„Wissen ist offen, wenn jede:r darauf frei zugreifen, es nutzen, verändern und teilen kann – eingeschränkt höchstens durch Maßnahmen, die Ursprung und Offenheit des Wissens bewahren.“
Die Open Knowledge Foundation (OKF) und Wikimedia haben eine Broschüre mit dem Titel „ABC der Offenheit“ herausgegeben. Sie steht unter der Lizenz CC BY-SA 4.0, in den nächsten Wochen werden wir jeden Montag einen Ausschnitt daraus veröffentlichen. Unter anderem dazu, was es heißt, „offen“ zu arbeiten, wie „offene“ Herangehensweisen in verschiedenen Bereichen aussehen und welche Vorteile sie bringen.
Open Science umfasst jegliche Ansätze, Bestandteile des wissenschaftlichen Prozesses möglichst offen und transparent allen freizugänglich zur Verfügung zu stellen und zu kommunizieren. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von methodischen sowie theoretischen Ansätzen, wie beispielsweise freier Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen via Open Access und die Weiterverwendung und -verbreitung von Daten, die das Ziel verfolgen, Forschungsprozesse und -ergebnisse anhand des Forschungszyklus offen zugänglich und nachnutzbar zu machen.
Das Ziel von Open Science ist es, Forschung insgesamt transparenterzu machen und die Qualität des wissenschaftlichen Arbeitens zu verbessern. In der akademischen Welt herrscht nach wie vor ein hoher Druck, Forschungsartikel in namhaften Fachzeitschriften oder Monographien zu veröffentlichen; diese Tradition bestimmt noch immer Ansehen und Bekanntheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Hier muss offene Wissenschaft besser erklärt und erfahrbar gemacht werden, damit offene Forschungspraktiken innerhalb der Wissenschaftsinstitutionen ihre Vorteile entfalten können.
Vorteile von Open Science
Durch den offenen Zugang zu Forschungsprozessen – also von der Idee über Daten bis hin zu Ergebnissen – können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit schneller und auf eine größere Anzahl an für ihre Arbeit relevante Publikationen oder Forschungsdaten zugreifen. Dadurch kann Forschung effizienter werden, Redundanzen können vermieden werden und aktuelle Entwicklungen können zeitnah begleitet werden.
Durch die freie Verfügbarkeit im Internet können wissenschaftliche Ergebnisse auch von anderen Zielgruppen verwendet werden, z. B. von der Industrie oder von Amateurforscherinnen und -forschern, den sogenannten Citizen Scientists. Frei publizierte Forschungsdaten können auch in anderen Kontexten wiederverwendet werden, zum Beispiel in anderen Experimenten oder in Verknüpfung mit anderen Datensätzen. Zudem erhöht die Publikation von Forschungsdaten die Transparenz, die Reproduzierbarkeit und so auch die Überprüfbarkeit der in einer Publikation dargelegten Ergebnisse und Hypothesen.
Was ist zu beachten?
Open Access
Immer mehr Forschungsförderungen unterstützen Open-Science-Ansätze. Die Europäische Union und der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) fordern zum Beispiel, dass Publikationen, die im Rahmen der von ihnen geförderten Forschungsprojekte entstehen, als Open Access publiziert werden müssen.
Diese Bedingung bedeutet jedoch nicht, dass ein Publikationszwang besteht. Es ist nach wie vor den Forscherinnen und Forschern selbst überlassen, zu entscheiden, ob und wann Forschungsergebnisse publiziert werden sollen. Dies ist vor allem dann relevant, wenn Patentierung oder Vermarktung der Forschungsergebnisse in Frage kommen.
Verschiedene Open-Access-Optionen in Betracht zu ziehen ist auf jeden Fall ratsam, wann immer sich Autorinnen und Autoren entscheiden, ihre Forschungsergebnisse zu veröffentlichen. Inzwischen gibt es für viele Fachrichtungen und unterschiedliche Publikationstypen, etwa Artikel und Monographien, gute Open-Access-Optionen. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Open-Access-Informationsplattform oder in speziellen Open-Access-Büros wie an der Freien Universität Berlin und der Universität Wien.
Open Research Data
Sowohl die EU als auch der FWF empfehlen, wissenschaftliche Rohdaten offen zugänglich zu machen. Aufbereitete Rohdaten können auf speziellen Plattformen oder Repositorien archiviert, für die Allgemeinheit frei zugänglich und zur Wiederverwendung zur Verfügung gestellt werden. Die Daten sollten hierzu aufbereitet und in einem offenen Format gespeichert werden.
Wichtig ist dabei auch die Lizenzierung der Daten. Die Panton Principles for Open Data in Science empfehlen, eine möglichst offene Lizenz zu verwenden, die eine problemlose Wiederverwendung der Daten durch Dritte ermöglicht. Offene Forschungskommunikation findet vermehrt in den sozialen Medien wie Blogs, Twitter und in Podcasts statt. Dies hat einerseits den Vorteil, dass Informationen und Gedankengänge bereits während des Forschungsprozesses zur Verfügung gestellt werden können und andere Forscherinnen und Forscher somit ihr Wissen, beziehungsweise ihre Erfahrungen bereits früh mit der Community teilen.
Das Wissen kann dadurch früher in die Arbeit anderer einfließen, die sich mit einem ähnlichen Forschungsgegenstand auseinandersetzen. Zudem wird direkter Austausch, beziehungsweise Diskurse über Kommentare und ähnliches ermöglicht.
Beispiele für Open Science
Das Fellow-Programm Freies Wissen ist ein gemeinsames Projekt von Wikimedia Deutschland, dem Stifterverband und der VolkswagenStiftung. Zentrales Anliegen ist es, die schrittweise Öffnung der Wissenschaft zu fördern und das Prinzip kollaborativer Wissensproduktion nach dem Vorbild der Wikipedia weiter in die Breite zu tragen. Das Programm richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus allen Fachdisziplinen, die ihre eigene Forschung und Lehre offen und nachnutzbar gestalten möchten.
Ring-a-Scientist möchte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Schulen bringen und das live per Videokonferenz. Über eine Online-Plattform können Lehrkräfte individuell Termine für eine Videokonferenz vereinbaren. Mögliche Gesprächsinhalte reichen, je nach Fachrichtung, von Studienberatung und Diskussionsrunden mit Expertinnen und Experten hin zu virtuellen Laborführungen, Experimenten und Einblicken in die aktuelle Forschung.
Im Rahmen von offene-doktorarbeit.de hat Christian Heise sein Promotionsvorhaben „Von Open Access zu Open Science: Zum Wandel von wissenschaftlicher Kommunikation“ offen verfasst und im dazugehörigen Blog dokumentiert. Die Erstellung der Arbeit war von Anfang an und unmittelbar für alle Interessierten jederzeit frei zugänglich im Internet einsehbar und wurde schließlich unter einer offenen und freien Lizenz (CC-BY-SA) veröffentlicht .
Das Polymath Projekt wurde 2009 vom Mathematiker Tim Gowers ins Leben gerufen. Die Idee war es, durch die Zusammenarbeit vieler Mathematikerinnen und Mathematiker über das Web komplexe mathematische Probleme zu lösen. Das Zusammenführen zahlreicher Teilfortschritte in der Problemlösung führte bereits im ersten Pilotlauf zum Beweis eines wichtigen mathematisches Theorems.
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