MenschenrechteAmnesty-Jahresreport kritisiert Einschränkungen in Deutschland

Die Corona-Pandemie hat sich negativ auf die Menschenrechtssituation in der ganzen Welt ausgewirkt, berichtet Amnesty International. Auch Deutschland steht wegen Überwachungsbefugnissen und Einschränkungen bei der Versammlungsfreiheit in der Kritik.

Polizist vor einer Demo
Hat in Zukunft auf Demos mehr zu sagen: Die Polizei in NRW. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Future Image

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ihren Jahresreport vorgestellt, der die Lage in 154 Ländern beurteilt. Dabei kommt der mehr als 400 Seiten starke Bericht (PDF) zu einem harschen Urteil: Das Jahr 2021 sei zu einem „Brutkasten für mehr Ungleichheit und Instabilität, nicht nur im Jahr 2021, nicht nur für 2022, sondern für das kommende Jahrzehnt“ geworden, so Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

Als große Probleme nennt der Report unter anderem die Ungleichverteilung der Impfungen gegen Covid und prangert hierbei den Impf-Nationalismus der reichen Länder und die Gier der Pharmakonzerne an. Durch die gescheiterten Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen würden zudem „weite Teile der Menschheit zu einer Zukunft mit Wasserknappheit, Hitzewellen, Überschwemmungen und Hunger verdammt“. 

Unter Druck sieht Amnesty auch die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit: 67 Länder auf der Erde haben im Jahr 2021 Gesetze erlassen, die diese Freiheiten beschränken. In 55 Prozent aller untersuchten Länder setzte der Staat übermäßige oder unnötige Gewalt gegen Demonstrierende ein, mehr als die Hälfte der Länder nahm willkürlich Menschenrechtsaktivist:innen fest. 

Der Report mit seinen Länderberichten ist als PDF in verschiedenen Sprachen verfügbar. Auf der zugehörigen Webseite gibt es außerdem eine interaktive Karte, die Menschenrechtseinschränkungen exemplarisch hervorhebt. Auch die Länderberichte sind einzeln verfügbar

Auch Deutschland in der Kritik

Auch die Menschenrechtssituation in Deutschland wird im Bericht analysiert. So kritisiert der Bericht unter anderem das neue Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Dieses schränke das Recht auf friedliche Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig ein, indem es eine Reihe von Verwaltungsvorschriften aufstelle und die staatlichen Überwachungs- und Kontrollbefugnisse unangemessen ausweitete. Explizit genannt wird ĥier das Recht der Polizei, Personenkontrollstellen im Umfeld von Demonstrationen zu errichten. 

In der Kritik stehen auch neue Überwachungsbefugnisse. Genannt wird hier unter anderem das überarbeitete BND-Gesetz. Das Gesetz erlaube „die massenhafte Überwachung ausländischer Kommunikation und die Überwachung von Kommunikationsnetzen ohne Aufsicht“, so der Bericht.

Zudem hätten Änderungen der Nachrichtendienstgesetze dazu geführt, dass Geheimdienste mit Überwachungstechnologien wie „Staatstrojanern“ nun auch verschlüsselte Kommunikation überwachen können. Der Bericht kritisiert: „Die Nachrichtendienste können dabei die Unterstützung von Internetanbietern verlangen und bei der Installation der Überwachungssoftware kritische Computersicherheitslücken ausnutzen (sogenannte „Zero-Day-Exploits“).

Bedenken äußert Amnesty auch gegenüber dem Staatstrojaner Pegasus, den die deutsche Regierung gekauft hatte. „Obwohl das Innenministerium darauf hinwies, dass die Software nur in Übereinstimmung mit deutschem Recht zur gezielten Überwachung eingesetzt wurde, blieben Bedenken bestehen, da die Spionagesoftware der NSO Group nachweislich zu Menschenrechtsverletzungen in der ganzen Welt beigetragen hat.“

Auch positive Entwicklungen

Als positive Entwicklung beschreibt Amnesty, dass Zivilgesellschaft und Journalist:innen im Jahr 2021 auch Big Tech ins Visier nahmen. Beispielhaft wird hier unter anderem das Pegasus-Projekt genannt, das zahlreiche Fälle staatlicher Überwachung von Dissidentinnen, Anwälten, Journalistinnen und Menschenrechtlern aufdeckte. Amnestys Security Lab war selbst an dem Projekt beteiligt und wertete etwa die Geräte von möglichen Betroffenen forensisch aus, um die Spionage nachzuweisen. Positiv zählt Amnesty zudem auf, dass Technologieunternehmen wegen Verstößen gegen Datenschutz- und Privatsphäregesetze mit hohen Geldstrafen belegt würden. Die Menschenrechtsorganisation zählt hierbei Amazon (746 Mio. EUR), WhatsApp (225 Mio. EUR) und Grindr (6,34 Mio. EUR) auf.

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