Wenn es heute um politische Inhalte in sozialen Netzwerken wie Facebook und YouTube geht, dann dreht sich die Diskussion oft um obskure oder politisch extremistische Inhalte – auch hier bei netzpolitik.org war kürzlich wieder Radikalisierung bei YouTube Thema. Gleichzeitig haben sich im Zuge der Diskussion um Rezos „Zerstörung der CDU“-Video im Vorfeld der EU-Wahlen auch auch zahlreiche Mainstream-YouTuberInnen mit großen Reichweiten politisch – bis zu einem gewissen Grad sogar parteipolitisch – positioniert.
Das ist nicht nur bemerkenswert, weil auch professionelle YouTuberInnen zuvor etablierter Politik nur wenig entgegenzusetzen hatte – noch 2017 titelten wir „Merkel burnt sie alle“. Hinzu kommt, dass es inspiriert von Rezos Erfolg zu einer vermehrten Nutzung von YouTube als politischer Plattform zu kommen scheint. Rezos Ansatz des mit zahlreichen Quellen belegten, politischen Rants etabliert sich hierbei als neues Genre.
Videos im Rezo-Style aus Österreich
Jüngstes Beispiel dafür sind zwei Videos im Rezo-Style, die unabhängig voneinander entstanden aber quasi zur selben Zeit – genau eine Woche vor der anstehenden Nationalratswahl in Österreich – veröffentlicht wurden: „Die Zerstörung der ÖVP“ und „Die echte Zerstörung der ÖVP“. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) stellte bis Mai dieses Jahres mit Sebastian Kurz den Bundeskanzler Österreichs.
Interessant sind die beiden Videos nicht nur, weil sie sich ganz explizit Rezos Video zum Vorbild genommen und auf die Situation in Österreich umgelegt haben. Im Unterschied zu Rezo handelt es sich bei den beiden Video-Machern nicht um erfahrene YouTuber. Dementsprechend sind die Videos zwar durchaus aufwändig recherchiert und vorbereitet, können in technischer Hinsicht aber nicht mit ihrem Vorbild mithalten.
Gleichzeitig entspricht dieser Ansatz aber wieder mehr dem Versprechen, dass nicht nur Profis sondern eben Du und ich – „You“ – mit Hilfe von „YouTube“ vergleichsweise große Öffentlichkeit erreichen können. Die beiden Videos halten nach 24 Stunden bei rund 5.000 Views, Tendenz steigend.
Dass die beiden Videos einen relevanten Einfluss auf das Wahlergebnis am Sonntag haben werden, ist bei diesen Abrufzahlen natürlich unwahrscheinlich. Die Veröffentlichung eine Woche vor der Wahl erfolgte außerdem vergleichsweise spät. Als Indiz für eine breitere Politisierung von YouTube können diese und ähnliche Videos im Rezo-Style aber allemal gelten.
Danke für den Artikel!
LG Working Class Hero
„Rezos Ansatz des mit zahlreichen Quellen belegten, politischen Rants etabliert sich hierbei als neues Genre.“
Das wäre wünschenswert.
Es wäre wirklich schön, wenn sich junge Menschen mit Reichweite und guten Ansichten öffentlich aufstellen würden, ein objektives Bild von Mißständen aufzeichnen und damit Menschen aufklären würden. Das ist aber leider zu schön um wahr zu sein.
Es ist wirklich mehr als nur bezeichnend, dass jetzt neuerdings alles „zerstört“ werden muss.
Vernünftige, besonnene Kommunikation scheint total out zu sein.
Die Lager werden weiter nach links und rechts außen gedrückt.
Mitlerweile muss man mehr denn je höllisch aufpassen, was oder wem man Glauben schenkt,
zu viel subjektive Fragmentwahrnehmung von etwas Ganzem.
Es wird gefaked und gekauft was das Zeug hält. Und zu viele lassen sich für die Machenschaften anderer kaufen. Wer hier wen schmiert und mit welchen Absichten bleibt leider im Dunst des Wahlkampfs verborgen.
Gerade hier sollte man wohl prüfen, was man an sich heran lässt und was nicht.
Wahlkampf ist ein dreckiger Sumpf von Widrigkeiten und Widerlichem geworden.
Verrohung und Spaltung an allen Fronten.
So lange bis es knallt und man das Gehege um uns herum noch enger stecken kann.
Dass das niemand begreift verstehe ich einfach nicht.
Die Menschen scheinen intelligent … bis sie der Populismus packt.