Die Bundesregierung stellt sich in puncto Open Government ein gutes Zeugnis aus. Gemessen an den selbst gesteckten Zielen seien alle Maßnahmen auf einem guten Weg, heißt es in einem gestern veröffentlichten Zwischenbericht. Auch die Covid19-Pandemie habe nicht zu „substanziellen Verzögerungen“ geführt. Allerdings ist der Umsetzungsstand der meisten Projekte lediglich „eingeschränkt“, räumt die Regierung ein.
Der vor rund einem Jahr auf den Weg gebrachte Zweite Nationale Aktionsplan enthält teils ambitionierte Vorhaben, etwa die Förderung regionaler Open-Government-Labore oder eine Open-Data-Strategie für die Bundesverwaltung. Insgesamt seien 14 von 68 Meilensteinen erreicht worden, 45 befänden sich im Zeitplan, heißt es im Bericht. Nur bei neun Meilensteinen seien Verzögerungen eingetreten.
Die Initiative geht zurück auf die „Open Government Partnership“ (OGP), der Deutschland 2016 beigetreten ist und seit dem Vorjahr mitlenkt. Unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft soll die Initiative, zu der sich inzwischen über 70 Länder bekennen, offenes Regierungshandeln fördern und zu mehr Transparenz sowie Bürgerbeteiligung führen.
Deutschland hinkt hinterher
Gerade im Bereich E-Government besteht hierzulande großer Nachholbedarf. Im aktuellen Ländervergleich der EU-Kommission belegt Deutschland beispielsweise nur den 26. Platz – von 27 EU-Mitgliedstaaten. Immerhin hat die Regierung das Defizit inzwischen erkannt und bemüht sich mit einer kaum überschaubaren Anzahl an Strategien, Arbeitskreisen und sonstigen Gremien für Verbesserung zu sorgen.
Als Erfolg verbucht die Regierung etwa den Stand der regionalen Open-Government-Labore. Hierbei fördert das Bundesinnenministerium kommunale Projekte mit dem Ziel, eine bessere Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Kommunalverwaltung zu erreichen.
In den nächsten 3 Jahren erproben nun bundesweit 13 Laborprojekte, wie das „Leitbild einer kommunalen Öffnung für die Zivilgesellschaft in Gemeinden, Städten, Kreisen und Regionen umgesetzt werden kann“. Mit an Bord sind die Kommunen selbst, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Hochschulen.
Ebenfalls „substanziell“ im Zeitplan liegen dem Bericht zufolge Projekte wie die Hightech-Strategie 2025, ein Open-Government-Projekt in Nordrhein-Westfalen, eine verbesserte Jugendstrategie und die Weiterentwicklung eines Beteiligungsportals in Sachsen.
Der Umsetzungsstand der restlichen Projekte muss sich mit dem Status „Eingeschränkt“ begnügen. Dazu zählen unter anderem der Ausbau von Dialog- und Beteiligungsmöglichkeiten des Auswärtigen Amtes, das Modellvorhaben Smarte.Land.Regionen oder ein verbessertes Open-Data-Umfeld.
Warten auf Offene Daten
Letzteres liegt schon seit Jahren brach. Zwar legt das 2013 beschlossene und zuletzt 2017 überarbeitete E-Government-Gesetz die Grundlage für die Bereitstellung offener Daten von Behörden. Allerdings kommt immer wieder neuer Sand ins Getriebe: Da die geplante Open-Data-Strategie der Bundesverwaltung an die Verabschiedung der Datenstrategie gekoppelt ist und sich diese verzögert, musste die Vorstellung auf den Herbst 2020 verschoben werden.
Aus Sicht der Open Knowledge Foundation Deutschland (OKFN), die sich rege am Konsultationsverfahrens beteiligt hat, bildet das Element Open Data eines der Herzstücke der Open-Government-Ziele. In einer Stellungnahme attestiert die NGO dem ersten Fortschrittsbericht zum Open-Data-Gesetz zwar „sehr gute empirische Erkenntnisse über Erfolge und Herausforderungen“.
Allerdings offenbare der Bericht, dass „die Umsetzung maßgeblich an den fehlenden personellen Kapazitäten in den einzelnen Behörden scheitert“. Zudem verfüge die eigens eingerichtete zentrale Beratungsstelle über nur zwei Mitarbeitende, und Stimmen außerhalb der Bundesverwaltung würden nicht gehört.
„Der Handlungsbedarf ist groß“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz gegenüber netzpolitik.org. „Das hat man ja scheinbar selbst im Bundesinnenministerium mittlerweile erkannt und angekündigt, die für das Thema zuständige Abteilung endlich aufwerten zu wollen“. Das sei lange überfällig, denn längst hätten die Länder dem Bund, der einst eine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion eingenommen habe, den Rang bei diesen für die digitale Gesellschaft zentralen Fragen abgelaufen, so von Notz.
Die Mühen der Ebene
Verbesserungsbedarf ortet die OKFN ferner bei der Jugendbeteiligung, der es an einer strukturellen Einbindung junger Menschen mangle. Zuvorderst fehle aber ein Leuchtturmprojekt, mit der sich eine breitere Öffentlichkeit begeistern lassen könnte.
Gelegenheit dazu würde der kommende dritte Nationale Aktionsplan bieten. Den muss die Regierung im kommenden Sommer verabschieden, noch in diesem Herbst will sie mit „Information und Vernetzung sowie konzeptionellen Vorarbeiten“ beginnen. Allerdings werden die fortdauernde Corona-Pandemie sowie anstehende Wahlen auf Bundes- und Landesebene womöglich zu Verzögerungen führen, deutet der Zwischenbericht an.
An Ideen mangelt es der OKFN jedenfalls nicht. Laut der NGO sollte im nächsten Aktionsplan die „Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz mit Open Data als Kernelement“ enthalten sein, die Einführung eines öffentlich kostenfrei zugänglichen Transparenzregisters sowie eines umfängliches Lobbyregisters. Zudem sollten öffentliche Softwareprojekte grundsätzlich Open Source sein und digitale Open-Source-Infrastruktur umfangreich gefördert werden.
Bis zur nächsten Bundestagswahl habe die Regierung aber trotzdem noch einige Hausaufgaben zu erledigen, sagt von Notz: „Der Prozess zum Onlinezugangsgesetz hakt, ein zweites Open-Data-Gesetz ist lange überfällig und unseren Vorschlag für ein Transparenz-Gesetz auf Bundesebene hat man abgelehnt. Ob man in dieser Wahlperiode noch zu den dringend notwendigen, substanziellen Verbesserungen kommen wird, steht mehr und mehr in den Sternen.“
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