss, damit es auch mit den Nachrichten zu Julian Assange mal funktioniert ( bei „heute“, nicht bei der „heute-show“ ),
    oder damit, dass wir endlich Berichterstattung aus dem EU-Parlament mit den Abgeordneten dort als Interview Partnern bekommen (im Radio funktioniert’s ein wenig bei radio eins – im Fernsehen aber nur bei arte! ),
    und natürlich, wie wir es schaffen, uns davor zu schützen, was man in Polen, Ungarn, (demnächst auch bei Robert Fico in der slowakischen Republik?) schon erschrocken feststellt an verlorener Pressefreiheit.
    Also eigentlich: => ob die EU-Medienfreiheitsverordnung nun wirklich helfen wird, wenn sie in der EU-Parlaments-Fassung käme?

    … Aber ich fand die tatsächlichen 50 Punkte dann auch super-spannend. Muss gleich mal schauen, ob man „frag-selbst“ beim ARD-Hauptstadtstudio tatsächlich via fediverse (ard.social) schaffen würde : )

    Und mal sehen, ob ARD und ZDF lernen – dass in den talkshows immer dieselben eingeladen werden, und zu wenig unterschiedliche Themen besprochen werden, haben sie ja schon selbst erkannt: mal schauen, ob sie es nun auch ändern? Maybrit Illner zum Thema EU Medienfreiheit wäre ja mal spannend mit Renate Nikolay oder Hannah Neumann oder Daniel Freund !

  2. Antwort = nein (kein „frag-selbst“ auf ard.social)
    „Social Web und ARD Media Lounge
    Der Berichterstattung zur Bundespolitik aus dem ARD-Hauptstadtstudio können Sie auch im Social Web folgen: Aktuelle Nachrichten, interaktive Formate wie der „Bericht aus Berlin extra“ oder „Frag selbst!“ sowie Programmhinweise und Neuigkeiten finden Sie auf den Kanälen des Politikmagazins „Bericht aus Berlin“ bei Facebook, Twitter und Instagram. Das Angebot bündelt Beiträge aus allen Programmbereichen des ARD-Hauptstadtstudios.“

  3. > Aber die interessierte Teilöffentlichkeit ist groß genug, dass es den Aufwand für Livestreams rechtfertigt. Bei normalen Fernsehrat-Sitzungen schauen zwischen 150 und 300 Menschen im Livestream zu.

    Es wären wohl sehr viel mehr, wenn die „interessierte Teilöffentlichkeit“ denn wüssten, wann die Livestreams der Fernsehrat-Sitzungen gestreamt werden, und wo sie Links dazu finden. Vermutlich gibt es sogar archivierte Aufnahmen, aber wie findet man die?

      1. > Termine und Links liefert z.B. der Fernsehrat-Newsletter.
        Uhm?! Newsletter-Zwang? Das geht doch sicher auch anders?

        1. Der Newsletter als Angebot an jene, die die Termine gerne in ihre Mailbox geliefert bekommen wollen. Die Sitzungstermine stehen aber natürlich auch auf der Homepage für alle, die das nicht wollen. Und genau unter der Adresse ist auch immer der Livestream zugänglich.

  4. Welche Rolle spielen Produktionsgesellschaften bei den Öffentlich-Rechtlichen?
    Wie finanzieren sich diese? Welche Macht haben sie? Sind sie in Gremien vertreten?

    1. Private Produktionsgesellschaften sind nicht direkt in den Gremien vertreten, allerdings liefern ihre Verbände regelmäßig Stellungnahmen im Rahmen von Konsultationsverfahren (z.B. zu neuen Telemedienangeboten). Für die praktische programmliche Arbeit sind Produktionsgesellschaften natürlich von Bedeutung, weil ein relevanter Teil des Programms aus Auftragsproduktionen besteht.

      Was gewerbliche Töchter der öffentlich-rechtlichen betrifft (z.B. ZDF Studios), so unterstehen die primär der Kontrolle des Intendanten, der Verwaltungsrat erhält aber z.B. einen Beteiligungsbericht über das Gebaren der Töchter.

  5. 25. Öffentlich-rechtliches Ökosystem bedeutet, sich für Inhalte von Dritten zu öffnen. Es wird Zeit, dass Mediatheken zur Plattform werden und anderen gemeinnützigen Anbietern wie Universitäten oder Kultureinrichtungen eine Bühne bieten.

    Universitäten und Kultureinrichtungen brauchen keine fremden Bühnen, weil sie sich selbst ins Fediverse stellen können. Eine Plattform-Ökonomie bedeutet Konzentration von Macht an einer/wenigen Stelle/n. Der Fediverse-Gedanke ist genau dagegen angetreten, das zu verhindern. Daher sollte das Zuckerberg Imperium auch draußen bleiben, mit allen anderen, die Fediverse nicht kapieren wollen oder es gar kapern wollen.

  6. Zitat faz:
    Der Moderator und Komiker Jan Böhmermann erhält vom ZDF eine jährliche Apanage von 651.000 Euro plus Mehrwertsteuer. Bis 2025 soll die Summe auf 713.000 Euro jährlich steigen. Das geht aus dem Dreijahresvertrag hervor, den das ZDF Ende 2022 mit dem TV-Komiker geschlossen hat. Über die geheimgehaltenen Summen berichtet nun die „Welt am Sonntag“.

    Im kommenden Jahr soll Böhmermanns Entlohnung demzufolge um 31.000 Euro ansteigen und 2025 dann bei 713.000 Euro liegen. Welche Beträge das ZDF darüber hinaus der 2020 gegründeten Produktionsfirma Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld UE GmbH überweise, welche Böhmermanns Show produziert, sei unklar, schreibt die „WamS“.

    Damit lägen Böhmermanns aus dem Rundfunkbeitrag finanzierte Einkünfte noch deutlich über dem Gehalt des ZDF-Intendanten Norbert Himmler, das zuletzt netto 372.000 Euro im Jahr betrug (ohne Zulagen und Sachbezüge).
    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/zdf-zahlt-jan-boehmermann-651-000-euro-pro-jahr-19212244.html
    Eine Zusammenfassung bei: https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3348.html

    Frage an „unseren“ Mann im ZDF-Fernsehrat:
    Was bekommt der Fernsehrat von den exorbitanten Bezügen mit?
    Wer findet die Höhe solcher Bezüge im ZDF-Fernsehrat angemessen?
    Wie kommt es angesichts von Gebührenknappheit(really?) zu solchen finanziellen Entgleisungen?

    1. Zu den Fragen:

      – Der Fernsehrat ist mit Vergütungsfragen nicht befasst, das ist ausschließlich Aufgabe des Verwaltungsrats, wobei auch im Verwaltungsrat primär außer-/übertarifliche Vergütungen Thema sind, diesbezüglich gibt es einen eigenen, vertraulichen Personalausschuss. Dem gehöre ich nicht an.
      – Bei der Frage, ob es sich hier um eine „finanzielle Entgleisung“ handelt oder ob solche Bezüge als angemessen gelten können, kommt es natürlich immer auf den Vergleichsmaßstab an. Im ZDF betrifft das nur etwas mehr als eine Handvoll Personen.
      – Rechtfertigen lässt sich das mit dem Marktwert solcher Personen. Ich verweise hier auf den Spitzenfußball, wo noch viel, viel höhere Gehälter für Spitzenspieler bezahlt werden, u.a. ebenfalls aus Beitragsgeldern, die für Übertragungsrechte ausgegeben werden.

      Ich persönlich sehe sehr hohe Gehälter ganz allgemein kritisch, egal ob ich sie mit Beitragsgeldern oder als Konsument über Werbung finanziere. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass über Instrumentalisierung von Gehaltskritik nicht in die Programmautonomie eingegriffen wird. Das ist eine Gratwanderung.

      1. Der Begriff Marktwert suggeriert, eine faire und transparente Preisfindung, die in eher kürzeren Intervallen zu Preisanpassungen führt. Ist das bei der Aushandlung von langjährigen Verträgen so der Fall, oder kommt es nicht etwa mehr auf das Verhandlungsgeschick an und ob eine Bereitschaft besteht, mit dem Geld der vergleichsweise gering verdienenden Gebührenzahler allzu spendabel umzugehen?

        Kann man von Marktwert bei Verträgen sprechen, wo schon bei Abschluss üppige jährliche Erhöhungen vereinbart werden, ohne Bezug zu einer erbrachten Leistung?

        Wie korreliert ein (fiktiver?) Marktwert mit gemessenen Zuschauerzahlen?
        Werden Bezüge von Moderatoren gekürzt, wenn die Zuschauerzahlen sinken?

        Ist es dem Ansehen einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt zuträglich, wenn ein Moderator, dessen Vertragsverlängerung (Ende 2022) ansteht, seine Quote dadurch noch mal schnell mittels haltloser Vorwürfe gegenüber einen Behördenleiter einen Skandal produziert, der Wellen schlägt, aus niedrigen Beweggründen sozusagen, um seinen eigenen „Marktwert“ für Verhandlungen zu steigern?

        1. Also für mich suggeriert Marktwert keineswegs „faire und transparente Preisfindung“. Eher im Gegenteil, Märkte neigen zu Übertreibung, Herdentrieb und, gerade im Bereich der Kulturindustrie, Winner-Take-All-Dynamiken. Insofern gehen die meisten Ihrer Fragen diesbezüglich aus meiner Perspektive ins Leere.

          Was den letzten Absatz betrifft: das sind sehr weitreichende Unterstellungen und fiktive Annahmen, die Sie hier treffen. Aber vielleicht wissen Sie da einfach mehr als ich.

          1. > Nur weil ich Marktwerte nicht als „fair“ empfinde, bedeutet es nicht, dass sie irrelevant für die Bemessungshöhe von Vergütungen sind.

            Also gut, wenn Sie „Marktwerte“ nicht mögen, dann reden wir über die „Bemessungshöhe“. Da steckt dankbarerweise schon mal „messen“ drin.

            Wie korrelieren gemessene Zuschauerzahlen mit der Höhe der Vergütungen?
            Welche ZDF-Sendungen haben die teuersten Sendeminuten, und welche die billigsten?

          2. Wir drehen uns im Kreis: es ist egal, ob ich Marktwerte mag oder nicht, sie sind relevant. Und ich habe oben bereits vergleichbare Vergütungen bei anderen Sendern verlinkt.

            Was die weiteren Fragen betrifft: ich bin Aufsicht, kein Sendervertreter. Solche Fragen richten Sie bitte an die Pressestelle des ZDF.

      2. > Rechtfertigen lässt sich das mit dem Marktwert solcher Personen.

        Sie führen das Argument „Marktwert“ hier selbst ein, und machen sich dann weiter unten einen schlanken Fuß:
        > Also für mich suggeriert Marktwert keineswegs „faire und transparente Preisfindung“. Eher im Gegenteil …

        Kapitulieren Sie vor der Frage nach Marktwert und Einschaltquoten?

        1. Nur weil ich Marktwerte nicht als „fair“ empfinde, bedeutet es nicht, dass sie irrelevant für die Bemessungshöhe von Vergütungen sind.

          Und nur zum Vergleich, hier ein Bericht über Vergütung der prominentesten ARD-Moderator:innen. Da ist Böhmermann einfach nicht in völlig anderen Sphären. Und mehr als die jeweiligen Intendant:innen verdienen diese Leute allesamt.

          1. > hier ein Bericht über Vergütung der prominentesten ARD-Moderator:innen.

            Frei zugängliches Zitat Tagesspiegel (Quelle Medieninsider [Paywall]):
            Drei ARD-Talks für 41,4 Millionen Euro: Reden ist Gold
            „Miosga“ am teuersten pro Minute, dann „Maischberger“ und „Hart aber fair“. Maischberger bekommt pro Moderation 21.600 Euro.

            Das passt schon zum Thema, aber wo finde ich den „Bericht“ über die prominenten ZDF-Moderator:innen?
            Was kostet eine Minute Lanz?

            Schon klar, warum diese Moderator:innen stets gut gelaunt moderieren können in dieser Scheißwelt.

          2. Anhand welcher Bemessungsgröße orientiert sich die Aufsicht ob die Kosten einer Sendung ein akzeptables Maß überschreiten?

          3. Ganz grob sind es in der Regel drei Referenzpunkte:
            – was hat eine (vergleichbare) Sendung bisher gekostet
            – was kosten vergleichbare Sendungen anderswo
            – gibt es Änderungen der Sendung bzw. in Sendungsrelevanten Kostenfaktoren, die höhere/niedrigere Kosten rechtfertigen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.