Neues aus dem Fernsehrat (33): Projekt „Wiki Loves TV & Radio“ gestartet

Mit einem Gemeinschaftsprojekt wollen die Redaktion „Film und Fernsehen“ der Wikipedia und Wikimedia Deutschland öffentlich-rechtlichen Inhalten eine Rutsche in die Wikipedia legen. In einem ersten Schritt sollen Wikipedia-Autoren fehlende Inhalte identifizieren.

Ausschnitt des Logokonzepts für das Projekt „Wiki Loves TV & Radio“ (Bearbeitung: Leonhard Dobusch) CC-BY-SA 4.0 Universalamateur

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

In meinem Vortrag „Chaos im Fernsehrat“ beim Chaos Communication Congress habe ich letzte Woche noch wortwortlich „angeprangert“, dass öffentlich-rechtliche Inhalte zwar auf kommerziellen Plattformen wie YouTube, aber nicht in der gemeinnützigen Wikipedia zu finden sind. Zumindest von Seiten der Wikipedia wird jetzt ein neuer Anlauf unternommen, mehr solcher Inhalte in die freie Online-Enzyklopädie zu bekommen.

In seiner aktuellen Ausgabe widmet sich der Wikipedia:Kurier – das laut Selbstbeschreibung „unabhängige, interne Nachrichtenblatt der Wikipedia-Gemeinschaft“ – schwerpunktmäßig dem Thema „Rundfunk in der Wikipedia“. Neben einem kurzen Rückblick auf die bisherigen Bemühungen (u.a. eine erste Wunschliste für Inhalte oder ein runder Tisch mit verschiedenen Stakeholdern) finden sich dort auch aktuelle Zahlen zu den bereits bestehenden Inhalten mit Bezug zu öffentlich-rechtlichem Rundfunk im deutschsprachigen Raum. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Kategorie für entsprechende Artikel angelegt:

Demnach ist der deutschsprachige Öffentlich-rechtliche Rundfunk in der deutschen Wikipedia mit annähernd 7.400 Artikel vertreten, die allein im November 2018 an die 10 Millionen Aufrufe hatten, hier nachzulesen. Interessant dabei: Am meisten werden Personenartikel aufgerufen.

Neben den Artikeln zum Thema, die von rund 100 Freiwilligen schwerpunktmäßig gepflegt werden, verweist der Beitrag auch auf eine vergleichbar große Zahl an Autoren aus dem öffentlich-rechtlichen Umfeld, die in ihren jeweiligen Spezialgebieten in der Wikipedia mitschreiben. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Wikipedia-Redaktion „Film und Fernsehen“ zu, die jetzt gemeinsam mit Wikimedia Deutschland das Projekt „Wiki Loves TV & Radio“ ins Leben gerufen hat. Der Titel des Projekts nimmt Anleihen bei sehr erfolgreichen Projekten wie dem Foto-Wettbewerb „Wiki Loves Monuments“, im Zuge dessen jährlich Bilder von Denkmälern gesammelt werden.

Projekt „Wiki Loves TV & Radio“

Wiki Loves TV & Radio hat sich nun das „primäre Ziel“ gesetzt, „Inhalte der Rundfunkanstalten in die Wikipedia zu übernehmen“:

„Insbesondere Tonausschnitte, kurze Videosequenzen und Abbildungen von Personen des öffentlichen Lebens sowie von zeithistorischen Ereignissen fehlen in der Wikipedia an vielen Stellen und sollte durch die Wikipedia-Community angefragt werden können.“

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Rundfunkanstalten bei künftigen Produktionsprozessen gleich von vornherein mitdenken, den Content für die Wikipedia nutzbar zu machen. Damit das den Anstalten leichter fällt, sollen Wikipedia-Autoren proaktiv Informationen über fehlendes Material kommunizieren. Das sollte jedenfalls das Problem fehlender Ansprechpartner für öffentlich-rechtliche Redaktionen in der Wikipedia lösen helfen. In Arbeit sind außerdem bessere Werkzeuge zur Reichweitenmessung für einzelne Videos und Fotos – schließlich ist Reichweite das zentrale Argument in der Drittplattformstrategie zumindest des ZDF.

Von Seiten der Wikipedia-Community ist mit der Initiative „Wiki Loves TV & Radio“ jedenfalls eine klare und starke Ansage getroffen. Jetzt gilt es von Seiten der öffentlich-rechtlichen Sender nachzuziehen. Besonders wichtig wäre hier, Vergütungsregeln mit freien Lizenzen besser kompatibel zu machen. Warum nicht einen Creative-Commons-Bonus als Alternative zu Wiederholungshonoraren anbieten? Ich bin überzeugt, viele Redaktionen würden die Reichweite der Wikipedia in Kombination mit einem solchen Bonus der ohnehin unsichere Möglichkeit von Wiederholungshonoraren vorziehen.

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