Informationsfreiheitsbeauftragte: Deutschland braucht ein verpflichtendes Lobbyregister

Die Informationsfreiheitsbeauftragten fordern eine verbindliche Registrierung von Lobbyisten bei Bund und Ländern. Entsprechende Entwürfe werden auf Bundesebene seit längerem verhindert. In der EU gibt es bereits ein Lobbyregister, aber auch das hat noch Schwächen.

Ein Mann im Anzug mit Koffer
Der Einfluss von Lobbyistinnen auf Gesetze soll transparent gemacht werden (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Craig Whitehead

Wenn ein neues Gesetz entworfen wird, sind nicht nur Politiker daran beteiligt. Auch zahlreiche Interessensgruppen geben Stellungnahmen zu den Plänen ab. Die Tabaklobby macht sich bei den Bundespolitikern dafür stark, weiter Werbung für Zigaretten machen zu dürfen. Facebook und andere Datenkonzerne lobbyieren in Brüssel dafür, Datenschutzregeln nicht allzu streng zu machen. Mit wem sich die Lobbyisten treffen, welche Vorschläge sie machen und was davon dann in den Gesetzen landet, ist schwer zu durchschauen.

Der Einfluss von Lobbyisten auf Gesetze müsse transparent sein, fordern die Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder auf ihrer halbjährlichen Konferenz (IFK). Dazu sollen öffentliche Lobbyregister eingerichtet werden, lautet es in ihrer Entschließung. Die Forderung hat allerdings keine direkten Folgen, sondern stellt nur einen Aufruf an die Gesetzgeber von Bund und Ländern dar. In Deutschland gibt es bisher keine verbindliche Regelung, wie die Zusammenarbeit von Politikerinnen mit Lobbyisten offengelegt wird, die Vorgaben unterscheiden sich je nach Länder- und Bundesgesetzen.

Die Register sollten Namen der Lobbyistinnen, Art der Tätigkeit und „zumindest die wesentlichen Inhalte des Beitrags zum jeweiligen Gesetzgebungsverfahren“ enthalten, so die IFK: „Die damit hergestellte Transparenz stärkt das Vertrauen der Menschen in die Politik, ermöglicht demokratische Kontrolle und erhöht die Akzeptanz politischer – insbesondere gesetzgeberischer – Entscheidungen.“ Als Vorbild könne zum Beispiel ein thüringisches Gesetz dienen, das seit März 2019 gilt. Dort müssen nun alle Verbände, Vereine oder Interessensvertreter offengelegt werden, die zu einem Gesetz Stellung genommen haben.

Union blockiert auf Bundesebene

Die Forderung ist nicht neu. Auf Bundesebene haben verschiedene Parteien ein solches Register gefordert. Die SPD nahm die Einführung von Lobbyregistern 2017 in einen Entwurf für das Regierungsprogramm auf. Auch im Jamaika-Sondierungspapier zwischen den Grünen, der FDP und der Union war sie enthalten. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition findet sich das Lobbyregister allerdings nicht mehr wieder.

Ein entsprechender Entwurf der Linken und Antrag der Grünen verlief im Bundestagsausschuss letztes Jahr erfolglos. Ähnliche Entwürfe hatten die Parteien bereits in den vorherigen Wahlperioden eingebracht. Auch Verbände wie Transparency International oder abgeordnetenwatch.de stehen hinter einem Lobbyregistergesetz. Die Initiative FragDenStaat konnte mit ihrer Kampagne „Gläserne Gesetze“ im letzten Jahr die Bundesministerien dazu bewegen, standardmäßig Gesetzentwürfe und dazugehörige Lobby-Stellungnahmen zu veröffentlichen. Die aktuelle Bundesregierung führte die Praxis jedoch nicht fort.

Freiwillige Registrierung bei der EU

In Brüssel pflegen die NGOs Corporate Europe Observatory und LobbyControl eine Lobbyübersicht auf Basis des EU-Transparenzregisters, das seit 2011 existiert. Das Register sei ein wichtiger Schritt, so ein Report der NGO LobbyControl, doch noch nicht ausreichend. Wichtigste Frage ist die verpflichtende Registrierung von Lobbyistinnen. Viele EU-Akteure haben sich freiwillig dazu verpflichtet, sich nur noch mit Interessenvertretern zu treffen, die ihre Informationen offenlegen – seit Januar wurden die Regelungen für das EU-Parlament nochmals verschärft. Auch ist die Anzahl der nicht registrierten Organisationen wesentlich geschrumpft.

Doch vor allem der Rat der EU und untergeordnete EU-Behörden hätten noch Nachholbedarf, so die Transparenzorganisation. Außerdem könne das Register ohne Folgen mit falschen Daten gefüttert oder durch Mitarbeitende von Politikern umgangen werden. LobbyControl fordert außerdem die Offenlegung des Budgets von Lobbyorganisationen, die Erfassung der Arbeit von Drittstaaten und langfristig ein gesetzlich verbindliches Register.

Eine Ergänzung

  1. Lobbying ist Teilhabe an der politischen Willensbildung und somit etwas höchst Demokratisches. Jeder sollte es tun, um seine Interessen in die Politik einzubringen. Um so besser, wenn sich Gruppen zusammentun, um ihre Meinungsbilder öffentlich zu vertreten. Und genau das tun Verbände. Wer soll unter diesen Umständen alles im Lobbying Register aufgenommen werden? Warum reicht da nicht einfach das Wählerverzeichnis und das Verbandsregister?

    Anstatt mal wieder zwischen Gut und Böse zu differenzieren wäre es doch viel interessanter, sich mit den von den Lobbyisten vertretenen Meinungen auseinanderzusetzen. Vielleicht haben sie einfach die überzeugenderen Argumente.

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