Die russische Internetaufsichtsbehörde Roskomnadsor hat auf Geheiß der Generalstaatsanwaltschaft Moskau 49 Webseiten sperren lassen, darunter die Webseite des inhaftierten Oppositionellen Alexei Nawalny. Die meisten Webseiten haben einen Bezug zu Putins prominentestem Gegner, berichtet die Tagesschau.
Eine Liste der gesperrten Seiten, die von der russischen Digital-Rights-Organisation Roskomswoboda veröffentlicht wurde, zeigt, dass neben navalny.com auch 38 Lokalorganisationen der Opposition gesperrt wurden. Nicht mehr zugänglich seien zudem die Portale der Oppositionellen Ljubow Sobol, von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung und der unabhängigen Allianz der Ärzte, die etwa Missstände in der Corona-Pandemie in Russland aufgedeckt hatte, so die Tagesschau.
Im Juni hatte das Moskauer Stadtgericht Nawalnys politisches Netzwerk als „extremistisch“ eingestuft und damit auf eine Ebene mit Terrorismus gesetzt. Mit dem Urteil lassen sich Kandidat:innen der Opposition ausschließen und Maßnahmen wie die jetzige Zensur formal rechtfertigen.
Vertreter der Opposition gehen auch davon aus, dass die Webseite für „Smarte Wahl“ auch noch vor der Parlamentswahl am 14. September abgeschaltet werden wird. Die Webseite gibt Menschen Ratschläge, wie sie strategisch so wählen sollen, dass Kandidat:innen von Putins Partei „Einiges Russland“ weniger Chancen haben, ins Parlament einzuziehen.
Medienprojekte zensiert
In Russland wurden in den letzten Jahren tausende Webseiten gesperrt. Zuvor sperrte Russland schon die Investigativ-Webseiten „The Insider“ und „Proekt“. Die beiden journalistischen Projekte hatten immer wieder mit Recherchen auf Missstände im Land aufmerksam gemacht. Beide Projekte wurden als „unerwünschte Organisationen“ eingestuft. Eine Zusammenarbeit mit einer solchen Organisation ist dann für Russ:innen strafbar, dem Staat stehen weitere Mittel für Repressalien zur Verfügung.
In den vergangenen Monaten hatten die russischen Behörden bereits die Nachrichtenportale „Medusa“ und „Wtimes“ als „ausländische Agenten“ eingestuft. Auf der Blockadeliste stehen auch deutsche Organisationen, unter ihnen der Verein Deutscher Russischer Austausch und das Zentrum Liberale Moderne.
Die russische Zensur lässt sich derzeit noch mit VPNs umgehen. Russland plant aber, mit dem „Souveränes-Internet-Gesetz“ eine Infrastruktur aufzubauen, die ähnlich wie in China ein abgeschottetes russisches Internet ermöglicht. Auch im Hinblick auf soziale Netzwerke und Medien hat Russland die Gangart zuletzt verschärft. So wurde Twitter zuerst gedrosselt und dann mit einer Geldstrafe belegt.
Die Tests zur Umsetzung des Gesetzes laufen jedes Jahr – wie man im Artikel „Russia ‘Successfully Disconnected’ From World Wide Web in Tests“ der Moscow Times lesen kann, soll auch der aktuelle „Test“ erfolgreich gewesen sein. Was VPN angeht: Bereits 2019 wurden (lt. Torrentfreak) bekannte VPN-Anbieter mit Servern in Russland von Roskomnadzor angewiesen, die russische FGIS Blockierliste zu implementieren. Letztes Jahr war neben Protonmail auch deren ProtonVPN blockiert. In I2P sehe ich, dass es immer noch eine große Zahl russischer Nodes gibt – aber gut, darüber erreicht man schlecht die Öffentlichkeit.
Wie werden die Netzsperren technisch umgesetzt? Begnügen die sich mit einfachen DNS-Sperren wie die CUII, oder fahren die schwerere Geschütze auf?