Dienstanweisungen können interessante Einblicke in das Innenleben von Behörden geben: Sie offenbaren, nach welchen Regeln Jobcenter Hartz-IV-Sanktionen verhängen oder wie Dialektanalysen bei Geflüchteten ablaufen. Diese Dienstanweisungen können normalerweise alle Bürgerinnen und Bürger durch Informationsfreiheitsanfragen von den Behörden anfragen. Vor einigen Monaten erhielten wir so vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Dokumente zum Umgang mit sprachbiometrischen Tests und Gutachten. Doch das BAMF beginnt nun zu mauern und versieht jetzt Dienstanweisungen mit Urheberrechtsklauseln, um eine Veröffentlichung zu unterbinden.
Mitte November fragten wir über fragdenstaat.de nach der Dublin-Dienstanweisung. Sie regelt unter anderem den Umgang mit Abschiebungen in andere EU-Staaten, falls Asylsuchende dort bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland registriert wurden. Das BAMF schickte uns diese Dienstanweisung zu, aber verwies auf die Urheberrechte des BAMF an der Dienstanweisung. Auf der zweiten Seite des Dokuments steht, das BAMF behalte sich das „ausschließliche Recht auf Veröffentlichung und Verbreitung“ vor. Für „Nachdruck und Vervielfältigung“ – auch innerhalb des BAMF – sei eine vorherige Genehmigung nötig.
Wir veröffentlichen die Dienstanweisung trotzdem
Damit dürften wir die Dienstanweisung nicht veröffentlichen. Wir tun es aber trotzdem. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, zu erfahren, wie das BAMF Abschiebungen regelt, welche Abschiebehindernisse es gibt, wie es mit Minderjährigen umgeht. Vorige Versionen der Dublin-Anweisungen enthielten keinen Urheberrechtsvermerk, die neue Fassung aus dem November schon. Es lässt sich generell ein immer restriktiverer Umgang des BAMF mit IFG-Anfragen beobachten: Auch bei einer Anfrage nach den Social-Media-Aktivitäten der Asylbehörde schickte es dem Fragesteller die angeforderten Dokumente zu, untersagte aber deren Verbreitung. Nach Widerspruch ließ die Behörde die Einschränkung jedoch fallen.
In der Vergangenheit haben Behörden öfter versucht, Veröffentlichungen mit dem „Zensurheberrecht“ zu verhindern: Das Verteidigungsministerium will so die Veröffentlichung von militärischen Lageberichten aus dem Afghanistan-Krieg untersagen. Mittlerweile ist der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet. Der Generalanwalt des Gerichts hat in seinem Schlussantrag gesagt, der Staat dürfe nicht das Grundrecht am Eigentum heranziehen, um die freie Meinungsäußerung zu beschränken. Im Jahr 2014 hatte das Innenministerium versucht, die Veröffentlichung eines Gutachten zur Prozenthürde bei der Europawahl auf der IFG-Plattform fragdenstaat.de zu unterbinden – und scheiterte.
In den nächsten Wochen wird der Europäische Gerichtshof über die Afghanistan-Papiere entscheiden. Das wird auch Auswirkungen auf einen weiteren Fall haben, in dem deutsche Gerichte einer öffentlichen Einrichtung rechtgegeben haben: Der MDR hatte Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung zu Glyphosat veröffentlicht, zuletzt urteilte das Oberlandesgericht Köln, dass der Sender damit die Urheberrechte des Instituts verletzt habe. Das Urteil des Gerichts wird eine wichtige Richtungsvorgabe für das Verhältnis von Urheberrecht und Pressefreiheit sein.
Wollt ihr beim BAMF jetzt nicht mal eine IFGanfrage nach dem Vorhandensein der „vorherigen Genehmigung“ machen, die es dem bamf ermöglichte, euch das „urheberrechtlich geschützt dokument“ zuzusenden?
Wenn das bamf da keinen papertrail für die interne verfielfältigung/speicherung zur beantwortung eurer anfrage hat, hat es eventuell selbst gegen ihre sehr restriktive klausel verstoßen, oder?!
Gute Idee. Stell diese kurze Anfrage einfach über die frag den staat Webseite. Kostet dich nichts und ist so schnell umgesetzt wie das verfassen deiner Antwort hier.
#tuwat
Viel interessanter wäre es, die BAMF-Leitung mit dem Sachverhalt zu konfrontieren. Ist es ein Versehen, eine Entscheidung auf unterer Ebene oder eine Anweisung der Leitung?
Im übrigen: Danke für Eure Bemühungen.
Im Gegensatz zu den bisherigen Fällen zum „Zensurheberrecht“ ;-) handelt es sich bei einer Dienstanweisung um eine sogen. „Selbstfindung der Verwaltung“. Sie regelt darin, wie Sie auslegung- und ausfüllungsbedürftige Begriffe inhaltlich bestimmen will. Deswegen hat die Dienstanweisung, auch wenn sie keine Rechtsnorm ist, eine rechtlich bindende Wirkung. Die muss der Rechtsunterworfene kennen.
Hierfür das Urheberrecht zu bemühen, um die Weiterverbreitung zu unterbinden, halte ich deswegen für ziemlich abwegig.
Selbstbindung – nicht Selbstfindung.
Selbstfindung ist aber auch schön ☺️
Eine Dienstanweisung kann doch gar nicht über die erforderliche Schöpfungshöhe verfügen, um unter das Urheberrecht zu fallen. Ein amtliches Schreiben ist doch kein Werk. Was für eine absurde Argumentation. Außerdem dachte ich immer, was aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde, muss auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wie ist es denn damit?
Ist das wirklich so? Ich dachte, die Anforderungen an die Schöpfungshöhe, durch die ein Urheberrecht begründet wird, seien im allgemeinen ziemlich gering (siehe Reprofotografie oder Briefe). Es wäre besser, hier ein anderes Argument oder eine andere rechtliche Grundlage für die Möglichkeit der Verbreitung zu haben.
Auf solche amtlichen Werke gibt es keinen Urheberrechtsschutz, weil das Urheberrecht das Ziel hat den Urheber vor dem Zugriff der Allgemeinheit zu schützen und amtliche Werke ja bereits aus der Sphäre der Allgemeinheit stammen. Aus diesem Grund sind auch Gerichtsurteile nicht urheberrechtlich geschützt. Auf einen Urheberrechtsvermerk kommt es nicht an; dieser ist völlig bedeutungslos für das Urheberrecht.
Entweder hat die Behörde keine Ahnung oder sie ist böswillig – beides erschreckend.
Ein weitere Beispiel dafür, dass das Problem das Urheberrecht ist. Damit wird Schritt für Schritt die Meinungsfreiheit eingeschränkt bzw. ganz abgeschafft.
Heute maßt sich ja jedes Würstchen irgendwelche besonderen Rechte auf Basis KUG oder ähnlicher (oder auch frei erfundener) Gesetze an („Sie haben mich ins Gesicht gefilmt …“) . „Einfach gar nicht ignorieren“, wie ich immer schmunzelnd sage … ;-)
Danke für die Veröffentlichung!
Mit der gleichen Masche hat man wohl die „UFO-Akten“ der Bundesregierung bisher nicht veröffentlicht.
Man kann sie evtl. einklagen, aber darf sie nicht veröffentlichen.
Darin schreibt ein Gutachter wohl positiv zur Existenz von außerirdischen Besuchern.
Evtl. hatte man sich als man das Gutachten in Auftrag gab gedacht, man wird etwas ablehndendes erhalten.
Das war die Hoffnung.
Als der Journalist Robert Fleischer auf einer Pressekeonferenz diesen PR-Heini der Regierung (der früher beim ÖR-TV war) danach fragte, lächelte der das nur in Mobbing-Absicht) dumm weg, und die Journalisten im Raum lachten dumm mit.
Ich habe mal den Betreiber von „Sondereinheiten“ angezeigt.
Auch als Test um zu sehen wie die Justiz reagiert.
Der Typ beleidigt auf seiner Webseite Nutzer.
Wenn er nicht weiter weiß veröffentlicht er im Strang Name und Adresse des Nutzers, und ruft dazu auf die Person zu „besuchen“.
Die Ablehnung des Staatsanwaltes aus Kiel (mit dem Namen eines Bodybuilders der einen Gladiator spielte) war begründet damit, dass die Beleidigung laut Zeitanzeige länger als 3 Monate im Forum steht. Damit wäre sie verjährt.
Wir wissen dass ist dreister Unsinn in der Hoffnung dass der dumme Bürger das nicht kapiert.
Denn die 3 Monate Verjährung gelten natürlich nach Beendigung der Beleidigung. Mündlich gleich nach der Aussprache, aber im Internet erst wenn es entfernt wurde.
Der Punkt ist, der Typ steht mit Klarname und sogar eigener Unterschrift auf dem Wisch, und Ich werde den ganz sicher noch mit dem Ziel seinem Ansehen zu schaden veröffentlichen.
Mal sehen ob und auf welcher Schiene die das bekämpfen wollen.
Ich werde das dann evtl. auch mal öffentlich z.B. auf den Kölner Dom projizieren. Mit seinem fett blinkenden Klarnamen und dem AG Kiel.
Evtl. richte Ich noch eine Webseite mit Domain mit Namen des Gerichtes ein, auf der Ich das veröffentliche.
Diese Arrogante Haltung und Glaube die dahinter steckt so etwas einem Bürger zu schicken.
Der Glaube dass der Bürger so dumm ist das juristisch nicht zu bemerken. Und evtl. der Glaube dass der Bürger sich nicht traut eine Schmutzkampagne darauf basierend zu starten.
Auch wenn die das nicht öffentlich zeigen mögen, das AG Kiel würde den wohl merken lassen dass sie nicht mit einem Fehler glücklich sind…
alternativ könnte man mit jedem aufruf eine anfrage verschicken lassen und nach dem absenden das dokument öffnen, was man auf grund der anfrage erhalten wird
wird interessant wieviele tausend male dann netzpolitik.org das selbe dokument zur verfügung gestellt werden muss
z.b. „ey ich hab euch das dokument schon 5000x geschickt“ – „wir haben aber schon 12 000 aufrufe“ – „da arbeite ich doch noch wochen drann“