Ende letzter Woche ließ US-Präsident Joe Biden aufhorchen: Ein breit gefächertes Bündel an Maßnahmen soll den Wettbewerb in digitalen Märkten und Rechte von Verbraucher:innen sichern helfen. Dazu zählen Regeln zur Netzneutralität, die die Trump-Administration abgeschafft hatte, ein Recht auf Reparatur sowie eine schärfere Kontrolle von Firmenfusionen.
Der Forderungskatalog reiht sich ein in aktuelle Vorstöße der Demokraten, die Macht der Digitalkonzerne einzuhegen und zugleich die wachsende Ungleichheit in der US-Gesellschaft anzupacken. In der Wirtschaft sei eine zunehmende Konzentration und weniger Wettbewerb zu beobachten, heißt es im Beipackzettel der Initiative. Dies lasse die Preise für Verbraucher:innen steigen, die Löhne für Arbeitnehmer:innen fallen und schade insgesamt dem Wirtschaftswachstum und der Innovation.
„Recht auf Reparatur“ kommt
Eine Scheibe könnte sich Europa etwa beim Recht auf Reparatur abschneiden. Hersteller von Elektronikgeräten, darunter Smartphone- oder Traktorproduzenten, sollen künftig Kund:innen oder unabhängige Werkstätten nicht mehr davon abhalten können, defekte Geräte selbst zu reparieren. Noch in diesem Jahr wird eine Initiative der EU-Kommission erwartet, die ähnliche Vorschriften enthalten könnte.
Im Vergleich zu Europa besteht hingegen Nachholbedarf bei der digitalen Infrastruktur. Die von der Obama-Regierung erlassenen Regeln zur Netzneutralität sollen wieder hergestellt werden, damit Netzanbieter nicht mehr den Zugang zu Online-Diensten drosseln oder sperren können. Zudem sollen Provider keine exklusiven Verträge mit Wohnungsgesellschaften abschließen dürfen und müssten transparenter mit Verträgen umgehen.
Insgesamt 72 Punkte umfasst die Präsidialverfügung. Unmittelbar wirksam wird der Forderungskatalog allerdings nicht, vielmehr ist er an Regulierungsbehörden wie die Handelsbehörde Federal Trade Commission (FTC) gerichtet. Sie sollen die Wunschliste umsetzen, während begleitende Gesetzesentwürfe ihren Weg durch den Kongress nehmen.
Umstrittene Konzernfusionen
Hier zeichnet sich ein hart umkämpftes Feld ab: Wie die demokratischen Abgeordneten will die Biden-Administration große Tech-Konzerne nicht weiter ungehindert wachsen lassen. So sollen etwa geplante Firmenübernahmen künftig strenger überprüft werden. Zu oft seien in der Vergangenheit Zusammenschlüsse einfach durchgewunken worden. Mit sogenannten „killer acquisitions“ hätten sich Firmen ihre Konkurrenz vom Leib gehalten und so dem Wettbewerb geschadet.
Prominentes Beispiel dieser Praxis ist die Übernahme des Messengers WhatsApp und des Fotodienstes Instagram durch Facebook. Bereits im Vorjahr zog die FTC mit Justizbehörden fast aller US-Staaten gegen das Soziale Netzwerk vor Gericht, um die Entflechtung des Konzerns und seiner Dienste zu erwirken. Jüngst wurde die Klage jedoch von einem Bundesgericht abgewiesen: Der Handelsbehörde sei nicht gelungen nachzuweisen, dass Facebook über ein Monopol verfüge, so der Richter.
Gut möglich, dass die Präsidialverfügung deshalb verhältnismäßig zurückhaltend ausgefallen ist. Die kürzlich bestellte FTC-Chefin Lina Khan kündigte zumindest an, die Richtlinien für Zusammenschlüsse anpassen zu wollen. Sie müssten die „aktuellen wirtschaftlichen Realitäten“ abbilden sowie empirische Daten einbeziehen, sagte die Regulierungsexpertin.
Zugleich soll die FTC auch erstmals Regeln zu Überwachung und Anhäufung von Daten erlassen, heißt es in Bidens Verfügung. Unternehmen wie Amazon, die marktbeherrschende Online-Handelsplätze betreiben, würden kleinere Konkurrenten einfach ausbooten, indem sie gut laufende Produkte nachmachten.
Bislang nur Absichtserklärung
Obwohl der Vorstoß Bidens durchwegs positiv aufgenommen wurde, bleiben dennoch grundsätzliche Probleme: Präsidialverfügungen und Regeln von Regulierungsbehörden lassen sich mitunter einfacher juristisch anfechten als Gesetze. Zudem kann sie eine Nachfolgeregierung per Federstrich aufheben, wie es etwa bei der Netzneutralität geschehen ist.
Und damit die Behörden die Wünsche auch wirklich in die Tat umsetzen können, braucht es eine Mehrheit der Demokraten in den jeweiligen Gremien. Dies ist in vielen Fällen jedoch nicht der Fall: Schlüsselstellen in der Kartellabteilung des Justizministerium, der Federal Communications Commission (FCC) und bald auch der FTC sind derzeit nicht besetzt.
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