Neues aus dem Fernsehrat (89)Von Digitalisierung zu Demokratisierung öffentlich-rechtlicher Medien auf der #rp22

Bei der re:publica habe ich in einem Talk mit dem Titel „Weniger Netflix, mehr YouTube und Wikipedia: Zur Demokratisierung öffentlich-rechtlicher Medien“ skizziert, wie sich Konsum, Produktion und Governance öffentlich-rechtlicher Medien mit Hilfe digitaler Technologien demokratischer gestalten lassen. Es war gleichzeitig mein letzter Vortrag als Fernsehrat für den Bereich Internet.

Bild von Leonhard Dobusch auf der Stage der #rp22
Leonhard Dobusch CC-BY 4.0 re:publica

Von Juli 2016 bis Juni 2022 durfte ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten, ab Juli 2022 werde ich als Mitglied des ZDF-Verwaltungsrats weiterhin mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat berichten. Eine Serie.

In der Debatte um die Digitalisierung öffentlich-rechtlicher Medienangebote wird schon viel zu lange und viel zu häufig der Vergleich mit Netflix bemüht. Inspiriert von der Aufforderung des Medienwissenschaftlers Hermann Rotermund, sich stattdessen mehr am Beispiel YouTube zu orientieren, habe ich in meinem Vortrag bei der diesjährigen re:publica skizziert, welche Folgen damit verbunden wären. 

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Konkret habe ich digitale Potenziale für die Demokratisierung öffentlich-rechtlicher Medien in drei Bereichen fokussiert:

  • Demokratisierung des Konsums öffentlich-rechtlicher Medien: Schon heute moderieren Mitarbeiter:innen von ARD und ZDF Millionen von Kommentaren auf kommerziellen Plattformen. In den eigenen Mediatheken fehlen Möglichkeiten zur Interaktion jedoch völlig – obwohl die Wichtigkeit von Kommentaren für die Redaktionen immer wieder betont wird. Neben Interaktionsmöglichkeiten ist vor allem mit der Verwendung freier, Wikipedia-kompatibler Lizenzen wie im Fall der ZDF-Doku-Reihe Terra X eine Demokratisierung des Konsums verbunden.  
  • Demokratisierung der Produktion öffentlich-rechtlicher Medien: Neben stärkerer Einbindung des Publikums für Recherchezwecke im Rahmen von Crowd-Journalismus wäre im Bereich der Produktion vor allem mit einer Öffnung für nutzer:innengenerierte Inhalte eine Demokratisierung verbunden. Zunächst könnten hier Inhalte nicht nur auf Drittplattformen ausgespielt, sondern auch von Drittplattformen eingebettet werden. Auf Perspektive wird aber an einer Ermöglichung von Uploads kein Weg vorbei führen, wenn man den demokratischen Auftrag öffentlich-rechtlicher Medien Ernst nimmt.
  • Demokratisierung der Governance öffentlich-rechtlicher Medien: Die Ermöglichung von Interaktion und nutzer:innengenerierte Inhalte bietet wiederum die große Chance, auch die Governance öffentlich-rechtlicher Medieninfrastuktur zu demokratisieren, indem konsequent auf freie Software sowie offene Standards und Protokolle gesetzt wird. Die öffentlich-rechtlichen Angebote könnten so Teil des Fediverse werden und aus dem Bug ihrer regionalen Kleinteiligkeit ein Feature dezentral-grenzüberschreitender Vernetztheit machen. 

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Auf Twitter wurden meine Ausführungen als „Abschiedsvorlesung“ aus dem Fernsehrat bezeichnet. Und was meine Rolle als „Vertreter des Internets“ im Fernsehrat betrifft, stimmt das auch. Gleichzeitig freue ich mich schon außerordentlich darauf, mich in neuer Funktion als Verwaltungsrat ab 1. Juli für die im Vortrag beschriebene Demokratisierung einzusetzen. 

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4 Ergänzungen

  1. „habe ich einem Talk“ Da fehlt m.E. ein in.
    „Die für Ermöglichung von Interaktion und nutzer:innengenerierte Inhalte bietet wiederum die große Chance,“ Damit kann ich nichts anfangen. Da fehlt irgendwie ein halber bis ganzer Satz + Typo.
    „wurde meine Ausführungen“ Da ist entweder 1 n zuviel oder 2 zuwenig
    Und dann mal bitte als Kritik aufnehmen: gerade die ÖR haben das Thema „leichte Sprache“ aufgegriffen. Wenn ich Deinen letzten Anstrich lese, auch ohne den ersten Satz, frage ich mich, was Du sagen willst.

  2. Als ob das ÖFR nicht schon hinreichend unter Verramschung leidet, fordert der Autor dies noch weiter voranzutreiben. Zum Glück gibt es die Neuen Anbieter. Diese werden von den Produzenten Guter Stoffe ohnehin längst bevorzugt. Auf die lächerlichen Strukturen eines ehemaligen Monopolisten ÖFT, die die in den in der Verfassung verankerten Schutz längst ad absurdum für eigene Gehälter und Befindlichkeiten geopfert haben aber immer sich immer noch Einbilden wie 1990 agieren zu können, hat keiner mehr Bock der ernsthaft in den Metier arbeitet. Fragt sich nur, wieso der Rundfunkbeitrag weiter bezalt werde soll.

  3. Netflix vs. Youtube – ein kleiner feiner Unterschied? Von wegen! Danke für die klare Positionierung, die ich genau so teile!

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