Es sind vermeintlich harmlose Alltagsfotos, die Eltern, Kinder und Jugendliche auf sozialen Netzwerken veröffentlichen – und die später zu hunderttausenden in Foren für Pädosexuelle landen. Das fand ein Recherche-Team des Panorama-Magazins (ARD) und STRG_F (NDR/funk) heraus, das monatelang Fotos aus Foren und Imageboards mithilfe einer eigens dafür programmierten Software untersucht hat.
Die Ergebnisse sind erschreckend: Rund jedes vierte der 142.381 analysierten Fotos stammt von Facebook oder Instagram. Rückschluss auf die Herkunft gab ein Hinweis in den Metadaten. Der ist weiterhin sichtbar, auch wenn die Dateien auf einer neuen Plattform hochgeladen werden. Da einige Täter:innen ihre Spuren verwischen, dürfte die Dunkelziffer noch höher liegen.
Für Ihre Nachforschungen mietete das Recherche-Team einen Raum in der Bundespressekonferenz in Berlin an, der nur für ausgewählte Personen betretbar war. Die Recherche lief unter Berücksichtung hoher Sicherheitsvorkehrungen und mit rechtlicher Beratung ab. Illegales Material, darunter fallen insbesondere Missbrauchsfotos und -videos, wurde dabei weder gesichtet noch heruntergeladen.
Dateien und Software-Quellcodes hat das Recherche-Team am Ende seiner Arbeit gelöscht. Die Festplatten und Mainboards wurden mit Dremeln und Bohrmaschinen analog zerstört. Was bleibt, ist die unbequeme Erkenntnis über eine verstörende Praxis, von der tausende Kinder und Jugendliche betroffen sind.
In einem Interview mit netzpolitik.org spricht der Journalist Daniel Moßbrucker über die hohen rechtlichen Hürden der Recherche, psychische Belastungen und die dunkelsten Ecken des Internets. Moßbrucker ist Journalist für die Themen Überwachung, Datenschutz und Internetregulierung. Außerdem trainiert er Journalist:innen im In- und Ausland in digitaler Sicherheit und Darknet-Recherche.
netzpolitik.org: Ihr habt für eure Recherche zu gestohlenen Fotos von Kindern und minderjährigen Jugendlichen großen Aufwand betrieben, um euch juristisch abzusichern. Wie könnte der Gesetzgeber die Arbeit von Journalist:innen verbessern?
Daniel Moßbrucker: Als Journalist:in läuft man bei der Recherche zu solchen Themen Gefahr, sich selbst strafbar zu machen. Das kann auch bei anderen Themen passieren, ist bei Recherchen zu sogenannter Kinderpornografie jedoch nochmal riskanter: Im Normalfall genügt schon der Aufruf eines einschlägigen Forums, um eine Anzeige zu bekommen. Journalist:innen können sich rechtlich darauf berufen, solche Recherchen „ausschließlich“ zur „Erfüllung beruflicher Pflichten“ durchzuführen. Die genauen Anforderungen sind jedoch bis heute vom Gesetzgeber nicht definiert worden.
Daher wünsche ich mir, dass sich der Gesetzgeber stärker mit dem Thema auseinandersetzt und in einem partizipativen Verfahren mit Journalist:innen praktikable Lösungen findet. Wir sollten gemeinsam klären, wer diese Seiten aufrufen darf und unter welchen Voraussetzungen. Natürlich muss das Thema Kinderpornografie extrem restriktiv gehandhabt werden, das ist für mich völlig klar. Aber der Staat darf Journalist:innen nicht per se von einem so wichtigen Thema ausschließen – denn Journalismus muss aufklären.
Gleichzeitig sollten Journalist:innen auch nicht aus bloßer Rechercheneugier „mal eben“ in Kinderpornografie-Foren absteigen und sich nach Stories umsehen. Für uns im Team war von Anfang an klar: Das wollen wir nicht auf gut Glück machen. Das braucht einen klaren Umriss, einen klaren Auftrag und auch eine rechtliche und technische Beratung mit professionellen Standards. Alles, was wir getan haben, fand daher in enger Begleitung mit dem Justiziariat des NDR statt.
netzpolitik.org: Die von Pädosexuellen gestohlenen Alltagsfotos stammen zu einem großen Teil von sozialen Medien wie Facebook oder Instagram. Hochgeladen wurden sie von Eltern oder den Jugendlichen selbst. Wer trägt deiner Meinung nach die Verantwortung, um das zu verhindern?
Daniel Moßbrucker: Das ist eine sehr spannende und schwierige Frage, die wir uns als Team immer wieder gestellt haben. Die größte Verantwortung tragen natürlich Täter:innen, die die Fotos stehlen und woanders hochladen. Ich habe durch unsere Recherche aber gelernt, dass darüber hinaus alle Beteiligten ihr Päckchen zu tragen haben.
Es sind die Eltern und Jugendlichen, die Fotos öffentlich hochladen und teilen. Die darf man nicht aus der Verantwortung lassen, dafür ist das Problem – spätestens mit unserer Recherche – zu sehr bekannt. Mit jedem einzelnen Upload müssen sich Eltern und Jugendliche die Frage stellen: „Kann ich damit leben, dass so ein Bild ein Leben lang im Netz kursiert und womöglich in falsche Hände gerät?“ Wer diese Frage nicht mit „Ja“ beantworten kann, sollte es lassen.
Die Täter:innen versuchen meist, die Fotos automatisch herunterzuladen, wogegen sich die sozialen Netzwerke mittlerweile recht gut wehren. Dennoch basieren soziale Netzwerke darauf, dass möglichst viele Menschen viele Inhalte teilen, die von vielen Menschen gesehen werden. Das liegt in ihrer DNA, sie waren es, welche Jugendliche und Eltern mit ihrem Geschäftsmodell dazu verleitet haben, das eigene Leben für ein paar Likes öffentlich zu machen.
Und zuletzt glaube ich auch, dass Strafverfolgungsbehörden noch größeren Druck auf die Täter:innen ausüben müssen. Viele von denen fühlen sich so sicher, dass sie ihre E-Mail-Adressen auf Profilen teilen. Da könnte man unseres Erachtens ansetzen für Ermittlungen.
netzpolitik.org: Ihr habt herausgefunden, dass viele Fotos auf einer russischen Plattform landen, die mit einigen Klicks im Internet zu finden ist. Wieso gehen die Behörden nicht gegen die Website vor?
Daniel Moßbrucker: Es ist erschreckend, wie sicher sich die Täter:innen dort fühlen. Die geben teilweise Klarnamen an. Das sind Daten, die eine schnelle Strafverfolgung in Deutschland ermöglichen könnten. Behörden aus EU-Staaten fehlen, so sagen sie es, effektive Mittel, dagegen proaktiv vorzugehen.
In Bezug auf die russische Plattform wurde uns mitgeteilt, dass Anfragen über Rechtshilfeabkommen die deutschen Behörden nicht weiterbrächten. Ich persönlich glaube aber, dass Strafverfolgungsbehörden nicht den nötigen Druck, den sie aufbauen könnten, zur Bekämpfung dieser Formen von Kinderpornografie auch wirklich ausüben.
Mir ist bewusst, dass die Kapazitäten für schweren Missbrauch und Opferschutz von misshandelten Kindern oberste Priorität haben. Und bei unserer Recherche ging es ja zumeist „nur“ um das verletzte Recht am eigenen Bild. Dennoch: Wir konnten berechnen, dass die russische Plattform mit Fotos von Kindern über 14 Milliarden Klicks generiert hat. Das ist eine wahnsinnige Zahl. Wer gezielt sucht, stößt sehr schnell auf die Website. Und deren Betreiber sind den Behörden bekannt. Da frage ich mich, wie es sein kann, dass diese Plattform seit 15 Jahren existieren kann.
netzpolitik.org: Stehen Datenschutz und der Wunsch nach einem freien Internet dem Vorgehen gegen solche Plattformen im Weg?
Daniel Moßbrucker: Man muss sich bei diesem Thema davon lösen, dass es nennenswerte Graubereiche gibt. Die Plattformen, die wir untersucht haben, haben eindeutig den Zweck, Menschen mit pädophilen Neigungen anzulocken. Wenn mir die Betreiber der russischen Plattform sagen würden: „Bei uns gibt es ja auch Landschaftsbilder und Autofotos“, dann mag das stimmen, aber der Website-Traffic verrät, wo die meisten Bilder gepostet und angesehen werden.
Rein zufällig sind es auch häufig Sexportale, die auf dieser Seite Werbung schalten. Damit verdienen die Betreiber offenbar also ihr Geld. Ich kann nicht erkennen, dass es am europäischen Datenschutz liegen soll, dass diese russische Plattform seit 15 Jahren frei zugänglich ist.
netzpolitik.org: Du und dein Rechercheteam hatten Zugang zu einem Datensatz, der die Geschichte von „Boystown“, einem Pädosexuellen-Forum im Darknet mit über 400.000 Benutzerkonten, widerspiegelt. Jetzt ging das Forum nach knapp zwei Jahren offline. Wie können sich Laien den Takedown eines Darknet-Forums vorstellen?
Daniel Moßbrucker: Der Datensatz, den wir einsehen konnten, zeigt den rasanten Aufstieg von „Boystown“ zu einer der größten Kinderpornografie-Plattformen überhaupt. Es begann mit 23 Accounts an einem Sommertag 2019, und nun waren es am Ende wohl über 400.000. Dieser rasante Aufstieg spricht dafür, dass die Administratoren genau wussten, was sie machten und lange Zeit keine Fehler gemacht haben – bis jetzt offenbar. Wie genau die Behörden in diesem Fall vorgegangen sind, ist mir nicht bekannt.
Grundsätzlich haben Behörden zwei Möglichkeiten: eine technische und eine menschliche. Technisch können sie versuchen, Schwachstellen im Code des Forums zu finden und den Täter:innen einen Trojaner aufzuspielen, um ihre wahre IP-Interesse zu erfahren. Oder sie versuchen, mit den Täter:innen im Chat in Kontakt zu kommen und darauf zu hoffen, dass sie Informationen preisgeben, mit denen Ermittler:innen ihnen auf die Spur kommen.
Ist die Identität geklärt, werden die Verdächtigen meist eine Zeit lang überwacht und irgendwann erfolgt der Zugriff, bei dem die Behörden die Täter:innen meist erwischen wollen, wenn sie am Rechner sitzen, um später keine Probleme mit verschlüsselten Systemen zu haben. Dann schalten Behörden die Server ab – und die Nutzer:innen merken nur: „Oh, das Forum ist plötzlich offline, hier stimmt etwas nicht.“
netzpolitik.org: Als investigativer Journalist recherchierst du häufig im Darknet. Hat sich im Laufe der Recherche dein Blick auf die Nutzung des Tor-Browsers und des Darknets an sich verändert?
Daniel Moßbrucker: Ich habe im Laufe der Jahre vor allem gelernt, dass dieses Dilemma zwischen positiven und negativen Seiten des Darknets nie aufzulösen sein wird, egal wie häufig ich mir die Frage stelle. Wir müssen uns damit abfinden, dass es Anonymisierung gibt, egal ob uns das gefällt oder nicht. Der Geist ist aus der Flasche.
Aus meiner Sicht brauchen wir Instrumente wie das Tor-Netzwerk, das vielen Menschen hilft und journalistische Recherchen erst möglich macht. Man darf nicht vergessen, dass das Internet nicht überall auf der Welt frei zugänglich ist.
Mit Tor lässt sich Internetzensur kostenlos umgehen. In meiner Arbeit als Sicherheitstrainer für Journalist:innen erlebe ich das häufig aus erster Hand. Natürlich wird es immer Menschen geben, die so einen Schutz missbrauchen und natürlich müssen wir die verfolgen. Aber es ist zu einfach, das böse Darknet allein für gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen.
Vor unserer Recherche dachte auch ich noch, dass es Kinderpornografie nur im Darknet gibt. Das Gegenteil ist der Fall. Da sind Plattformen im Clearweb dabei, das hat mit dem Tor-Netzwerk überhaupt nichts zu tun.
netzpolitik.org: Wie schwierig war es denn, in die Darknet-Foren zu gelangen?
Daniel Moßbrucker: Da reinzukommen, hat echt gedauert. Es ist einfacher, einen Marktplatz für Drogen oder Waffen zu finden. Durch das Darknet verläuft eine Trennlinie, wenn es um Kinderpornografie geht: Entweder Du ordnest dem alles unter, oder Du kämpfst dagegen.
Selbst auf kriminellen Plattformen, bei denen man gefälschte Kreditkartendaten, Drogen und anderen illegalen Kram kaufen kann, fliegen Anbieter:innen von Kinderpornografie sofort runter. Die sind wirklich von allen geächtet und schotten sich deshalb ab.
In den Darknet-Foren, in denen auch Bildnisse von schwerem Kindesmissbrauch getauscht werden, hast du daher in aller Regel schon eine andere Art von Täterschaft als beispielsweise auf der russischen Plattform. Viele sind da deutlich vorsichtiger und technisch versierter. Die Administratoren ermahnen die User auch regelmäßig, besonders wachsam zu sein. Nahezu alle Behörden der Welt verfolgen schließlich Kinderpornografie. Wer in der Lage ist, unter diesen Umständen ein Forum über lange Zeit aufrecht zu erhalten oder Inhalte im großen Stil herunterzuladen, der braucht einen gewissen technischen Sachverstand.
netzpolitik.org: Du sagtest eben, die Betreiber der russischen Plattform verdienen mit ihrer Website mutmaßlich Geld über Werbeanzeigen. Bereichern sich die Forenbetreiber im Darknet auch mit den gestohlenen Bildern?
Daniel Moßbrucker: Nein. In diesen sogenannten „Hardcore-Foren“ für Kinderpornografie wird in der Regel nicht mit Geld bezahlt, sondern mit Bildern. Das ist vielen Eltern und Jugendlichen nicht bewusst. Die Täter:innen brauchen die Bilder, um überhaupt erst in den Foren handeln zu können. Die bekommen „härteres“ oder neues Bildmaterial, wenn sie selbst etwas beisteuern. Wenn ein User keine Missbrauchsfotos hat oder sich nicht traut, entsprechendes Material runterzuladen, kann er sich immer noch bei Facebook oder Instagram an öffentlichem Material bedienen und zum Tausch anbieten.
Auch harmlose Fotos haben auf den einschlägigen Plattformen ihre Interessenten. Dadurch steigt die Reputation im Forum und User:innen bekommen mehr Inhalte von anderen zugespielt, und mit der Zeit legen sie sich ihre Sammlung an.
Das ist das Krasse: Eltern und Kinder, die vermeintlich harmlose Fotos teilen, helfen indirekt solchen Foren und sorgen dafür, dass User:innen im Rang aufstiegen können, um letztendlich härtere Bilder zu bekommen. Die Bilder fungieren als „Währung“. Diese Foren darf man sich nicht so vorstellen wie Facebook, wo alles sichtbar ist. Das sind anonyme Vernetzungsplattformen, auf denen sich die User:innen gegenseitig teasen: „Das hier habe ich. Was hast du?“ Und dann unterhalten sie sich offenbar privat im Chat weiter. An der Stelle war für uns dann Schluss. Wir haben nie Fotos getauscht.
netzpolitik.org: Das hört sich für mich nach einer starken psychischen Belastung an. Wie bist du während der Recherche mit dem Thema umgegangen?
Daniel Moßbrucker: Was wir im Rahmen der Recherche gesehen haben, war heftig. Wir haben in der Basisrecherche den Tor-Browser zwar bewusst so konfiguriert, dass uns keine Bilder angezeigt wurden. Wir haben also nur den Text gesehen. Aber das war schlimm genug. Bei mir war die Grenze erreicht, wenn es um Säuglinge ging. In den Foren gibt es die Kategorie „0 – 3 Jahre“. Das sind Inhalte, die lagen und liegen außerhalb meiner Vorstellungskraft. Ich hätte niemals gedacht, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die sich an Säuglingen vergehen. Das hat mich fertig gemacht.
Und dennoch: So etwas gibt es wirklich. Deshalb ist es wichtig, dass Journalist:innen da sind, um darüber zu berichten. Die Probleme werden nicht gelöst, wenn wir nur alle die Augen zu machen und nicht glauben wollen, dass so etwas passiert.
Die Videobeiträge zur Recherche über gestohlene Kinderfotos sind bei ZAPP, STRG_F und im ARD-Politmagazin Panorama erschienen.
>Alles, was wir getan haben, fand daher in enger Begleitung mit dem Justiziariat des NDR statt.
Interessant wäre für mich zu wissen, ob eine solche Recherche nicht in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden stattfinden kann.
Der ÖR kann alles, darf alles und ist allgemein unfehlbar. Wir Normalsterblichen kommen nicht an deren Grad der Erleuchtung ran und dürfen dankbar dafür sein, dass sie für uns die gefährlichen Informationen filtern und bewerten, denn wir würden uns strafbar machen, wenn wir das selbe sehen würden und könnten das auch gar nicht richtig einschätzen.
Warum sollte man sowas in Zusammenarbeit mit der Polizei tun oder auch nur tun wollen?
Offensichtlich widersprechen sich Strafverfolgung und journalistische Recherche.
Ich vermute, dass es so nicht gemeint ist aber die Aussage, dass Eltern und Jugendliche nicht aus der Verantwortung gelassen werden dürfen scheint mit fehl geleitet.
Wie wenn man bei Vergewaltigung dem Opfer eine Mitschuld gibt.
Sicher ist ein Upload oft zu leicht und ohne Nachdenken gemacht aber das lädt nicht zum Missbrauch ein.
Überhaupt nicht fehlgeleitet. Ein Upload lädt zum Mißbrauch des bzw. mittels des hochgeladenen Inhalts auf. Natürlich mißbraucht das hochgeladene Bild nicht andere Kinder, es spielt nur sehr sehr indirekt Tätern etwas zu – schlimmer ist aber, unbedarft, d.h. im Wesentlichen überhaupt, Bilder und Details zu „Teilen“ oder zu „Veröffentlichen“.
Große und auch einige kleinere Unternehmen versuchen den Menschen einzubläuen, dass „Teilen“ und herumschleudern von Sachen toll ist, aber es ist eben nicht einfach toll. Ihr habt hier den Fallout der initialen Naivitätsphase etc., einverleibt und ausgewalzt vom Profitprinzip persönlich.
Naive Frage: welcher Tat macht sich denn hier jemand indirekt ueber ein „Alltagsphoto“ an einem Kind schuldig?
Hier wird mit Strafbarkeit und Strafgesetz argumentiert. Die Leute teilen Bilder, die von anderen oeffentlich zugaenglich gemacht wurden, und das wird als „Diebstahl“ dieser Bilder bezeichnet. Was die Terminologie der klassischen Raubmordkopier-Gegner ist, denn digitale Daten werden in diesem Kontext nicht „gestohlen“. Wo bliebt journalistische Sorgfalt?
Kindesmissbrauch ist ein Panik-Thema und ein Klickbait, und sowas ist kontraproduktiv: massive Aufregung und plakative Massnahmen praktisch ohne Schutzwirkung fuer Kinder, statt notwendigem massivem Ausbau von Kinder- & Jugendhilfe, Sozialarbeitern, etc, pp.
Bitte nicht die Meinung des Interviewers mit der des Interviewten verwechseln. Abgesehen davon, wurde hier ein Interview abgedruckt. Nicht mehr und nicht weniger.
Doch ich muss sagen, ich stimmte Herrn Moßbrucker zu, wenn vielleicht auch aus anderem Grund: Es liegt in der Verantwortungung von Eltern vorausschauend und sorgfälltig mit den Bildern ihrer Kinder umzugehen. Punkt um.
Aber als Fingerpointing muss man die Aussage im Interview ja trotzdem nicht verstehen. Ich verstehe sie eher als Warnung, und die finde ich absolut angebracht.
Es ist etwas VOLLKOMMEN ANDERES einem Vergewaltigungsopfer (Mit)Schuld an dem Verbechen zuzuschieben, als wenn man Eltern dafür (Mit)Verantwortlich macht wenn diese für alle Welt sichtbar massenhaft z.B. Strandfotos ihrer Kinder im Internet abrufbar machen.
Eine derartige „Täter-Opfer-Umkehr“ (sofern man das überhaupt unter diesen Begriff fasst) muss man gar nicht begehen, um vor allem die Eltern auch weiter in die Verantwortung zu nehmen:
Was einmal im Internet ist, bleibt auch dort und man weiß nie, wo es landet. Etwas aus dem Internet entfernen zu wollen ist, als wolle man Urin aus einem Schwimmbecken fischen, das wissen die meisten. Insofern müssen Eltern, die Bilder ihrer Kinder in den asozialen Netzwerken teilen, daran erinnert werden, dass auch ihre Kinder ein Recht am eigenen Bild haben, älter werden und es irgendwann vielleicht nicht mehr so lustig finden, dass Kleinkindfotos von ihnen im Internet einsehbar sind, ohne dass sie dem Hochladen jemals wirksam zugestimmt hätten. Pädokriminelle sind nicht die einzigen „falschen Personen“, bei denen die Bilder landen könnten – auch Mitschüler können dazugehören und die Gefahr von Mobbing in der Schule wegen sowas dürfte für viele Kinder und Jugendliche noch wesentlich konkreter und unmittelbarer sein. Vor diesem Hintergrund sind Gesetzgeber und Plattformen dazu angehalten, das Recht der Kinder am eigenen Bild wirksamer zu schützen, und wenn es in einem generellen Verbreitungsverbot von Kinderfotos auf diesen Plattformen resultiert.
Wer dann immer noch so scharf darauf ist, die Fotos von Kindern seiner Freunde und Bekannten nackt beim Spielen im Planschbecken zu sehen (!), oder Freunden und Bekannten ebensolche Fotos der eigenen Kinder zu zeigen (!!), für diese Leute gibt es genug Wege, das zu bewerkstelligen, ohne dafür auf Social Media angewiesen zu sein und sich bzw. die Kinder diesem Risiko auszusetzen: Austausch mittels Ende-zu-Ende-verschlüsselter E-Mails (für die homöopathische Dosis Datenschutz reicht auch WhatsApp), oder man trifft sich ganz klassisch zum Kaffeekränzchen und zeigt die Fotos rum (per Smartphone oder ganz altmodisch gedruckt), am besten ohne Kopien auszutauschen. Wenn die Fotos dann irgendwo landen sollten, wo sie nicht sein dürften, könnte man zumindest den Kreis der Verdächtigen, die sie unerlaubt weitergegeben haben, eingrenzen, mit entsprechenden rechtlichen und persönlichen Konsequenzen.
Solche kriminellen Foren könnte man doch durch DDoS Angriffe lahm legen. Gerade im TOR Netz wäre das sehr wirksam da die Täter hier keine CDN oder Firewalls einsetzen können, auch die IP Adressen derjenigen welche sich an einer DDoS beteiligen werden im TOR Netz anonymisiert, Foren Admins können also IPs von denen eine DDoS ausgeht nicht identifizieren und somit auch nicht sperren. Eine effektive Verteidigung gegen DDoS ist im Darknet und speziell bei TOR nicht möglich.
Nehmen wir mal rein theoretisch als Überlegung an die Polizei, oder aber eine Hacker Gruppe wie Anonymous würde ein von Pädokriminellen betriebenes PHPBB Forum mit einer DDoS angreifen. Das Forum könnte man z.B. zum Absturz bringen indem eine Scraping/Crawling Attacke gefahren wird. Für jede aufgerufene Seite muss Serverseitig ein PHP Aufruf und MySQL Datenbankabfragen verarbeitet werden, würde man da ganz viele Suchanfragen einbringen oder Threads wild aufrufen, so 100 Mio mal am Tag oder so. Dann wäre auch ein Leistungsstarker Server 100% sicher down. Besonders randomisierte Massenaufrufe auf nicht existierende Unterseiten erfordern so gut wie keinen Datentransfer triggern aber mächtig PHP und Datenbanklast auf dem Server.
Im Normalen Internet können Admins sowas leicht verhindern indem die IPs der Angreifer automatisiert gesperrt werden, das geht im TOR Netz aber nicht da diese verschleiert sind. Sinnvolle Abwehr Möglichkeiten gibt es somit für schwerkriminelle Forenbetreiber nicht.
Nehmen wir mal an das das BKA da eine 24/7 30 Tage im Monat DDoS fährt dann wären die Seiten offline und Täter hätten es sehr viel schwerer entsprechende hoch kriminelle Foren überhaupt noch zu betreiben.
Vielleicht wäre es also hier einfach mal an der Zeit neue und ungewöhnliche Ideen auszuprobieren um den Pädos so richtig heftig den Spaß am Betreiben solcher Plattformen zu vermiesen.
Was haltet ihr von dieser Idee ?
Ein DDoS-Angriff gegen einen Hidden-Service im TOR-Netzwerk ist leider gleichzeitig immer auch ein DDoS-Angriff auf das gesamte TOR-Netzwerk – es leiden also _alle_ Nutzer von TOR darunter, auch die, die damit staatliche Zensur in ihrer Heimat umgehen, oder Journalisten die einfach anonym im „Clear-Web“ recherchieren.
Die dümmlichste Alternative wäre natürlich ähnlich einem „Verschlüsselungsverbot“ gegen Kryptografie „einfach“ das TOR-Netzwerk und Hidden-Services zu verbieten.
„Gleichzeitig sollten Journalist:innen auch nicht aus bloßer Rechercheneugier „mal eben“ in Kinderpornografie-Foren absteigen und sich nach Stories umsehen!“
Das hört sich für mich nicht nach freier Berichterstattung an.
Das ist ein mehrfach schmaler Grat, würde ich sagen. Ich würde sogar sagen, es ähnelt eher einem Strohhalm.
– Leute zu „Ermittlungen“ ermutigen will man nicht.
– Von Fahndern, aber auch von Inhaltsmoderatoren von großen Plattformen weiß man, dass solches Material zu sichten, durchaus problematisch für die Durchführenden sein kann (psychisch).
– Es soll wohl zum Ausdruck gebracht werden, dass man es nicht leichtfertig tut.
– Man will nicht zu Straftaten ermutigen.
– Man hat hier den Weg gewählt, unter Supervision zu arbeiten, um nicht selbst Schaden zu nehmen, und da es in diesem Fall auch der Recherche (vermutlich) nicht wirklich geschadet hat. (Psychisch wie juristisch.)
– Wenn man es „sicher“ tun will, sind technische Maßnahmen nötig, die nicht für jeden trivial durchzuführen sind. (Auch nicht allgemein für „Journalisten“.)
Warum entsprechend ausgerüstete und investigative Journalisten da nicht bewusst ohne staatlichen Aufpasser gucken sollen, erschließt sich mir nicht wirklich für den allgemeinen Fall, ist auch keine direkte Forderung, so wie ich es lese. Im Sinne eines Schrittes in die Richtung halte ich das ganze nicht für die freiwillige Abschaffung der Pressefreiheit – dafür sollte man sich an die Gesetzgeberin wenden, die sind dieser Jahre ganz gut darin, Gesetze zu machen, die effektiv dafür sorgen, wenn man sie nicht zurechtstutzt.
Fast 150k Bilder wurden analysiert, angeblich wurden dabei illegale Inhalte „weder gesichtet noch heruntergeladen“. Wie können sich die Journalisten da so sicher sein? Hat ein Jurist jedes einzelne der Bilder gesichtet und für unbedenklich erklärt? Mit Verlaub, aber bei 150k Bildern, die zum Teil aus Darknet-Foren für Kinderpornografie stammen, halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass sich darunter überhaupt keine illegalen Inhalte befunden haben sollen.
Genauso seltsam wirkt die Aussage, dass man für den Zugriff auf die „Hardcore-Foren“, die sich die Journalisten angeguckt haben, selber eigenes Bildmaterial eintauschen muss, die Journalisten aber nie selber Bilder getauscht haben. Irgendetwas kann hier nicht stimmen, oder ist zumindest missverständlich formuliert.
Man kann noch hinzufügen, dass für den Tatbestand der Kinderpornografie überhaupt keine Bilder nötig sind, das Gesetz spricht nicht ohne Grund von „Schriften“. Die heruntergeladenen Texte an sich die im Artikel erwähnt werden können also schon strafbewehrt sein!
Texte strafbar / Vermutung:
1. Es passierte unter juristischer Supervision.
2. Bilder wurden auch zum (psychischen) Selbstschutz nicht angeguckt.
Also Bilder nicht angucken, die DORT im Forum sind -> Selbstschutz (psychisch vor allem, aber auch juristisch), plus nicht nötig:
Bilder gefunden -> Design der Methode? Die haben die Hashes auf den öffentlichen Plattformen gesucht, bzw. umgekehrt Kandidatenbilder von öffentlichen Plattformen in den Bildern der Foren gesucht. Es ging nicht um einen „Spaziergang“ auf Kinderpornoseiten, sondern um die Verfolgung von auf öffentlichen Plattformen im Internet veröffentlichte, vermeintlich harmlose Fotos ins Milieu hinein.
Für die Methode ist Angucken nicht nötig. Wenn ich das alles richtig verstehe…
einzig die Interpretation von Text zu Bildern wird schwierig, da man die Annahme, es handele sich um Gegenstand X, nicht so richtig belegbar ist, wenn es nicht ein der Methode gemäß „einsehbares“ Foto ist, bzw. signifikante Teile daraus enthält, so dass ein Algorithmus es zuordnen kann.
Ansonsten „nicht heruntergeladen“ – das klingt in Zeiten von Webbrowsern münchhausensch, es sei denn, man stellt eine technische Zwischeninstanz hin (juristisch nicht heruntergeladen !?), oder der spezifisch angepasste browser lädt zwar Thumbnails oder sogar ganze Bilder herunter, zeigt diese aber nicht an, und lädt auch nicht noch höher auflösende Bilder nach. Natürlich geht die Methode nur mit Herunterladen von Bildern, da wohl ein Algorithmus die Bilder aus „sozialen Netzwerken“ wiedererkennen muss, bzw. Hashes zum Vergleich erzeugen muss. Nun gilt das vielleicht (juristisch?) nicht als herunterladen, nur weil der Browser die Bilder in den Speicher herunterlädt (technisch), allein zum Zweck des Hashabgleichs. Vermutlich mit verschlüsselten echt löschbaren Festspeichern, oder sogar komplett in-memory – plausibel ist das schon.
Zu den Alltagsfotos, die „geklaut“ werden: Es gibt Wahrheiten, die sind erst mal ekelig. Aus dem Urin von Menschen wird wieder Trinkwasser, ist so eine. Eine andere: Pädophile stehen auf Kinder. Kann man beide eklig finden oder irgendwann als Tatsache akzeptieren. Die seit einiger Zeit im Internet forcierte Aufregung, wie sie sich auch hier findet, ist denn auch etwas hysterisch. Nüchtern betrachtet kann es einem egal sein, ob sich jemand auf ein normales Bild befriedigt. Vielleicht bin ich da auch etwas gelassener, weil ich als 12jähriger die Unterwäscheseiten des Quellekatalogs benutzt habe. Wer weiß. Es gibt meiner Ansicht nach keinen Grund, auf das Posten der Bilder, auf die man auch ein wenig stolz ist, zu verzichten. Wer das fordert, muss seine Welt zu Ende denken. Dann laufen irgendwann alle Kinder in Gewändern mit Niqabs rum, nur weil sich sonst jemand an dem Kind erregen könnte. Übrigens der Grund, warum Frauen dieses Gewand tragen müssen. Fundamentalisten lassen grüßen. Diese gehypte Aufregung hat für mich inzwischen jedes Maß verloren. Von wenigen Aktivisten geschickt lanciert verändert sich unsere Sicht und unser Maßstab. Nicht nur bei Kinderbildern. Auch bei Keksen, die nicht mehr Afrika heißen dürfen (Bahlsen). Bei Menschen, die als Kind mal Indianerhäuptling sein wollten (Bettina Jarasch). Es reicht. Kommen wir alle mal wieder etwas runter.