Twitter-ExodusLinks zu Mastodon twittern – verboten!

Seit Elon Musk als neuer Twitter-Chef Hetze und Chaos verbreitet, fliehen Nutzer*innen zu Mastodon. Jetzt blockiert Twitter viele Verlinkungen zur Twitter-Alternative. Sie werden als „potenziell schädlich“ bezeichnet und können nicht veröffentlicht werden.

Ein blauer, wütender Vogel; das Mastodon-Mammut
Twitter erscheint zunehmend weniger freundlich (Symbolbild) – Vogel: DALL-E-2 (evil angry blue bird, disturbing digital art, png, transparent background, highly detailed); Mammut: Mastodon; Montage: netzpolitik.org

Womöglich hat der reichste Tech-CEO der Welt Angst vor Mastodon bekommen. Die kleine Twitter-Alternative bekommt massiv Zulauf, während sich Twitter öffentlich weiter selbst zerfleischt und der neue Twitter-Chef wie ein Rechtspopulist gegen Wissenschaft und Minderheiten hetzt. Damit treibt Musk die Popularität von Mastodon nur noch weiter voran; die dezentrale Plattform verzeichnet seit der Twitter-Übernahme Millionen neuer Accounts. Immer mehr Menschen ergänzen ihre Twitter-Profile mit Links zu ihren neuen Mastodon-Accounts.

Doch jetzt bremsen neue Maßnahmen von Twitter den Exodus aus. Bereits öffentliche Links zu vielen Mastodon-Accounts führen auf eine Infoseite, dort steht: „Warnung: Dieser Link ist möglicherweise nicht sicher“. Es handele sich um „potenziellen Spam“ oder ein „Sicherheitsrisiko“. Darüber hinaus ist der offizielle Twitter-Account des Mastodon-Projektes @joinmastodon, derzeit gesperrt.

Und damit nicht genug: Wer neue Tweets mit Links zu Mastodon-Instanzen posten möchte, kann sie teilweise nicht veröffentlichen. Es erscheint der Hinweis: „Nicht möglich, weil dieser Link von Twitter oder unseren Partnern als potenziell schädlich identifiziert wurde“.

Screenshot von Twitter, der zeigt, der Tweet des Links zum Mastodon-Profil von netzpolitik.org ist nicht möglich
Keine Chance: Twitter verhindert die Veröffentlichung des Links zu unserem Mastodon-Profil - Screenshot: Twitter.com

Die Maßnahme erscheint umso brisanter, da sich der Milliardär Musk gerne als Verfechter der freien Rede präsentiert, gar als ihr Absolutist. Links zur Konkurrenz zu blockieren, das ist mit diesem Ideal nicht vereinbar. Der Eindruck drängt sich auf, dass Twitter verzweifelt versucht, den Exodus der Nutzer*innen aufzuhalten.

Dennoch gibt es am Freitagmittag noch kein offizielles Statement von Twitter. Es ist nach wie vor möglich, dass die Einschränkung der Links einen anderen Grund haben könnten. Wir haben die US-amerikanische Pressestelle von Twitter um eine Erklärung gebeten. Die deutsche Pressestelle konnten wir nicht fragen – sie wurde offenbar im Zuge der radikalen Sparmaßnahmen dicht gemacht. Falls wir eine Antwort erhalten, werden wir den Artikel ergänzen.

Musk ließ auch kritische Journalist*innen sperren

Im Gegensatz zu Twitter ist Mastodon keine geschlossene Plattform. Alle können Mastodon auf ihren eigenen Servern laufen lassen, das nennt man dann Instanzen. Nutzer*innen können auf diesen Instanzen Accounts anlegen und sich über Instanzen hinweg gegenseitig folgen. So entsteht ein dezentrales, soziales Netzwerk. Mastodon ist außerdem Teil des Fediverse, einem Zusammenschluss aus vielen weiteren Diensten, die über das gemeinsame Protokoll ActivityPub kommunizieren können. Dazu gehört nicht nur das Twitter-ähnliche Mastodon, sondern auch zum Beispiel das YouTube-ähnliche PeerTube.

So klappt der Umzug auf Mastodon

Twitter blockiert derzeit nicht alle Links zu Mastodon-Instanzen. Am Freitagvormittag war es uns weiterhin möglich, Links zu manchen Instanzen zu veröffentlichen, beispielsweise bawü.social. Nicht veröffentlichen konnten wir dagegen Links zu Profilen bei den großen Instanzen mastodon.social, chaos.social oder digitalcourage.social. Betroffen sind auch das Mastodon-Profil von netzpolitik.org sowie das Profil des Autors. Das heißt: Twitter unterbindet die Veröffentlichung dieser Links und bezeichnet sie als „potenziell schädlich“.

Manches spricht dafür, dass Twitter mit der Einschränkung von Mastodon-Links das Gegenteil bewirkt, und die Alternative nur umso bekannter macht. Der Hashtag #Mastodon trendet am Freitag, zahlreiche Nachrichtenmedien berichten. Der Eingriff geschieht kurz nachdem Elon Musk die Accounts von Journalist*innen auf Twitter sperren ließ, möglicherweise nur temporär. Noch eine Maßnahme, die sich mit dem proklamierten Ideal der Redefreiheit nicht vereinbaren lässt.

Impulsiv und erratisch

Die gesperrten Journalist*innen hatten kritisch über Elon Musk und die Twitter-Übernahme berichtet. Sie schreiben unter anderem für die New York Times und die Washington Post. Als Grund für die Sperre ihrer Accounts nannte Musk jedoch etwas anderes, und zwar Doxing. So nennt man es, wenn man private Daten einer Person wie etwa die Adresse veröffentlicht, um der Person zu schaden.

Konkret sollen die Journalist*innen über den Twitter-Account namens @elonjet berichtet und ihn verlinkt haben. Der Account twittert seit Jahren darüber, wo gerade der Jet von Elon Musk unterwegs ist. Dafür nutzt er öffentlich zugängliche Flugdaten. Offenbar wollte Musk das nicht länger aushalten. Noch im November hatte der Milliardär verkündet, der Account @elonjet falle für ihn unter freie Rede und dürfe bleiben.

Die Handlungen des Twitter-Chefs erscheinen zunehmend impulsiv und erratisch. In einem „Twitter Space“ stellte sich Musk gestern zumindest für kurze Zeit den Rückfragen von Journalist*innen. Ein „Twitter Space“ ist ein moderiertes Live-Gespräch per Audio-Chat. Als die Journalist*innen den Vorwurf des Doxings zurückwiesen, verließ Musk den Audio-Chat abrupt. Falls das ein Versuch war, dem Thema nicht noch mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat auch das nicht geklappt: Ein Mitschnitt der Szene wurde, Stand Freitagmittag, bereits mehr als eine Million Mal abgerufen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.