Ashton KutcherChatkontrolle-Star mit Glaubwürdigkeitsproblem

Der Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher ist ein Held unter den Befürwortern der Chatkontrolle. Jetzt hat Kutcher sich bei einer Richterin für einen befreundeten Vergewaltiger eingesetzt und dabei die Glaubwürdigkeit von dessen Opfern untergraben. Der Mann taugt weder als Vorbild noch als Lobbyist. Ein Kommentar.

Ashton Kutcher
Ashton Kutcher (Archivbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Der US-amerikanische Schauspieler Ashton Kutcher, bekannt durch Filme wie „Ey Mann, wo is‘ mein Auto?“, ist einer der prominentesten und hartnäckigsten Lobbyisten für die Einführung der Chatkontrolle. Er ließ zusammen mit seiner Kinderschutzorganisation Thorn kaum eine Gelegenheit aus, um in der EU für die neue Idee der anlasslosen Überwachung zu werben.

Sein Lobbyismus fand bei Befürwortern der Chatkontrolle regen Anklang: Bei einer Veranstaltung im EU-Parlament letzten November wurde Kutcher von der mittlerweile wegen Korruptionsermittlungen zurückgetretenen Eva Kaili bis zur Grenze der Peinlichkeit als Star gefeiert und gehätschelt. Doch jetzt hat Kutcher ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem, was den Umgang mit Betroffenen sexueller Gewalt angeht.

Glaubwürdigkeit der Opfer untergraben

In einem Gerichtsverfahren gegen den wegen zweifacher Vergewaltigung verurteilten Schauspieler Danny Masterson, hatte sich Kutcher in einem Brief an die Richterin für den Angeklagten eingesetzt. Der Fall war laut Medienberichten auch davon geprägt, dass die Sekte Scientology, der Masterson angehört, über Jahre die Betroffenen eingeschüchtert und den Schauspieler gedeckt habe.

In dem Brief, den unter anderem Newsweek im Volltext veröffentlicht hat, hatte Kutcher Masterson als „Vorbild“ bezeichnet, das ihn vor Drogen bewahrt habe. Er habe sich zudem in einem Konflikt für ein fremdes Mädchen eingesetzt, das von ihrem Freund beschimpft worden sei, und habe Menschen immer mit Anstand und Großzügigkeit behandelt. Kutcher bescheinigte Masterson darüber hinaus, dass dieser ihn nie angelogen hatte und setzte sich für ein geringeres Strafmaß für Masterson ein. Dieser sei keine Bedrohung für die Gesellschaft, er sei einer der wenigen Menschen, die er alleine mit seinen Kindern lassen würde.

Für diesen Brief hat Kutcher zu Recht heftige Kritik einstecken müssen. Denn er hat versucht, die Glaubwürdigkeit der Opfer zu untergraben und den Vergewaltiger zu schützen. Der Brief war zudem auf die Vorwürfe der Anklage zugeschnitten, indem dort Mastersons Einsatz gegen Drogen und dessen Ehrlichkeit betont wurde. Masterson hat seine Opfer laut der Anklage vor der Vergewaltigung unter Drogen gesetzt. Er hat die Taten aus den frühen 2000er-Jahren bis zuletzt abgestritten.

Kritik an „Entschuldigungsvideo“

Ashton Kutcher und seine Frau Mila Kunis, die auch einen Brief für Masterson geschrieben hat, reagierten auf die Kritik mit einem Video auf Instagram, in dem sie nun sagen, dass die Briefe nur für die Richterin gedacht gewesen seien und nicht dafür, die Aussagen der Opfer zu untergraben oder diese erneut zu traumatisieren. „Dies würden wir nie wollen und es tut uns leid, wenn das passiert ist.“ Ihr Mitgefühl gelte den Opfern sexueller Gewalt.

Das Video wiederum löste Empörung aus, weil es keine echte Entschuldigung enthält. Eines der Vergewaltigungsopfer wandte sich in Reaktion auf das Video an einen Journalisten mit den Worten: „Dieses Video war unglaublich beleidigend und verletzend.“ Insbesondere Kutcher, der behaupte, mit Opfern von Sexualverbrechen zu arbeiten, müsse lernen seine Privilegien in Schach zu halten, so die Betroffene weiter.

Kein gutes Vorbild

Klar ist in jedem Fall: Selbst wenn Kutcher nur eine ungewöhnlich hohe Haftstrafe für seinen Freund abwehren wollte, hat er mit diesem Brief seine Glaubwürdigkeit verspielt. Wer es ernst meint mit dem Kampf gegen sexualisierte Gewalt und einen verantwortungsvollen Umgang mit Überlebenden dieser Gewalt, der sollte mit Ashton Kutcher nicht zusammenarbeiten. Der Mann ist weder ein gutes Vorbild, noch jemand, dessen Lobbyismus man Beachtung schenken sollte.

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15 Ergänzungen

  1. Klassischer Fall von Vorteilsnahme durch sensible Themen.
    So wie es auch die Politiker machen indem sie vermeintliche Gesetze zum Schutz v. Kindern erlassen.

    Das einzige Ziel ist die eigene Profilierung bzw. Legitimierung der Regierung mit dem Thema. Simpsons hat, wie immer, wieder einmal die Zukunft vorausgesagt mit dem legendären „Denkt doch jemand an die Kinder“-Spruch.

  2. dass dieser darsteller keine glaubwürdigkeit hat/moralisch höchst fragwürdig ist, wurde mir damals klar als er sich als kinderschützer inszeniert hat.
    das kam bei diesem kerl wie eine fassade bzw rolle rüber und ich frage mich was bei ihm hinter dieser dann tatsächlich abgeht(naja lieber nicht, da vermutlich das gegenteil)

      1. > Was hat ein Ami überhaupt mit EU-Politik zu tun?

        Danke an netzpolitik.org, für alle Mühen und den großen Aufwand, wenig informierten Menschen dabei zu helfen, ihre Wissenslücken zu füllen.

  3. Nein! Doch! OOOHHHH!!!

    Kutcher hat in Überwachungssoftware investiert und will Return on Investment sehen. Und der Spruch „Denkt denn niemand an die Kinder?!“ zieht halt immer. Umso schöner finde ich, wie er und seine Frau sich jetzt einmal kräftig selbst entlarvt haben. Das Entschuldigungsvideo ist ein klassischer Fall von: „Es tut uns leid… dass es rausgekommen ist.“

    Der Umstand, dass Ylva Johansson sich lieber mehrmals mit ihm getroffen hat, der nicht einmal Unionsbürger und damit betroffen ist, als auch nur einmal mit den Vertretern der demokratischen Öffentlichkeit, die ihre Grundrechte in Gefahr sieht, verrät jede Menge über ihr Demokratieverständnis. Wieso ist diese Frau immer noch im Amt?

    1. Ihre abschließende Frage „Wieso ist diese Frau immer noch im Amt?“ lässt sich leicht beantworten: jeder EU-Staat hat ein Anrecht auf einen EU-Kommisarsposten – und Schweden hat eben Frau Johansson nach Brüssel entsendet. (Man sollte dabei auch mal an den deutschen „Digitalkommisar“ Öttinger denken, der ja sicher nicht die Crème de la Crème des deutschen Politikbetriebs oder der fachlicher Expertise war).

      1. Das war nicht die Frage. Man sollte meinen, dass ein demokratischer Staat eine Spitzenpolitikerin, die gleichermaßen dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat und dem Ruf des Landes so viel Schaden zufügt, so schnell wie möglich aus dem Amt entfernt, ob durch staatlich geregelte Amtsenthebungsverfahren oder parteiinternen Druck. Johansson gehört Schwedens sozialdemokratischer Partei an; und ihre Politik widerspricht so ziemlich allem, was aus meiner Sicht die Sozialdemokratie ausmacht. Allerdings bin ich auch kein Sozialdemokrat…

        Die Alternative wäre, dass sie genau den Wünschen ihrer Regierung nachkommt, wie auch die anderen EU-Kommissare, die für die Totalüberwachung sind. In dem Fall müsste man sich nicht nur über ihre Demokratietauglichkeit Gedanken machen.

  4. FYI thorn.org/impact-report-2022 2022 IMPACT AT A GLANCE
    824,466 child sexual abuse material files found
    1,895 victims of child sexual abuse identified
    55,000 conversations with youth about preventing online sexual abuse
    5,554 parents signed up for conversation tips
    >> Zero sexual offender plaintiff

    Thorn is engaging in critical and productive conversations with lawmakers both in the US and
    overseas — primarily in the EU — to ensure they understand the nuances of the issue and why
    taking action is important in this rapidly-changing technological environment.
    …..
    This year, the EU took a major step toward defending children online by releasing
    a special policy proposal designed to prevent and combat child sexual abuse. This
    groundbreaking piece of legislation has the potential to better protect children worldwide.

    And Thorn has been — and continues to be — on the ground in the EU to help this
    legislation advance in a way that ensures maximum protection for children.

    OUR KEY MOMENTS: Meetings with 23 European lawmakers Launch of EU CSAM Proposal
    Meetings with 39 U.S. Congressional office

    Victim Identification — 33% ($8.8M) Operations and fundraising — 22% ($6M)
    Industry — 22% ($5.9M) Youth and Communities — 14% ($3.6M)
    Policy — 6% ($1.7M) Research — 3% ($777K)

    Folgen Sie der Spur des Geldes und Sie erfahren alles über die Organisation.
    In Deutschland wäre der Kostenblock Operations and Fundraising, der Grund um eine Betriebsprüfung zu veranlassen.

  5. Man könnte auch in Erwägung ziehen (was allerdings nicht Markus in dem Artikel hätte tun müssen), dass Kutchers Intellekt vielleicht mehr Luft nach oben hat, als man so denken mag.

  6. Die Erwartung bzgl. fachlicher oder intellektueller Tiefer bei Unterstützern hängt bei mir nicht sehr hoch. Ja, man soll Feinde der Demokratie nicht unterschätzen, dennoch ist Überraschung vielleicht nicht angebracht.

    Intellektuelle Kapazität, die dem Thema im höheren Sinne entgegengebracht wird. Geschicktes Marketing und Vorteilsnahme, nur als theoretische Beispiele, erfordern auch Intelligenz.

    Aber was ist auch die Erwartung, wenn das Vorhaben bereits mit Desinformation startet?

  7. > Bei einer Veranstaltung im EU-Parlament letzten November wurde Kutcher von der mittlerweile wegen Korruptionsermittlungen zurückgetretenen Eva Kaili bis zur Grenze der Peinlichkeit als Star gefeiert und gehätschelt.

    BRÜSSEL taz | Das sogenannte Katargate wird ein Jahr nach den spektakulären Ermittlungen und Hausdurchsuchungen, bei denen bündelweise Bargeld bei prominenten Europaabgeordneten gefunden wurde, immer mysteriöser. Die Verdächtigen sind auf freiem Fuß, die belgische Justiz scheint überfordert.

    https://taz.de/EU-Korruptionsskandal-ueberfordert-Justiz/!5973989/

  8. 2022 erschüttert ein Korruptionsskandal Brüssel und das Europäische Parlament. Im Zentrum: Eva Kaili, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Es geht um Korruption, um mutmaßlich erkaufte politische Einflussnahme von Drittstaaten und Koffer voller Bargeld.

    Eine ARTE-Dokumentation in der auch Alexander Fanta zu Wort kommt.
    https://www.youtube.com/watch?v=9smOcXr2mO0

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