US-KlageGoogle versteckt Erfassung von Standortdaten

Ungeschwärzte Dokumente einer US-Klage gegen Google verdeutlichen die Überwachungs-Methoden des Konzerns. Ein Generalstaatsanwalt aus Arizona wirft dem Unternehmen vor, illegal Standortdaten seiner Nutzer*innen gesammelt und das Auffinden von Datenschutzeinstellungen erschwert zu haben.

Android Smartphone mit Apps auf Display
Google soll auch Drittanbieter*innen zu erschwertem Auffinden der Datenschutzeinstellungen gedrängt haben. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Adrien

Frisch entschwärzte Dokumente aus einer US-Klage gegen Google legen neue Details über die Überwachung von Android-Nutzer*innen offen, berichtet Business Insider. Demnach habe der Konzern illegal Standortdaten von Android-Nutzer*innen ohne deren Zustimmung gesammelt. Zudem habe Google Datenschutzeinstellungen in seinem mobilen Betriebssystem vor Nutzer*innen versteckt und Smartphone-Anbieter*innen wie LG erfolgreich dazu gedrängt, ihre Android-Varianten entsprechend anzupassen.

Bereits vergangenes Jahr hatte Mark Brnovich, Generalstaatsanwalt von Arizona, Klage gegen Google eingereicht. Er wirft dem Konzern das illegale Sammeln der Standortdaten von Android-Nutzer*innen vor, auch wenn sie dies in ihren Einstellungen deaktiviert haben. Ein Richter hatte nun angeordnet, die zunächst weit mehr geschwärzten Dokumente teils öffentlich zu machen, da das Einsehen der Praktiken Googles auch im Interesse der Öffentlichkeit sei. In der Einleitung der Klage (hier gespiegelt) heißt es:

In diesem Fall geht es um die weit verbreitete und systemische Anwendung trügerischer und ungerechter Geschäftspraktiken, um Informationen über den Standort seiner Nutzer*innen zu erhalten – einschließlich seiner Nutzer*innen in Arizona – die Google folglich ausnutzt, um sein lukratives Werbegeschäft zu betreiben. (Unsere Übersetzung)

Ungeschwärzte Dokumente bringen neue Details hervor

Die unzensierten Ausschnitte der Dokumente offenbaren, wie Google eigene Datenerfassungsmethoden verschleierte und damit nicht nur Nutzer*innen, sondern auch Mitarbeitende vor Fragen stellte. Den Dokumenten zufolge nutzt das Unternehmen mehrere Wege, um Standortdaten zu erfassen. Neben der eigentlichen Systemeinstellung fallen auch irreführende WLAN-Einstellungen darunter, mit denen sich ein Standort feststellen lässt. Zudem täuschte der Konzern Verbraucher*innen durch den Standortverlauf und die Web- und App-Aktivitätseinstellungen. Die Dokumente legen auch Aussagen von Mitarbeitenden offen, welche die Tricks des Unternehmens offenbar ebenfalls nicht durchschauen. „Es gibt also keine Möglichkeit, einer Drittanbieter-App den Standort mitzuteilen und nicht Google? Das klingt nicht wie etwas, das wir auf der Titelseite der New York Times haben wollen“, sagte etwa eine angestellte Person aus.

Google erschwerte absichtlich das Auffinden der eigenen Datenschutzeinstellungen, nachdem das Unternehmen in der Vergangenheit Android-Betriebssysteme mit erleichterten Privatsphäre-Einstellungen testete. Nutzer*innen hatten dieses Angebot rege wahrgenommen. Google empfand dies als „Problem“ und versteckte danach die Einstellungen tiefer im Einstellungsmenü. Eine mitarbeitende Person erklärte im Bezug auf die irreführenden Einstellungen: „Die aktuelle Benutzeroberfläche fühlt sich an, als sei sie konzipiert, um Dinge möglich zu machen – jedoch so schwierig, dass die Leute es nicht herausfinden werden.“ Jen Chai, eine leitende Produktmanagerin Googles, die für Standortdienste zuständig war, wusste laut den Dokumenten nicht, wie die komplexe Verflechtung unterschiedlicher Datenschutzeinstellungen miteinander interagierten.

Beschwerden an Tracking-Praktiken Googles auch in der EU

Nicht nur in den USA sorgten die Methoden Googles zur Standortdaten-Erfassung für Beschwerden. In der EU legten bereits 2018 Verbraucherschützer*innen aus sieben Staaten Europas Beschwerde gegen Google ein, da das Unternehmen Android-Nutzer*innen mit Tricks zur Einwilligung in die permanente Erfassung ihres Aufenthaltsortes drängte. Damit verstoße das Unternehmen gegen die Datenschutzgrundverordnung, so die Konsumentenschutzorganisation BEUC. Auch aufgrund anderer Tracking-Praktiken fiel Google in der Vergangenheit auf. 2019 untersuchten europäische Kartellbehörden die Datensammlungspraktiken Googles. Fokus der Untersuchung waren unter anderem Daten im Zusammenhang mit lokalen Suchdiensten, Online-Werbung, Online-Ad-Targeting-Dienste, Login-Dienste sowie Webbrowser.

Erst im April hatte Jurist Max Schrems mit seiner Datenschutzplattform nyob eine Beschwerde gegen Googles Android Advertising Identifier (AAID) eingereicht. Google überwachte damit Daten über das Online- und Offline-Verhalten von Android-Nutzer*innen. Für die Verwendung des Werbe-Trackers sei jedoch eine eindeutige Zustimmung seitens der Nutzer*innen notwendig, die Google umging.

Zu den Anschuldigungen der US-Generalstaatsanwaltschaft aus Arizona sagte ein Sprecher Googles bereits vergangenes Jahr, dass diese die Dienste des Unternehmens falsch dargestellt hätten. „Wir haben immer Privatsphäre-Einstellungen in unsere Produkte eingebaut und robuste Kontrollen für Standortdaten bereitgestellt.“

4 Ergänzungen

  1. Erst einmal großes Lob für diesen Artikel. Es wird allerhöchste Zeit, dass Google von allerhöchster Stelle ordentlich auf die Finger bekommt.
    Es wäre allerdings hilfreich, in einem Artikel aufzuzeigen, welche Einstellungen im Handy / Tablet das sind, über die hier gesprochen wird – möglichst mit Screenshots. Ich habe ein etwas älteres Android und bin mir aufgrund des Artikels nicht im Klaren, ob und wie ich davon betroffen bin.

    1. die versteckten „sicherheitseinstellungen“ sind meins erachtens sowieso nur augenwischerei. so für das gute gefühl, doch noch selbstbestimmt zu sein. aber was der schalter genau tut und ob das deinen erwartungen entspricht weißt du nicht…

  2. wenn ich closed source software von gewinnorientierten unternehmen nutze, ist das einfach das resultat. mich wundert, dass da gejammert wird, das war doch der deal, oder? nie faust gelesen?

    1. Die Verwunderung ist doch, dass die Regierenden da nicht doch den Sack zumachen.

      Stattdessen „Kooperation“, Anflanschen an Günstlingssystem Musik- und Verwertungsindustrie (Mafia letztlich), und Erwähnung wann immer es geht in den öffentlich rechtlichen Medien.

      So kann es nichts werden, außer Windmühlen.

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