Freie SmartphonesIst das PinePhone alltagstauglich?

In einem Interview gehen wir der Frage nach, ob das freie Mobiltelefon PinePhone für den täglichen Gebrauch eine Alternative für Android- und Apple-Geräte ist. Warten viele Menschen auf ein von den Zwängen der Platzhirsche befreites Smartphone? Wir fragen den passionierten Linux-Nutzer Andreas Paetsch.

pinePhone, Blick aufs Display
Blick aufs Display des PinePhones (Ubuntu Touch). – Alle Rechte vorbehalten Andreas Paetsch

Für Menschen, die dazu neigen, auf allen ihren Geräten Freie Software zu nutzen, ist das Smartphone bisher wohl die größte Herausforderung. Zwar gibt es seit mehreren Jahren Mobiltelefone mit freien Betriebssystemen und mit Hardware, die keine oder nur wenige proprietäre Treiber braucht. Aber vieles blieb in hohem Maße experimentell und für die alltägliche Nutzung einfach anstrengend. Das könnte sich ändern: Voriges Jahr hatte das Unternehmen Pine64 angekündigt, mit dem PinePhone ein Produkt auf den Markt zu bringen, das nicht nur frei, sondern auch durchaus alltagstauglich werden soll.

Pine64 offeriert neben dem Mobiltelefon eine Palette weiterer freier Geräte: das Laptop PineBook Pro Linux, das Tablet PineTab Linux, die Smartwatch PineTime Linux oder den Lötkolben Pinecil RISC-V (sic). Nach ein paar Verzögerungen durch die Covid-Pandemie wurden dieses Jahr zunächst ein Prototyp für die Entwickler-Community und dann auch das Smartphone auf Open-Source-Hardware zum regulären Kauf für nur knapp 130 Euro angeboten. Es war in dieser ersten Version von 4.500 Geräten rasch ausverkauft.

Technische Grundlage für das aktuell angebotene PinePhone ist postmarketOS, eine Linux-Distribution extra für Smartphones, die auch auf anderen Mobiltelefonen läuft. Beim PinePhone werden für alle Komponenten (und beim Zubehör) allerdings keine proprietären, sondern nur freie Treiber genutzt, außer wenn der Nutzer das explizit anders möchte. Mit Blick auf die Liste freier Smartphones und deren Status kann man dem Team hinter dem PinePhone nur die Daumen drücken: Denn bisher musste man für seinen Wunsch nach Privatsphäre und Freiheit oft ziemlich viel Geduld zeigen, so manche ambitionierte Projekte gingen ein.

Das Mobiltelefon erweist sich als ausgesprochen zackig: Mit dem selbst aufgespielten Arch Linux ist das Hochfahren samt funktionierender Netzverbindung mit dem PinePhone in nur fünf Sekunden möglich. Aber ist es auch alltagstauglich, gar für Menschen, die nicht Linux mit der Muttermilch aufgesogen haben? Das wollten wir in einem Interview herausfinden.


Wir sprechen mit Andreas Paetsch, der in der Linux-Community als waldstepper bekannt ist. Er sammelt bereits seit dem Jahr 2005 Erfahrungen mit Linux Ubuntu und GNU/Linux und schloss sich für den Austausch Linux User Groups an. Heute ist er Teil der Linux User Group LinuxWorks!, bei der sich Einsteiger und Fortgeschrittene treffen, um sich über Fragen und Probleme rund um das Thema Freie Software auszutauschen und sich aktuelles Wissen anzueignen.

Vollwertiger Computer statt „Elektronik-Schrott“

netzpolitik.org: Zuerst die vielleicht naheliegendste Frage: Wie sind Sie darauf gekommen, ein PinePhone zu kaufen?

pine phone rueckseite
Die Rückseite des PinePhones.

Andreas Paetsch: Ich habe mir schon seit langem ein richtiges Linux-Smartphone gewünscht. Im letzten November hatte ich auf dem Ubuntu-Berlin-Stammtisch erstmals von dem PinePhone erfahren. Der Preis und die Spezifikationen des Gerätes überzeugten mich sofort. Für mich war klar, dass ich es mir kaufen werde.

netzpolitik.org: Warum, um sich von Android oder iOS zu lösen?

Andreas Paetsch: Ich verwende auf meinen Computern GNU/Linux als Betriebssystem. So etwas möchte ich auch auf meinem Smartphone nutzen. Und es wird immer schwieriger, selbst Betriebssysteme auf einem handelsüblichen Smartphone zu installieren. Die letzten drei Jahre verwendete ich LineageOS auf einem Android-Smartphone.

Viele Hersteller sperren den Bootloader auf den Geräten, so dass man kein anderes System installieren kann. Zudem werden heute oft die Bauteile wie Speicher oder Akku verklebt und verlötet. Sind diese Bauteile defekt, dann werden die Geräte oft durch neue ersetzt. So etwas bezeichne ich als Elektronik-Schrott.

Das PinePhone hingegen ist ein vollwertiger Computer, bei dem man die Hardware, also Akku, Kamera, Mainboard oder Kabel, austauschen kann. Der Nutzer hat sogar die freie Auswahl, welches Betriebssystem er auf dem Smartphone laufen lassen möchte. Es geht sogar Dualboot. So etwas ist auf einem Android- oder iPhone-Gerät schlicht unmöglich.

Vorinstalliertes Betriebssystem

netzpolitik.org: Dahinter steckt also ein Interesse an freier Technologie und eine Bereitschaft, auch Zeit hineinzustecken. Die sogenannte Community Edition des PinePhones wird mit vorinstalliertem Betriebssystem von Partnerprojekten ausgeliefert. Ist das aus Ihrer Sicht für den Otto-Normalnutzer eine Option, wenn man sich von Google und Apple lösen will?

Andreas Paetsch: Das ist für den Otto-Normalnutzer eine Option, wenn man ein freies und unabhängiges Smartphone haben möchte. Man sollte aber wissen, dass sich Linux-Projekte für Smartphones noch in einem frühen Entwicklungsstand befinden.

pine phone verpackung
PinePhone Community Edition UBports.

netzpolitik.org: Benutzen Sie die sogenannte „BraveHeart Edition“ für Bastler und Entwickler oder die schon erwähnte Community Edition?

Andreas Paetsch: Im April 2020 wurde bekannt: Das PinePhone ist mit Ubuntu Touch vorbestellbar. Ich orderte es im Shop in der Community Edition UBports, da ich seit fünfzehn Jahren Ubuntu-User bin.

netzpolitik.org: Stecken Sie insgesamt viel Zeit in das PinePhone, also ist es eher ein Bastelprojekt oder in erster Linie ein normales Mobiltelefon für den täglichen Gebrauch?

Andreas Paetsch: Ich nutze das PinePhone für den täglichen Gebrauch. Hin und wieder boote ich verschiedene Linux-Distributionen von der MicroSD-Karte, um zu schauen, wie sich andere Software-Projekte entwickeln.

netzpolitik.org: Welche Betriebssysteme außer Ubuntu sind noch empfehlenswert?

Andreas Paetsch: Persönlich finde ich postmarketOS sehr interessant.

Sehr günstig, aber auch was für unerfahrene Nutzer?

netzpolitik.org: Wenn man sich jetzt fragt: Wie schwierig ist es denn, ein anderes Betriebssystem zu installieren? Wieviel Zeit sollte man dafür einplanen?

pine phone board
Ein Blick unter die Haube des PinePhone, mit freundlicher Genehmigung von Ondřej Jirman.

Andreas Paetsch: Es gibt gute Dokumentationen zum PinePhone, und es muss nichts geflasht werden. Eine Installation geht in wenigen Minuten.

netzpolitik.org: Für diese wenigen Minuten: Braucht man dafür Vorwissen oder kann das jeder, der das Wiki lesen kann?

Andreas Paetsch: Man sollte schon etwas Linux-Wissen mitbringen und ein Terminal bedienen können. Nur das Wiki lesen, wird nicht reichen, da man auch etwas Hintergrundwissen benötigt, beispielsweise was der DD-Befehl macht. Es ist ja auch ein Linux-Smartphone.

netzpolitik.org: Sollte es Ihrer Meinung nach noch niedrigschwelliger werden, so dass wirklich jeder das PinePhone benutzen könnte?

Andreas Paetsch: Wenn man sich ein PinePhone mit vorinstallierten Betriebssystem kauft, dann reicht Einschalten und Benutzen. Ich würde für unerfahrene User empfehlen, noch einige Zeit zu warten, bis die Software ausgereifter ist.

netzpolitik.org: Finden Sie eigentlich den Preis angemessen?

Andreas Paetsch: Ich finde den Preis sehr günstig. Zu dem Kaufpreis kamen aber noch Versand und Zoll dazu.

Hat es eine Chance gegen Google und Apple?

netzpolitik.org: Könnte das PinePhone sogar für einen großen Anteil Benutzer interessant sein werden? Also hat es eine Chance gegen die beiden Platzhirsche Google und Apple?

Andreas Paetsch: Nach meiner Erfahrung warten sehr viele Menschen auf so ein Gerät.

netzpolitik.org: Stimmt das auch außerhalb der Linux-Community? Gilt das auch für Leute ohne besonderes technisches Wissen?

Andreas Paetsch: Ein Linux-Rechner lässt sich nicht viel anders bedienen als ein Computer mit Windows, Android oder iOS. Nur dass ich persönlich mit einem Linux-Computer viel mehr machen kann als mit einem anderen System. Und ich lege auch großen Wert auf Freie Software.

Ich denke, wir haben in Deutschland ein Bildungsproblem. In den letzten Jahrzehnten wurde meiner Meinung nach Computer-Unterricht nicht richtig durchgeführt. Den Schülern wurde gelehrt, wie sie Programme der großen Konzerne bedienen. Ein allgemeines Verständnis für Computer wurde hingegen meist nicht vermittelt. Und oftmals ist es an den Schulen noch so, dass Lehrer Schüler unterrichten sollen, die selbst keine Computerausbildung vorweisen können.

In den Nachrichten wird berichtet, in Deutschland werde die Digitalisierung vorangetrieben. Dann werden Beispiele gezeigt, wo Schulen ihre Computerkabinette abschaffen und an die Schüler iPads der Firma Apple verteilt werden. Das finde ich sehr bedenklich. Dort werden dann wieder Produkte benutzt, aber kein Computerwissen vermittelt. Mit Computern kann man selbst programmieren. Das sollte doch auch an Schulen vermittelt werden und nicht nur, dass man an Computern Programme von Unternehmen ausführen kann.

Man stelle sich vor, man schickt Schüler zum Tanzunterricht mit der Bedingung, dass sie während des Unterrichts eine Zwangsjacke tragen müssen. Diesen Vergleich ziehe ich, wenn nur Windows und iOS gelehrt werden, aber nicht der Umgang mit Computern im Allgemeinen.

Empfehlung: Ubuntu Touch

netzpolitik.org: Welches Betriebssystem würden Sie empfehlen, wenn man mit einem PinePhone liebäugelt?

Andreas Paetsch: Im Moment „Ubuntu Touch“. Es kann aber jederzeit ein anderes Betriebssystem auf dem PinePhone eingerichtet werden. Man muss also nicht das System benutzen, welches beim Kauf auf dem Gerät installiert war.

netzpolitik.org: Neben dem PinePhone: Welche der Projekte von anderen Herstellern sind am spannendsten?

Andreas Paetsch: Es sind für die nächste Zeit schon weitere Linux-Smartphones von anderen Herstellern angekündigt. Ich bin gespannt auf das Volla Phone mit Ubuntu Touch und das Librem 5 von Purism.

netzpolitik.org: Und wie sähe das „perfekte“ Linux-Smartphone aus?

Andreas Paetsch: Ich habe schon eins. Ich vermisse am PinePhone nichts.

netzpolitik.org: Vielen Dank für das Gespräch!

41 Ergänzungen

  1. Hallo,

    ich selbst habe kein PinePhone und warte auf mein Librem 5. Ubuntu Touch kenne ich vom Nexus 5 und BQ m10hd Tablet – Linux nutze ich seit etwa 98 (neben macOS) für Desktop und Server, privat wie beruflich:
    Ja, ubports / Ubuntu Touch ist eine gute Alternative und das PinePhone wohl der einfachste Einstieg. Generell ist es aber in keinster Weise gleich auf mit einem „Android-Phone von der Stange“. Sei es die Hardware (PinePhone; CPU, Kamera,…) noch die Software (Whatsapp beispielsweise „braucht“ leider die breite Masse >.<).
    Das kein Fehler der beiden Projekte; es gibt einfach kaum perfomante Hardware die auch noch von Open Source Treibern unterstützt wird und bei der Software braucht es noch Zeit bis das wirklich rund und mit "genügend Apps" läuft.
    So oder so ist das die richtige Richtung. Und seit dem OpenMoko hat man viel zu viel Zeit verloren. Ich kann auch nur dazu raten mal über den Tellerrand zu schauen und sich neben seinem normalen Smartphone das PinePhone, Librem 5 oder Volla zuzulegen – und dazu vielleicht eine klassische Kompaktkamera ^^

    1. Das Whatsapp Problem ist erst gelöst, wenn…
      – Whatsapp verboten wurde, oder…
      – Erzwungene Schnittstellen ohne extra Datenabfluss für cross-Messengerkommunikation qua Gesetz festgelegt sind.

    2. Die proprietäre Welt lebt hauptsächlich vom Lizenz- und Ausschlussprinzip. Es ist unwahrscheinlich, mal eben „Parallelknowhow“ aus dem Hut zaubern zu können, auch wenn z.B. offene Chipfertigung mit etwas Hoffnung in immer greifbarere Nähe kommt.

      Natürlich muss die Gesellschaft den Sprung irgendwie schaffen. Meiner Vermutung nach gibt es das nicht als fließenden Übergang. Es wird zu Verboten kommen müssen, weil das was wir heute haben, für jegliche Gesellschaft konkret sehr schädlich ist, und das Schadpotential sich nicht durch Beteuerungen und „gute Wünsche“ (‚ich alles verbinden‘ ?) wegzaubern lässt.

      Leider decken sich die Wege, Notwendigkeiten zu erreichen, teils mit Wünschen wie Protektionismus, Zensur und Kontrolle, da man eben nicht Wolfsrudel als Schäferhunde einsetzen kann, wie bisher, und es eben auch noch Schweine gibt, die in fast allem einen Trog sehen.

      Dennoch: Die Evolution zum Schäferhund ist erstens bereits passiert, wobei die Schäferhunde jetzt irgendwie eingesperrt und inkapabel wirken, zudem hat sie viel viel länger gedauert, als wir möglicherweise überhaupt noch existieren. So eine Entwicklung von sich aktiv wehrenden Großkonzernen unter Legislation eines aktiv aggressiven Staates in kurzer Zeit für realistisch zu halten, wäre sicherlich vollkommen unrealistisch.

      Trotzdem kann ein Übergang gestaltet werden, dann eben mir etwas mehr oder weniger lokaler Disruption. Meiner Vermutung nach ergibt es allerdings keinen Sinn, die Wölfe an Entscheidungen diesbezüglich zu beteiligen. Wenn, dann muss die Forschung über Artgerechte Haltung entscheiden, und die Politik über das Zumutbare, diesmal gerne unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Aspekt des Schafehütens beinhaltet, die Schafe zu hüten – andererseits… wer darf schlachten?

      1. Es geht doch um die ewige Schafsherde, die nie stirbt. Die einen sehen einen Trog, die anderen eine tatsächliche wirkliche Aufgabe.

    3. > Das WhatsApp-Problem ist gelöst wenn…

      Oder endlich alle auf Converations umsteigen als App, das verwendet dezentrale Server-Infrastrukturen und erfordert keine Zwangsregistrierung mit Telefon-Nummer. Und keiner bekommt die ganzen Kontaktdaten…

      Seit diesem Jahr kann Conversations auch Audio- und Video-Telefonie, also ein Grund mehr, umzusteigen…

      Installieren kann man das auch ohne Google Play Store, nämlich von F-Droid.org (alles Open Source)

      1. Naja,

        es wird immer Interoperabilitätsfragen geben, und kein klassisches Konstrukt dürfte geeignet sein, um die Daten von hunderten von Millionen von Nutzern zu halten.

        Es müsste schon eine neue Mischung enstehen, oder doch besser nicht alle, dafür mehr Interoperabilität.

        Bei Interoperabilität kann sehr viel absichtlich falsch gemacht werden, z.B. könnte vergessen werden auszuschließen und mit empfindlichen Strafen zu belegen:
        – Extra Registrierung von externen Benutzern verlangen, mit schönen extra Daten.
        – Werbemails verschicken. Auch Lockvogelsachen, z.B. Facebook schickt an einen Nutzer von einem anderen Messenger irgendeine Nachricht mit Links auf Einstellungen u.ä., wo dann Daten für externe Nutzer abfallen werden (Unachtsamkeit egal).
        – Vergessen oder verstecken, wie Nutzer festlegen können mit wem sie von/zu extern kommunizieren wollen, und wann nicht (mehr).
        – Binden der Einstellungen oder Einrichtung externer Kontakte an andere Datenzugeständnisse u.ä.

        Im Grunde braucht es also einen neutralen Registriermechanismus oder Broker, und eine knallharte zero-tolerance Linie bzgl. was dort rüber darf. Das halte ich zumindest in Europa für wahrscheinlicher, als dass alle den selben neuen Messenger installieren.

    1. support@pine64.org hat eben eine e-Mail mit angehängtem Browser-Abbild bei aktiviertem Privacy Badger erhalten. Nur wenn sich viele ständig beschweren, so dass es die nervt, ändert sich was. In D eine Mail mit CC an die zuständige Landesdatenschutzbehörde und Fachpresse wirkt auch in Einzelfällen.

  2. Die Idee eines Linux-Smartphones ist ja keineswegs neu, auch wenn PinePhone den Opensource-Gedanken wohl noch ein ganzes Stück konsequenter durchgesetzt hat, als andere vor ihnen. Ich habe schon vor Jahren ein Nokia N900 als mein „Alltagstelefon“ eingesetzt, welches ebenfalls eine weitgehend komplette Linuximplementation hatte. Nokia hat auch noch das N9 herausgebracht, aber beide sind im Markt aus diversen Gründen nicht angekommen. Da ich mich selber ebenfalls von Apple und Google fernhalten wollte, wurde der Nachfolger dann ein Jolla 1 unter Sailfish, gefolgt von einem Sony Xperia X unter Sailfish X. Beide haben leider – nicht nur im Treiberbereich – proprietäre Komponenten, bieten aber auch eine „Linuxerfahrung“. Auch Jolla hat sich mit Sailfish am Markt nicht durchsetzen können (und versucht daher, z.B. in den russischen Markt vorzudringen). Ich fürchte, dass die Mehrheit aller Smartphonebenutzer v.a. Apps laufen lassen können will, und für viele populäre Anwendungen (wie z.B. WhatsApp) gibt es keine Opensource-clients, bzw. werden sie aktiv durch den Betreiber geblockt – ganz zu schweigen von diversen Bankingapps u.ä. Dazu kommt die Erwartungshaltung das „jeder“ WhatsApp hat und „jeder“ mit seinem Telefon bezahlen kann – beides erlebe ich in zunehmendem Maß (für WhatsApp habe ich inzwischen ein altes Smartphone unter LineageOS im Schrank liegen…). Alleine schon deswegen befürchte ich, dass auch PinePhone nur ein weiteres Nischenprodukt bleiben wird – wenngleich auch ein sehr interessantes.

    1. Macht auf den ersten Blick leider tatsaechlich diesen abschreckenden Eindruck,stimmt aber nicht.
      Schreib einfach eine Email mit dem gewuenschten Produkt,deiner Adresse und deiner Telefonnummer an sales@pine64.org,dann bekommst du die Bankdaten,mit denen du dein PinePhone auch ohne Paypal bezahlen kannst.
      Das hab ich gerade eben erst so gemacht.
      Die Sparkasse verlangt fuer die Bearbeitung der Auslandsueberweisung allerdings eine Gebuehr von 20 Euro.
      Das ist es mir wert,wenn dadurch verhindert wird,dass sensible Finanzdaten an 500 verschiedene Drittanbieter uebermittelt werden,wie es bei Paypal der Fall ist.

      1. Anmerkung am Rande: „Auslandsueberweisung“ greift begrifflich zu kurz, man sollte von „Überweisung in Nicht-EU-Staaten“ sprechen. Wahrscheinlich kam auch noch ein Aufschlag auf Wechselkurse €$ dazu(?).
        Innerhalb der EU wäre keine solche Gebühr fällig (dank SEPA, bis 50.000€).

        1. Also um ehrlich zu sein,hab ich mir den Kontoauszug letztendlich noch gar nicht angeschaut,aber ich denke schon,dass da noch einiges drauf kam.
          Man sollte auch 20 bis 30 Dollar mehr in die Ueberweisung eintragen,da bei Pine64 weniger ankommt,als man eigentlich auf dem Ueberweisungsschein eingetragen hat.
          Bei der ersten Bestellung war Pine64 sehr kulant und schickt es mir trotzdem,auch ohne Nachzahlung,aber in Zukunft sollte man das beachten.
          Zusammenfassend kann man wohl sagen,dass das durchaus nicht ganz guenstig ist,aber man bekommt halt ein gutes Handy,ohne die eigenen Kontodaten zu verkaufen und das ist es wert,denke ich.
          Inzwischen hab ich ja von Pine64 auch die Bestaetigung,dass das Geld angekommen ist und das PinePhone verschickt wird,also dieser Weg funktioniert hervorragend.

      2. Oh…kann ich das mit den 500 Drittanbietern bei PayPal irgendwo nachlesen?
        Das schockt mich..ein wenig.

  3. Es wird nach Alltagstauglichkeit für den gemeinen Nutzer gesucht und dann soll man bitte sich mit Linux auskennen (Wiki reicht nicht). Aber alles ganz einfach…. für einen der bekanntesten Linuxer Deutschlands vielleicht.

    Ich persönlich würde mich als erfahren bezeichnen. Ich habe nach Recherche geschafft meinen WLAN Stick über das Terminal in ZorinOS zu installieren. Zwei Stunden Arbeit. War stolz. Nach dem nächsten Update war der Stick weg und ließ sich nicht mehr installieren. Danach habe ich linux wieder aufgegeben.
    (Probiere es alle paar Jahre aus)

    Der gemeine Nutzer, also die breite Masse, ist im Gegensatz zu mir jedoch bereits überfordert mit einer einfachen Warnmeldung unter iOS.
    Aber für das PinPhone muss man das Terminal bedienen können? Alltagstauglichkeit ade…

    1. die idee „jeder alles alleine“ ist ein manko unserer gesellschaft. es funktioniert, sich für bestimmte themen menschen zu suchen, die das beherrschen. mit denen kann man dann solche dinge tun, gern beim fläschchen wein.

  4. Hab kürzlich erst ein Unboxing und first Setup von dem PinePhone gesehen und das war eher abschreckend.
    – der Akku war bei Lieferung so tiefentladen dass er erst extern über Labornetzteil geladen werden musste
    – das ganze System war so langsam dass teils Sekunden vergingen bis es reagierte
    – nach kurzer Zeit ging überhaupt nichts mehr

    Qualitätskontrolle und ausführlichste Testphasen sind enorm aufwendig und kostenintensiv und dass sind bisher die größten Schwachstellen von derlei Projekten. Selbst die nun schon länger auf dem Markt befindlichen FairPhones haben noch Probleme die einfach nicht sein dürften. Ein SmartPhone muss vor allem eins sein – zuverlässig.

    1. ein fairphone spielt in einer anderen liga, da geht es um faire produktionsbedingungen und nachhaltigkeit. da ist ein android drauf mit den bekannten eigenschaften.

      1. Das Fairphone 3 kann ab dem 6. Mai statt mit Googles Android auch mit der Open-Source-Alternative /e/ OS gekauft werden.

    1. Als Kleingerät für viel Geld und vielleicht noch viel Warten scheint gerade das Open Pyra Projekt in Richtung „Massenproduktion“ zu wachsen, wegen Corona nicht zu schnell. Das wäre dann allerdings ein Debian/Linux Kleincomputer mit Tastatur und Gamepad und 4G, bei 6000 mAh Akku und allerlei Anschlüssen, für wohl 700+ Euro o.ä. Kein günstiges Smart/Phone in dem Sinne, auch nicht wassergeschützt usw. Initiale CPU ist wohl auch ein 2+2 System, allerdings mit deutlicher Grafikunterstützung von Anfang an. Schwer einzuschätzen, wo es als Telefonersatz von der Performance her landen wird.

  5. Gibt es zu dem Aspekt des freien Smartphones auch den Aspekt der fairen Produktion sowie Nachhaltigkeit? Ich finde die Grundidee super aber die Nachhaltigkeit der Ressourcen sollten immer mitgezogen werden. Nicht wieder alles externalisiert betrachten.

    Grüsse

  6. Super, dass in den Schulen iPads verteilt werden. Mit „Playgrounds“ können Schüler spielerisch für IT und die Strukturen begeistert werden. Natürlich nicht so „pur“ wie ne Linux Konsole, die würde abschrecken, deshalb ist die Aktion mit den iPads genau richtig. Die Geräte werden im Anschluss übrigens sogar in die Einzelteile zerlegt und nahezu komplett recycled.
    Den Aspekt des Rohstoffkreislaufs halte ich für extrem wichtig. Billige Geräte produzieren kann jeder. Wenn ich hier lese, dass ein Mobilgerät für 130 EUR auf den Markt kommt, dann sind die Specs so niedrig gewählt, dass das Teil nach einem Jahr auf dem Müll landet. Wer das unterstützt, ist Teil des Problems.

  7. Interessant, ich verfolge Linux und GEOS schon seit den 80er und 90er jahren, wurde aber durch das grafische Gewerbe immer in die Apple und Microsoftwelt gedrückt, nun das ist so aber der Wunsch nach unabhängigem Betriebssystem und der Phylosophie dazu blieb immer. Ich habe einen Laptop mit Linux nebenbei um immer etwas die Entwicklung mit zu bekommen, was alles so verfügbar ist, dieses Handy verspricht, dass mein Wunsch vielleicht doch noch Wirklichkeit wird, ein Telefon zu haben wo nicht irgend welche Regierungen schon von anfang an online verbunden sind. Die neusten politischen Entwicklungen zeigen nur Betriebssysteme wie Linux, GEOS u. andere sind System unabhängig.

  8. Ausgerechnet einen „passionierten Linux-Nutzer“ nach der Alltagstauglichkeit eines solchen Geräts zu befragen, halte ich für nicht besonders clever.

    1. Ja leider. Und meine eigenen Erfahrungen mit einem PinePhone postmarketOS waren sehr enttäuschend.:Weder Telefonieren noch SMS funktionierte.
      Es wird wohl bis Ende Oktober 2020 dauern, bevor eine dafür geeignete Software verfügbar wird. Langfristig ist der Ansatz von pine64.org aber sehr interessant und mit rund 200€ auch sehr günstig.

      1. Die Frage nach der Alltagstauglichkeit wurde ja auch gar nicht beantwortet, stattdessen kam die Story mit politischen Entscheiden zu iPad an Schulen.
        Zum Thema Linux .. ich benutze es viel und gern am PC, aber aus meiner Sicht ist es gegenüber iOS in den 90ern hängen geblieben:
        dem User wird misstraut, aber Apps haben recht umfassenden Zugriff…

  9. Der Durchschnitts User will kein Terminal benutzen. Der ist selbst von den simpelsten Fehlermeldungen genervt. Mehr als neustarten als Fehlerbehebung ist da meist schon nicht mehr drin. So ein offenes System mag seine Anhänger unter Fachleuten und interessierten Laien finden, aber für 95% der Menschen ist das nichts. Offene Systeme bieten vor allem dann einen mehrwert für die Masse, wenn sie dazu führen, dass es noch lange Zeit Softwaresupport gibt und sie es günstig an jeder Ecke reparieren lassen können. Im Alltag ist den Menschen doch komplett egal, ob etwas Open Source ist oder nicht. Wichtig ist, dass es funktioniert ohne großes Input vom Benutzer.
    Solange das nicht gegeben ist, wird Open Source auch weiterhin auf Nischen oder Fachleute beschränkt sein. Ich bin persönlich überhaupt kein Fan von Closed Systems, aber ich sehe ein, warum die Leute sie nutzen.
    Zu den Schulen: Ich denke nicht, dass jeder Programmieren können muss. Ich muss auch nicht schreinern können. Ich gehe zu jemandem, der das kann und der macht das für mich. Aber ja, ein Informatik Unterricht oder besser Medien-Kompetenz Unterricht wäre sehr wünschenstwert.
    Wenn ich kein Informatiker sein will, muss ich nicht wissen, wie man programmiert, aber ein generelles Grundverständnis wie die Technik unserer Zeit funktioniert, wäre schon wünschenswert. Wenn die Menschen einen mehr informierten Umgang mit ihrer Technik haben, werden viele von ganz alleine auf den Trichter kommen, dass da vielleicht was suboptimal läuft und sich selber informieren, was da noch so an Alternativen gibt.

    1. Umso wichtiger ist es, nicht von Konzernen diktieren zu lassen, wie die Technik unserer Zeit bedienbar sein soll.

      Da gab es natürlich nicht nur Negatives, aber im großen und Ganzen, ist es nicht vertretbar, externen Akteuren auch nur irgendein größeres Feld zu überlassen.

      Bei dieser Betrachtung umfasst „externe Akteure“ bei mir auch Wirtschaft, da diese nicht wirklich demokratisch gebunden sind, bei gleichzeitiger nicht wirksamer Regulation auf Gesetzes- aber auch auf Durchsetzungsseite.

      Die Konsequenz dieser Betrachtung…. kompliziert.

  10. Das Interview hat mir erneut mal wieder vor Augen geführt, wie unglaublich weit von der Realität entfernt der Durchschnittsinformatiker ist, der auf der Bash/Shell unter GNU/Linux zuhause ist. So ein Gerät hat ausschließlich die eben genannte Nische als Zielgruppe und ein 08/15 User wird sich so ein Gerät *niemals* anschaffen! Der 08/15 User interessiert sich überhaupt nicht dafür, was frei/FOSS ist und was nicht, ob da jetzt ein Linux/Unix, ein macOS, ein Windows oder sonst ein anderer Unterbau drunter ist. Das Handy muss tun was es tun soll, stylisch aussehen und einen gewissen Wiedererkennungswert in der Gesellschaft zur Lifestyleidentifikation besitzen. Der Durchschnittsuser interessiert sich ja auch nicht dafür, was mit seinen Daten passiert und führt Tagebuch in Snapchat, TikTok und Instagram – Apps, die über einen App Store beziehbar sind, der auf so einem (nicht-Android) Gerät schlichtweg fehlen wird. Der typische auf der Straße herumlaufende DAU macht sich schlichtweg die Gedanken, die Netzaktivisten die hier anzutreffen sind durch die Nervenbahnen gehen. ;) Daher sind wir hier wohl auf unsere ganz eigene Art und Weise in unserer Filterblase…

    1. Nochmal umformulieren, aber politische Parteien einsetzen.

      „Es muss nur funktionieren“

      1. Voraussicht auf das Aussterbensdatum unserer Zivilisation ermitteln. Sollte unter diesen Umständen eigentlich trivial estimierbar sein.
      2. Klar muss das „es“ funktionieren. Anders geht es nicht. Allerdings sollte „es“ nach Möglichkeit nicht Selbstmord sein.

    2. … vielleicht nicht Ansatz und Ziel verwechseln?

      Sie Beschreiben nur ein halbes Naturgesetz. Natürlich müssen Sachen ohne verblödete Überkomplexität funktionieren. Da der Markt aber stark abgeschottet (Patente, geschlossene Systeme bei Mobilfunkchips und überall, Zugänglichkeit der Fertigung…), zudem ein Softwaresystem erst einmal entwickelt sein will, kann das noch ein relativ weiter Weg sein. Dieses Projekt baut jetzt ein Mobilteil mit Technik die zum Teil bei OSHW-Fertigern schon in anderen Kontexten verwendet und vielfach getestet wurde, und baut auch auf weiteren bereits entwickelten… auch Software- Teilen auf, kann aber zunächst nur wirklich durch Enthusiasten leben, da es eben doch hauptsächlich ein Linuxteil ist. Das ist wohl auch so der Plan, und mehr ist ad hoc nicht zu erwarten – das Gerät kann und macht also zunächst mehr als es sollte, und ist gleichzeitig weniger Stabil, als wenn man z.B. nur ein einfaches Telefon im Sinn gehabt hätte. Der Ausblick ist aber wohl, „echtes Linux“ als Basis für freie(re) Hardware so anpassen zu können, dass man letztlich eine (akzeptable) Alternative zu den kommerziellen Produkten erhält.

      Wäre Chipfertigung und einiges anderes in der Werkstatt um die Ecke möglich, und die Technologie bzw. Mobilspezifikation und Implementation frei verfügbar, sähe das ganze fundamental anders aus. Stattdessen wird etwas vom Markt benutzt, mit Lieferketten und Abnahmemengen teils wohl jenseits der Garage. Das und ähnliches macht die Entwicklung solcher Systeme natürlich zäh, es gibt unzählige Patente, für die sich die großen Unternehmen gegenseitig freikaufen, aber die ein kleines Projekt wohl umgehen müsste, oder dran sterben würde, wenn es denn wachsen würde.

      Also da darf man gar nicht zu viel erwarten. Naturgemäß stellt der Artikel auch eine Frage, die vielleicht auch noch an andere Leute gestellt hätte werden können, aufgrund des wohl nötigen Enthusiastenmarktes aber mindestens an einen Linuxcrack +- gestellt werden musste.

    3. Danke.
      Herr Paetsch empfiehlt Ubuntu Touch auf dem Pinephone. Schlichtweg unbenutzbar. Wie auch alle anderen Pinephone Distributionen. Ich finde es irritierend, dass hier unter dem Deckmantel von Datenschutz das Pinephone als alltagstauglich bezeichnet wird. Das stimmt schlichtweg nicht und ist Meilen weit von jeglicher Realität entfernt. Dieses Phone hilft auf dem Weg zu freien Betriebssystemen auf dieser Geräte Klasse. Es markiert aber eben einen wichtigen Anfang, der Sinn macht, wenn er später in etwas funktionierendes mündet. Es ist ein Testgerät für Leute, die Spaß am Frickeln haben. Wie ich.

  11. Vielleicht sollten wir aufhören ständig (unbewiesene) Eigenschaften der Menschheit unhinterfragt zu behaupten oder zu wiederholen. 1. könnte dies sowas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung werden. 2. Die Entwicklungen von Utopien beeinträchtigen.
    Ich habe vor einiger Zeit meinem computer-unbegabten Vater Manjaro-XFCE installiert. Er erzählt mir immer wieder welche Logik in der Bedienung stecken würde, und das das System keine ungefragten Dinge tut, und eigentlich alles was er braucht kann. Klar, er braucht oft Hilfe bei der Einrichtung neuer Dinge, aber lernt auch selbst Probleme zu lösen, wenn man nicht immer alles vorkaut.

    Ich denke man „braucht“ überhaupt keinen Messenger, man könnte sich auch verabreden, sms schreiben oder telefonieren, und wem Verschlüsselung wichtig ist, dem wird WhatsApp wahrscheinlich nicht 1. Wahl sein.
    Für mich persönlich ist offline-Navigation wichtig und im Internet möglichst freie Informationen finden.
    Ich hoffe das Librem 5 wird bald verschickt, mal sehen wie es sich „schlägt“. Die Strategie von Purism mehrere Entwicklungsstatien zu verschicken fand ich interessant für die Entwicklung.
    Ich währe allerdings wahrscheinlich sogar mit einem Smartphone zufrieden, was gar nicht telephonieren kann. Sondern primär als Tragbarer Internetfähiger Taschencomputer gedacht ist. Also vielleicht nicht mal „smart“. Vielleicht ganz Wikipedia offline, und ab und zu mal ein LAN-Anschluss für Weltbewegende aber eigentlich langweilige Neuigkeiten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.