Studie Grundrechtsbindung auch bei App Stores

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte untersucht in einer Studie den Einfluss mobiler App Stores auf die Grundrechte im Internet. Ihr Fazit: Auch Apple und Google sind an die vom Grundgesetz garantierten Grundrechte gebunden.

Eingeschaltetes iPhone mit verschieden Apps
Auch App Stores besitzen laut einer Studie Grundrechtsbindung – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Sara Kurfeß

Eine neue Studie der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) untersucht den Einfluss von App Stores auf die Grundrechte im Internet. Der Autor der Studie, Jürgen Bering, kommt dabei zu dem Schluss, dass auch die Betreiber von Apples App Store und Google Play Store an die vom Grundgesetz garantierten Grundrechte gebunden seien.

Bering zufolge beeinflussen Betreiber von App Stores das Leben der Menschen. Löschen oder sperren sie beispielsweise Apps, greifen sie damit direkt oder indirekt in Grundrechte ein. Neben der Frage, ob die Betreiber der Stores Grundrechte wahren müssen, zeigt die Studie auch Regulierungen auf, die die Grundrechte der Nutzer*innen und von den App-Entwicklern besser schützen könnten.

Vier Voraussetzungen für eine Grundrechtsbindung

Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben in mehreren Urteilen dargelegt, dass bei privatwirtschaftlichen Organisationen eine staatsähnliche oder staatsgleiche Grundrechtsbindung bestehen kann. Diese Grundrechtsbindung haben die Richter*innen vom Bundesgerichtshof unter anderem für das soziale Netzwerk Facebook festgestellt.

Laut Bundesverfassungsgericht müssen dafür vier Voraussetzungen erfüllt sein: erstens die Unausweichlichkeit von Situationen, zweitens das Ungleichgewicht zwischen sich gegenüberstehenden Personen, drittens die gesellschaftliche Bedeutung von den Leistungen und viertens die soziale Mächtigkeit.

Die GFF-Studie zeigt auf, inwiefern diese Voraussetzungen direkt oder indirekt auch für die beiden App Stores gelten. Der Autor sieht diese vier Kriterien durch die marktbeherrschende Position der beiden Anbieter gegeben. So entsteht zum Beispiel dadurch eine Unausweichlichkeit der Situation. Zwar können Nutzer*innen von Googles Betriebssystem Android auch außerhalb des Play Stores Anwendungen herunterladen. Diese Möglichkeit nutzen aber nur sehr wenige von ihnen. Apples Betriebssystem iOS schließt einen solchen Umweg technisch aus.

App Stores können Meinungsfreiheit einschränken

Darüber hinaus können Apple und Google durch das „Verbannen“ einzelner Apps aus ihren Stores die Meinungsfreiheit einschränken. „Eine Sperre wirkt zwar nicht unverzüglich. Die App ist also noch auf den Geräten vorhanden. Sie kann aber nicht mehr auf neue Geräte geladen werden“, erklärt Bering. „Im Ergebnis bleibt damit die geäußerte Meinung in der Welt, sie ist allerdings weniger Personen zugänglich.“

Auf ähnliche Weise könnten Google und Apple die Berufsfreiheit einschränken, wenn sie zum Beispiel eine App löschen, die der Jobvermittlung dient. Bei anderen Apps wären etwa die Religionsfreiheit oder das Persönlichkeitsrecht betroffen.

Durch ihre Datenspeicherungspraxis nehmen beide Unternehmen außerdem Einfluss auf die informationelle Selbstbestimmung der Nutzer*innen. Dieses Grundrecht ermöglicht es jeder Person, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer Daten bestimmen zu dürfen.

Vorschläge, um Grundrechte zu stärken

Die Studie schlägt Regulierungen vor, die die Grundrechte der Nutzer*innen, aber auch der Entwickler*innen besser schützen könnten. So könne der Gesetzgeber ein Verbandsklagerecht einführen, das Nutzer*innen dabei hilft, sich gegen die Verbannung von Apps zu wehren. Das Verbandsklagerecht ist ein Instrument des kollektiven Rechtsschutzes, das Vereinen oder Verbänden die Klagebefugnis zuspricht, auch wenn sie nicht die Verletzung eigener Rechte geltend machen können, sondern die Verletzung von Rechten der Allgemeinheit. Verbandsklagen kommt schon jetzt besondere Bedeutung im Umweltrecht zu.

Außerdem schlägt Behring vor, klare Kriterien für die Löschung von Apps in die allgemeinen Geschäftsbedingungen der App Stores aufzunehmen. Vor einer Löschung solle zudem eine Anhörung mit den betroffenen Entwickler*innen erfolgen.

Mit einer besseren Datenpolitik könnten Google und Apple auch die informationelle Selbstbestimmung der Nutzer*innen schützen. Damit stünden auch die Unternehmen selbst in der Pflicht: „Von App Stores aufgestellte Einschränkungen der Datenerfassung und -verarbeitung müssen auch für sie selbst gelten.“

2 Ergänzungen

  1. Hmm…
    Ob ich das jetzt richtig verstanden habe?:
    Es geht hier um die Marktpositionierung/-beherrschung der App-Stores.
    Soweit, so gut.
    Müsste dann die im Artikel genannten Schlußfolgerungen nicht auch hinsichtlich der propritären Betriebssysteme der mobilen Endgeräte anzuwenden sein?
    Und wenn das so ist:
    Was wäre dann die Schlußfolgerung?

    Würde dann nicht sogar der Schlußsatz des Artikels noch eine viel gewichtigere Bedeutung haben?

    (Irgendwie fühle ich mich durch diesen Artikel bezüglich meiner hier bekannten Positionierung gegen Standard-Smartphones bestätigt. – Danke an den Autor.)

  2. Um das mal in die „normale Welt“ zu übertragen: Es ist, also der Kühlschrank entscheidet was gekauft werden darf. Bis hin, dass unliebsame Produkte automatisch aus dem Kühlschrank rausfliegen.
    Hinzu kommt, dass niemand so recht weiß, was erlaubt ist und was nicht.
    Wobei durchaus der Verdacht besteht, dass dieses „erlaubt“ auch gegen Geld gewährt wird.

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