Die Europäische Verteidigungsagentur hat eine Marktsichtung für die Nutzung großer Aufklärungsdrohnen begonnen. Die Ausschreibung bezieht sich auf Langstreckendrohnen der MALE-Klasse oder sogenannte taktische Drohnen, die mehrere Stunden in der Luft bleiben und dabei auch über feindlichem Gebiet aufklären können.
Angesprochen werden Diensteanbieter von Komplettsystemen in einem Einsatzgebiet. Die Firmen sollten nicht nur die Drohnen bereitstellen, sondern auch Bodenstationen zur Steuerung und Auswertung der Aufklärungsdaten. Hierzu gehört die satellitengestützte Kommunikation. Schließlich müssten die Anbieter auch für Wartung und Logistik verantwortlich sein und das nötige Personal ausbilden.
Ausrüstung mit hochauflösenden optischen Sensoren
Für welche militärischen Missionen die Geräte eingesetzt werden sollten, lässt die Verteidigungsagentur offen. Derzeit werden Drohnen nur im Rahmen der EU-Militärmission EUNAVFOR MED auf dem Mittelmeer genutzt, seit Dezember steuert das italienische Militär mehrere hundert Flugstunden seiner „Predator“ bei. Die Flüge finden vor libyschen Hoheitsgewässern statt und sollen angeblich bei der Bekämpfung von Schleusern helfen.
Die Initiative der EU-Verteidigungsagentur kommt nur wenige Wochen nach einem Bericht der gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission, die sich ebenfalls für die Beschaffung von Drohnen ausspricht. Das Papier adressiert Polizeien und Grenzpolizeien, sie sollen sich der Fähigkeiten des Militärs bedienen. Drohnen könnten demnach den Schiffsverkehr oder „nicht-kooperative Ziele“ überwachen. Sie könnten auch hochauflösende optische Sensoren mitführen (die sogenannte „Persistent Surveillance“). Schließlich regt die Gemeinsame Forschungsstelle an, dass unbemannte Plattformen die Möglichkeit zur Ausrüstung mit sogenannten „nicht-tödlichen“ Waffen besitzen sollten. Die anvisierten Waffensysteme werden nicht direkt genannt, an anderer Stelle ist jedoch von Akustik- und Elektroschockwaffen die Rede.
EU-Agenturen beenden Forschungsprojekt
Während die Verteidigungsagentur und die Kommission noch Überlegungen anstellen, schafft die Grenzagentur Frontex Fakten. Mit der Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und der Fischereiaufsichtsagentur bildet Frontex mittlerweile die gemeinsame EU-Grenz- und Küstenwache. Die drei Einrichtungen haben erst kürzlich ein Forschungsprojekt zur Nutzung von Satelliten, Drohnen und bemannten Überwachungsflugzeugen beendet. Testflüge zur Verfolgung von Meeresverschmutzung, Seenotrettung, Grenzüberwachung und Fischereikontrolle erfolgten über dem Mittelmeer, dem Atlantik und dem Schwarzen Meer.
Getestet wurden Drohnen der Firmen Tekever (ein portugiesisch-französisches Konsortium) und Babcock (eine spanische Firma, die zum Boeing-Konzern gehört). Sie verfügen über eine Spannweite von 6,40 beziehungsweise 2,50 Metern. Beide Drohnen beförderten eine hochauflösende Kamera, ein Infrarotgerät für den Nachtflug und einen Empfänger für Schiffspositionsdaten.
Frontex prüft eigene Beschaffung
Zu den erprobten Szenarien gehörten die Identifizierung und Verfolgung von langsamen und schnellen Schiffen, das Beobachten von kriminellen Handlungen an Bord, das Aufspüren von Wasserfahrzeugen in Seenot und das Erkennen von über Bord gegangenen Personen. Frontex in Warschau erhielt die Aufklärungsdaten in Echtzeit.
Frontex prüft jetzt die eigene Beschaffung oder das Leasing von Drohnen. Möglich wäre auch, nur eine bestimmte Anzahl von Flugstunden von einem Komplettanbieter anzukaufen. Auch die Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs will den Mitgliedstaaten unbemannte Aufklärungsfähigkeiten anbieten. Die zuständigen nationalen Sicherheitsbehörden müssten vor einer Beschaffung jedoch ihren Bedarf skizzieren.
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