Eine große Mehrheit der EU-Parlamentarier hat dafür gestimmt, Gesetzeslücken zu schließen, die EU-Firmen den Verkauf von Überwachungssoftware in autoritäre Staaten erlaubt. Die EU soll nach Wunsch des Parlaments ihre Regeln anpassen, um den Missbrauch von Technologie zum Ausspionieren von Journalisten oder Angehörigen der Zivilgesellschaft besser als bisher zu verhindern. Bei der Abstimmung am Mittwochabend in Straßburg stimmten 571 Abgeordnete für die neuen Regeln, allerdings müssen nun noch im Trilog-Verfahren die 28 EU-Mitgliedsländer zur Zustimmung gebracht werden.
Menschenrechtsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen, Amnesty International und Human Rights Watch drängen schon seit längerem auf die Änderungen. Bereits bisher muss die Ausfuhr von Geräten zum Abhören von Mobiltelefonen, zum Hacken von Computern, zur Umgehung von Passwörtern oder zur Identifizierung von Internetnutzern aus der EU in Drittstaaten vom jeweils zuständigen Mitgliedsland genehmigt werden. Abhörtechnologie gilt als Dual-Use-Gut, das sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden kann.
Nun sollen Anbieter auch bei Erzeugnissen in die Pflicht genommen werden, die bisher nicht im Gesetz aufgelistet sind. Hersteller müssen sicherstellen, dass ihre Produkte nicht in die falschen Hände fallen und für Menschenrechtsverletzungen verwendet werden. Die Firmen müssen sich dafür an die in Regeln der Wirtschaftsorganisation OECD festgelegte Sorgfaltspflicht halten. Auch sollen nach Wunsch der Parlamentarier Verschlüsselungstechnologien von der Liste der Erzeugnisse zur digitalen Überwachung gestrichen werden. Diese waren bisher dort aufgeführt, obwohl sie zum Schutz vor autoritären Regimen verwendet werden.
Bundesverband der deutschen Industrie gegen schärfere Regulierung
Offen ist nun die Haltung der Staaten im Rat der Europäischen Union. Gegen eine endgültige Entscheidung zur schärferen Regulierung von Überwachunstechnologie-Exporten stellt sich etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Firmenvertreter wehren sich dagegen, die Veranwortung für solche heiklen Exporte auf die Firmen „abzuwälzen“, wie der Verband in einer Stellungnahme schrieb. Von einem Vertreter von Reporter ohne Grenzen hieß es zuletzt daher in einem Gastkommentar auf Netzpolitik.org, an der Haltung der in Brüssel schwergewichtigen deutschen Bundesregierung werde sich zeigen, wie sehr sie sich „dem Druck der Industrielobby“ beuge.
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