Gesichtserkennung: Aktivisten manipulieren biometrisches Passbild

Aktionskünstler haben zwei biometrische Fotos miteinander kombiniert und damit einen offiziellen Reisepass bekommen. Mit dem Hack wollen sie auf die zunehmende Überwachung durch Gesichtserkennung aufmerksam machen.

Der Reisepass mit dem „gemorphten“ Bild. – Peng!

Für ein biometrisches Passfoto gibt es strikte Anforderungen. Qualitativ hochwertig soll es sein. Die Person muss direkt in die Kamera blicken, darf nicht lächeln und es darf keine zweite Person im Bild sichtbar sein. Die Vorgaben gibt es, damit Beamte oder Software das Gesichtsbild mit dem Passbild abgleichen können. Jetzt ist es den Aktionskünstlern vom Peng!-Kollektiv gelungen, einen Reisepass ausgestellt zu bekommen, in dem auf dem abgedruckten, aber manipulierten Foto zwei verschiedene Personen gleichzeitig zu erkennen sind.

Für die Aktion „Mask.ID“ hat Peng! eine Software entwickelt, die biometrische Fotos von zwei Personen „morpht“, also miteinander auf elektronischem Wege kombiniert. Im Ergebnis zeigt das von Peng! erstellte Bild sowohl eine Peng!-Aktivistin als auch Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik. Nach einigem Zögern akzeptierte ein Berliner Bürgeramt das manipulierte Foto und stellte den Reisepass aus, schreibt Spiegel Online.

Wie eine Gesichtserkennungssoftware am Flughafen auf den Reisepass reagieren würde, ist bislang unklar. Gut möglich, dass das System meint, die Übereinstimmung zwischen der Peng-Aktivistin und ihrem Passbild sei groß genug, um sie durchzulassen. Doch was wäre, wenn die EU-Beamtin Mogherini mit dem Pass reist? Würde sie auch durchkommen? Laut Peng! könnten jetzt theoretisch beide Personen mit dem Pass reisen.

Die Aktionskünstler von Peng! möchten mit ihrem Hack auf die zunehmende Überwachung mittels biometrischer Daten aufmerksam machen. „Jeder Mensch, der einen Pass oder einen Ausweis beantragt, gibt Fingerabdrücke und Gesichtserkennungsdaten ab, die in die staatlichen Datenbanken einfließen“, schreibt Peng! auf der Aktionsseite. Auf die dort gespeicherten Informationen dürfen immer mehr Behörden zugreifen.

Geheimdienste dürfen auf Passbilder zugreifen

Seit der Änderung des eID-Gesetzes im Jahr 2017 ist es neben den Strafverfolgungsbehörden auch den Geheimdiensten und dem Zoll erlaubt, direkt und automatisiert auf die Datenbanken mit den biometrischen Passbildern zuzugreifen. Der Zugriff muss weder begründet werden noch gibt es eine Protokollierung oder richterliche Überprüfung. Die Aktionskünstler kritisieren: „So werden die technologischen Möglichkeiten, um uns zu überwachen und zu kontrollieren, immer umfassender.“ Gegen das Gesetz legte die Gesellschaft für Freiheitsrechte im Juli Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Zudem kritisiert Peng! Systeme zur Gesichtserkennung bei Videoüberwachung in Echtzeit, wie am Bahnhof Berlin-Südkreuz, oder im Zuge von polizeilichen Ermittlungen, wie nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg. Letztere bewertet der Hamburger Landesdatenschutzbeauftragte im Interview mit netzpolitik.org als „datenschutzwidrig“. Trotzdem möchte die Polizei das Gesichtserkennungssystem künftig dauerhaft einsetzen. Peng! warnt: „Da immer mehr Wähler*innen sich für einen totalitären Staat einsetzen, sollten wir besonders achtsam sein, was für Instrumente wir aufbauen.“

Die Aktionskünstler stellen ihre Software auf der Webseite mask.id der Öffentlichkeit zur Verfügung. Dort kann jeder sein biometrisches Foto hochladen und mit dem einer anderen Person verschmelzen. Der Reisepass mit dem manipulierten Bild ist derzeit in der Galerie Affenfaust in Hamburg ausgestellt.

17 Ergänzungen

  1. Ich gebe schon seit Jahren nur noch Fotos von irgendwelche andere Menschen aus dem Internet die ich mit Gimp bearbeitet habe für Personalausweise und alle sonstige Dokumente ab. Ich hoffe stark, dass ich rechtzeitig damit angefangen habe damit es jetzt keine Fotos mehr von mir in den Behörden gibt.
    Wer nicht umweltschädlich Kerosin verbrät und stattdessen mit Bargeld seine Bahntickets kauft oder mit ein Elektroauto zum Ziel fährt, der tut sich und seiner Umwelt einen Gefallen.

    1. Joa kla, wieso nicht Atomkraftwerke weiterhin unterstützen, da tu ich meiner Umwelt sicherlich einen gefallen mit.

  2. Ganz ehrlich verstehe ich weder die Aufregung noch die Neuigkeit.

    Anscheinend wurde das Bild ohne naeheres Wissen der biometrischen Erkennung manipuliert, es weiss also keiner, was nachher passiert. Ja, und? Ein manipuliertes Bild einreichen, dass bei Ueberpruefung nicht positiv als das des Ausweisinhabers erkannt wird, ist relativ trivial. Nur steht man dann halt mit einem (vorsaetzlich) ungueltigen Ausweisdokument in einer Kontrolle. Soll ja Leute geben, die verbringen ihren Urlaub gerne im Behoerdenbereich eines Flughafens…

    Denn das biometrische Bild Ausweis dient genau dazu: Uebereinstimmung von Bild im Ausweis mit der sich ausweisender Person zu ueberpruefen. Nicht, diese Person irgendwie zu erkennen. Ganz andere Baustelle als irgendwelche Erkennungssoftware, die Personen zu identifizieren versucht.

    1. Falsch!
      Bilder die in Behörden abgegeben werden wenn man einen Personalausweis etc. beantragt werden in einer Datenbank gespeichert und diese Datenbank wird benutzt damit Gesichtserkennungssoftware (von Überwachungskameras Beispielsweise) Gesichter erkennen kann!
      Habe ich niemals ein Foto bei den Behörden abgegeben, auf dem ein Gesicht zu sehen ist dessen biometrische Merkmale mit den meines Gesichtes übereinstimmen, so kann eine Überwachungskamera mich auch nicht identifizieren wenn sie versucht mich zu scannen!

      #FakeYourPhoto

      1. Wenn Du das glaubst, solltest Du auch glauben, dass Du beim Abholen des Ausweises auf genug Kameras eindeutig identifizierte Bilder hinterlassen hast, um Dir keine Sorgen mehr zu machen…

      2. Es sollte mal eine Freeware entwickelt werden, die die Biometrie eines Gesichtes gerade so verfremdet, dass es nicht mehr für biometrische Abgleiche taugt, aber beim Beamten akzeptiert wird.
        Wäre mal eine provokante Aktion.
        Also nicht nur zufällige Anpassungen in „PhotoProfessional“, sonder gezielt auf Behinderung der Biometrie.

    2. Das Ausweisdokument ist behördlich aufgegeben und daher echt und somit auch gültig bis die ausstellende Behörde etwas anderes erklärt. Das Foto ändert daran erst einmal nichts.

      1. Das Dokument ist echt, aber wenn das Bild nicht zur Person passt, ist die Person halt nicht der Ausweisinhaber und wird entsprechend behandelt. Das zieht dann einen Rattenschwanz an Folgeschaeden nach sich, aber wer’s mag…

  3. Wird in Deutschland das Bild für einen biometrischen Ausweis nicht bei der entsprechenden Behörde direkt angefertigt? Kann man dort einfach ein Bild einsenden?

    Zumindest hier in der Schweiz musste ich für einen biometrischen Pass zum Passbüro gehen, dort musste ich in eine spezielle Kabine setzen wo dann das Foto gemacht wurde.

    1. Nein, in D muss man das Passbild selbst mitbringen, d.h. zunächst geht man zum Photographen um die Ecke und sagt dort, dass man ein biometrisches Passbild braucht. Wenn man dieses hat kann man dann damit zur Behörde gehen und es in physischer Form dort bei Beantragung abgeben.
      Vermute mal, man will einfach nicht jedes Bürgerbüro mit entsprechender Ausrüstung ausstatten und alle Sachbearbeiter schulen.

        1. Man koennte auch einfach eine biometrische Ueberpruefung Person / Ausweisbild machen, offline. Ab dem zweiten Mismatch verdoppelt man dann die Ausweisgebuehr.

  4. Machen wir uns nichts vor. Am Ende wird das biometrische Passbild dann eben vor Ort in der Meldebehörde angefertigt, um einem „Mißbrauch“ vor Manipulation vorzubeugen.

    Ich fühle mich ehrlich gesagt von der Politik hintergangen. Bei Abgabe meines letzten biom. Passfotos gab es noch das Versprechen, keine zentrale Datenbank schaffen zu wollen. Eine verteilte Datenbank, die automatisierte Abgleiche ermöglicht, ist aber im Ergebnis dasselbe.

    Man kann nur ahnen, wo die Reise hingeht. Leider wird die Sicherheitspolitik von breiten Teilen der Bevölkerung seit Jahren mitgetragen: „Ich habe ja nichts zu verbergen“ usw…

  5. In etlichen Berliner Meldeämtern stehen Automaten für die Anfertigung biometrischer Fotos für Pass, Perso und Aufenthaltstitel. In Köln werden die Fotos von zugelassenen Fotografen direkt an die Behörden geschickt, womit das Digitalisieren im Scanner vor Ort entfällt.

    Das Missbrauchs-Argument haben Spanien, Belgien und Finnland genommen, um den Prozess zu verbessern: dort knippsen geschulte Mitarbeiter auf dem Amt das Foto, dass dann direkt digital in die Datenbank kommt, ohne den Scan-Zwischenschritt. Die Qualität ist deutlich besser als die deutschen Pässe, das loben vor allem die Grenzbeamten, die an automatische Pass-Systemen arbeiten.

    Was die biometrische Qualität anbelangt, ist Deutschland Mittelfeld. Das gilt natürlich auch für alle Länder, für die die Bundesdruckerei Pässe direkt in Berlin produziert, also neben Libyen (als Ziel der Peng!-Aktion) für Venezuela, Estland, Slowakei, Bosnien Herzegowina, Rumänien, Zypern und die Vereinigten Arabischen Emirate.

    Es müsste auch für die Volksrepublik China gelten, wo die BDR ein großes Joint Venture für die Passproduktion hat, aber da dürften die biometrischen Fotos direkt auf der Polizeistation gemacht werden.

  6. Wieder eine gute PENG! Aktion.
    Aber leider nutzlos. Auch das mit den Biometrischen Fotos. Wir leben in einer Welt mit Überwachungskameras die wahrscheinlich auch einen Screenshot zulassen würden.

    Zudem lernt diese Software auch per Traffic. Die neuen Ampel-Überwachugnssysteme, haben in der Regel alle eine Kamera. Body-Cams von Bürgern der Stadt (Polizisten), die uns ja auch über den Weg laufen.

    Mitmenschen die uns bei Sozialen Netzwerken auf Gruppenfotos benennen. Dann noch der potentielle stille Zugriff per Bundestrojaner auf unsere Computersysteme, die in der Regel auch immer öfter ein Bild von uns machen können.

    Bank-Automaten haben auch eine Kamera die eine kurze Aufnahme vom Bank-Kunden speichert, egal ob er Kontoauszüge oder Geld abholt.

    Der Zug ist schon vor Jahren abgefahren. So traurig es klingt, ich denke das einzige was da noch hilft ist sein Verhalten zu ändern.

    Wer wirklich mal durch seltenes Gebiet geht, sollte eher sein elektronischen Geräte zu Hause lassen, und die Schmink-Tipps und Hair-Style Modifikationen nutzen um es der Software schwerer zu machen.

  7. Ich habe das Foto das in meinem Personalausweis ist auch „manipuliert“.
    Hautunreinheiten etc. entfernt, Hautverbesserungsautomatik, und Ich glaube eine Software könnte sogar die Biometrie leicht verfälscht haben.

    Habe Ich ausgedruckt (oder evtl. für evtl. 11 Cent in der Drogerie ausgedruckt, gleich 6x auf einem Foto), mitgenommen, und die haben es gescannt.
    Es wäre einfacher, könnte man denen das online schicken.
    Oder glauben die etwa wenn sie einen „Abzug“ verlangen, kann man nicht als „Laie“ zuhause daran basteln O_o ?!?
    Und Ich bin hier bei Köln. Dieser Unsinn mit „zugelassenen Fotografen“ ist ja zum Fremdschämen.
    Wenn JEDER einen selbst gemachten Ausdruck dort abgeben kann, dann sollte auch JEDER Fotograf denen ein Foto zusenden können. Ja, sogar jeder Bürger. Es ist einfach kein Schutz.
    Wenn die aber vor Ort kostenlos fotografieren würden, ICH habe nichts dagegen.

    Was mich an dem Teil ärgert, über 26 Euro die man zahlen MUSS (*), und dann war/ist er bei vielen nicht elektronisch nutzbar. Meiner ist auch defekt. Erst in knapp zwei Jahren gibt es einen Neuen.

    * Das sollte der Steuerzahler zahlen, nur wenn man ihn außerhalb der Laufzeit verliert, sollte man etwas zahlen.
    Und ob die €26+ da nur die Kosten decken? Wäre eine Sauerei wenn die Bundesdruckerei damit auch noch Gewinn macht.

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