Google Play StoreSperrung der App des Satire-Magazins Titanic aufgehoben

Drei Titelbilder der Zeitschrift Titanic standen unter dem Verdacht der Anstößigkeit: Google sperrte daraufhin die App des Satire-Magazins. Heute wurde die Sperre aufgehoben. Wir haben Chefredakteur Moritz Hürtgen dazu befragt.

Hauptquartier von Google in Mountain View, Kalifornien, USA (Symbolbild) CC-BY 2.0 Shawn Collins

Die Satire-Zeitschrift Titanic meldet, dass ihre App nun wieder in Googles Play Store erhältlich ist. Drei Titelbilder, die als Gotteslästerung und als Obszönitäten bewertet worden waren, werden nun nicht mehr beanstandet. Damit endet heute die Sperrung der App nach einem dreiwöchigen Hickhack.

Für den Tech-Konzern galten drei Titelblätter des Satire-Magazins aus drei verschiedenen Jahren als „profanity“ und damit nach den Google-Regeln als anstößig. Die Motive sollten aus der App gelöscht werden, um die Inhalte der Zeitung weiter im Google Play Store anbieten zu dürfen. Wie so oft hatte der Konzern die App ohne Vorwarnung und mit einer nur automatisiert generierten Notiz entfernt. Auch die Nutzer, die sie bereits auf dem Smartphone hatten, konnten danach keine neuen Hefte mehr laden.

Die immerwährende Frage „Was darf Satire?“ wurde von Google nun erstmal beantwortet: Seit heute Mittag sei die App wieder erreichbar, wobei alle Titelbilder und Inhalte „wieder unzensiert angezeigt“ würden.

Titanic-Chefredakteur Moritz Hürtgen. - Alle Rechte vorbehalten Thomas Hintner

Chefredakteur Moritz Hürtgen nimmt es standesgemäß mit Humor und vermutet, dass sich Google eine längere Sperre der bereits seit mehr als fünf Jahren dort verfügbaren App „schlicht nicht mehr leisten konnte“. Die digitale Ausgabe der Titanic kann nun über die App wieder ausgeliefert werden.

Das Magazin hatte den „verkniffenen Humor von Monopolwichsern“ kritisiert und angekündigt, man wolle die App aus dem Google Play Store dauerhaft entfernen, wenn nicht alle Motive wieder freigeschaltet würden. Der Forderung, die Titel-Cover zu löschen, wollte man auf keinen Fall nachkommen. Die App hat ohnehin eine Kennzeichnung als Satire.

Den Google Play Store verlassen?

Das beanstandete April-Heft der Titanic aus dem Jahr 2018.
Das von Google beanstandete April-Heft der Titanic aus dem Jahr 2018.

Wir haben Hürtgen zu seinem Sieg über Google einige Fragen gestellt:

netzpolitik.org: Es ging ja um Motive aus den Jahren 2020, 2019 und 2018. Wie erklären Sie sich, dass plötzlich jahrealte Bilder beanstandet wurden? Und warum gerade diese von den vielen Dutzenden Titanic-Titelbildern, die ebenfalls unter „profanity“-Verdacht stehen könnten?

Moritz Hürtgen: Google hat ausgelöst durch unser Cover vom Dezember 2020 angefangen, ältere Jahrgänge durchzugehen. Hier möchte ich dem Konzern vorwerfen, dass er nicht gründlich genug gesucht hat und nur Titelbilder beanstandet – im Innenteil unserer Hefte findet sich noch viel mehr profanity, außerdem jede Menge Obszönitäten und Schweinkram.

netzpolitik.org: Wie stark ist denn die praktische Abhängigkeit von Google, falls die Sperrung Bestand gehabt und Sie Ihre Ankündigung, den Google Play Store zu verlassen, wahrgemacht hätten? Wäre der Verlust bei den digitalen Abonnements sehr einschneidend?

Beanstandetes Titelmotiv der Titanic, Ausgabe 12/2020. - Alle Rechte vorbehalten Titanic

Moritz Hürtgen: Der wirtschaftliche Schaden war schon durch die dreiwöchige Sperre enorm, ja verheerend. Daher appelliere ich hiermit an die Leser/innen von netzpolitik.org, ein klassisches TITANIC-Abonnement abzuschließen oder wenigstens Geldscheine an unsere Redaktionsadresse zu schicken. Bitte nur Euro oder US-Dollars.

netzpolitik.org: Plant die Redaktion, den Google Play Store dauerhaft zu verlassen, falls künftig erneut eine Sperrung erfolgen sollte?

Moritz Hürtgen: Ja. Wo wir unsere Hefte nicht ohne Zensur vertreiben können, möchten wir nicht auftreten. Nur wenn ein Motiv per Gerichtsurteil verboten wird, akzeptieren wir das natürlich zähneknirschend.

netzpolitik.org: Finden Sie es akzeptabel, dass die Titanic nun dauerhaft „ab 18“ sein soll?

Moritz Hürtgen: Ich finde schon aus pädagogischen Gründen, dass Jugendliche unter 18 Jahren gar kein Smartphone oder Tablet besitzen sollten. Trotzdem befinden wir uns mit Google noch im Gespräch, was die Alterseinstufung angeht.

netzpolitik.org: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

3 Ergänzungen

    1. Es ist nicht wirklich ein Interview, steht ja auch nirgends. Es sind nur ein paar Fragen mit knappen Antworten, für ein Satire-Magazin aber ziemlich ernsthafte.

  1. Google/Youtube legen ihre „Nutzungsbedingungen“ mittlerweile äußerst subjektiv und logisch nicht mehr nachvollziehbar aus. Da ist ein nackter Hintern – ohne Geschlechtsteil – in jedem Fall „pornographisch“ und ein Hintern, der auf ein Boulevardblatt – nicht etwa auf den Koran oder gar auf ein menschliches Antlitz – scheißt, eine „grausame“ Darstellung! Mit diesen „Argumenten“ wurde mein Video „Bild dir deine Meinung“, ebenfalls im Februar 2021, bei Youtube gelöscht – letztendlich, ohne jede Möglichkeit, hier mit den Mitarbeitern von „Arvato“, die die Inhalte überwachen, diskutieren zu können. Ich habe daraufhin meinen Youtube-Kanal gelöscht. Soll Youtube doch demnächst bitte nur noch süße Katzenvideos zeigen! Mein Video kann heruntergeladen werden bei http://www.toocrude.de .

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.