International hui, national pfui: Deutschland lenkt Open Government Partnership

In Sachen „Offenheit“ sieht es bei der deutschen Bundesregierung bisher mau aus. Dennoch entscheidet Deutschland künftig maßgeblich beim Open Government Partnership mit. Mit einem neuen Aktionsplan könnte sie Vorhaben angehen, die tatsächlich einen Unterschied machen – zum Beispiel die Öffnung des Gemeinsamen Ministerialblatts.

Open-Government-Workshop im Bundeskanzleramt

Von der deutschen Bürokratie soll die Welt lernen: In der vergangenen Woche ist Deutschland dem Lenkungskomitee der internationalen Open Government Partnership (OGP) beigetreten. Damit will die Bundesregierung Akzente setzen, um „die Rechte und Interessen der Bürger“ zu stärken. Verantwortlich für die Umsetzung ist Kanzleramtschef Helge Braun.

Die OGP wurde 2011 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama ins Leben gerufen, um offenes Regierungshandeln weltweit zu fördern. Kritiker werfen der Initiative vor, vor allem eine PR-Maßnahme zu sein. Tatsächlich hat die deutsche Bundesregierung seit ihrem OGP-Beitritt 2016 bisher keine Erfolge in Sachen Offenheit zu verzeichnen.

Das liegt auch an den bisherigen Selbstverpflichtungen, die die große Koalition im Rahmen der OGP eingegangen ist. Zu den nicht sonderlich ambitionierten Zielen zählen die (ohnehin geplante) Möglichkeit, Elterngeld digital zu beziehen, sowie die (ohnehin geplante) Durchführung des Wissenschaftsjahrs.

Herrschaftswissen nur gegen Geld

Dass sich das in absehbarer Zeit mutmaßlich auch nicht ändern wird, zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage von Anke Domscheit-Berg, der netzpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag: Demnach will die Bundesregierung das Gemeinsame Ministerialblatt (GMBl) der Bundesministerien weiter unter Verschluss halten.

Das GMBl, das vom Innenministerium herausgegeben wird, veröffentlicht unter anderem Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, Erlasse, Anordnungen, Rundschreiben und Bekanntmachungen von Ministerien und ihren Geschäftsbereichen – also Herrschaftswissen par excellence. Wer wissen will, wie Gesetze in der Verwaltungspraxis umgesetzt werden, muss das Ministerialblatt lesen. Zugänglich sind die Dokumente allerdings bisher nur für diejenigen, die zahlen: Der private Verlag Wolters Kluwer, der für den Vertrieb des GMBl zuständig ist, verkauft Abos für je 20 Ausgaben zu 39,20 Euro.

Die Bundesregierung hätte die Möglichkeit, nach dem Bundesgesetzblatt bald auch das Ministerialblatt frei zugänglich zu machen. Ende 2019 läuft der Vertrag mit Wolters Kluwer aus, der per Informationsfreiheitsgesetz befreit wurde. Daran hat die Regierung jedoch offenbar kein Interesse. Die Dokumente seien für Bürger ohnehin „nicht ohne Hinzuziehung des bereits geltenden Regelungstextes aus sich heraus verständlich“, schreibt die Bundesregierung.

OGP könnte Hebel für Neuerungen sein

Domscheit-Berg kritisiert die Haltung der Bundesregierung: „Es wird wieder einmal deutlich, dass der Bundesregierung Open Data ziemlich egal ist. Die Zivilgesellschaft hat ein Interesse daran und vor allem auch ein Recht darauf, zusätzlich zum Gesetzestext auch Zugang zur Auslegungspraxis und den intendierten Interpretationen zu bekommen.“

Neben der Öffnung des Ministerialblatts könnte sich die Bundesregierung im anstehenden neuen Aktionsplan der OGP bald auch verpflichten, Daten zu wirtschaftlichen Eigentümern von Unternehmen offenzulegen oder auch das Informationsfreiheitsgesetz zu verbessern. Sie müsste es nur wollen.

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