Brief an die EU-KommissionGewerkschaften protestieren gegen Überwachung von Amazon-Beschäftigten

Gewerkschaftsvertreter:innen aus ganz Europa wenden sich in einem Brief an die EU-Kommission: EU-Institutionen sollen prüfen, wie Amazon seine Angestellten an europäischen Standorten überwacht und ob der Konzern damit gegen europäisches Recht verstößt.

Dieser Danbo scheint schon zu ahnen, dass mit Amazon etwas nicht stimmt. CC-BY-SA 2.0 Pablo

Gewerkschaften aus 15 europäischen Ländern fordern in einem Brief an die EU-Kommission (PDF) die Untersuchung illegaler Überwachungspraktiken gegen Beschäftigte durch den Handelskonzern Amazon. 37 Gewerkschaftsvertreter:innen haben den Brief unterzeichnet. Sie repräsentieren mehr als 12 Millionen Beschäftigte in Europa. Auch Frank Werneke, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, und ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unterzeichneten den Brief.

In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Enthüllungen darüber, wie Amazon seine Mitarbeiter:innen überwacht und die Bildung von Gewerkschaften verhindern will. In den USA sollen Amazon-Beschäftigte ständiger Überwachung durch Kameras ausgesetzt sein. Laut einem Bericht des Open Market Institute misst der Konzern die Arbeitsleistung und bestimmt strikte Wege und Pausenzeiten bei der Warenauslieferung.

Außerdem hatte Amazon in zwei – nach eigenen Angaben versehentlich veröffentlichten – Stellenanzeigen nach Geheimdienstlern für den Bereich Gefahrenabwehr gesucht. Insbesondere die interne Organisation von Angestellten und damit die Bildung von Gewerkschaften stellte für Amazon offensichtlich eine Gefahr dar, wie Vice berichtete. In der Stellenbeschreibung tauchten Gewerkschaften als mögliche Bedrohung neben beispielsweise Terrorismus auf.

Gewerkschaften fürchten Verstöße gegen europäisches Recht

Gesucht wurden auch Bewerber:innen mit französischen und spanischen Sprachkenntnissen. Die Gewerkschaften befürchteten deshalb die Überwachung von europäischen Amazon-Beschäftigten. In dem Brief an die EU-Kommission beziehen sie sich auf die vorausgehende Berichterstattung und schreiben:

Die von Amazon geplante Intensivierung der Arbeitnehmer-Überwachung in Europa und in der ganzen Welt ist ein weiterer Beleg dafür, dass die EU-Einrichtungen die Geschäfts- und Arbeitsplatzpraktiken von Amazon auf dem ganzen Kontinent genauer untersuchen müssen, da wir vermuten, dass sie gegen die für unsere Bürgerinnen und Bürger in Europa geltenden Arbeitsgesetze, Datenschutzgesetze und Persönlichkeitsrechte verstoßen.

Der Regionalsekretär der internationalen Dienstleistungsgewerkschaft UNI Global Union, Oliver Roethig, äußert sich besorgt über die Arbeitsbedingungen für Amazon-Beschäftigte: „Das vom reichsten Mann der Welt geführte Unternehmen spioniert einige der am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmer in der EU aus. Gestützt auf seine Daten-Monopolmacht führt Amazon den Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer an, um deren Bemühungen zur Verbesserung ihrer Bedingungen zunichte zu machen.“

Die Gewerkschaftsvertreter:innen wollen deshalb verhindern, dass sich in Europa eine Industrie etabliert, die Gewerkschaften unterdrückt – wie es sie bereits in den USA gebe.

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